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Expedition to Castle Ravenloft
Bewertung:
(3.9)
Von: Alex Lorenz
Alias: Blackthorne
Am: 10.10.2006
Autor:Bruce R. Cordell & James Wyatt
Typ:Abenteuer
System:D&D 3.5
Setting:Universell
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:078693946X
Inhalt:224 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Castle Ravenloft...

Expedition To Castle Ravenloft (im Folgenden „ETCR“) ist ein umfangreiches Abenteuer für vier Charaktere der 6. Stufe. Es ist außerdem ein Quasi-Remake des Klassikers Ravenloft von 1983 und bringt einen der berüchtigtsten und ikonischsten Bösewichte der D&D-Geschichte zurück: Count Strahd von Zarovich!

Ravenloft von Tracy und Laura Hickman erschien im Jahr 1983 und schlug ein wie eine Bombe: Es verbreitete mit einfachen Mitteln eine angenehm gruselige Gothic-Horror-Atmosphäre, hatte spektakuläre 3D-Karten und einen aktiven, intelligenten Antagonisten, der nicht nur in einem Raum am Ende des Dungeons herumsaß und auf die Helden wartete. Damals war das noch was Besonderes. Außerdem hatte es ein eingebautes Zufallselement: Die alte Weissagerin Madame Eva legte mit ihren Tarotkarten für die Spielercharaktere gewisse Elemente des Abenteuers fest. Bei mehrfachem Durchspielen war Ravenloft also nie gleich.

 

Das Original war so erfolgreich und beliebt, dass TSR im weiteren Verlauf der 80er eine komplette Kampagnenwelt dazu kreierte. Ravenloft (das Setting) erfreute sich bei seinen Fans großer Beliebtheit und wurde mehrfach neu aufgelegt. Obwohl Strahd dort nur einer von vielen Domänenfürsten war, blieb er ein Fan-Favourite und das „Maskottchen“ des Settings. Mit dem Ende von TSR kam dann auch das vorläufige Ende von Ravenloft; später wurde das Setting allerdings von White Wolf aufgegriffen, die die Lizenz für einige Jahre hielten.

 

Mit ETCR kehren Wizards of the Coast nun wieder zum Ursprung dieser Erfolgsgeschichte zurück. Das Modul ist im Grunde ein modernisiertes und stark erweitertes Remake des Klassikers, das auch für alte Hasen eine Menge Überraschungen bereithält. Ein Bezug zum Kampagnensetting besteht nicht: In diesem Modul ist Barovia einfach wieder eine abgelegene Provinz.

 

Auf der Website von Wizards of the Coast finden sich wieder mehrere Excerpts, eine komplette Art Gallery, sowie ein Interview mit den Designern. Die Links dazu befinden sich rechterhand. Die Idee, die kompletten Werte für den Endgegner des Moduls online zu stellen, halte ich persönlich allerdings für direkt dämlich.

ECTS ist ein farbiges Hardcover mit 224 Seiten (zum Vergleich: Ravenloft brachte es seinerzeit auf 32 Seiten plus Karten). Das Titelbild von Kev Walker zeigt den Grafen Strahd in bekannter Pose auf dem Balkon seiner Burg stehend. Mir persönlich gefällt es von allen bisher erschienenen Bildern, die Strahd zeigen, am besten. Auch sonst ist der Einband schlicht, aber edel gestaltet.

 

Im Inneren erfreut farbiges Artwork das Auge. Die Bilder sind überwiegend hervorragend gelungen, mit einer bemerkenswerten Ausnahme: Ein weiteres Bild von Strahd, auf dem er aussieht wie ein elfischer Dandy. Stilistisch, wie ich finde, höchst unpassend.

 

Das Layout des normalen Inhalts entspricht, wie schon bei „Red Hand of Doom“, dem der Regelwerke. Die Seiten allerdings, die den „Tactical Encounters“ gewidmet sind (dazu später mehr), haben ein anderes, aber ebenfalls sehr gefälliges Layout.

 

Die Karten in dem Modul verursachen eher gemischte Gefühle. Zwar sind insbesondere die taktischen Karten für die einzelnen Begegnungen hervorragend gelungen; bei den Karten für die Burg selbst hatte man jedoch m.E. zuviel Respekt vor dem Original. Die isometrische Ansicht ist sehr gewöhnungsbedürftig und auf einigen (erstaunlicherweise nicht allen) Ebenen der Burg mangelt es den Karten völlig an Details. Heutzutage ist man da besseres gewohnt. Hinzu kommt, dass die Karten eher klein geraten sind.

Was den Schreibstil anbetrifft, gibt es nichts zu meckern: Bruce Cordell und James Wyatt, zwei profilierte und bekannte Autoren, liefern saubere, gut lesbare und vor allem atmosphärische Texte ab, die die Stimmung des Abenteuers gut einfangen.

 

ETCR macht Gebrauch von Drittwerken wie Heroes of Horror, Libris Mortis, Book of Vile Darkness, Complete Arcane, Monster Manual III und anderen. Wie immer sind alle relevanten Informationen für Spielleiter vorhanden, die diese Werke nicht besitzen.

 

Bevor wir dann (endlich) zur Story kommen, muss noch auf das neue, viel beworbene Format für „Tactical Encounters“ eingegangen werden, von dem ETCR regen Gebrauch macht. Das Ganze läuft wie folgt: An jedem Punkt des Moduls, an dem es zu einem Kampf kommen kann, stehen die entsprechenden Informationen über Gegner, Taktiken und Terrain nicht im Abenteuertext, sondern auf einer separaten Doppelseite, auf die (mit Seitenzahl) verwiesen wird. Diese Doppelseiten sind gebündelt am Ende des jeweiligen Kapitels zu finden. Wenn dann die taktischen Aspekte der Begegnung abgehandelt sind (sprich: der Kampf beendet ist), kehrt man wieder vorne in das Kapitel zurück.

 

Auf der Doppelseite für das „Tactical Encounter“ findet man dann eine Karte der jeweiligen Lokalität. Hierbei sind die Startpositionen der Gegner und NSCs bereits angegeben. Weiterhin finden sich hier komplette Werte für alle Gegner (neues Statblock-Format) sowie die Taktiken, die sie benutzen. Erfreulicherweise werden die meisten Monster kurz beschrieben. In einer eigenen Sidebar schließlich werden alle Informationen über besondere Eigenschaften des Terrains angegeben, etwa die Behinderung durch schwieriges Terrain oder die Stellen, an denen man Deckung durch Objekte bekommt.

 

Hintergedanke für dieses Format ist wohl, dass der Spielleiter alle relevanten Informationen auf einen Blick parat haben soll. Außerdem finde ich die Informationen über Eigenschaften des Geländes insbesondere für weniger erfahrene Spielleiter sehr hilfreich. Speziell Gruppen, die mit Miniaturen (oder sonstigen Visualisierungen) arbeiten, profitieren enorm von dieser Form der Präsentation.

 

Aber auch Schattenseiten sind mit diesem Format verbunden. Zunächst einmal muss man sich fragen, ob auch für einen Kampf mit 3 Wargen tatsächlich eine komplette Doppelseite aufgewandt werden muss. Daran anschließend sind auch Werte abgedruckt, die so bereits komplett im Monster Manual stehen. Das bedeutet zwar ein Buch weniger, das der Spielleiter während des Kampfes jonglieren muss, aber auch mehr Platz, der gebraucht wird.

 

Und vor allem: Monster, die mehrfach auftauchen, sind jedes Mal mit kompletten Werten versehen. So finden sich die Werte für den „Strahd Zombie“ nicht weniger als elf (!) Mal in epischer Breite (wozu das Statblock-Format sein übriges tut) abgedruckt wieder. Auch eine Methode, um 224 Seiten voll zu kriegen. Insgesamt machen die Tactical Encounters 112 Seiten aus, also exakt die Hälfte des Buches.

Schließlich muss man sich fragen – gerade, wenn man ohne Miniaturen spielt -, ob diese eher technisch wirkende Herangehensweise tatsächlich gut mit der Atmosphäre des Abenteuers harmoniert. Einem eher martialisch orientierten Modul wie „Red Hand of Doom“ würde diese Form der Präsentation sicherlich besser stehen. Mal sehen, ob die Wizards weiterhin darauf setzen.

 

So, jetzt aber zum Inhalt.

SPOILER! Spieler sollten hier nicht weiterlesen

In „Expedition to Castle Ravenloft“ reisen die Spielercharaktere in die abgelegene Provinz Barovia. Dort, inmitten finsterer Wälder und nebliger Berge, liegt die Burg des Grafen Strahd von Zarovich, eines mächtigen Vampirs. Strahd hat als lebender Mensch aus Eifersucht seinen Bruder Sergej getötet, um die Liebe der schönen Tatyana für sich zu gewinnen. Tatyana jedoch stürzte sich von den Zinnen der Burg. Strahd wurde daraufhin von den Burgwachen erschossen, doch er starb nicht. Gemäß einem Pakt, den er mit einer mächtigen bösen Wesenheit geschlossen hatte, wurde er zum mächtigen untoten Meister über das Land Barovia. Im Laufe der Jahrhunderte nutzte er die Energien von mächtigen Stätten der Natur, um seine Verbindung mit dem Land selbst zu verstärken. Die Vistani, geheimnisvolle Zigeuner, dienen ihm ebenso wie die Bestien der Nacht. Währenddessen leben die Bewohner des Dorfes Barovia in ewiger Furcht vor Strahd, den sie nur „den Teufel“ nennen.

 

Doch bei allem, was Strahd erreicht hat, bleibt ihm das verwehrt, was er dringendsten will: Die Liebe von Tatyana. Immer wieder im Laufe der Jahre begegnen ihm Frauen, die Tatyana ähnlich sehen, und immer wieder verliert er sie. Allerdings gibt es im Dorf die schöne Ireena, Tochter des verstorbenen Bürgermeisters, die Tatyana wie aus dem Gesicht geschnitten ist…

Zudem hat Strahd einen neuen Plan gefasst. Einen Plan, zu dem er eine Gruppe von Abenteurern von außerhalb benötigt…

 

Bereits hier kommt eines der besonderen Elemente des Abenteuers zum Tragen: ETCR bietet (wie schon das Original) sechs verschiedene Sekundärziele an, von denen Strahd eines verfolgt (Ireena für sich zu erobern bleibt immer sein Primärziel). Der Spielleiter kann sich dasjenige aussuchen, das seinen Vorstellungen am ehesten entspricht. So ist das Szenario „Descent Into Madness“ eher für Leute geeignet, die einen Hauch von Lovecraft in ihrem Ravenloft mögen. Je nachdem, welches Ziel Strahd verfolgt, stellen sich einige Begegnungen anders dar.

In jedem Fall müssen die Spieler zunächst nach Barovia. Hierfür gibt es mehrere Adventure Hooks. Bemerkenswert und löblich: Auch eigene Aufhänger für Kampagnen in den Vergessenen Reichen, Eberron und D20 Modern (!) werden präsentiert. Womit wir übrigens schon mitten in

 

Chapter 1: Adventures in Ravenloft

wären. Hier gibt es allgemeine Informationen über das Modul und wie man es nutzen kann. ETCR bietet Anleitungen für den Gebrauch als komplette Mini-Kampagne, als „nur“ langes Abenteuer, als Kurzabenteuer und für eine einzelne Session.

Neben den erwähnten Adventure Hooks werden die Charaktere durch einen Brief des Bürgermeisters nach Barovia eingeladen (wie sich später herausstellt, ist dieser Brief tatsächlich von Strahd). Für jedes der sechs Sekundärziele, die Strahd verfolgen kann, gibt es einen eigenen Brief als Handout.

Außerdem finden sich hier bereits ausführliche Informationen über Strahds Diener. Solange die Helden in Barovia sind, hat Strahd ein wachsames Auge auf sie. Durch seine zahlreichen Sklaven werden die Spielercharaktere ständig überwacht und gegebenenfalls angegriffen.

 

Chapter 2: Village of Barovia

Nebel liegt über den Hütten von Barovia, in denen sich die Überlebenden verschanzt haben. Denn die Toten wandeln durch die Straßen, und ihre Zahl wächst unaufhörlich…

Kapitel 2 beschreibt das Dorf, seine Einwohner und natürlich den verzweifelten Kampf gegen die Untoten, die die Gemeinde überrannt haben. Zombies, die viel stärker sind als gewöhnlich, wandern auf der Suche nach Fleisch durch die Straßen. Und jeder, den sie töten, wird zu einem von ihnen. Hinzu kommen intelligente Untote, die die günstige Gelegenheit nutzen, um an lebendes Fleisch zu kommen.

Es stehen also einige Kämpfe gegen Untote aller Art auf dem Programm. Richtig gehandhabt, kann dieser Teil des Moduls eine hervorragende Atmosphäre vermitteln, wie man sie aus besseren Zombiefilmen kennt.

Im weiteren Verlauf des Kapitels lernen die Spielercharaktere mehrere NSCs kennen, mit denen sie gemeinsam die Bedrohung durch die Untoten weiter erforschen und schließlich beenden können. Weiterhin finden sich hier erste Hinweise auf Strahd und auf das Camp der Vistani, in dem Madame Eva weisen Rat erteilt.

Ein wenig gewöhnungsbedürftig an ETCR ist die Anzahl an NSCs, die sich bereitwillig den Spielercharakteren anschließen. Ireena selbst, die Paladinin Ashlyn und der Ritter Urik sind allesamt bereit hierzu. Wenn man als Spielleiter nicht aufpasst, hat man sehr schnell drei Charaktere an der Backe, die man selbst führen muss.

 

Chapter 3: The Lands of Barovia

In diesem Kapitel werden die Abenteuer beschrieben, die die Spielercharaktere in den Ländereien von Barovia erleben können. Im Mittelpunkt steht hier die Weissagung der Madame Eva, eine der Hauptattraktionen des Originals. Auch diese Begegnung wurde im Vergleich zum Original erweitert.

Madame Eva, eine weise Vistani, legt den Helden die Karten, wenn sie es wünschen. Zum Ausspielen dieser Szene kann der Spielleiter Tarotkarten, normale Spielkarten oder auch die Karten von Three-Dragon Ante, dem D&D-Kartenspiel, benutzen.

Auf diese ebenso originelle wie mysteriöse Weise können die Charaktere viel über Strahd und seine Ziele erfahren. Weiterhin bekommen sie Hinweise, wo sie Strahd finden, wie sie ihm einen Teil seiner Macht nehmen können und wo sie die Sonnenklinge und das Heilige Symbol der Raben finden. Beides sind mächtige Werkzeuge im Kampf gegen den dunklen Fürsten.

Auch hier kommt wieder ein Zufallselement ins Spiel: Je nach Karte sind die oben genannten Gegenstände und Personen an anderen Stellen in Barovia verteilt, was je nach Ergebnis für eine ganz andere Dynamik (und Schwierigkeit) im Spielverlauf sorgen kann. Sicherlich ein absolutes Highlight des Moduls.

Im weiteren Verlauf des Kapitels können die Helden – neben der eventuellen Suche nach Artefakten - versuchen, Strahd zu schwächen, indem sie einen Teil seiner Verbindung zum Land kappen. Dies geht an drei bestimmten Stätten der Natur, die natürlich bewacht sind. Wie genau das Ritual dann funktioniert, wird ebenfalls in den Karten von Madame Eva (die hierbei selbst eine größere Rolle spielt) bestimmt. Und natürlich haben Strahds Diener massive Einwände gegen die Vollendung dieser Rituale…

Lobenswert: Bei jeder Örtlichkeit gibt es einen „Why are the PCs here?“-Eintrag, der die Gründe aufführt, weshalb die Charaktere diesen speziellen Ort wohl besuchen könnten.

Insgesamt finde ich diesen Teil des Abenteuers sehr gut gelungen. Insbesondere ist er wesentlich reicher an Abwechslung als der Rest des Moduls. Außerdem ist er offener strukturiert, da die Reihenfolge, in der die Gruppe die einzelnen Örtlichkeiten in Barovia besucht, stark variieren kann.

 

Chapter 4: Castle Ravenloft

Wenn die Helden dann bereit sind, sich in die Höhle des Löwen zu wagen, kann es in die Burg des Grafen gehen.

Schloss Rabenhorst ist im Prinzip ein sehr, sehr großer Dungeon (89 Räume). Neben dem Grafen, der immer wieder mit Hit-and-Run-Taktiken die Gruppe attackiert (gelegentlich aber auch für ein Schwätzchen zu haben ist), lauern hier Dutzende seiner Diener. Die überwiegende Mehrzahl sind natürlich Untote, aber auch Teufel und machthungrige Sterbliche gehören zu Strahds Verbündeten. Viele von ihnen haben ihre eigenen Pläne, die sich mit denen von Strahd nicht unbedingt decken.

Veteranen freuen sich über ein Wiedersehen mit Lief Lipsiege (dem Buchhalter des Grafen) und dem verrückten Cyrus. Zu den neuen Freunden von Strahd gehören eine Teufelin, eine Nekromantin und ein Schattendämon (den gab´s zwar früher schon, aber hier spielt er eine wesentlich größere Rolle). Auch Opfer und Gefangene des Grafen sind in der Burg zu finden (Gertruda ist immer noch so naiv wie 1983). Positiv ist zu vermelden, dass die Gruft zwar immer noch gut gefüllt ist, aber dass einige der peinlichen, offenbar witzig gemeinten Namen aus dem Original ersetzt wurden.

Fokus dieses Kapitels ist es natürlich auch, die heiligen Artefakte zu finden (falls sie in der Burg sind) und mittels eines speziellen Rituals zu weihen. Weiterhin sollte man das Dayheart zerstören, ein Artefakt, mit dem Strahd immun ist gegen die Strahlen der Sonne. Dann gilt es, Strahd an dem Ort zu stellen, den die Karten vorhergesagt haben, und ihn niederzustrecken.

Besorgniserregend muten hier Strahds Werte an. Eine Gruppe von halbwegs optimierten Charakteren, die alle Artefakte finden und weihen, das Dayheart zerstören, Strahds Verbindung zum Land trennen und sich gut auf den Kampf gegen ihn vorbereiten, wischen nach meiner Einschätzung den Boden mit ihm auf. Hier sollte der SL ein wachsames Auge darauf haben, dass der dramatische Endkampf nicht zur Peinlichkeit wird.

Ist Strahd dann bezwungen, kommt es zum Happy End – das mit keinem Wort beschrieben ist! Ein „Concluding the Adventure“-Eintrag, der die Folgen von Strahds Vernichtung beschreibt, fehlt völlig. Punktabzug dafür. Wenigstens haben sie nicht das fürchterlich kitschige (optionale) Ende des Originals recycelt.

Alles in allem ist dieser Teil des Abenteuers für meinen Geschmack vielleicht einen Hauch zu lang und zu kampflastig – es gibt wesentlich mehr Kämpfe als im Original, in dem die Burg bereits genau so groß war. Dennoch strotzt dieser Hauptteil des Abenteuers vor Atmosphäre.

 

Appendix: Player Material

Hier findet sich unter anderem die Prestigeklasse „Knight of the Raven“. Dies ist ein Orden von heiligen Kriegern, dem sich die Spieler anschließen können. Die Klasse ist eine sichere Sache für Kleriker und macht einen sehr starken Eindruck auf mich (guter BAB, ab Stufe 2 volle Spell Progression, zwei gute Saves, haufenweise Specials, lasche Voraussetzungen).

Weiterhin wird die Gilde der Lightbringer in der aus dem DMG II bekannten Form präsentiert. Unter anderem bieten sich hierbei alternative Klassenfähigkeiten für diverse Klassen an.

Der Rest des Appendix beschäftigt sich überwiegend mit magischen Gegenständen. Die Sunblade ist ein alter Bekannter für alle, die AD&D gespielt haben und besonders effektiv gegen Vampire. Das Holy Symbol of Ravenkind ist weniger spektakulär und bietet nur einige nette zauberartige Fähigkeiten.

Besonders ärgerlich sind die Angaben zu den benötigten Ritualen. Nicht nur, dass man beide Artefakte in einem langwierigen Ritual weihen muss, welches immer an einem besonders gefährlichen Ort angesiedelt ist, nein, es bringt noch handfeste Nachteile in Form von Mali mit sich. Leuten, die das Weapons of Legacy kennen, mag das bekannt vorkommen; tatsächlich werden die Werte für beide Gegenstände auch noch einmal in der dort eingeführten Form aufgeführt. Die Mali jedenfalls sind – insbesondere, soweit es das Holy Symbol of Ravenkind betrifft - deutlich zu lästig für den Nutzen, den die Gegenstände mit sich bringen.

Und noch „besser“: Aus der Gegenstandsbeschreibung geht hervor, dass zusätzlich Geldopfer in erheblicher Menge dargebracht werden müssen. Aus dem Abenteuer selbst geht das nicht hervor; man kann es allenfalls über Knowledge Checks herausbekommen! Ich sehe die Gesichter der Spieler vor mir, die durch Blut, Schweiß und Tränen mit dem Ritual zu Potte kommen, nur um dann am schnöden Mammon zu scheitern. Gefällt mir nicht.

Ganz hinten schließlich Strahds „Einladungsbriefe“ als Handouts. Hier hätte noch mehr kommen können: Im Schloss finden sich sehr viele Schriftstücke und Tagebücher mit wichtigen Hinweisen, die nur grob inhaltlich beschrieben werden. Diese Schriftstücke als Handout wären mir deutlich wichtiger gewesen als die ein oder andere taktische Begegnung.

 

Fazit:

„Expedition to Castle Ravenloft“ krankt an vielen überflüssigen Gebrechen: Das „Tactical Encounter“-Format überzeugt mich nicht, das Modul ist, gemessen an der Gothic-Horror-Thematik, erstaunlich kampflastig und auch sonst hat es viele kleine Macken, die ich oben aufgezählt habe. All diese Schwächen hindern ETCR daran, an Krachern wie Red Hand of Doom vorbeizuziehen, obwohl es eigentlich das Zeug dazu hätte.

Dennoch kann ich es unterm Strich empfehlen. Veteranen und Ravenloft-Fans können ebenso zugreifen wie Neulinge, denn ETCR ist bei aller Kritik ein gut gemachtes, großes Horrorabenteuer, das mit dem richtigen Spielleiter, den richtigen Spielern und den richtigen äußeren Bedingungen (Spielort, Spielzeit, Hintergrundmusik etc.) eine ganz hervorragende Atmosphäre aufbauen kann. Ich selbst werde es bestimmt irgendwann leiten und freue mich schon darauf.

Wer würde nicht gerne als Strahd seine Spieler in Angst und Schrecken versetzen?