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Midnight Second Edition
Bewertung:
(4.0)
Von: Kai-Uwe Kramer
Alias: Deus Figendi
Am: 18.02.2007
Autor:Greg Benage
Typ:Kampagnen-Set
System:d20 D&D 3.5
Setting:Midnight
VerlagFantasy Flight Games
ISBN/ASIN:978-1589942165
Inhalt:400 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Prolog

Midnight gehört zu den düsteren Kampagnenwelten der D20-Welt, diese zweite Version beinhaltet in erster Linie die Aktualisierung auf die Edition 3.5 sowie neue Inhalte gegenüber der ersten Version und weiterhin ist Content aus anderen Midnight-Publikationen eingeflossen – so das Vorwort. Midnight second edition (nachfolgend 2nd E) ist kein eigenständiges Spiel, sondern wie erwähnt ein Kampagnensetting, welches die Grundregelwerke zum Spielen erfordert.

Ich spreche ausdrücklich keine Spoilerwarnung aus, in dieser Rezension wird nichts verraten, was nicht jeder Spieler wissen dürfte.

 

Äußerlichkeiten

Das Werk kommt in einem ansehnlichen Hardcover daher, dessen Innenseite eine Karte von Eredane, dem Kontinent von Midnight zeigt. Midnight 2nd E ist weitestgehend in schwarz/weiß gehalten, die ersten 32 der vierhundert Seiten sind allerdings farbig. Die Illustrationen sind in unterschiedlichsten Stilen gehalten, von fotorealistisch bis comicartig und auf den farbigen Seiten auch mit verschiedenen Methoden koloriert worden, was wohl an den insgesamt 32 Zeichnern liegt, deren Werke in dieses Buch geflossen sind. Einen Wermutstropfen bringt die materielle Qualität des Einbands, welcher alles andere als einen stabilen Eindruck macht.

 

Aufbau des Buches

Midnight 2nd E ist eingeteilt in drei Bücher sowie eine Art Vorwort (introductory chapter) außerhalb dieser Bücher. Das Vorwort enthält die Historie von Eredane und ist wie oben erwähnt in Farbe gehalten, das erste Buch – nach dem Vorwort – beschreibt alle wichtigen Mechaniken, die man zum Spielen im Midnight-Setting benötigt. Spieler, die auf Eredane spielen möchten, sollten dies unbedingt lesen, da es alle Abweichung von den Grundregeln enthält. Das zweite Buch beschreibt detailliert die Welt von Midnight, die Welt Aryth und insbesondere natürlich den Kontinent Eredane, auf dem jedes Spielgeschehen stattfindet. Der Spielleiter sollte dieses „Buch“ natürlich kennen, aber Spieler sollten es sich nur zu Gemüte führen, wenn sie in der Lage sind Spieler- und Charakterwissen starr zu trennen. Midnight 2nd E bietet hier aber die Chance, nur Informationen über die „Heimatregion“ des Charakters zu lesen, denn dieses Buch ist eingeteilt in die Regionen von Eredane. Das letzte Buch ist an den Spielleiter gerichtet und sollte von Spielern ausgespart werden, es enthält detaillierte Informationen zu magischen Gegenständen, den Schergen des Bösen und „geheime“ Fakten über Eredane.

Besonders lobenswert und hervorzuheben ist, dass Fantasy Flight Games alle Regelmechanismen unter die OGL gestellt hat, das bedeutet, dass jeder, der es möchte oder benötigt, die Regelteile des Werkes für eigene Kreationen verwenden kann, wie zum Beispiel die neuen Völker (Races), deren Namen und Eigenschaften unter die OGL fallen, nicht aber deren Beschreibung.

 

Historie

Das Vorwort des Buches bzw. der Bücher enthält die Geschichte von Aryth, der Welt von Midnight. Das Kapitel beschreibt, wie die verschiedenen Völker entstanden sind und gibt einen groben Überblick über die Aryth und den Kontinent Eredane.

In knappen Worten erklärt basiert Midnight etwa darauf, dass es einen bösen Gott namens Izrador gibt, welcher sich mit den anderen Göttern im Streit befand. Die anderen – guten – Götter fanden eine Möglichkeit, Izrador auf die Welt der Sterblichen, nach Aryth zu verbannen und sie verschlossen die Verbindung zwischen der göttlichen und der materiellen Ebene. Eher versehentlich sorgten sie dabei auch dafür, dass jeglicher Kontakt zu den Sterblichen abbrach, Gebete konnten nicht mehr erhört werden und die Götter konnten nun keinerlei Einfluss auf die Welt der Sterblichen nehmen. Izrador hingegen war auf Eredane gefangen und begann nun diese Welt zu erobern. Mehrere Kriege wurden über tausende von Jahren hinweg gegen den dunklen Gott geführt und auch mehrfach ist er besiegt worden, letztlich aber gewann Izrador mehr oder weniger und terrorisiert nun alle ehemals freien Wesen auf Eredane.

Dies ist die Ausgangslage, in der sich Spielercharaktere in die Welt von Midnight stürzen, im Gegensatz zu anderen Fantasy-Settings sind sie gar nicht heldenhaft, sondern eher Untergrundkämpfer, die niemals wissen, wann sie das nächste Mal verraten werden oder wem sie helfen und wen sie besser töten sollten. In dieser Welt stehen die Charaktere auf verlorenem Posten, ohne eine Hoffnung, Aryth jemals wieder zum Frieden zu bringen, aber dennoch kämpfen sie genau dafür.

 

Weiter beschreibt das Vorwort den Kontinent. In grober Einteilung kann man ihn so beschreiben, dass Izrador und seine Schergen im Norden Eredanes leben und von dort die Welt, die sie besetzten, terrorisieren. Die Menschen leben in den weiten Ebenen im Zentrum des Kontinents, in den Gebirgen im Osten haben die Zwerge ihre Heimat, sie wehren sich noch immer gegen die Orks, die ständig neue Angriffe aus dem Norden beginnen. Am meisten Widerstand leisten noch die Elfen in den westlichen Wäldern von Erethor (so der Name der Wälder), sie sind die letzten, die Magie noch regelmäßig einsetzen, welche sonst auf ganz Eredane verboten ist.

 

Buch 1: Adventures In Midnight

Das erste Buch richtet sich, wie oben beschrieben, an die Spieler, es enthält alle nötigen Regelmechanismen, die die Spieler kennen müssen. Es ist eingeteilt in sechs Kapitel, die nun einzeln in Kurzform dargestellt werden sollen.

Races of Midnight stellt die Völker der Kampagnenwelt vor, als da wären die Menschen mit drei „Subraces“, die Zwerge, Elfen, Gnome, Halblinge, Orks, Dwarrow (Zwerggnome), Dworgs (Orkzwerge) und Elflings (Halbling/Elfen). Hervorzuheben ist, dass alle Spielwerte der Völker von Midnight „Open Content“ sind.

Kapitel zwei, Heroic Paths, beschäftigt sich mit einem neuen, Midnight-eigenem Regelmechanismus. Die heldenhaften Pfade stellen eine Art Überklasse dar, die der Spieler zu Beginn der Charaktererschaffung wählt. Diese Überklasse gewährt ihm nun auf jeder Charakterstufe bestimmte Boni, Fähigkeiten oder Eigenschaften, unabhängig davon welche Klasse(n) er wählt. Jeder Midnight-Charakter hat dabei genau einen Heroic Path.

Im dritten Kapitel werden nun die Grundklassen vorgestellt. Neben Barbar, Kämpfer und Schurke, die nur kleine Veränderungen gegenüber den Grundregeln aufweisen, gibt es den Defender, der als waffenloser Kämpfer den Mönch ersetzt und den Wildlander, der große Ähnlichkeit mit dem Waldläufer aufweist. Kleriker, Magier, Hexenmeister und Druiden wurden ersetzt durch den Channeler und das sehr spezielle Magiesystem Midnights, dazu später mehr. Die Grundklassen aus den Grundregelwerken sollten hingegen in Midnight nicht mehr verwendet werden.

Kapitel vier enthält dann fünfzehn Prestigeklassen auf siebzehn Seiten, auf die ich nicht näher eingehe.

 

Das fünfte Kapitel „Player Options“ gibt dem Spieler letzte Regelinformationen an die Hand, einige Fertigkeiten funktionieren etwas anders als in den Grundregelwerken und einige neue Talente werden vorgestellt. Hier treten insbesondere die Talente wie „Magecraft“ oder „Spellcasting“ auf, welche den Charakteren überhaupt ermöglichen zu zaubern und die Einzigartigkeit des Magiesystems andeuten. Dieses System wird auch direkt im Anschluss erklärt, wie erwähnt basiert es auf diversen Talenten, die es einem Charakter erlauben, überhaupt Magie zu wirken oder auch Zugang zu bestimmten Zaubern gewähren. Channeler (die Zauberwirker-Klasse) erhalten diese Talente automatisch oder als Bonustalent. Die Magie Midnights beruht im Gegensatz zu den Grundregeln auch nicht länger auf einer bestimmten Anzahl memorierter Zauber oder Zauberslots sondern vielmehr darauf, dass ein jeder Zauber eine bestimmte Menge an „Spell Energy“ verbraucht, von denen jeder Zauberwirker ein bestimmtes Kontingent besitzt. Dies kann er auch noch weiter auf Kosten seiner Gesundheit überziehen.

Ein paar neue Zauber, Pflanzen, Waffen und andere Gegenstände runden das Kapitel ab.

 

Mit dem sechsten Kapitel „Adventuring in Midnight“ schließt das erste Buch ab. Dem Spieler werden nun Hintergrundinformationen über die Welt von Midnight an die Hand gegeben. Er erhält grundlegendes Wissen über einzelne Gegenden und Sprachen und es wird eine Modifikation der Handwerksfertigkeiten und Gegenstandskosten vorgestellt, die darauf beruht, welche Güter und Materialien in welchen Gegenden besser oder schlechter verfügbar sind.

 

Buch 2: The World Of Midnight

Das zweite Buch behandelt nun die eigentliche Spielwelt, den Kontinent Eredane. In drei Kapiteln behandelt das Buch ausführlich und geografisch sortiert alle Teile Eredanes. Jede der insgesamt zehn Regionen ist beschrieben mit den Themen Geschichte, Bewohner, Siedlungen, Sprache, Politik, Religion, Wirtschaft und weiteren. Ausgeschmückt werden sie noch mit einigen Geschichten und Sagen, herausragenden Persönlichkeiten und den gesellschaftlichen Systemen, die in den jeweiligen Regionen herrschen.

Abgeschlossen wird das Buch dann mit ein paar knappen Informationen zu Küsten und Inseln Eredanes, welche nicht so ausführlich und aufgeschlüsselt, aber genauso anmutig und schauderhaft geschrieben sind.

 

Buch 3: The Secrets Of Midnight

Das letzte Buch ist für den Spielleiter bestimmt, hier findet er in drei Kapiteln alle Informationen, die er benötigt, um eine Spielrunde durch Midnight zu leiten.

 

Das erste Kapitel des dritten Buches wirkt wie eine Fortsetzung des vorherigen. Hier werden die Regionen und Länder Eredanes beschrieben, welche den normalen Bewohnern und somit auch den Spielercharakteren in der Regel nicht bekannt sind. Dies betrifft in erster Linie die „nördlichen Sümpfe“, in denen Izrador sein dunkles Machtzentrum hat. Das Kapitel ist – wie angedeutet – aufgebaut wie die vorherigen aus dem zweiten Buch, nur sind die Beschreibungen hier etwas trockener und sachlicher, was der Qualität aber keinen Abbruch tut.

Kapitel elf – das zweite des letzten Buches – behandelt dann die Schergen Izradors, jene Personen oder Untote oder Monster, die es den Charakteren schwer machen sollen, ihre Abenteuer zu bestehen und auf Aryth zu überleben. Dies reicht von der „rechten Hand Izradors“ bis zu den kleinen Fußsoldaten, die Eredane terrorisieren. Desweiteren stellt das Kapitel die Heiligen vor, die dafür sorgen, dass Izradors Untertanen göttliche Zauber wirken können. Diese sind nämlich die einzigen in Midnight, die legal zaubern dürfen.

Kapitel zwölf (oder 3.3) soll dann dem Spielleiter noch nützliche Tipps und Informationen bieten, um eine erfolgreiche und spannende Kampagne in Midnight zu leiten. Im Grunde enthält es alles das, was man aus dem Spielleiterhandbuch kennt, nur eben umgemünzt auf die Welt von Midnight. Hier wird also das Magiesystem der „Bösen“ näher erklärt, die wie erwähnt auch auf göttliche und auf eine dritte Form, die „angeborene“ Magie, zugreifen können. Wie im Spielleiterhandbuch werden magische Gegenstände, etwas ähnliches wie Ebenen, Monster und andere Kreaturen, Hinweise zum Leiten und Erstellen von Abenteuern und optionale Regeln beschrieben.

 

Die Bücher bzw. das dritte Buch „The Secrets Of Midnight“ und das gesamte Buch „Midnight 2“ endet dann mit den Anhängen. Sie enthalten ein Abenteuer, um gleich loszuspielen, einige regionale Begegnungstabellen, vorgefertigte Nichtspielercharaktere, Zauberlisten und natürlich den Index. Die letzte Seite gebührt der OGL, wie es sich gehört.

 

Fazit

Fantasy Flight Games hat hier eine äußerst ansehnliche und schauderhafte Kampagnenwelt erschaffen, auch wenn ich – mangels Spieler – keine Testrunde spielen konnte und die erste Version nicht kenne, wage ich ein Urteil. Wer düstere Settings mag wird in Midnight gut aufgehoben sein, die Charaktere leben in ständiger Angst und man kann sie kaum als Helden bezeichnen, jedenfalls können sie leisten was sie wollen, niemand wird es wagen ihnen ein Denkmal zu setzen. Die Regelmodifikationen scheinen nüchtern betrachtet (wie gesagt ohne Test) gelungen, das neue Magiesystem macht Appetit und klingt interessant wie auch spielbar.

Kleinere Abschläge muss das Buch in seiner Verarbeitung machen und bei der einen oder anderen unglücklich platzierten Werbung für andere Midnight-Produkte (die sich dann allerdings irgendwie wieder in die Atmosphäre einfügt). Dass das zweite Buch äußerst systematisch geschrieben ist tut dem Lesehorror keinen Abbruch und ist sicher hilfreich, falls man bestimmte Informationen zu einer bestimmten Region sucht.

Alles in allem ein gutes Buch und eine Kaufempfehlung für alle, die des Englischen mächtig sind und auf das nächste düstere Setting nur gewartet haben.