Sharner Kobold Sharner Kobold

 

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Dungeonscape - An Essential Guide to Dungeon Adventuring
Bewertung:
(3.4)
Von: Marcus Niechciol
Alias: TexMex
Am: 18.03.2007
Autor:Jason Bulmahn, Rich Burlew
Übersetzer:---
Typ:Regelerweiterung
System:D&D 3.5
Setting:generisch
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-4118-6
Inhalt:160 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Mit „Dungeonscape – An Essential Guide to Dungeon Adventuring“ liegt das jüngste Kind der “Environmentals”-Reihe von Wizards of the Coast vor. Besagte Reihe beschäftigt sich mit den verschiedensten Umgebungen, in die Abenteurer geraten können, und wie diese mit den Gefahren solcher Umgebungen fertig werden. Die neueren Bände (der direkte Vorläufer, Cityscape, und eben das vorliegende Dungeonscape) beschäftigen sich dabei weniger mit natürlichen Umgebungen wie Wüsten, Meeren oder Gebirgen, sondern eher mit den von Menschen (oder besser: Humanoiden) geschaffenen: Bei Cityscape waren es die Städte und jetzt bei Dungeonscape kommen endlich die Dungeons zum Zuge. Es wundert mich ehrlich gesagt, dass den Dungeons, den „Verliesen“, diesen klassischsten aller Abenteuerschauplätze, nicht schon früher ein eigenes Buch gewidmet wurde, heißt doch schließlich das Rollenspiel „Dungeons & Dragons“ und haben die Drachen doch schon seit Jahren mit dem Draconomicon ihr eigenes Buch.

Autoren des vorliegenden 160-Seiten-Werkes sind Jason Bulmahn und Rich Burlew. Dass beide in der Lage sind, sehr gute Bücher zu schreiben, haben sie längst bewiesen (Rich Burlew etwa als einer der Autoren des MHB IV). Ob sie ihr Potential auch bei diesem Buch voll ausnutzen, soll die vorliegende Rezension klären.

 

Erster Eindruck und Gestaltung:

Dungeonscape ist ein Quellenbuch von WotC – Dieser Satz sagt eigentlich schon aus, was einen erwartet: Ein stabiles, gut verarbeitetes Hardcover, wie gewohnt hochwertig mit gutem Papier und stabiler Bindung. Die Umschlaggestaltung entspricht der aus den früheren Bänden der „Environmentals“-Reihe bekannten: Ein grüner Hintergrund mit goldenem Rand unterscheidet diese Reihe von anderen Quellenbüchern. Das Coverbild stammt diesmal von Michael Komarck und zeigt zwei Abenteurer im Kampf mit einem Betrachter – selbstverständlich in einem nassen, dunklen Dungeon. Wenn ich dieses Bild mit den anderen Covern der Reihe vergleiche, dann fällt es irgendwie aus dem Rahmen: Weniger „comichaft“ wie noch die ersten Cover und irgendwie „realistischer“ (man beachte z.B. das Flammenschwert), fängt es die Atmosphäre einer klassischen Dungeon-Begegnung hervorragend ein und gefällt mir sehr gut.

 

Beim weiteren Durchblättern fallen auch hier wieder massig Zeichnungen, Skizzen und Illustrationen (darunter mehrere ganzseitige) auf, deren Bandbreite wieder von hervorragend bis unterdurchschnittlich reicht, allerdings treten die guten Zeichnungen etwas häufiger in Erscheinung.

 

Sprache:

<í>Dungeonscape ist – wie könnte es anders sein – zurzeit nur in englischer Sprache erhältlich. Mit einer deutschen Übersetzung durch Feder & Schwert dürfte in der näheren Zukunft wohl leider nicht zu rechnen sein.

 

Doch nun zum Wichtigsten, dem Inhalt (Anmerkung: Da die Rezension zugegebenermaßen sehr lang ist, gebe ich nach jedem Kapitel ein kurzes Zwischen-Fazit, damit man nicht den Überblick verliert und sich die Kapitel aussuchen kann, die einen wirklich interessieren):

 

Introduction

Bei diesem Abschnitt handelt es sich um, nun ja, eine Einleitung mit ein paar einleitenden Worten zum Wie und Warum dieses Buches. Nett finde ich, dass auch dieses Buch wieder mit einem kleinen Kurzgeschichtchen beginnt, dessen Hauptdarsteller die aus dem PHB bekannten Beispielcharaktere (Lidda, Mialee, Tordek usw.) sind, die man auch auf vielen Zeichnungen im ganzen Buch wiedererkennen wird können.

 

Besonders aufgefallen ist mir hier aber der Absatz „What you need to play“, denn Dungeonscape stützt sich nicht nur auf die Core-Bücher PHB, DMG und MHB, sondern zusätzlich noch ausdrücklich auf das PHB II, das DMG II und (Achtung!) „sämtliche seit dem Jahr 2000 erschienenen D&D-Publikationen sowie einige ältere Bücher aus vorangegangen Editionen“. Oha! Aber es soll angeblich keines dieser Bücher (außer den Core-Werken) nötig sein, um Dungeonscape voll nutzen zu können. Ob das mal so stimmt....

 

Kapitel 1: The Dungeon as Enemy

Und schon geht’s ans Eingemachte: Nach einer kurzen, allgemein gehaltenen Einleitung zu Dungeons und Abenteurern, die diese erforschen wollen, folgt ein Abschnitt mit der Überschrift „Standard Class Options“. Hier findet man zweierlei: Zum Einen wurde jeder Grundklasse aus dem PHB ein Absatz spendiert, in dem beschrieben wird, wo im Dungeon diese Klasse ihre Stärken ausspielen kann und was sie besser nicht tun sollte. Allerdings sollte man bei diesen kurzen Absätzen keine großen, innovativen Ideen erwarten, zum größten Teil sollten die Informationen, die dort dargeboten werden, jedem klar sein, z.B. dass die „Lay on hands“-Fähigkeit des Paladins den Gruppenkleriker in seiner Heilungs-Aufgabe entlasten kann. Oder dass man in den engen Gängen eines Dungeons große Flächenzauber vermeiden sollte. Dazwischen findet man aber immer auch mal wieder ein paar nützliche Feat-Vorschläge.

Zum Anderen findet man aber auch zu jeder Klasse ein oder mehrere „Alternative Class Features“, die aus dem PHB II oder auch dem Unearthed Arcana bekannt sind. Diese haben mir im Gegensatz zu den allgemeinen Informationen zu jeder Klasse relativ gut (mit wenigen Ausnahmen) gefallen. Unter den Alternative Class Features findet man z.B. für den Barden den „Lore Song“, eine spezielle Art der Bardenmusik, die das Bardenwissen ersetzt und handfeste Boni auf Würfe gibt. Ebenfalls gut gefallen hat mir der Divine Spirit des Paladins, celestische Geister, die der Paladin herbeirufen kann und die ihm sehr gute und nützliche Boni verleihen. Eine gute Alternative zu dem in Dungeons eher unhandlichen Mount.

 

An die bekannten Grundklassen schließt sich eine komplett neue Klasse an: Der Factotum. Diese Klasse ist so etwas wie die eierlegende Wollmilchsau in D&D-Regeln gepackt. Ein Factotum kann (am Ende) quasi alles: Fallen finden und entschärfen, passabel kämpfen, arkan zaubern, heilen, Untote vertreiben und so weiter und so fort. Auf Stufe 19 erhält er sogar die Fähigkeit, pro Tag bis zu 3 beliebige(!) Klassenfähigkeiten jeder beliebigen(!) Klasse zu emulieren. Allerdings wird man mit einem Factotum nicht wirklich eine andere Klasse (mit Ausnahme des Schurken vielleicht, dessen Hauptaufgabe „Fallen Finden“ kann der Factotum genauso gut ausführen) komplett ersetzen können, denn er kann meist nur kurzzeitig diese Leistungen vollbringen. Er erhält nämlich pro Begegnung sogenannte „Inspiration Points“, mit denen er seine Fähigkeiten bezahlen muss. So kostet z.B. ein arkaner Zauber einen Inspiration Point, ebenso wie ein Hinterhältiger Angriff. Somit wird ein Factotum kaum zum primären Zauberwirker einer Gruppe werden können, aber falls der Gruppenmagier mal außer Gefecht ist, kann an dessen Stelle der Factotum einen oder zwei Sprüche raushauen. Insgesamt betrachtet macht der Factotum aber keinesfalls einen zu starken Eindruck, mir persönlich hat er gut gefallen, zumal die Ausarbeitung insgesamt auch sehr schön ist mit einer Menge Hintergrundinformationen.

 

Der nächste Abschnitt dieses Kapitels fällt irgendwie etwas aus dem Rahmen und passt nicht zum Vorhergegangenen: Es folgen nun nämlich die Beschreibungen von verschiedensten Dungeon Terrains. Aber anscheinend haben sich die Designer gedacht „In den anderen „Environmentals“-Büchern standen die Terrain Features auch im ersten Kapitel“. Zu diesen gibt es eigentlich wenig zu sagen: Es finden sich hier u.a. Beschreibungen von Knochenwänden, Feuerböden, Spinnennetzwänden, Schlickböden, Eiswänden, natürlichen Kaminen, Brücken und so weiter. Aber auch so außergewöhnliche, abgedrehte Dungeon Features wie Zombietüren, die die Abenteurer selbstständig attackieren können, oder pulsierende, lebende Flesh Walls. Alles komplett beschrieben, auch mit etwaigen Gefahren für einen Abenteurer. Von der Länge und Tiefe her fand ich diese Auflistung genau richtig, lang genug, um eine gute Vorstellung des jeweiligen Dungeon Features zu haben, aber doch nicht so ausführlich, dass es nach einer halben Seite langweilig wird, diese zu lesen.

 

Fazit für dieses Kapitel: Ein netter Einstieg in die Dungeon-Thematik. Die Alternative Class Features sind recht schön, auch die neue Grundklasse hat mir sehr gut gefallen. Die Dungeon Terrain Features waren mir aber teilweise etwas zu abgedreht (Zombie-Türen???). Auf der Negativ-Seite stehen ebenfalls die größtenteils nutzlosen Hinweise für die einzelnen Klassen.

Teilnote für dieses Kapitel: 3,5 (Seitenzahl: 24)

 

Kapitel 2: Tools of the Trade

Wie der Titel schon andeutet, dreht sich das folgende, recht kurze Kapitel um alle möglichen magischen und nicht-magischen Gegenstände, die dem ambitionierten Abenteurer auf seinem Dungeon-Trip nützlich erscheinen können. Das Kapitel beginnt mit ein paar einleitenden Worten, in denen Hinweise gegeben werden, wie man als Abenteurer(-gruppe) die am besten geeignetsten Gegenstände findet und nach welchen Kriterien man diese auswählt.

Doch dann geht es schon los mit den Gegenständen, zuerst dem nicht-magischen Zeug:

Man findet hier knapp über 20 größtenteils neue (neben Verbesserungen von bekannten Gegenständen, etwa dem Mithral Grappling Hook) Gegenstände, die in einem Dungeon nützlich sein können, von Werkzeugen wie Sägen und Bohrern über zusammenklappbare 12m-Stangen, bis hin zu einem gewöhnlichen Gummiball, mit dem man in langen, dunklen Gängen Gefälle oder Hindernisse feststellen kann. Dabei sind die Gegenstände recht schön ausgearbeitet, negativ aufgefallen ist mir nur der Wand Bracer, der auf mich recht unausgegoren wirkt.

Weiter geht’s mit ein paar Modifikationen für Rüstungen und Waffen wie kleinen Fächern für Tränke oder Zauberstäbe. Diese Idee finde ich persönlich recht nett, bekommen so doch die Gegenstände, die man sowieso immer bei sich trägt, zusätzliche Funktionen, die einem im Notfall möglicherweise das Leben retten können.

Und weiter zu den alchemistischen Gegenständen. Hier findet man so nützliche Dinge wie einen Acid Neutralizer, der – überraschenderweise – Säuren neutralisieren kann, oder den Firmament Stone, der einem auch „unter Tage“ den Stand der Sonne oder des Mondes verraten kann (nützlich für Kleriker, die ihre Zauber zu bestimmten Zeiten vorbereiten müssen). Die Beschreibung jedes einzelnen Gegenstands ist sehr ausführlich, unterteilt in „Description“, „Activation“, „Effect“ und „Construction“, eine schöne, zweckmäßige und informative Darstellung, wie ich finde.

 

Die zweite Hälfte des Kapitels widmet sich voll und ganz den magischen Gegenständen. Am Anfang dieses Abschnitts werden noch einmal die aus dem DMG bereits bekannten magischen Gegenstände beleuchtet, welche für ein Dungeon-Abenteuer am besten geeignet sind. Dabei findet man durchaus auch Gegenstände, die man so nicht im Sinn gehabt hätte, die aber, kreativ eingesetzt, unglaublich nützlich sind. Und mal ehrlich: Welcher Abenteurer packt von sich aus z.B. Nolzur’s Marvelous Pigments ein? Die ursprüngliche Beschreibung im DMG macht diesen Gegenstand einfach uninteressant, aber mit der hier gegebenen Ergänzung macht der Gegenstand plötzlich sehr viel mehr Sinn. Eine schöne Sache.

Es folgen ein paar neue magische Eigenschaften für Rüstungen und Waffen, wovon 2 speziell für den Kampf gegen Schwarm-Kreaturen ausgelegt sind. Dazu kommen noch 2 Rüstungseigenschaften, nämlich „Durable“ und „Restful“. Ersteres sorgt für eine Immunität der Rüstung gegen Rost-Attacken oder Auflösung durch Säure, Zweiteres dafür, dass der Träger problemlos in der Rüstung schlafen kann – auch in schweren. Im Prinzip zwei Must-haves, für den Preis von 500GM pro Eigenschaft auch noch recht günstig. Irgendwie finde ich das etwas zu stark, aber der Eindruck wird sich wohl erst im aktiven Spieleinsatz bestätigen oder zerstreuen können.

Des Weiteren werden in diesem Kapitel noch 5 neue Wondrous Items vorgestellt. Darunter finden sich nette Ideen wie die Blankets of Security, Decken, die ein Nachtlager etwas sicherer machen können, oder die Dancing Lantern, eine schwebende, steuerbare Laterne (wahlweise auch als intelligenter Gegenstand). Insgesamt gesehen haben mich aber die meisten magischen Gegenstände nicht gerade vom Hocker hauen können. Nützlich? Ja. Nett? Durchaus. Überzeugend? Nicht wirklich. Auch wenn die Ausarbeitung der einzelnen Gegenstände wie schon bei den alchemistischen Gegenständen sehr, sehr ausführlich ist, mit allen Informationen, die man jemals brauchen könnte.

 

Den Abschluss des Kapitels bilden ein paar sogenannte Adventuring Kits, fertig zusammengestellte Gegenstands-Sets für bestimmte Situationen, etwa das Cleric-in-a-box-Kit mit Heiltränken, Gegengift, Heiltaschen usw. Eine nette Sache für diejenigen, die sich aus Zeitmangel (oder Faulheit) nicht die Gegenstände für ihren Abenteurer selbst zusammensuchen wollen oder können.

 

Fazit für dieses Kapitel: Eine Menge interessanter, nützlicher, speziell auf Dungeon-Abenteuer zugeschnittener Gegenstände, allerdings auch viele, die mich nicht so vom Hocker gehauen haben. Die Ausarbeitung und Darstellung lässt kaum Wünsche offen.

Teilnote für dieses Kapitel: 3,8 (Seitenzahl: 15)

 

Kapitel 3: Character Options

Es folgt mit „Character Options“ das unvermeidliche Crunch-Kapitel. Den Anfang machen traditionellerweise die neuen Talente, 9 an der Zahl. Darunter sind 2 Weapon-Style-Talente (eines für den Kampf mit Einhand-Waffe und Fackel (nett!), das andere für Hammer und Steighaken), 2 Taktik-Talente, die besonders beim Kampf in Tunneln oder engen Dungeons nützlich sind, und 5 normale, die sich größtenteils mit Fallen beschäftigen. Diese „Fallen-Talente“ geben allerdings so praktische Boni, dass sie wohl in Zukunft zu den Pflichttalenten für Fallensucher gehören werden (z.B. kann man mit einem Talent Fallen „spüren“ wie ein Elf eine Geheimtür).

Auf der nächsten Seite findet man einen kleinen Ausflug ins Teamwork, es wird das im DMG II vorgestellte Konzept der Teamwork-Benefits aufgegriffen und auf die Aufgaben „Klettern“ und „Fallen suchen“ übertragen. Ob man als SL diese Regeln benötigt, um die Gruppe zur Zusammenarbeit anzuhalten oder dafür zu belohnen, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden, ich persönlich halte das Konzept für zu kompliziert.

 

Wie Talamar in einer seiner Rezensionen mal anmerkte: Bei WotC gilt der Grundsatz „Kein D&D-Buch ohne neue Prestigeklassen“. In Dungeonscape findet man genau drei, zwei davon, den Beast Heart Adept und den Trapsmith, werde ich im Folgenden näher beleuchten. Die dritte Prestigeklasse im Bunde ist der Dungeon Lord, eine speziell auf NSC-Endgegner zugeschnittene Prestigeklasse, die in einem späteren Kapitel beschrieben wird.

 

Der Beast Heart Adept ist eine dem Druiden ähnliche Klasse, allerdings fühlt sich der Beast Heart Adept weniger zur Natur im Allgemeinen hingezogen, sondern knüpft freundschaftliche Bande zu allen möglichen Monstern. Dabei erhält er bis zu drei Monstrous Companions, die er wählen kann wie ein Druide seinen Animal Companion. Die Liste umfasst z.B. Ankheg, Otyugh und später sogar einen Behir. Im Kampf erhält der Beast Heart Adept bestimmte Boni, wenn er taktisch klug mit seinen Companions kämpft.

 

Der Trapsmith hingegen ist ein Meister der Fallen, sowohl im Aufstellen von eigenen als auch im Finden und Entschärfen von fremden. Er kann problemlos Booby Traps aufstellen, kleine Fallen wie Fallschnüre oder Armbrustfallen, mit denen er seine Gegner behindern kann. Natürlich kann er auch Fallen entschärfen wie kein Zweiter. Sollte dennoch etwas schief gehen, so kann der Trapsmith die Auswirkungen einer ausgelösten Falle trotzdem etwas abmildern. Zusätzlich beherrscht er ein paar arkane Zauber.

 

Insgesamt betrachtet machen die beiden Prestigeklassen auf mich einen sehr guten Eindruck. Im Gegensatz zu den eher langweiligen Prestigeklassen aus Cityscape konnten die beiden hier vorgestellten Klassen mein Interesse durchaus wecken, weil es interessante Konzepte sind, die auch schön und stimmig umgesetzt wurden. Die ausführliche Darstellung der Klassen mit jeder Menge Fluff tut dazu ihr Übriges.

 

Den Abschluss des Kapitels bildet ein Abschnitt zu Gilden und welchen Bezug eine Gilde zu einem Dungeon haben kann (etwa als Bewachung eines Dungeons, als Schatzsucher-Gilde etc.), selbstverständlich auch mit ein paar Beispiel-Gilden. Vom Fluff her sind diese Gilden sehr schön ausgearbeitet, es sind keine beliebigen 08/15-Gilden, sondern alle mit eigener Geschichte und unterschiedlichen Zielen. Hier wird aber leider auch eine von mir weiter oben geäußerte Befürchtung wahr: Die Gilden-Beschreibungen sind nach einem Muster aus dem PHB II aufgebaut. Vom Fluff her ist das kein Problem, allerdings gibt es auch Regel-Werte (z.B. Affiliation-Score oder Scale), die man ohne das Wissen aus dem PHB II, was diese Werte denn nun bedeuten und wie man mit ihnen umgehen muss, nicht nutzen kann. Ganz schlecht! Ein kurzer Abschnitt zur Erläuterung der Begriffe wäre hier notwendig gewesen, denn so sind die Gilden regelseitig einfach nicht zu gebrauchen.

 

Fazit für dieses Kapitel: Besonders Spieler werden sich an diesem Kapitel erfreuen, die vorgestellten Prestigeklassen und Talente sind sehr interessant und gut umgesetzt. Der größte Kritikpunkt an diesem Kapitel betrifft die Gilden: Fluffmäßig zwar schön beschrieben, ist man regelseitig ohne das PHB II aufgeschmissen. Schlecht!

Teilnote für dieses Kapitel: 4,2 (Seitenzahl: 19)

 

Kapitel 4: Dungeon Design

Die weiteren Kapitel von Dungeonscape sind nun ausdrücklich nur an den Spielleiter gerichtet. In ihnen geht es nämlich vorrangig um das Erstellen von „guten“ Dungeons, von der groben Ausarbeitung (dieses Kapitel) über Monster/NSC-Begegnungen (Kapitel 5) und Fallen (Kapitel 6) bis zur detaillierteren Ausarbeitung der einzelnen Räume eines Dungeons (Kapitel 7).

Die Kapitel zur Dungeon-Erstellung beginnen mit einer kurzen Erläuterung der Vorteile von Dungeons als Abenteuerschauplatz: Dazu gehören u.a. die Vielzahl von Monstern, die man einsetzen kann, oder auch einfach das „außerweltliche Feeling“, das ein Dungeon ausstrahlt.

Doch dann geht es schon los mit der Erstellung eines Dungeons. Die Autoren verfolgen hier die Methode „Vom Großen zum Kleinen“, man sollte also nicht anfangen, indem man wild Räume aufzeichnet, sondern sich erst einmal Gedanken zum groben Konzept des Dungeons machen. Man findet im Abschnitt Functions of Dungeons ein paar Beispiele, etwa ein Dungeon als Death Trap, als Todesfalle zum Schutz eines mächtigen Artefakts oder Ähnlichem. Oder das Konzept des „Bizarren Dungeons“, in dem alles möglich ist. Was mich aber gestört hat, ist dass alle vorgestellten Konzepte nur trocken beschrieben werden. Im Cityscape gab es ein ähnliches Kapitel zu bestimmten Stadt-Typen, hier fand man zu jedem Typ eine ausführlich ausgearbeitete Beispiel-Stadt. Warum hier dann keine Beispiel-Dungeons? Man findet zwar ein paar Verweise auf bestimmte Klassiker der D&D-Geschichte, etwa die Tomb of Horrors oder White Plume Mountain, wer aber diese Dungeons nicht kennt, der kann auch mit diesen Verweisen als Beispiele nichts anfangen. So bleibt dieser Abschnitt viel zu trocken.

Im Folgenden findet man ein paar Hinweise, wie man den Dungeon „interessant“ machen kann, wie man ihn also von dem Standard-„Geh von Raum zu Raum und haue alle Monster platt“-Dungeon abhebt. Dies kann man durch einen dynamischen Dungeon erreichen, bei dem die SC den Verlauf des Dungeons ändern können, oder durch verschiedene Fraktionen innerhalb des selben Dungeons, die sich um die Vorherrschaft streiten (dies sorgt für eine Menge Rollenspielmöglichkeiten und wird/wurde deshalb auch in vielen Kaufabenteuern umgesetzt).

Nachdem man das alles ausgesucht hat, kann man nun den Dungeon oder Teile davon noch unter ein oder mehr bestimmte „Motive“ stellen, die dann das Aussehen oder mögliche Begegnungen bestimmen. Ein Dungeon mit dem Motiv „Drachen“ kann z.B. der Hort eines Drachen sein, aber auch nur ein paar Räume, in denen es an den Wänden Drachen-Reliefs gibt. Solcherlei Motive findet man eine ganze Menge, aus den unterschiedlichsten Bereichen (Ein chaotischer Dungeon gefällig? Oder ein rechtschaffener?), jeweils mit einem ganz kurzen Textchen dabei, wie sich dieses Motiv manifestieren kann. Am Ende des Abschnitts findet der inspirationslose SL noch ein paar Tabellen, auf denen man diese Motive auswürfeln kann, sowie ein paar Beispielchen von Kombinationen verschiedener Motive.

Es folgt eine Auflistung aller möglichen Räume, die man in einem Dungeon finden kann: Barracken, Waffenkammern, Küchen, Thronsäle, Bibliotheken und so weiter und so fort. Die Umsetzung allerdings hat mich sehr enttäuscht. Ich ziehe hier wieder den Vergleich zu Cityscape, genauer zum Abschnitt „Stadtviertel“. Dort wurden auch die unterschiedlichsten Stadtviertel vorgestellt, allerdings recht tiefgehend, schlüssig und mit einer Masse an durchdachten Abenteuerideen, NSC und Plothooks, die kaum zu überblicken ist. Im Gegensatz dazu findet man im Dungeonscape ein wildes Sammelsurium an Ideechen. Es wirkt ein wenig so, als hätten die Designer hier ein grobes Brainstorming veranstaltet und die rohen Ideen einfach aufgeschrieben. Es wirkt einfach wild durcheinandergewürfelt, was man dort zu lesen bekommt. Man findet zwar auch hier eine Menge Ideen, diese sind aber längst nicht so durchdacht und ausgearbeitet wie die aus Cityscape. Es mag zwar sein, dass ich durch Cityscape in dieser Hinsicht etwas verwöhnt bin, aber Dungeonscape muss sich den Vergleich zu seinem direkten Vorgänger gefallen lassen und in diesem Vergleich schneidet Dungeonscape mehr als nur schlecht ab.

 

Am Ende des Kapitels finden sich noch ein paar allgemeinere Hinweise für Spielleiter, die auf mich an dieser Stelle aber etwas deplatziert wirken. Auf mich wirkt der Abschnitt so, als ob man noch etwas Platz gehabt hätte, den es irgendwie zu füllen galt. Und so liest sich das dann auch, obwohl die Hinweise an sich (Fallen klug platzieren, wie man mit ständigen Suchen-Würfen des Schurken umgeht, wie man die Spannung bei Überraschungsrunden erhält, etc.) sicherlich ihre Berechtigung haben. Nur halt nicht an dieser Stelle in dieser Form.

 

Fazit für dieses Kapitel: Ein wildes Sammelsurium an Ideen zur Dungeon-Planung. Zwar sehr viele Ideen, allerdings alle nur kurz angedacht und kaum ausgearbeitet. Da ist man aus Cityscape Besseres gewohnt. Zumal das Kapitel seinen angekündigten Zweck, bei der Planung von Dungeons Hilfestellungen zu geben, auf diese Weise kaum erfüllt.

Teilnote für dieses Kapitel: 2,9 (Seitenzahl: 30)

 

Kapitel 5: Dungeon Encounters

Eines der Herzstücke eines jeden Dungeons sind die Monster-Begegnungen. Das dazu gehörende Kapitel beginnt etwas theoretisch: Wie erschafft man als SL eine wahrhaft denkwürdige, fordernde Begegnung? Dazu bieten die Autoren einen Schritt-für-Schritt-Leitfaden an, der vor allem Anfängern im SL-Handwerk zu solchen Begegnungen verhelfen kann. Dabei wählt man zuerst aus verschiedenen Monster-„Rollen“ (z.B. Blocker, Buffer, Damage-Dealer) einen „Fokus“ aus, um den die gesamte Begegnung gestrickt ist, und erweitert diese dann nach und nach um weitere Monster-Rollen, Hindernisse, etc., allerdings immer mit der Gruppe, für die diese Begegnung gestrickt wird, und ihren Taktiken im Hinterkopf. Erst ganz zuletzt werden die genauen Details der Begegnung festgelegt: Welche Monster, welche Fallen und so weiter. Damit entstehen sogenannte Encounter-Templates, die man dann nach belieben immer wieder abwandeln und neu verwenden kann. Selbstverständlich findet man auch mehrere Beispiel-Templates. Dieser Leitfaden hat mir schon mal recht gut gefallen, nebenher werden auch in Seitenbalken gerne gemachte Fehler und deren Vermeidung erläutert. Erfahrenere Spielleiter, die normalerweise solche Begegnungen aus dem Ärmel schütteln, werden allerdings nicht viel mitnehmen können.

 

Der zweite Teil des Kapitels bietet jede Menge neues Material an: 2 neue Monster, 1 speziell auf NSC-Endgegner zugeschnittene Prestigeklasse sowie 6 neue Templates. Dass die Autoren hier den Templates vor kompletten Monstern den Vorzug gegeben haben finde ich persönlich durchaus gut, denn mit Templates ist man einfach flexibler, man kann sie auf alle möglichen Monster anwenden – von denen man ja mit den bald 5 Monster Manuals genug haben sollte. So kann man mit dem bereits vorhandenen Material besser arbeiten und seinen Spielern Begegnungen mit auf den ersten Blick bekannten Kreaturen vorsetzen – die dann aber doch einen gewissen „Dreh“ haben.

Zu den neuen Monstern gehören der Rot Grub Swarm, ein Schwarm aasfressenden Ungeziefers, und der Ascomoid, ein rollender Ball aus Pilzen (Klingt merkwürdig, ist es auch). An neuen Templates haben u.a. das Acidborn Monster, ein Template für aquatische Kreaturen, die statt in normalem Wasser in Säure leben, oder das Guardian Monster, ein – wie der Name schon sagt – spezialisiertes Wächter-Monster, den Weg ins Dungeonscape gefunden. Natürlich findet man auch ein Template speziell für Schlicke (Was wäre ein WotC-Buch ohne Schlicke? Anscheinend haben die Designer alle eine besondere Vorliebe für diese Glibber). Das interessanteste Template ist meiner Meinung nach das Hivenest Monster. Dieses Template wird nicht nur auf eine Kreatur angewandt, sondern gleich auf zwei, nämlich eine „Wirtskreatur“, bspw. ein Untoter oder Konstrukt, und einen Ungeziefer-Schwarm, der dann mit der Wirtskreatur eine Symbiose eingeht. Ein interessantes Konzept.

Insgesamt betrachtet, finden die neuen Monster und Templates aber nicht so meinen Gefallen, vor allem wenn ich diese mit den teilweise hervorragenden Monstern aus dem direkten Vorgänger Cityscape vergleiche. Dort hatte man bei jedem Monster direkt mehrere Ideen für Abenteuer um diese Monster im Kopf. Hier: Nichts. Die Monster aus Dungeonscape sind zwar für sich genommen alle ganz nett, aber mehr auch nicht. Das ist schade, denn die Ausarbeitung ist wieder einmal sehr gut.

 

Kommen wir nun zum Dungeon Lord, der oben erwähnten NSC-Prestigeklasse. Der Dungeon Lord ist – wie man schon aus dem Namen schließen kann – der Hausherr eines Dungeons. Nichts bleibt ihm in „seinem“ Dungeon verborgen, er kennt alle Fallen, geheimen Wege, Räume, jeden einzelnen Bewohner, einfach alles. Dieses Wissen nutzt der Dungeon Lord um sich Eindringlingen entgegenzustellen – eine Begegnung, bei der der Dungeon Lord immense Vorteile besitzt. Auch diese Prestigeklasse kann begeistern, sowohl vom Konzept her (der ideale Endgegner eines Dungeons – anwendbar auf nahezu jedes Monster) als auch von der Umsetzung. Wie gewohnt findet man hier nicht nur die rohen Regelwerte, sondern auch eine Menge Fluff drumrum.

 

Fazit für dieses Kapitel: Das am Anfang vorgestellte Encounter-Template-Format, um Monster-Begegnungen zu planen, ist vor allem für SL-Anfänger nützlich. Erfahrenere SL aber werden wohl außer ein paar netten Hinweisen nicht viel mitnehmen können. Die neuen Monster und Templates sind zwar durchgehend nett und schön ausgearbeitet, aber ihnen fehlt dann am Ende doch das „gewisse Etwas“, das dafür sorgt, dass man diese Monster auch wirklich einsetzt. Die NSC-Prestigeklasse ist, wie schon die für die SC gedachten, interessant und gut umgesetzt.

Teilnote für dieses Kapitel: 3,6 (Seitenzahl: 24)

 

Kapitel 6: Traps

Ohne Fallen wäre ein Dungeon wohl nur halb so interessant (und auch nur halb so gefährlich). Im folgenden Kapitel findet der geneigte Fallenbauer alles, was das Herz begehrt. Den Anfang macht wieder ein kurzer Exkurs in die Theorie: Welchen Zwecken Fallen dienen können, wo man sie zu welchem Zweck am besten platziert, usw.

Im nächsten Abschnitt wird ein neues Fallen-„Format“ eingeführt, die sogenannten Encounter Traps. Diese unterscheiden sich von den Standard-„Ex und Hopp“-Fallen dadurch, dass sie erstens ausgelöst werden SOLLEN und zweitens die Spieler dann über mehrere Runden beschäftigen, sie haben also im Prinzip mehr mit Monstern als den Standard-Fallen gemeinsam. Das klassische Beispiel für eine solche Falle wäre der lange Gang mit Klingenpendeln, die erst beim halben Durchqueren des Raums auftauchen. Man findet hier aber noch viele andere Beispiele, darunter auch ein paar magische, deren CR von 1 bis 22 reicht. Auch hier gibt es wieder einen kleinen Leitfaden, der die Erstellung solcher Fallen an einem konkreten Beispiel beschreibt. Ein weiterer Absatz beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel von Monstern und Standard-Fallen mit Encounter-Traps, deren Kombination in der Regel eine harte, fast tödliche Herausforderung darstellen kann. Insgesamt haben mir diese neuen Fallentypen recht gut gefallen, sowohl inhaltlich als auch deren Umsetzung.

Der Rest des Kapitels befasst sich hingegen eher mit den klassischen Standard-Fallen, von denen ja bereits eine Menge in den beiden DMGs vorgestellt wurden. Gleich im ersten Abschnitt schließt Dungeonscape eine wichtige Lücke: Ein großes Manko der Fallen aus den DMGs war, dass ihr CR meist nur bis knapp über 10 ging. Für höhere Gruppen wurden Fallen so zu keiner wirklichen Bedrohung mehr und eher eine zeitraubende Kleinigkeit. Hier werden nun Möglichkeiten vorgestellt, die Standard-Fallen etwas aufzuplustern, ihr CR zu erhöhen und somit auch für hochlevelige Gruppen als Herausforderung attraktiv zu machen. Das kann man etwa durch stärkere Gifte, größere oder magische Waffen, Unsichtbarkeit oder – im Fall von magischen Fallen – intelligente Auslöser oder Metamagie erreichen.

Im folgenden Abschnitt kommen ein paar komplexere Fallen zum Zuge, etwa die Katapult-Falle, die beim Auslösen einen unglücklichen Abenteurer aus dem Dungeon herauskatapultiert. Oder die Feeding Chute Trap, eine Falltür, die direkt in den Unterschlupf eines hungrigen Monsters führt. Diese komplexen Fallen wurden sehr schön umgesetzt, jeweils mit einer ausführlichen Beschreibung der Wirkungsweise und teilweise auch netten Skizzen dabei. Es folgt eine weitere Abwandlung der normalen Fallen, die Boon Traps, die nicht darauf abzielen, Eindringlingen zu schaden, sondern den Verteidigern zu helfen, etwa durch Heilung oder Buffs. Der letzte Abschnitt behandelt dann noch psionische Fallen, die ich aber mangels Kenntnis der Psi-Regeln hier nicht bewerten kann.

 

Fazit für dieses Kapitel: Der ambitionierte Fallenbauer findet hier alles, was das Herz begehrt: Ausführliche Informationen zur Planung eines mit Fallen gespickten Dungeons, eine Menge (teilweise recht kreative) Beispiel-Fallen, Fallen für die höheren Level und noch vieles mehr. Ganz klar eines der besten, wenn nicht sogar das beste, Kapitel von Dungeonscape!

Teilnote für dieses Kapitel: 4,2 (Seitenzahl: 24)

 

Kapitel 7: Dungeon Features

Das letzte Kapitel befasst sich mit den „Finishing Touches“ beim Dungeon-Design, nämlich den Dungeon Features, also bestimmten „Merkmalen“ der Umgebung. Es finden sich hier u.a. Beschreibungen von Knochenwänden, Feuerböden, Spinnennetzwänden, Schlickböden, Eiswänden, natürlichen Kaminen, Brücken....Moment, das kommt einem doch bekannt vor? Richtig! Im Prinzip ist dieses Kapitel eine „extended Version“ des Abschnitts über Dungeon Features aus Kapitel 1. Warum stehen dieselben Informationen zweimal im selben Buch? Die Beschreibungen aus Kapitel 1 sind hauptsächlich für Spieler gedacht, sie gehen nur oberflächlich auf das einzelne Feature ein. Die Beschreibungen der Features in diesem Kapitel allerdings gehen tiefer, sie sind ja schließlich für den SL bestimmt, der auch wissen muss, wie das Ganze hinter den Kulissen regeltechnisch abgewickelt wird. Beispiel Flammenwand: Für den Spieler ist es eine Wand aus Flammen. Für den SL allerdings ist es ein intrinsischer magischer Effekt, eine permanente Wall of Fire (der Zauber) etwa, nur unterdrückbar durch ein Dispel Magic. Trotzdem hätten aber beide Abschnitte meiner Meinung nach in ein einzelnes Kapitel gehört, diese Aufteilung ist nicht wirklich gelungen.

Glücklicherweise beschränkt sich das Kapitel aber nicht nur darauf, die Informationen aus Kapitel 1 wiederzukäuen, sondern bringt auch neue Features ins Spiel, etwa Altäre, die – je nachdem welcher Gottheit sie gewidmet sind – unterschiedliche magische Effekte produzieren können. Oder Aufzüge und andere Maschinerien. Am Ende des Kapitels findet man ausführliche Hinweise, wie man seinem Dungeon den letzten Schliff verpassen kann, dass er nicht steril, sondern belebt wirkt, etwa indem man den nackten Wänden Inschriften verpasst oder einen leeren Raum mit Möbeln ausstaffiert (oder mit Skeletten, nach dem Motto „Even the dead can furnish a room“). Ein weiterer Abschnitt befasst sich nun mit etwas, das ich im ganzen Buch vermisst habe: Adventure Hooks, die zu kleinen Neben-Abenteuern abseits des Dungeons führen. Die Abenteurer können etwa ein Buch mit der Bauanleitung eines legendären Gegenstands, den sie in einem Neben-Abenteuer zusammenbauen können. Leider besitzen diese Hooks nicht die aus dem Cityscape gewohnte Klasse, sowohl was den Inhalt selbst betrifft als auch die Darstellung. Das ist so einfach zu wenig.

Zum Abschluss des Kapitels geben die Autoren noch ein paar Hinweise, wie man andere Sinne als das Sehen in seine Beschreibungen des Dungeons integrieren kann, um das Spielerlebnis für seine Spieler abzurunden und insgesamt „realistischer“ zu machen. Diese Hinweise sind zwar ganz nett, aber irgendwie auch unnötig, sie wirken auf mich wie ein letzter Lückenfüller, da man sonst die 160 Seiten nicht vollbekommen hätte.

 

Fazit für dieses Kapitel: Eine erneute Beschreibung der Dungeon Features, diesmal aber ausführlicher und im Stile der ersten Bände der „Environmentals“-Reihe. Jede Menge Material, mit dem man seinen Dungeon ausstaffieren kann, aber insgesamt betrachtet alles nur so dahingeschrieben und nicht so schön ausgearbeitet, wie man es aus den vorherigen Bänden der Reihe kennt.

Teilnote für dieses Kapitel: 3,2 (Seitenzahl: 17)

 

Gesamt-Fazit:

Insgesamt betrachtet ist Dungeonscape kein würdiger Nachfolger von Cityscape, Frostburn und Konsorten. Doch betrachten wir zunächst mal die verschiedenen Zielgruppen:

Spieler werden sich über viel neues Material freuen können: 2 Prestigeklassen, eine Grundklasse, Talente, eine Masse an Gegenständen, größtenteils durchdacht und sehr interessant, und alles gut ausgearbeitet, sowohl was den Regelteil betrifft als auch den Fluff. Lediglich ein paar neue Zauber wären schön gewesen.

Spielleiter hingegen werden über weite Teile nicht so erfreut sein. Das Kapitel über die allgemeine Dungeon-Planung ist das schlechteste im ganzen Buch, es ist eine wilde Aneinanderreihung von Ideechen von Kampagnen-, Abenteuer- und Begegnungsideen, ganz so, als hätten die Designer ein Brainstorming veranstaltet und alle Ideen ungefiltert ins Buch aufgenommen. Die Ideen selbst sind durchaus nett, doch sämtlich nur kurz angedacht und nicht weiter verfolgt. Cityscape im Vergleich hatte zwar weniger absolute Ideen, doch die, die vorgestellt wurden, waren alle hervorragend ausgearbeitet und umgesetzt, als Spielleiter hatte man hier echte Inspirationsquellen, die es so in dieser Form im Dungeonscape kaum gibt.

An neuen Monstern enthält das Buch 2 weniger interessante, dafür aber ein paar nette Templates.

Lichtblicke für den Spielleiter sind aber auch zu finden: Etwa der durchaus hilfreiche Leitfaden zur Erstellung von Monster-Begegnungen (der sich aber primär an SL-Anfänger richtet) oder das hervorragende Kapitel über Fallen (hier gibt es auch die in anderen Kapiteln so schmerzlich vermissten ausgearbeiteten Beispiele). Auch die NSC-Prestigeklasse ist sehr gut gelungen.

Trotzdem hat man meiner Meinung nach mit Dungeonscape viel Potential verschenkt. Mehr ausgearbeitetes Material, das man direkt in seine Kampagne übernehmen kann, hätte dem Buch sehr gut getan, etwa Beispiel-Dungeons, NSC, Abenteueraufhänger und so weiter. Ich denke, hätten die führenden Köpfe bei WotC dem Buch auch die 224 Seiten von Frostburn, Sandstorm und Stormwrack gegönnt, wäre ein weitaus besseres, nützlicheres Buch herausgekommen.

 

Die Gesamtnote, die Dungeonscape von mir erhält, ist das gewichtete Mittel der Teilnoten der einzelnen Kapitel, Gewichtungsfaktor ist dabei die Länge des jeweiligen Teilkapitels.

 

Insgesamt also eine eher durchschnittliche 3,4. Im Gegensatz zu Cityscape oder Stormwrack kann hier in Anbetracht der weiter oben geäußerten Kritikpunkte keine klare Kaufempfehlung ausgesprochen werden, dafür ist der angegebene Preis von $29,95 zu hoch.