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Wege der Verdammten 2: In den Türmen Altdorfs
Bewertung:
(2.5)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Dr. Evil
Am: 25.04.2007
Autor:David Chart und andere
Übersetzer: Alexander von Peschke-Pigualla
Übersetzer:Alexander von Peschke-Pigualla
Typ:Quellenband und Abenteuer
System:Warhammer-Fantasy-Rollenspiel
Setting:Warhammer
VerlagFeder und Schwert
ISBN/ASIN:978-3-937255-95-8
Inhalt:104 Seiten, Hardcover
Sprache:Deutsch

Die Gefahr für Middenheim konnte abgewendet werden, doch der Feind im Inneren ist noch nicht besiegt. „In den Türmen Altdorfs“ führt die Charaktere in die Hauptstadt des Imperiums, deren Ränke es zu durchschauen gilt, um ein zweites Artefakt finden und vernichten zu können. Dies ist keine leichte Aufgabe, denn Altdorf ist eine Brutstätte von Intrigen und es braucht mehr als nur Geschick mit der Klinge, um in den düsteren Gassen dieser Stadt zu überleben.

 

„In den Türmen Altdorfs“ ist die Übersetzung des englischen „Spires of Altdorf“ von Black Industries und der zweite Band der „Wege der Verdammten“-Trilogie. Auch wenn es für sich allein gespielt werden kann, versteht sich „In den Türmen Altdorfs“ doch als Fortsetzung von „Aus der Asche Middenheims“. Neben dem eigentlichen Abenteuer enthält dieses Buch zahlreiche Hintergrundinformationen über Altdorf, die Hauptstadt des Imperiums, inklusive der Geschichte der Stadt, ihren wichtigsten Orten und vielen Tipps zur Schaffung der richtigen Atmosphäre.

 

Der Klappentext auf der Rückseite ist ja zunächst mal sehr viel versprechend, doch schauen wir uns das Ganze mal in Ruhe an. Schließlich kam ja der erste Band schon nicht gänzlich ungeschoren davon.

 

Der äußere Eindruck

Mit insgesamt 104 Seiten, die als Hardcover daherkommen, steht „In den Türmen Altdorfs“ in Sachen Optik dem ersten Band in nichts nach. Die Papierqualität ist aber leider nach wie vor schlecht und erleichtert das Blättern nicht unbedingt. Auch hat man zwischenzeitlich den Hochglanzeinband in „Matt“ gewechselt. Wer das englische Original kennt, wird sich wieder einmal über den lustig munteren Tausch von Illustrationen in den einzelnen Kapiteln wundern. Hier dürfte es wohl letztlich die deutsche Übersetzung gewesen sein, die ihre Spuren im Layout und Seitenumbruch hinterlassen hat.

 

Hatte man bereits schon seine Freude an der farbigen Karte von Middenheim, so erwartet einen nunmehr auf beiden Innenseiten des Hardcover-Umschlags in A3-Format eine Karte von Altdorf. Leider gilt auch hier die gleiche Aussage wie zu „Aus der Asche Middenheims“: Eine Karte als Beilage zum Herausnehmen wäre sicherlich schöner gewesen – was soll ich mit zwei identischen, recht ansehnlichen, bunten Karten in einem Buch anfangen?

 

Positiv sind wieder die kurzen Zusammenfassungen zum Inhalt der einzelnen Kapitel, in denen man sich einen raschen Überblick über die Geschehnisse machen kann. Die Texte sind durch das Layout insgesamt gut strukturiert und wichtige Hinweise oder Besonderheiten in gesonderte Übersichten gesetzt.

 

Insgesamt also wieder einmal ein durchaus gelungenes Erscheinungsbild, welches der englischen Ausgabe kaum nachsteht. Auch wenn man die Karte von Altdorf nicht herausnehmen kann …

 

Zum Inhalt

Auch der zweite Teil der Kampagne wurde von Alexander von Peschke-Pigulla unter dem Lektorat von Oliver Hoffmann übersetzt, wobei erneut das GW-Glossar zu den Unstimmigkeiten des englischen Originals direkt in die deutsche Fassung eingearbeitet worden ist. Es erübrigt sich somit ein mühsames Suchen im Internet nach der Korrektur von falschen Werten oder noch schlimmer, falschen Informationen. Im Rahmen der Übersetzung wurden zum Glück allzu starke Entgleisungen von typischen Warhammer-Bezeichnungen wieder einmal behutsam ins Deutsche übertragen.

 

Wie bereits im ersten Band „Aus der Asche Middenheims“ gliedert sich die Fortsetzung „In den Türmen Altdorfs“ in zwei große Abschnitte. Zunächst ein gelungener und lesenwerter Abriss über die Geschichte der Stadt, an die sich ein „Stadtführer“ durch die Viertel von Altdorf, der sowohl dem Spielleiter als auch dem Spieler einen guten und umfassenden Überblick über die wichtigen Örtlichkeiten innerhalb der Stadtmauer geben soll, anschließt.

 

Von einschlägigen Kneipen über die Verwaltung bis hin zu den berühmten Magier-Akademien sollte man auf rund 40 Seiten als SL eigentlich alles finden, was man für ein Abenteuer in dieser Stadt braucht und vielleicht noch einige Anregungen für eigene Ideen. Leider liegt man hier mit seiner Vermutung etwas daneben. Hatte man in Middenheim noch rund 47 Sehenswürdigkeiten mit entsprechenden Beschreibungen, so reduziert sich diese Zahl auf nunmehr 13! Für die pulsierende Hauptstadt des Imperiums mit ihren Akademien, Händlern und Halunken keine sonderlich beeindruckende Zahl.

 

Nette Informationen und Details erhält man eigentlich nur zu den Akademien der Magiergilden, der Kathedrale des Sigmar und einigen öffentlichen Gebäuden ... Wobei allerdings noch nicht einmal ein kleiner Plan der Sigmar-Kathedrale abgedruckt wurde und man auf die Ausführungen im Text zu diesem Bauwerk angewiesen ist.

 

Der Rest liest sich, als habe das Autorenteam bei Redaktionsschluss seinen Notizblock auf den Tisch geworfen und gesagt, es habe keine Zeit mehr gehabt, sich Gedanken über die Gestaltung der Stadt zu machen. Der geneigte Leser erhält hierdurch eine „Anleitung“ mit zahlreichen Hinweisen zum Aufbau seiner eigenen Häuser und Stadtviertel nebst Beschreibung der dazugehörigen Innenausstattung, die für einen anständigen Kampf nötig sein sollte (Waffen an den Wänden dienen nicht nur der Zierde …). Mir erscheint das etwas dünn, aber es gab wohl keine verwertbaren Reste aus älteren Veröffentlichungen. Wer als SL allerdings große Begeisterung für den Warhammer-Quellenband „Reiche der Magie“ aufbrachte, sollte zumindest mit der ausführlichen Beschreibung der Akademien zufrieden sein.

 

Der zweite große Abschnitt mit insgesamt fünf Kapiteln ist das eigentliche Abenteuer, wobei es nicht ohne Weiteres möglich ist, direkt an die Geschehnisse in Middenheim anzuknüpfen. Hier liegt es am Geschick des SL und der Motivation der Charaktere, sich nach Altdorf aufzumachen. Der im ersten Kapitel des Abenteuers vorgesehene Angriff von Chaos-Kreaturen und die sich daran anschließende Reise nach Altdorf besitzen keinen sonderlich großen Charme und wirken vielmehr wie ein Schlag mit dem „Holzhammer“ in die richtige Richtung.

 

Angekommen in Altdorf heißt es für die Charaktere wiederum, ein Artefakt zu finden und unschädlich zu machen. Nach dem einfach und übersichtlich konstruierten „Aus der Asche Middenheims“ müssen die Charaktere nun in Altdorf wesentlich mehr Fingerspitzengefühl zeigen. Zwar kommen auch hier Kampfsequenzen nicht zu kurz, doch dürften in Altdorf mehr die detektivischen Fähigkeiten gefragt sein.

 

Für die Charaktere gilt es, im Umfeld der Magierakademien zu ermitteln und insgesamt nicht weniger als drei unterschiedliche Handlungsstränge miteinander zu verknüpfen. Da einem SL erheblicher Spielraum zur eigenen Gestaltung gegeben wird, erscheint das Abenteuer mit seiner Fülle von Informationen als ziemlich undurchsichtig und unter Berücksichtigung der zahlreichen NSC auch als äußerst schwer umzusetzen.

 

Denn in Sachen Spielaufbau unterscheidet sich „In den Türmen Altdorfs“ recht stark von „Aus der Asche Middenheims“. Man erhält eine große Anzahl von NSC, denen die Charaktere im Laufe des Abenteuers begegnen. Diese sind auch – wer hätte es anders erwartet – bis ins letzte Detail beschrieben, wobei die Hauptakteure unter den NSC eine Unmenge von Informationen bereithalten. Diese sind so umfangreich, dass man nicht nur als Spieler rasch den Überblick verliert. Man hat zwar Handouts für den SL beigefügt, um sich einen raschen Überblick während des Spiels verschaffen zu können und es gibt eine Karte, die einen Überblick über die politischen Verflechtungen der Stadt gewährt, ob diese Hilfsmittel aber für ein reibungsloses Spiel ausreichen, wage ich zu bezweifeln. Hier wird es immer wieder zu Unstimmigkeiten im Spiel kommen. Schließlich darf man sich keine „Falschaussage“ eines NSC erlauben – das Spiel könnte darunter erheblich leiden.

 

Behält man als SL die Motivation der NSC nebst deren „Geheimnissen“ im Auge, gilt es für die Spieler, die richtigen Fragen an die richtigen Personen zur richtigen Zeit zu stellen. Eine überaus nervende Angelegenheit, möchte man sich doch als SL sicherlich auch in der Stadt ein wenig austoben und nicht nur stur dem vorgegebenen Handlungsfaden folgen. Die lückenhafte Beschreibung Altdorfs lädt den ambitionierten SL geradezu ein, noch ein wenig mehr aus dieser Stadt zu machen.

 

Kommen die Charaktere aus Middenheim, so werden sie in Altdorf nicht ohne Weiteres an die bisherigen Geschehnisse anknüpfen können. Hier dürfte vielleicht für manchen Spieler oder dessen Charakter der Frust anfangen. Eine Kampagne, die scheinbar nicht aufeinander aufbaut? Scheinbar hat jeder der unterschiedlichen Autoren der Kampagne seine eigene Auffassung und möchte diese nicht mit den anderen teilen. Arbeitsteilung in einer Kampagne ist sicherlich nichts Neues, doch ein roter Faden wäre wirklich nötig gewesen.

 

 

Fazit:

Für Einsteiger der Welt von „Warhammer“ könnte sich auch der zweite Band der Kampagne durchaus lohnen, gibt es doch leider bislang nicht so viele deutsche Abenteuer für das Warhammer-FRSP.

 

Dem überaus sperrigen und schlecht zugänglichen Abenteuer ist die Übersetzung recht gut bekommen. Zum einen wurden die bisherigen englischen Errata in die Übersetzung eingearbeitet, zum anderen hat man seitens des Verlages einige Passagen des Abenteuers behutsam überarbeitet und ergänzt. Leider konnte diese Arbeit den holprigen Verlauf nicht gänzlich retten. Insofern verlangt dieses Abenteuer vom SL einiges an Vorbereitung und auch bei den Charakteren Geschick bei den Dialogen. Sind es doch nicht zuletzt die Informationen und die sich daraus ergebenden Handlungen, die dieses Spiel vorantreiben.

 

Der Quellenteil von Altdorf dürfte sowohl für Neulinge als auch für Veteranen des Spiels eine große Enttäuschung sein. Die Karte von Altdorf bleibt zumindest für mich ein kleiner Lichtblick, lässt sie doch noch genügend Platz für einen besseren Autor und ein angenehmer zu spielendes Abenteuer.

 

Nachdem Autor Graeme Davis mit dem ersten Band der Kampagne längst nicht an alte Erfolge anknüpfen konnte, gelingt David Chart mit dem zweiten Band auch kein größerer Wurf. Wer vor der Entscheidung steht, sich die deutsche Übersetzung oder aber das englische Original anzuschaffen, dem sei hier die deutsche Fassung empfohlen.