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Necronomicon - Geheimnisse des Mythos (2. Edition)
Bewertung:
(4.5)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 29.10.2008
Autor:Ingo Ahrens, Stacy Clark, Daniel Harms, Frank Heller u.v.a.
Typ:Quellenband
System:Cthulhu
Setting:Cthulhu
VerlagPegasus Spiele
ISBN/ASIN:978-3-939794-67-7
Inhalt:268 Seiten, Hardcover
Preis:34,95 €
Sprache:Deutsch

Necronomicon 2.0

Die erste Edition des Quellenbandes „Necronomicon“ erschien im Jahr 2004 als Erweiterungsband zu den Spieler- und Spielleiterbüchern und erlebte einen reißenden Absatz. Da diese Auflage zwischenzeitlich restlos vergriffen ist, haben sich die Macher des Pegasus-Verlags entschlossen, eine zweite Edition aufzulegen. Ob sich diese gelohnt hat, mag man den folgenden Zeilen entnehmen.

 

Das Buch Necronomicon ist die wohl berühmteste Schöpfung des Autors H. P. Lovecraft und wie kaum ein anderes fiktives Buch in die Horror- und Fantasyliteratur eingegangen. In seiner ursprünglichen Konzeption wollte Lovecraft den Inhalt des „Necronomicon“ als ein Kompendium dämonischer Kosmologie und Zauberanleitungen rund um den Cthulhu-Mythos verstanden wissen. Dieser Idee folgend hat der Pegasus-Verlag den Begriff „Necronomicon“ mit neuem, wenn auch finsteren, Leben erfüllt und für das Cthulhu-Rollenspiel aufbereitet. Dabei findet nicht nur das alptraumhafte Necronomicon des wahnsinnigen Arabers Abdul Alhazred Berücksichtigung – dieser Quellenband dürfte die weltweit umfassendste Sammlung cthuloider Bücher für H. P. Lovecrafts Cthulhu überhaupt sein und wartet noch mit vielen anderen Folianten und dunklen Geheimnissen auf.

 

Layout

Der Inhalt der ersten Edition wurde zwar insgesamt übernommen, allerdings hat man das Layout behutsam erneuert und die Gestaltung der Seiten im Gegensatz zur ersten Edition nunmehr geändert, so wurde der ehemals wie leicht angebrannt wirkenden Rand durch einem gewellten und alt aussehenden Pergamentrand ersetzt. Zudem sind durch die Wahl einer dünneren Schriftart nunmehr auch die Texte - zumindest für meinen Geschmack - besser lesbar. In Verbindung mit den zahlreichen Fotomontagen der Mythosbücher, zeitgenössischen Textauszügen, handschriftlichen Notizen und vielen anderen schönen Details mehr, vermittelt der Quellenband schon alleine rein optisch ein wohlwollend düsteres und beklemmendes Flair. Nicht zu vergessen sind die bislang bekannten Errata der ersten Edition, die allesamt eingearbeitet wurden.

Zudem gab es noch ein überarbeitetes neues Cover von Manfred Escher - damit wurde die zweite Edition in ihrer Gestaltung sowohl farblich als auch vom Gesamteindruck her der Produktlinie der Spieler- und Spielleiterbücher anpasst. Insgesamt ein mehr als gelungener und von seiner Optik ansprechend und solide verarbeiteter Hardcoverband mit 268 Seiten, bei dem natürlich das obligatorische Lesebändchen nicht fehlen darf.

 

Inhalt

Was verbirgt sich jetzt aber inhaltlich hinter dem Buchdeckel? Nicht nur das Necronomicon selbst, sondern eine Vielzahl der wichtigen und weniger wichtigen Mythoswerke werden vorgestellt. Somit erhält man eine fast abschließende Sammlung aller okkulten und obskuren Büchern, Folianten und sogar Artefakte, die bislang in englischen oder deutschen Veröffentlichungen im Bereich Cthulhu erschienen oder beiläufig erwähnt wurden. Daneben gibt es aber auch noch eine ganze Reihe von Hinweisen und Tipps für Spielleiter mit dem Umgang des in den Büchern verborgenen und geheimen Wissens, um ihre Spieler unter Umständen in den Wahnsinn oder in die Arme von unaussprechlichen Wesenheiten zu treiben.

 

Den Beginn macht zunächst ein sehr informatives aber zum Teil manchmal recht weitläufiges Kapitel über die Geschichte und Entwicklung der Schrift und deren Aufzeichnung. Das Spektrum spannt den Bogen von uralten Lehmtafeln, der Nutzung von Papyrus bis hin zur Entwicklung des Buchdrucks. Aber auch andere verborgene oder geheime Botschaften in Stein oder Keramik kommen nicht zu kurz – gibt es doch zahlreiche Möglichkeiten, arkanes Wissen für die Ewigkeit zu konservieren. Auch wenn dieser Text erst einmal überhaupt nicht viel mit dem Wissen über den Cthulhu-Mythos zu tun hat, lohnt er sich dennoch für den von Spielern geplagten Spielleiter als fundiertes Hintergrundwissen zu (fast) allen abstrusen Fragen.

 

Im nächsten Kapitel geht es nahtlos zu den bedeutenden Werken des Mythos: Den einzelnen Büchern ist jeweils ein kurzer Text vorangestellt, sei es nun ein Brief, ein Tagebucheintrag oder ein Zeitungsartikel, der sich mit den Auswirkungen des Buchinhaltes auf den Leser auseinandersetzt oder auch nur insgesamt einen kleinen Vorgeschmack auf die unheilvollen Nebenwirkungen dieser Lektüre gibt. Daneben gibt es aber auch eine Fülle von Informationen zu dem jeweiligen Buch, sei es nun das Jahr der Entstehung, die Auflage und noch viel wichtiger: Welches Wissen und welche Zauber um den Cthulhu-Mythos enthält die Lektüre und wie wirkt sich der vermeintliche Genuss der Lektüre auf den Leser aus – den nur höchst selten stellt man einen solchen Band nach dem Lesen ungeschoren und ohne entsprechenden Verlust von geistiger Stabilität wieder ins Regal zurück! Zur vorgestellten „Bibliothek“ zählen unter anderem „Das Buch des Eibon“, „De Vermis Mysteriis“ und selbstverständlich auch das „Necronomicon“, um nur einige aus dem riesigen Repertoire vorzustellen. Neben den bedeutenden Mythos-Büchern, die spieltechnisch mindestens 8 oder mehr Prozent Mythoswissen besitzen, gibt es auch eine Fülle weiterer Werke des Mythos, deren Gehalt an Mythoswissen unter 8 Prozent liegt. Aber auch hier hat man die gleiche Sorgfalt bei der Erklärungen und den Illustrationen walten lassen und so gibt es selbst für den profunden Kenner der Materie hier noch manch interessante Entdeckung zu machen.

 

Die im Vergleich zu den Mythoswerken fast schon als harmlos zu bezeichnenden „Okkulten Bücher“ wurden nicht vergessen und haben ebenfalls ihren Weg in den Quellenband gefunden. Hierbei handelt es sich um Bücher, die nur einen geringen Wissensdurst an Mythoswissen stillen können, aber als Einstieg für den unbedarften Leser in die arkanen Geheimnisse dienen können und zum Teil auch einige überaus interessante Zauber enthalten. Wer seine Spieler nicht mit den mächtigen Werken des Mythos überfordern will (und auch nicht sollte), dürfte bei den angebotenen Möglichkeiten allerspätestens hier auf seine Kosten kommen.

 

Insgesamt werden zu jedem wichtigen Mythoswerk und auch zu zahlreichen anderen Büchern und den später noch folgenden Artefakten stimmungsvolle Bilder und Illustrationen geliefert, die hervorragend auf das jeweilige Buch abgestimmt sind – da bleibt in Sachen Inhalt und Optik kein Wunsch offen, sind es doch nicht zuletzt knapp 80 Darstellungen von Mythosbüchern oder Artefakten und um die 25 Seiten Mythosbuchauszüge.

 

Wie bereits erwähnt, füllen nicht nur die Darstellungen von Mythos- und anderen okkulten Büchern diesen Quellenband. Auf rund 30 Seiten werden auch Arkane Raritäten beleuchtet. Hierbei handelt es sich um uralte und unirdische Artefakte voller Geheimnisse und Gefahren, die besser im Verborgenen bleiben sollten und mit allerlei magischen Fähigkeiten aufwarten können. Dargestellt werden aber auch Fremdartige Artefakte und damit technische oder magische Objekte, die entweder in Mythos-Erzählungen oder Cthulhu-Abenteuern eine Rolle spielen und ohne große Probleme für eigene Szenarien verwendet werden können. Der Aufbau und die Gestaltungen der Hinweise, Handouts und Werte der einzelnen Artefakte folgen dem der Mythos-Bücher.

 

Die sicherlich nicht nur für Spielleiter überaus anregende Kurzgeschichte „In Azathoths Sphären“ führt den Leser in die Welt eines allzu wissbegierigen Freundes der arkanen Schriften aus Neuengland im Jahre 1927. Die überaus unangenehmen Auswirkungen einer falschen Lektüre werden dem Leser hier vermittels des Protagonisten John Godfrey in gelungener Form noch einmal deutlich vor Augen geführt und durch zahlreiche, auch für andere Spiele nutzbaren Auszügen aus verschiedenen Mythosbüchern ergänzt, die zugleich auch als kopierbare Textsammlung für eigene Ideen herhalten können und ansehnlich zu lesen sind.

 

Wem die Suche nach Werten im Buch während des Spiels zu lange dauern sollte, kann auf die im Anhang befindlich Liste der neuen Zauber sowie eine tabellarische Auflistungen aller Bücher und Artefakte mit allen benötigten Werten und Angaben sowie eine Liste ausgewählter magischer Rituale, die in Mythosbüchern enthalten sein können, zurückgreifen.

 

Fazit

Mit Necronomicon - Geheimnisse des Mythos hat die Cthulhu-Redaktion um Frank Heller schlicht und ergreifend ein nahezu zeitloses Meisterwerk geschaffen. Auch in der zweiten Edition bleibt der Regelteil erfreulicherweise auf ein Minimum beschränkt und man setzt weiterhin auf die beschreibende Texte, die zahlreichen Anregungen und praktischen Tipps für eine gelungene spielerische Umsetzung geben. Glücklicherweise sind es nur wenige behutsame Änderungen, so dass auch Besitzer eines Exemplars der ersten Edition unbesorgt mit dieser weiterspielen können, so wie es insgesamt für die Besitzer einer Ausgabe der ersten Edition eigentlich keinen Grund gibt, sich zwingend die Ausgabe der zweiten Edition anzuschaffen, es sei den der Sammeltrieb drängt und man möchte unbedingt auch die Ausgabe der zweiten Edition sein eigen nennen.

 

Die zahlreichen Ideen, die in den Beschreibungen der Bücher oder Artefakte zum Teil nur angerissen werden, lassen sich problemlos für eigene Szenarien adaptieren und weiter entwickeln - eine wahre Fundgrube, die das Herz des Spielleiters höher schlagen lässt. Doch jetzt genug mit der Schwärmerei: Dieser Quellenband enthält insgesamt sehr viel gutes und überzeugendes Sekundärmaterial für das Cthulhu-Rollenspiel und besticht schlicht und ergreifend durch seine aufwendigen Illustrationen und die gelungene Optik. Doch selbst für Leute, die mit dem Rollenspiel rund um den Cthulhu-Mythos nichts oder nicht viel zu tun haben und vielleicht auf der Suche nach interessanten und passenden arkanen Schriften für andere Abenteuer sind, werden hier ebenso voll auf ihre Kosten kommen wie der klassische Lovecraft-Leser, der einfach nur ein schönes und dem Mythos treu verbundenes Buch für zahlreiche spannende Stunden sucht.

Meine abschließende persönliche Meinung: Dieser Quellenband ist eine absolute Kaufempfehlung und dicht dran an der Bestnote. Allerdings dürfte Eile angesagt sein - schließlich war die erste Edition auch ziemlich rasch ausverkauft!