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Dust - Das Brettspiel
Bewertung:
(4.5)
Von: Carsten Bockelmann
Alias: Tzelzix
Am: 01.12.2008
Autor:Spartaco Albertarelli und Agelo Zucca
Übersetzer:Michael Woycke
Typ:Brettspiel
VerlagHeidelberger Spieleverlag
ISBN/ASIN:
Inhalt:Diverse Plastikfiguren, Pappcounter, Merktafeln, 10 spezielle Würfel, Ein Set Karten und ein sechteiliger Spielplan
Sprache:Deutsch

„Dust – Das Brettspiel“ ist ein Strategiespiel in der Tradition von „Risiko“ und ähnlichen Vertretern, das in einer alternativen Sci-Fi-Welt - geschaffen von Zeichner Paolo Parente – spielt, in welcher aufgrund neuer Technologien bestimmte Ressourcen von enormer Bedeutung für die Mächte der Welt geworden sind. Um diese Ressourcen wird ein erbitterter Kampf geführt. Neben dem Brettspiel existieren auch noch von Paolo Parente gezeichnete Comics, welche die Geschichte um die Welt von Dust weiter erzählen.

 

Erster Eindruck

Der Heidelberger Spieleverlag zeigt einmal mehr, dass er mit Qualität zu überzeugen weiß, quellen einem aus dem geöffneten Kasten doch sogleich dicke Beutel mit kleinen Plastikfiguren in sechs verschiedenen Farben, zahlreiche Counter, Würfel und ein wundervoll gestalteter, zerlegbarer Bodenplan entgegen. Die Verarbeitung der Plastikfiguren ist als gut zu bezeichnen und auch der Druck zeigt keinerlei Makel. Schon beim Auspacken entsteht bereits Lust auf eine erste Runde Dust.

 

Nach einer ersten Lektüre der Regeln fällt vor allem eines ins Auge: Dust, als Strategiespiel zunächst einmal in der Kategorie „dauert lange“ wahrgenommen, hebt explizit hervor, dass eine Partie zeitlich eng begrenzt ist, so dass lange Aufbauarbeiten seitens der Spieler schnell zum Sieg der Entscheidungsfreudigen führen können. Insbesondere Strategiespielmuffel mag dieser Aspekt gefallen, da keine endlosen Partien befürchtet werde müssen, doch dazu später mehr.

 

Der Spielplan

Der Spielplan von Dust zeigt die Weltkarte unseres Heimatplaneten, die vornehmlich in Brauntönen gehalten ist, wobei über die Karte mehrere Kreise verteilt sind, welche später für die Stationierung und Bewegung der Einheiten eine Rolle spielen. Deutlich unterschieden werden dabei Land- und Wasserwege sowie Positionen für Hauptstädte (einheitliche dunkelbraune Kreise) und Ressourcenpunkte (Zielscheiben). Damit sind auch bereits die wesentlichen Elemente auf der Karte genannt. Am unteren Spielfeldrand gibt es eine Leiste, mittels derer die Siegpunkte geführt werden können, die jeder Spieler bereits erlangt hat. Wie man Punkte gewinnt? Dazu gleich mehr.

 

Aufbau von Dust

Die Regeln

Der Aufbau

Zu Beginn bekommt jeder Spieler eine so genannte Hauptstadt, welche Siegpunkte einbringt und besonders gut zu verteidigen ist. Weiterhin dürfen die Spieler nacheinander Einheiten auf dem Spielbrett verteilen, so dass zu Beginn bereits alle Landpunkte besetzt sind und somit auch die Ressourcen. Im Normalfall werden alle Spieler damit gleich viele Ressourcen kontrollieren. Ferner dürfen Fabriken gesetzt werden, die später Aufmarschpunkte für neue Einheiten werden und zudem leichter zu verteidigen sind.

 

Das Ziel

Ziel des Spiels ist, die meisten Siegpunkte zu sammeln, wobei in Abhängigkeit der Spieleranzahl eine Siegmarke festgelegt wird, ab welcher das Spiel beendet ist. Dieser Mechanismus erlaubt eine angenehme Kontrolle der maximalen Spielzeit, da die Siegpunkt abhängig von den kontrollierten Hauptstädten und Ressourcen vergeben werden. Unter der Annahme, dass alle Spieler nur abwarten würden, werden dennoch jede Runde Siegpunkte eingestrichen, so dass das Spiel automatisch nach einiger Zeit enden würde. Siegpunkte gibt es dabei nur für die Hauptstädte und Ressourcenfelder, die vom jeweiligen Spieler besetzt sind. Ein kleiner Bonus sind dann noch drei potentielle „Hoheiten“, nämlich die meisten Seegebiete, die meisten Landgebiete und die meisten Fabriken, welche jeweils einen weiteren Siegpunkt am Ende der Spielrunde einbringen.

 

Spielzug

Jeder Spielzug gliedert sich in das von vielen Strategiespielen bekannte Schema von Produktion, Bewegung und Kampf. Eine Besonderheit bei Dust ist allerdings die Initiative, welche durch eine Spielkarte ermittelt wird, die jeder Spieler zu Beginn seines Zuges auslegen muss. Neben der Initiative bestimmen diese Handkarten ebenso einen Produktionsbonus und die Anzahl der Bewegungen und Kämpfe, welche ein Spieler in der Runde durchführen darf. Zu den Sonderfunktionen der Handkarten später noch ein wenig mehr.

 

Produktion

Zu Beginn des eigenen Zuges darf nach Lust und Laune produziert werden, wobei eine Anzahl Punkte ausgegeben werden darf, die durch drei Faktoren bestimmt ist. Zum einen gibt die Initiativkarte des Zuges einen Bonus, dann gibt jede Hauptstadt, die der Spieler besetzt hält, Produktionspunkte und zum Schluss werden natürlich noch alle Fabriken angerechnet, wobei die Ressourcen, die ein Spieler kontrolliert, die Anzahl der aktiven Fabriken beschränkt. Welche Einheiten man kauft, ist völlig frei, solange man die entsprechenden Kosten bezahlen kann. Es gibt allerdings eine Beschränkung, wie viele Einheiten in ein Produktionszentrum - denn nur dort werden neue Einheiten eingebracht - gesetzt werden dürfen.

 

Neben den Einheiten selbst können natürlich auch neue Fabriken gebaut werden, was die eigenen Kapazitäten erhöht, oder neue Handkarten gekauft werden. Einen anderen Weg, an neue Karten zu kommen, gibt es nicht.

 

Einheiten und der Kampf

Die Basisregeln von Dust gestalten sich sehr einfach. Es gibt je 2 verschiedene Land- und Lufteinheiten sowie eine Wassereinheit (Panzer, Mechs, Jäger, Bomber und U-Boote), denen Werte in Angriffskraft, taktischem Vorteil und natürlich Baukosten zugeordnet sind (hierfür gibt es praktische „Merkblätter“). Bewegungen dürfen prinzipiell durch eigene oder neutrale Felder hindurch beliebig stattfinden, so lange man den gleichen Pulk von Einheiten zusammen bewegt, bzw. eine „Wasserbrücke“ aus eigenen Schiffen zwischen zwei Landpunkten hat. Einzig die „Bomber“ (die stärkste Einheit im Spiel) unterliegen keinen Beschränkungen und können frei bewegt werden, wenn nur Bomber zusammen bewegt werden, wobei aus den Regeln nicht 100% hervor geht, ob fliegende Einheiten auf Wasser anhalten dürfen (meine Interpretation ist: Nein).

 

Neben zwei Sonderformen des Angriffs, bei denen kein wechselseitiges Angreifen stattfindet (Bomber oder Schiffe), ist die grundlegende Mechanik derart, dass die Partei mit dem größten Wert in taktischem Vorteil mit einem Angriffswurf beginnt (daher extrem wichtig). Es werden so viel Würfel geworfen wie in Summe durch die Einheiten beigesteuert werden (z.B. 2 pro Mech und 1 pro Panzer). Jeder Treffer (2 von 6 Feldern auf einem sechseitigen Würfel) entfernt eine Einheit vom Gegner, wobei der Angreifer wählen darf, aber immer erst alle Panzer vor den Mechs und alle Jäger vor den Bomber genommen werden müssen (sozusagen der „Meatshield“ der teuren Einheiten).

 

Natürlich existieren auch Regeln für den Rückzug aus ausweglosen Gefechten und noch die eine oder andere kleine Zusatzregel, die aber den grundlegenden Ablauf nicht entscheidend verändern.

 

Die Sonderfunktionen der Handkarten

Wie bereits eingangs kurz erwähnt, besitzen die Handkarten zusätzlich zu den anderen spielrelevanten Aspekten jeweils noch Sonderfunktionen. Insgesamt 11 verschiedene können gewählt werden (sofern man diese auf der Hand hat). Dabei reichen die Karten von einer ballistischen Rakete (eine Art freier Angriff mit fester Stärke) bis zum „Wiederbeleben“ von geschlagenen Einheiten. Da keine Karte ohne Sonderfunktion ist, kann man jede Runde aus den auf der Hand verfügbaren Karten auswählen, was der eigenen Strategie am besten zu Pass kommt. Damit sind die Handkarten umso mehr das Salz in der Spielesuppe, haben aber auch den Nachteil, dass sie auf den ersten Blick etwas verwirrend sein können, da alle anderen Regeln sehr klar strukturiert und leicht verständlich daher kommen. Um dies etwas ab zu mildern, sind zwar zwei Merkblätter beigelegt, die jede Karte noch einmal erklären, dennoch ist aber zumindest in den ersten Spielrunden häufiges Nachlesen angesagt.

 

Das erste Spiel

Das Spielfeld ist schnell zusammen gebaut, die Regeln schnell gelesen, also schnell ans Werk! Im Prinzip geht der erste Aufbau dann auch wirklich sehr flott von der Hand, sobald allen Mitspielern die grundlegenden Prinzipien vermittelt sind. Ein kleiner Stopper sind da die Initiativeregeln, da bereits beim Aufbau eine erste Karte ausgelegt werden muss, die darüber entscheidet, in welcher Reihenfolge die Spieler ihre Einheiten aufs Brett bringen. Flugs sind dann aber einige Ressourcen unter den Nagel gerissen und Gebiete besetzt, die sich gut verteidigen lassen und schon kann die erste Spielrunde losgehen. Größte Schwierigkeit beim ersten Spiel waren dabei in der Tat die Sonderfunktionen der Karten, so dass es evtl. beim Einstieg günstiger wäre, zunächst auf die Sonderfunktionen zu verzichten, um die Grundmechanik möglichst schnell zu lernen. Wer z.B. den Klassiker Risiko kennt, wird sich hier schnell einfinden, denn trotz etwas ausgefeilterer Regeln ändert sich im Prinzip nicht viel gegenüber dem guten, alten Spielprinzip. Schnell stellt sich dann auch heraus, dass der taktische Vorteil von extremer Bedeutung ist und somit der Kauf der teureren Einheiten auch zur Verteidigung sehr lohnt, da man bei eigenem Vorteil dann trotzdem den ersten Schlag erhaschen kann.

 

Trotz einiger, kleiner Verwirrungen ging der Spielablauf bald flüssig von der Hand und erste strategische Entscheidungen wurden getroffen. Nicht zu unterschätzen waren dabei auch die speziellen Angriffe von Bombern und U-Booten, da diese gut dazu genutzt werden können, den Gegner ohne eigene Verluste ein wenig weich zu klopfen, bevor man mit der Landstreitmacht einrückt und kostbare Ressourcen an sich reißt. Einzig wirklich unklarer Punkt blieb bis zum Schluss, aus welcher Motivation man eine Hauptstadt angreifen sollte, da diese den enormen Vorteil bietet, stets den Erstschlag zu erhalten und eine nicht zu verachtende Angriffskraft beisteuert. Ein Angriff kann somit im Normalfall nur bei extremer Überlegenheit und bei Nutzung von Sonderfähigkeiten in Form der Handkarten überhaupt gelingen, wobei der Nutzen in Form des zusätzlichen Siegpunktes fraglich bleibt, da Ressourcen für gewöhnlich sehr viel einfacher einzunehmen sind.

 

Übersetzung und Qualität

Die Qualität des Spielmaterials ist sehr gut und auch die Übersetzung der Regeln ist schlüssig und gelungen. Allerdings hat sich wohl bei der Produktion ein kleiner Fehlerteufel eingeschlichen, da sich bei der Angriffskraft der U-Boote Anleitung und Merkblatt widersprechen.

 

Fazit:

Allen Beteiligten hat das Spiel großen Spaß bereitet, insbesondere die unter dem Deckmantel „Strategiespiel“ vermutete Komplexität hat sich überhaupt nicht bemerkbar gemacht. Im Gegenteil: Dust bietet leichte Regeln, die aber den Tiefgang nicht vermissen lassen und hier und da ausreichend Würze mit sich bringen, um auch langfristig noch Spaß bereiten zu können. Für den Dust-Experten sind dann auch gleich im Regelheft so genannte „Epische Regeln“ vorgeschlagen, mit denen das Spiel noch etwas herausfordernder und länger gestaltet werden kann. Alles in allem eine glatte Empfehlung.