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The Surrogates
Bewertung:
(3.8)
Von: Gordon Gurray
Alias: Talamar
Am: 04.11.2009
Autor:Autor: Robert Venditti, Zeichner: Brett weldele
Übersetzer:Christian Langhagen
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Erde 2054
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-941248-31-1
Inhalt:208 Seiten, Hardcover, US-Format
Preis:26,00 EUR
Sprache:Deutsch

Anfang 2010 erscheint der neue und vielerwartete Bruce-Willis-Film, dem der vorliegende Comic zu Grunde liegt.

 

Inhalt:

Die Erde im Jahr 2054. In einer nicht allzu fernen Zukunft hat das menschliche Miteinander vor der künstlich simulierten Welt der Computerwirklichkeit kapituliert. Neue Entwicklungen in der virtuellen Realität und Robotik haben zu einer Revolution in der Verbraucher-Technologie geführt: Die Surrogaten, menschenähnliche Roboter, durch die ihre Besitzer mit der Außenwelt interagieren können, ohne jemals die Sicherheit der eigenen vier Wände verlassen zu müssen.

Es ist eine perfekte, alterslose Welt, in der Ressentiments, Tötungsdelikte und Gewaltverbrechen in einer synthetischen Stellvertreter-Gesellschaft aufgelöst worden sind. Eine perfekte Welt, in der das Leben erfahren und nicht gelebt wird, in der jeder sein kann, was er möchte, aber niemand er selbst ist.

Als jemand einige Surrogaten auf sehr mysteriöse Weise „ermordet“, obliegt es den beiden Polizeibeamten Harvey Greer und Pete Ford, diese Mordserie aufzuklären. Scheinbar trachtet ein Technoterrorist danach, den Menschen die digitalen Scheuklappen von den Augen zu nehmen und macht sich daran, die Surrogat-Technologie zu zerstören…

 

Schreibstil & Artwork:

Der Geschichte „The Surrogates“ liegt eine äußerst interessante Idee zu Grunde, die unsere Zukunft allerdings wieder einmal nicht sehr rosig darstellt. Ein wenig erinnert das Ganze an „I-Robot“ und „Blade Runner“, denn auch hier geht es um künstliche Maschinen, die den Menschen ersetzen. Allerdings sind diese Surrogaten hier keine selbstständig denkenden Androiden, sondern einfach nur Maschinen, die über Nervensynapsen online vom Besitzer gesteuert werden. Die Idee erscheint, wie gesagt, interessant und tiefgründig, vor allem da das Ganze heutzutage nicht mal so weit hergeholt wirkt. Allerdings ist das auch wirklich nur die Rahmenhandlung, denn im Prinzip ist „Surrogates“ erst mal eine Kriminalgeschichte, die eben in einem Zukunfts-Setting spielt. Natürlich dreht sich der gesamte Kriminalfall um die Surrogaten, denn diese sind der essentielle Bestandteil dieser Sci-Fi-Welt und somit auch der Geschichte.

Doch hinter dem eigentlichen Krimi steckt noch mehr, denn der Autor beleuchtet auch die degenerative Lebensart der Menschen in 2054, die sich vollständig von ihren Surrogaten abhängig gemacht haben und nicht mal mehr ihre Wohnungen und Häuser verlassen, sondern immer ihr Alter Ego vorschicken. Dafür gibt es zwei ausschlaggebende Gründe: zum Einen ist der Mensch zuhause deutlich sicherer, denn selbst, wenn dem Surrogaten draußen etwas passiert, so geschieht dem Menschen zu Hause nichts. Ein Surrogat kann jederzeit ersetzt werden, er ist nur ein technisches Gerät, wenn auch hochentwickelt. Zum Anderen muss der Surrogat nicht aussehen wie sein Besitzer, so kann eine 50 Jahre alte Frau einen Surrogaten haben, der aussieht wie Anfang 20 und bildschön ist. Und da der Mensch über die Nervenverbindungen den Surrogaten genauso wahrnimmt, als wäre er es selbst, verkümmern selbst die sexuellen Beziehungen zwischen Eheleuten und Lebenspartnern, denn auch diese werden vornehmlich nur noch durch die Surrogaten gewährleistet.

Betrachtet man dieses Thematik, so rückt der eigentliche Kriminalfall zunächst sogar ein wenig in den Hintergrund, wird aber bald wieder sehr präsent, denn letztendlich geht es dem „Mörder“ rein um die Errettung der Menschen aus der Lethargie der Surrogaten.

Der Autor erzählt das Ganze auf eine sehr spannende Art und Weise, die einen starken düsteren Unterton hat. Die Welt erscheint oberflächlich zunächst wie das Paradies, doch unter der dieser Oberfläche ist es die gesellschaftliche Hölle. Die Erzählung hat dementsprechend sehr viel Tiefgang und der Autor schafft es, selbst seinen Protagonisten Leben einzuhauchen – allen voran dem Cop Harvey Greer, der sich während des Falls notgedrungen von seinem Surrogaten lösen muss und mehr und mehr die normale Lebensweise wieder entdeckt.

 

Der unheimlich dichten Story stehen die – in meinen Augen – sehr gewöhnungsbedürftigen und vor allem enorm einfach wirkenden Artworks gegenüber, die für mich die Güte und damit auch den Genuss des Comics doch deutlich schmälern, da sie mir überhaupt nicht gefallen haben. Im Prinzip sind die Illustrationen nur einfache, zumeist recht krakelig und unsauber wirkende Strichzeichnungen, die mit einer abstrakten Kolorierung versehen wurden, die an Wasserfarbe erinnert. Zwar sind die Panels wiederrum ansprechend in Szene gesetzt, aber sie machen das verkümmert wirkende Artwork in keiner Weise wieder wett. Allerdings muss man auch zugeben, dass die Stimmung der Artworks sehr gut zum Setting und der Story passt. Letztendlich sind Artworks sowieso immer eine sehr persönliche Geschmackssache. Ich mag eher aufwändigere Artworks und deswegen konnten mich die Illustrationen von Brett Weldele hier ganz und gar nicht überzeugen.

 

Zwischen den einzelnen Kapiteln gibt es übrigens immer auflockernde Abhandlungen in Textform, die die Thematik Surrogaten zumeist auf einer wissenschaftlichen Ebene behandeln. Eine nette Idee, die sicherlich auch sehr informativ ist, meiner Meinung aber auch den Lesefluss, der eigentlichen Geschichte stört.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

An der Produktionsqualität, wie auch der Übersetzung, gibt es wieder einmal nichts auszusetzen. Die Texte – auch die eben erwähnten Abhandlungen zwischen den Kapiteln – lassen sich allesamt sehr flüssig und nahezu ohne Fehler lesen. Das Hardcover kommt im US-Format, was bei Cross-Cult eher eine Ausnahme ist, aber doch sehr überzeugt, denn so wird das Werk in dem Format präsentiert, für das es auch gemacht wurde.

Der Extras-Bereich am Ende des Bandes ist üppig. Es gibt eine umfangreiche Cover- und Skizzen-, sowie eine Pin-Up Galerie. Dann gibt es einen „Behind the Scenes“ Bereich, bei dem es Einblicke in die Entstehung des Comics gibt. Abgerundet wird das Ganze durch eine theoretische Anzeigenkampagne, die die Surrogaten bewirbt. Das Ganze erinnert ein wenig an die Extras auf einer gängigen DVD/Blu-ray und ist ein wirklich nettes Gimmick.

 

Fazit:

„The Surrogates“ ist ein ansprechend erzählter Kriminalfall, der in einer sehr bedrückend wirkenden Zukunft spielt, bei dem die Menschen nicht mehr aus dem Haus gehen, sondern nur noch von ihnen gesteuerte Roboter hinaus schicken. Ein bisschen „I-Robot“, ein bisschen „Blade Runner“ und eine gehörige Portion eigener Ideen, machen diese Story zu einer wirklich spannenden Sache, die ohne Zweifel zu fesseln weiß.

Die Artworks konnten mich hingegen nicht wirklich überzeugen, da sie einfach zu spartanisch und abstrakt wirken. Comic-Fans die aber so einen Stil bevorzugen, kommen hier auf ihre Kosten. Auch wenn der Stil nicht zu gefallen wusste, so transportiert er aber die Stimmung der Story und der grotesken Zukunftswelt sehr gut.

Ein gutes Maß an Gimmicks und Extras rundet den guten Gesamteindruck des Comics ab.

 

Ich gebe eine gute 3.8, was hauptsächlich an den Artworks liegt, die mir absolut nicht gefallen. Die Story ist hingegen wirklich klasse. Deswegen empfehle ich Interessierten, sich die Leseprobe in der Linkliste anzusehen, um sich einen Eindruck zu machen.