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Draconomicon: The Book of Dragons
Bewertung:
(4.8)
Von: Alex Lorenz
Am: 08.12.2003
Autor:Andy Collins, Skip Williams, James Wyatt
Typ:
System:D&D
Setting:Allgmein
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:0786928840
Inhalt:300 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Draconomicon

Mit dem Draconomicon erweisen Wizards of the Coast dem Maskottchen und Namenspaten des D&D-Spiels ihre Referenz: dem Drachen. AD&D-Veteranen werden sich an ein Produkt gleichen Namens erinnern; dieses war jedoch ein reines Forgotten Realms-Werk, während das Draconomicon sich als weltenübergreifendes Produkt versteht.

Rein äußerlich ist das Draconomicon sicherlich das schönste, edelste und stilvollste Werk seit Jahren. Auf dem Einband sehen wir die atemberaubende Illustration einer Drachenhöhle (mit Inhalt) von Todd Lockwood, mit der dieser endgültig seinen Platz im Olymp der D&D-Künstler sichert. Auch im Inneren des Buches wird das Auge von fantastischen Zeichnungen verwöhnt. Besonders hervorzuheben sind die pseudowissenschaftlich aufgemachten Anatomie- und Wachstumsstudien der Drachen. Das Draconomicon ist ein 300-seitiges Hardcover, dessen üppige Aufmachung dem Thema durchaus gerecht wird. Die neuen 3.5E-Regeln finden Anwendung. Auf der Website von Wizards of the Coast gibt es zwei Web Enhancements. (Die Links findet ihr Rechts - Anm.d.Red.)

 

Kapitel 1: All About Dragons

Hier erfährt man alles, was man jemals über Drachen wissen wollte. Anatomie, Physiologie, Psychologie, Sprache, Gesellschaft und Religion der Drachen werden auf 50 Seiten mit Sinn fürs Detail vorgestellt. Dabei schaffen die Autoren die Gratwanderung zwischen pseudowissenschaftlicher Herangehensweise und der nötigen Portion Mystik, die ein Drache nun einmal bewahren muss. Die Religion der Drachen wird besonders detailliert beleuchtet. Wer (wie ich) die Vorstellung von betenden Drachen nicht besonders mag, könnte sich daran stören; dies ist jedoch subjektiv.

Unbestritten interessant sind jedoch etwa die Ausführungen über den Lebensabend der Drachen (das „Zwielicht“) oder auch über die Eigenschaften von Drachenaugen. Der Bezug zu den Regeln des Spiels bleibt durch eigene Textkästen immer gewahrt.

 

Kapitel 2: A DM´s Guide to Dragons

Hier findet der Spielleiter tonnenweise Tipps zum Umgang mit Drachen. Die vorgestellten Kampftaktiken und Hinweise zum Einsatz von Drachen in der Kampagne dürften jeden zufrieden stellen. Des weiteren gibt es hier neue Talente und Zauber speziell für Drachen, mit denen ein SL selbst die mächtigste Heldengruppe noch überraschen dürfte. Wie wäre es mit einem roten Drachen, der plötzlich Eis statt Feuer spuckt? Mit einem der neuen Zauber ist das kein Problem. Oder ein Drache, dessen Odemwaffe gleichzeitig wie „Magie bannen“ wirkt?

Noch gemeiner sind die sogenannten „Metabreath Feats“. Diese ähneln den bekannten Metamagischen Talenten, wirken jedoch auf die Odemwaffe des Drachen. Statt eines höheren Zaubergrades bezahlt der Drache dafür mit einer längeren Nachladezeit. Maximierte Odemwaffen? Autsch!

Über die Balance solcher Talente sollte man jedoch nicht zu sehr nachdenken, da sie ja nicht für Spielercharaktere gedacht sind. Der SL sollte (wie immer) Fingerspitzengefühl walten lassen.

Eine neue Unterart von magischen Gegenständen wird vorgestellt; die sogenannten „Lair Wards“, mit denen ein Drache seinen Hort sichert oder mit besonderen Features ausstattet. So kann ein Drache etwa den Einsatz von Flugmagie in seiner Höhle unterdrücken oder eine „Heilstation“ für sich selbst einrichten.

Prestigeklassen für Drachen gibt es auch. Viele davon sind aufgrund ihrer Anforderungen bereits „Epic“. Auffällig ist auch hier die große Häufung religiös orientierter PrCs (z.B. Disciple of Asharladon, Sacred Warder of Bahamut). Aber auch sehr interessante Konzepte wie etwa der „Hidecarved Dragon“, der sich mächtige Runen ins Fleisch ritzt, lassen sich finden, wenn man den Gedanken eines Drachen mit Klassenstufen mag.

Wenn nicht: Auch für das „Advancement“ von Drachen bieten die Autoren ein alternatives System, das mit „virtuellen Alterskategorien“ arbeitet und zu deutlich stärkeren Ergebnissen führt als die normalen Regeln hierfür.

Ein paar Zahlen noch: Über 40 Talente (einige davon sind aus dem Epic-Level Handbook bekannt), um die 30 neue Zauber und acht Prestigeklassen tummeln sich in diesem Kapitel.

 

Kapitel 3: The Player´s Perspective

Aber die Seite der Opfer, pardon, Gegner von Drachen will ebenfalls versorgt sein. Tipps für die Bekämpfung von Drachen sowie Talente und Zauber für potenzielle Drachentöter erhöhen die Überlebenschancen ungemein. Mit den „Dragoncraft Items“ dürften die lauten Rufe derer, die sich von den Überresten eines toten Drachen etwas Besseres als eine meisterhafte Rüstung erhoffen, endlich verstummen.

Auch hier finden wir Prestigeklassen. Erwartungsgemäß tummeln sich hier der „Dragonslayer“ und der „Dragonstalker“, die Jagd auf Drachen machen. Aber auch Schurken („Hoardstealer“) und Barden („Dragonsong Lyrist“) kommen zu ihrem Recht. Letzterer gehört zu den Klassen, die Drachen nicht unbedingt als Feinde betrachten, ebenso wie etwa der „Dragonrider“ oder der für Mönche interessante „Initiate of the Draconic Mysteries“.

Insgesamt kommt das Draconomicon in diesem Kapitel auf ca. 20 Talente, über 30 Zauber, um die zwei Dutzend Gegenstände und zehn Prestigeklassen.

In einem eigenen Abschnitt handeln die Autoren die Problematiken von Drachen als Gruppenmitglieder, Vertraute, Reittiere, Kohorten und auch Spielercharaktere ab. Dieser Abschnitt dürfte in der Praxis große Anwendung finden.

 

Kapitel 4: New Monsters

Selbstverständlich handelt es sich hier nicht um irgendwelche Monster, sondern fast ausschließlich um Drachen aller Art. Der Dracolich kehrt mit frisch polierten Knochen in die 3.5E zurück; zusammen mit weiteren Untoten-Schablonen für Drachen (Geisterdrachen, Vampirdrachen, Schattendrachen, Skelettdrachen...).

Aber auch (für mich) Neues gibt es zu vermelden. Etwa die Elemental Drakes oder die mächtigen (aber teilweise eher beschränkten) Landwyrms. Planare Drachen, Drachengolems und ein paar alte Bekannte wie der Fang Dragon und der allseits beliebte Faerie Dragon runden das Bild ab. Für viele der neuen Drachen wird die Halbdrachen-Version gleich mitgeliefert. Insgesamt erwarten den geneigten Leser in diesem Kapitel nicht weniger als 47 Einträge.

 

Kapitel 5: Sample Dragons

Um den praktischen Nutzen des Buches zu erhöhen, haben die Designer sich etwas besonders Nettes einfallen lassen. In diesem Kapitel gibt es für jede der klassischen 10 Drachenarten ein Exemplar jeder Altersstufe; insgesamt also 120 Drachen mit Namen, Werten und kurzer Beschreibung. Die Persönlichkeit eines jeden Drachen wird hier in ein paar Sätzen umrissen. Sicherlich sind nicht alle dieser Drachen bahnbrechend originell, aber der Nutzwert dieses Kapitels dürfte unbestritten sein. Egal, ob man mal eben einen Drachen aus dem Ärmel schütteln will oder nach Inspiration für einen Drachen als wichtigen NSC oder Gegner sucht – hier wird man geholfen.

Weiterhin finden wir je eine schöne Illustration für eine typische Drachenhöhle jeder Art. Langweilige 08/15-Höhlen stehen hier nicht zur Debatte – diese Drachenhöhlen sind kleine Festungen, komplett mit Fallen, Tricks und artgerechten Extras (so hat etwa die Höhle eines Kupferdrachen auch ein ordentliches Labyrinth).

 

Appendix 1: The Dragon´s Hoard

Was wäre ein Drache ohne Drachenhort? In diesem Appendix zeigen die Autoren auf, wie man einen Drachenhort interessanter gestalten kann. Tabellen für Kunstgegenstände und Hinweise darauf, welche Gegenstände von Drachen selbst benutzt werden können, erfreuen den SL. Außerdem gibt es für jeden Herausforderungsgrad von 1 bis 27 einen vorgewürfelten Beispielhort, wenn man mal keine Lust hat, selbst Hand anzulegen.

 

Appendix 2: Index of Dragons

In diesem Index sind alle Drachen, die in der 3. Edition mit Werten versehen wurden, mit Quelle aufgeführt. Egal, ob ein Drache aus dem Oriental Adventures, dem Epic-Level Handbook oder dem Dragon Magazine stammt – hier ist er noch mal inklusive Herausforderungsgrad verzeichnet.

 

Fazit:

Mit Draconomicon: The Book Of Dragons haben drei der Spitzendesigner von Wizards of the Coast erneut einen großen Wurf gelandet. Aufmachung, Inhalt und Qualität lassen keine Wünsche offen, und ich konnte beim besten Willen keinen ernsthaften Kritikpunkt finden. Erfreulicherweise wird hier auch Wert auf Hintergrunddetails gelegt und nicht nur auf Talente und Prestigeklassen. Aber auch diese sprühen nur so vor Stimmung und Praxistauglichkeit; überhaupt legte selten ein Buch so großen Wert auf Nutzbarkeit in der Praxis.

Selbst Spieler könnten von der Lektüre diese Werkes profitieren, sollten jedoch Rücksprache mit ihrem SL halten. Wer will schon seine Geheimnisse verraten sehen?

Ein Spielleiter jedoch, der Drachen mag (und wer tut das nicht?), kommt am Draconomicon nicht vorbei. Viel bessere Produkte für D&D gibt es nicht.