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Götterdämmerung 0 - Der Fluch des Rings
Bewertung:
(3.2)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 12.07.2010
Autor:Jean-Luc Istin (Szenario) und Gwendal Lemercier (Zeichnungen)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Fantasy
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-131-3
Inhalt:56 Seiten, Hardcover mit Spotlack
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Tief verborgen in den Eingeweiden der Erde liegt die Welt der Nibelungen und in der verheerende Brüderkriege um die Vorherrschaft wüten. Um seinem sicheren Tod durch seine Verfolger zu entgehen, flüchtet der Nibelung Alberich nach Midgard, in die Welt der Menschen und verstößt damit gegen ein uraltes Verbot.

Auf seiner Reise kommt er an den Rhein, wo er einen betörenden Gesang hört und auf die drei Hüterinnen des Himmlischen Goldes stößt, deren Schönheit er verfällt. Doch der Gesang stammt nicht von den Hüterinnen, sondern von dem Himmlischen Gold, welches am Grunde des Flusses verborgen ist. Die Hüterinnen erklären ihm die Bedeutung des Goldes und das derjenige, der einen Ring daraus schmiedet Herr über alle Dinge sein wird. Doch nur derjenige kann einen Ring aus dem Gold schmieden, der niemals die Liebe verfluchte und sich ohne Umschweife von ihr abwendet. Und jener, der ihn schmiedet oder auch trägt ist für immer verflucht.

 

Alberich sind diese Prophezeiungen egal und er raubt das Gold und tötet die Hüterinnen. Er macht sich wieder zurück in das Land der Nibelungen, wo er gemeinsam mit Mime einen Ring aus dem Gold schmiedet und auf Rache an Thorg, dem Herrscher der Nibelungen sinnt. Doch wird nicht nur ein Ring erschaffen, sondern auch ein Helm, der es in Kombination mit dem Ring dem Träger erlaubt sich beliebig zu verwandeln. Und so taucht Alberich, durch die Magie des Ringes verkleidet als Diener des Königs, im Palast auf und tötet Thorg – nunmehr herrscht Alberich über die Welt der Nibelungen.

 

Zwischenzeitlich hat Wotan, der Göttervater, vom Raub des Goldes Kenntnis erhalten. Doch er hat noch ganz andere Sorgen, da die Riesen Regin und Fafnir einen Wall um Midgard fertig gebaut haben und ihren Lohn einfordern. Gemeinsam fordern sie Idun, die Göttin der Jugend, als Lohn für ihre Arbeit. Ein überaus delikater Wunsch, da Wotan zu seinem Wort steht, den beiden jeglichen Wunsch zu erfüllen und er seinen göttlichen Schwur nicht brechen will. Doch bittet er sich Bedenkzeit aus.

 

Es ist Loge, der Wotan vorschlägt Fafnir und Regin ein neues Angebot zu machen: Da das Rheingold von Alberich gestohlen und zu einem Ring geschmiedet wurde, sollen die beiden den Ring als Belohnung im Tausch gegen Idun erhalten. Da die beiden Riesen viel zu einfältig und naiv sind, um die wahre Macht des Ringes jemals zu enthüllen, willigt Wotan in diesen Plan ein.

 

Gemeinsam mit Loge verlässt Wotan Asgard und macht sich in das Reich der Nibelungen, wo er den Ring von Alberich zurückholen will. Da Alberich bei einer Audienz kein Interesse daran zeigt, Wotan den Ring freiwillig auszuhändigen, kommt es zu einem gewaltigen Kampf zwischen den beiden. Alberich verwandelt sich in einen gigantischen Jotner um dem mächtigen Göttervater gegenüber zu treten, doch am Ende eines schier endlosen Kampfes schafft es Wotan dem verletzten Alberich den Helm vom Kopf zu reißen und die Verwandlung bricht zusammen. Er lässt Alberich leben und erhält den Ring, doch dieser ist verflucht.

 

Als Fafnir und Regin kommen, um den Ring einzufordern, möchte Wotan ihnen diesen zunächst nicht geben. Zu stark ist sein eigenes Verlangen den Ring für sich zu behalten. Nur durch den Zuspruch von Erda findet Wotan die Kraft sich des Ringes zu entledigen und ihn den beiden Riesen zu geben. Doch der Fluch zeigt auch weiterhin seine Wirkung bei Wotan, der in Schwermut verfällt.

 

Es dauert nicht lange, bis Fafnir und Regin in Streit darüber geraten, wer von beiden den Ring tragen kann und der Fluch soll sich bewahrheiten. Fafnir nimmt den Helm und verwandelt sich in einen Drachen, tötet Regin und nimmt den Ring mit sich.

 

Um Asgard von dem bösen Einfluss des Ringes zu befreien, begibt sich Wotan ins Land der Menschen, nach Midgard. Dort soll er sich bei den menschlichen Frauen vergnügen, bis er eines Tages die Richtige finden wird. Und Wotan trifft nach langer Reise und nach vielen Vergnügungen auf Ilda, in die er sich verliebt. Nach ihrem Liebesspiel verlässt er aber Ilda und mit ihr auch den Fluch des Rings aus Asgard, der einige Generationen später in Midgard wiedergeboren wird. Und so scheint sie langsam aber sicher näher zu kommen – das ende der Herrschaft von Wotan und die Götterdämmerung.

 

Schreibstil & Artwork:

Der Franzose Jean-Luc Istin wurde am 01.08.1970 geboren. Nach seinem Studium und Ableistung seines Militärdienstes begann er als Szenarist für Comics zu arbeiten. Von 1999 an arbeitete er für das Fanzine „Avenir“, wo er auch den Zeichner Guy Michel kennen lernte. Gemeinsam mit Michel arbeitete er an der Reihe „Aquilon“ und „Arthur Pendragon“. Istin erweiterte seine Aktivitäten und schrieb auch für Dim D. („Aelph“, „Le Seigneur d´Ombre“ – „Der Herr der Finsternis“ Ehapa), Minguez (Le Grimoire de Féérie“) und Eric Lambert („Merlin“). Er ist einer der Mitbegründer des Verlages „Nucléa“. Nachdem er eine zeitlang als Szenarist tätig war, begann Istin selbst zu zeichnen. Gemeinsam mit dem Texter Vincent Arnoul begann er die Reihe „Draven“ und mit Nicolas Jarry die Reihe „Les Brumes d´Asceltis“.

Gemeinsam mit Autor Thierry Jigourel und Zeichner: Jacques Lamontagne schuf Istin die Reihe „Les Druids“ (Die Druiden), die mit ihrem Mix aus Mittelalterlichem Thriller und Fantasy-Elementen nach deren deutschen Übersetzung Istin auch bei uns einem großen Publikum bekannt wurde. Als Autor arbeitet er zur Zeit gemeinsam mit Zeichner Thimothée Montaigne an der Reihe „Le cinquième évangile“ (Das fünfte Evangelium, Splitter) und mit Autor Nicolas Pona so wie Zeichner Francois Gomes an der Reihe „Les terres de Sienn“ (Das Reich Sienn, Splitter).

 

Zur Zeit scheinen wieder die Mythen um Siegfried und den Ring der Nibelungen Hochkonjunktur zu haben und so bereitet der Splitter Verlag mit diesem Band die groß angelegte Serie „Götterdämmerung“ von Nicolas Jarry und Djief vor. Sicherlich ist dies nicht der erste Versuch sich dieses Themas als Comic anzunehmen, doch Jean-Luc Istin schlägt sich als Autor ziemlich tapfer und versteht es, die unterschiedlichen Charaktere – egal ob Gott oder Nibelung – recht überzeugend in Szene zu setzen und mit passenden Dialogen auszustatten, bzw. mit seiner auktorialen Erzählperspektive wie ein Chronist der Geschehnisse daher zu kommen. Dabei hält er sich ziemlich eng an den klassischen Erzählstoff dieser Sage, die wahrscheinlich aber gestandene Germanisten oder Wagnerianern die Tränen in die Augen treiben würde. Insofern spielt hier auch ein großes Stück kreative Freiheit eine nicht zu unterschätzende Rolle, wobei den Leser manchmal das Gefühl überkommt, es handele sich nicht um klassischen Sagenstoff, der hier verarbeitet wird, sondern um Fantasy auf recht hohem Niveau. Insgesamt also auf seine ganz eigene Art recht ansprechend und packend erzählt, aber nicht unbedingt ...

 

Der Zeichner, Illustrator und Kolorist Gwendal Lemercier wurde am 04.03.1977 ebenfalls in Frankreich geboren und hat sich als Künstler einige Bekanntheit im Bereich der keltischen Erzählungen und im „Heroic Fantasy“ erarbeitet. Er arbeitet insbesondere als Spezialist für den Verlag „Soleil“, wo er sich in seinem Genre austoben kann.

Bei seiner bisherigen Tätigkeit arbeitete er unter anderem mit Autoren wie Patrice Pellerin, Guillaume Sorel oder Christian Rossi zusammen. Entdeckt wurde er im Jahr 2000 durch den Verlag „Soleil“, wo in der Zeit zwischen die drei Bände der Reihe „Contes de l’Ankou“ (2003 – 2007), der One-Shot „Dragons“ (2006) und die beiden Bände „Arcanes d’Alya“ (2007-2008) entstanden, was ihn allerdings nicht daran hinderte in der Zwischenzeit auch für den Verlag „Delcourt“ zu arbeiten. Außerdem war er an der Erschaffung des Konsolenspiels „Heroes of Might and Magic 5“ von Ubisoft beteiligt. Der Oneshot „Der Fluch des Rings“ für die Reihe „Götterdämmerung“ ist seine erste deutsche Veröffentlichung.

 

Das von Lermercier vorgelegte Artwork ist handwerklich sehr gelungen und besticht durch einige sehr imposante Panels, doch merkt man ihm eine gewisse Nähe zur Fantasy an, die hier nicht immer in ihren Darstellungsformen passend erscheint. Wären da nicht die Götternamen Wothan, Loge oder die Riesen Fafnir und Regin, so könnte man meinen, sich in einem x-beliebigen Fantasy-Epos zu befinden. Hier ist mir leider bislang noch keine passende Umsetzung über den Weg gelaufen, die sich auf der einen Seite dicht an den historischen Stoff hält und es dabei schafft visuell etwas gänzlich neues und anderes zu erschaffen.

 

Doch das soll die Leistung von Lermercier als Zeichner nicht verunglimpfen, da er seine Figuren durchaus gut in Szene zu setzen weiß und mit sehr detailreichen und atmosphärisch sehr dichten Hintergrundzeichnungen arbeitet.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Der Band „Der Fluch des Rings“ versteht sich als eine Art Vorgeschichte zur Serie von Nicolas Jarry und Djief und kann insofern als „Oneshot“ verstanden werden, in denen die späteren Akteure in Stellung gebracht werden und deren Beweggründe verdeutlicht werden. In Sachen Qualität gibt es an diesem Hardcoverband nichts auszusetzen, da sowohl das Druckbild als auch die Verarbeitung tadellos sind.

Als kleines Extra enthält dieser Band einige Skizzen und Entwürfe von Lemercier zu den einzelnen Protagonisten der Serie, als such einen kurzen Kommentar des Zeichners, in dem er sich zu der Herausforderung äußert, in dem von Jarry und Djief bereits exakt definierten Universum dem Geist dieser Serie zu entsprechen. Das Skizzenbuch illustriert insofern die Inspiration und enthüllt die Anfänge von „Durandel“, einer neuen Serie von Lemercier, die bei dem französischen Verlag Soleil erscheint. Die – wie immer gelungene Übersetzung – stammt von Tanja Krämling.

 

Fazit:

Die Umsetzung des klassischen Nibelungenlied als spektakuläres Fantasy-Epos dürfte wohl im Vordergrund der Reihe „Götterdämmerung“ stehen und den Einstieg macht das Duo Istin und Lemercier mit der Vorgeschichte „Der Fluch des Rings“, bevor die eigentliche Reihe von Nicolas Jarry und Djief weitergeführt wird. Das ist sicherlich recht ungewöhnlich, doch besitzt dies auch einen gewissen Charme.

Ich persönlich fand den Auftakt zu dieser neuen Reihe etwas schwach und hatte mir etwas mehr erwartet als nur einen sehr gut in Szene gesetzte Fantasy-Comic. Die Figuren besitzen durchaus Charakter und ein gerüttelt Maß an Tiefgang, die Handlung ist geschickt arrangiert und zum Teil auch sehr schön in Szene gesetzt – aber der letzte Funke fehlt mir irgendwie bei der sich abzeichnenden „Götterdämmerung“. Da hoffe ich auf die Kreativität von Nicolas Jarry als Erzähler und Djief, wenn sie die Geschichte weiter erzählen bzw. in neue Bilder tauchen.

 

Wer bislang noch keinerlei Berührungspunkte mit dem Nibelungen-Stoff hatte und groß in Szene gesetzte Fantasy-Epen mag, der dürfte bei dieser Reihe sicherlich gut aufgehoben sein, zumal sich die Geschichte wohl weitestgehend an den verschiedenen Nibelungen-Quellen hält und man so ganz nebenher einiges „lernen“ kann. Kenner der Materie sollten sich durch den Titel der Reihe und die handelnden Akteure nicht verwirren lassen – es ist eine Umsetzung des klassischen Stoffes mit Darstellungsmöglichkeiten aus dem Bereich der Fantasy. Diese Möglichkeiten sind allesamt recht gut in Szene gesetzt, aber vielleicht immer noch weit davon entfernt diesem Thema wirklich gerecht zu werden.