Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Götterdämmerung 1 - Der Fluch der Nibelungen
Bewertung:
(3.3)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 13.11.2010
Autor:Nicolas Jarry (Szenario) und Djief (Zeichnungen)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Fantasy
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-132-0
Inhalt:56 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

In den finsteren Tiefen des Nebel- und Eislandes lebten die Nibelungen und eines Tages stahl Alberich, der Schmiedekönig, das himmlische Gold der Götter. Dieses Gold umschloss den unsterblichen Atem des Universums, dem die Götter Untertan sind. Gemeinsam mit seinem Bruder schmiedete Alberich aus dem Gold einen Ring von so großer Macht, dass er imstande war, die Welt ins Ragnarök, in die Götterdämmerung zu schicken.

 

Als die Riesen Regin und Fafner ihre Arbeit an dem Wall um Midgard beendet hatten, forderten sie als Lohn Idun, die Göttin der ewigen Jugend, die Wotan ihnen versprochen hatte. Doch Loge kam Wotan zu Hilfe, denn ohne Idun waren die Götter verdammt zu altern und zu sterben und so bot er ihnen als Gegenleistung den Ring Alberichs und den riesigen Schatz der Nibelungen. Von Loge angeführt reiste Wotan in das Reich der Nibelungen und kämpfte gegen Alberich. Doch auch die Verwandlung in das Wesen Jotner mittels seines magischen Helmes half Alberich nicht, der den Kampf gegen Wotan verlor. Bevor er allerdings Wotan nach dem Kampf den Ring aushändigte, verfluchte er diesen mit der ganzen Schwärze seiner Seele.

 

Nur nach langem Zögern gab Wotan den Riesen den Ring, den magischen Helm als auch das Gold der Nibelungen – meinte er diese Dinge bei den Riesen nicht zuletzt auch sicher verwahrt. Doch schon bald zeigte sich der Fluch, der auf dem Ring lag und so verwandelte sich Fafner dank des magischen Helmes von Alberich in einen Drachen und tötete seinen Bruder, der den Ring trug, um danach Asgard für immer zu verlassen. Dennoch lastete der Fluch weiterhin auf Wotan, der sich nach Midgard, in das Reich der Menschen begab, um sich dort seiner Pein zu entledigen, so wie es die Prophezeiung wollte. Er vereinigte sich dort mit einer Frau und ließ damit den Fluch damit Lande Midgard.

 

Generationen später stehen sich in Midgard kämpfende Horden im Feld gegenüber: Die Hunnen greifen den König von Xanten an und besiegen seine Armee im Feld. Doch nicht nur die Armee ist besiegt, auch der König und sein Sohn Ask sterben im Kampf. Nach der gewonnen Schlacht macht sich Siggeir, der Anführer der Hunnen, auf den Weg zur Festung des Königs, die noch von den verbleibenden Truppen gehalten wird um seinem größten Wunsch nachzukommen – die Tochter des Königs heiraten.

 

Die verbliebenen Kinder des Königs, Siegmund und seine Zwillingsschwester Sieglinde, halten sich in der Festung verschanzt und als Siggeir mit seinem Tross eintrifft kommt es zum Kampf zwischen diesen beiden, die sich der Horde der Hunnen vor den Toren der Festung entgegenstellen. Rasch werden sie von der Übermacht überwunden und Gefangene der Hunnen. Siggeir sieht sich seinem Ziel nahe, endlich Sieglinde zu seiner Frau zu machen.

 

Aber auch Wotan erhält Kenntnis von der Walküre Brunhilde vom Fall des Königs und vom Überleben von Siegmund und Sieglinde – sind sie doch die späte Frucht seines einstigen Ehebruches. Loge bleibt dieses Geheimnis nicht verborgen, belauscht er doch heimlich das Gespräch der beiden. Nach dieser Nachricht macht sich Wotan auf den Weg nach Midgard um Siegmund zu helfen und ihn aus seiner Gefangenschaft zu befreien, während im Lager der Hunnen die Vorbereitungen für die bevorstehende Hochzeit von Siggeir und Sieglinde anlaufen.

 

Nachts gelingt es Sieglinde allerdings ungesehen in den Verschlag zu gelangen, in dem man Siegmund gefangen hält. Sie will nicht die Frau des Hunnen werden und weitere tragische Ereignisse nehmen ihren Lauf, indem sich die Geschwister Siegmund und Sieglinde vereinen. Doch Fricka, Wotans Frau, gewährt keinen Schutz für diese inzestuösen Nachkommen und fordert bei Wotan die Bestrafung der Geschwister ein.

 

Siggeir, dem der Beischlaf der Geschwister nicht verborgen geblieben ist, will Siegmund für seine schändliche Tat hinrichten lassen, doch glücklicherweise hat Wotan ihm das Schwert Nothung geschickt um in den Kampf gegen den Herrscher der Hunnen zu treten. Nach einem heftigen Wortgefecht vereinbaren die beiden Männer einen Zweikampf auf Leben und Tod.

 

Doch auch die Welt der Götter ist in Aufruhr – während Fricka bei Wotan den Tod von Siegmund einfordert, schmiedet der hinterlistige Loge seine eigenen Pläne und flüstert diese Wotan ein. Der Kampf der beiden Männer steht aus und es scheint, als hätten die Götter auch hier ihre Finger im Spiel – egal welcher Preis dafür zu zahlen ist.

 

Schreibstil & Artwork:

Der Autor Nicolas Jarry wurde am 19.06.1976 in Rosny-sous-Bois, einem Vorort von Paris, in Frankreich geboren und wandert als Szenarist für Comics, sowie als klassischer Romanautor zwischen den beiden Genres. Seine erste große Romanproduktion hieß „Les Chroniques d'un guerrier Sînamm“, ein drei Bände umfassender Fantasy-Zyklus, der zwischen 2000 bis 2001 bei Editions Mnémos erschien. Beim renommierten „Festival du Film Fantastique“ in Brüssel lernte er Jean-Luc Istin kennen, mit dem der für den Verlag Soleil ab 2003 die Reihe „Les Brumes d'Asceltis“ und später „Les exilés d'Asceltis“ schuf.

 

Gemeinsam mit Autor France Richemond schrieb er an den beiden Bänden „Sphinx“ und „Le peuple de la mer“ mit, einer historisch-mythologische Saga die im Verlag Rocher veröffentlicht wurde. Als Autor ist er unter anderem an dem Band „L'essayeur des anneaux“ (dt. „Die Mär der Ringe“; Epsilon Verlag) beteiligt, die 2003 bei dem Verlag Delcourt erschien und die Geschichte von Tolkiens „Herr der Ringe“ satirisch aufs Korn nimmt, als auch an der Fantasy-Reihe „Les Contes de Brocéliande“, die als Comic seit 2004 im Verlag Soleil erscheint. Überaus umtriebig folgte 2003 die Reihe „Les Chroniques de Magon“ und 2005 der One-Shot „Maxime Murène“ für den Verlag Delcourt. Seine erste Zusammenarbeit mit Djief war bereits 2006 für den ersten Band von „Tokyo Ghost“.

 

Nicolas Jarry folgt in seiner Adaption der Nibelungensaga weitestgehend der Bühnenfassung von Richard Wagner und verlässt sich nicht unbedingt auf die antiquierten mittelalterlichen Erzählungen, deren Wiedergabe in Comicform wahrscheinlich noch mehr Bände umfasst hätte. So im Stoff gestrafft und bereits durch Wagner geglättet, legt Jarry ein beachtliches Tempo vor, um alle Akteure in diesem episch angelegten Intrigenspiel in Szene zu setzen und vor allem auch, um sie zu Wort kommen zu lassen. Dabei reiht er sich in den Reigen der zahllosen Künstler ein, die sich bereits vor ihm an der Umsetzung dieses bombastischen Stoffes versucht haben. Allerdings möchte er sich dazu auch Zeit nehmen – nicht zuletzt ist diese Reihe auf insgesamt sieben Bände ausgelegt und dürfte sich der Thematik ziemlich umfassend annehmen.

 

Als Szenarist ist Jarry redlich bemüht den Reigen der Intrigen, Verschwörungen und Liebschaften flüssig und für den Leser nachvollziehbar aufzubauen. Vorkenntnisse werden hier nicht erwartet und so braucht man auch als Leser keine Scheu vor dieser Reihe zu haben, zumal einige mythologische Begriffe in Fußnoten erklärt werden. Allerdings ist es vielleicht insgesamt die Masse, die diesen Comic ein wenig behäbig erscheinen lässt und manche Figuren vielleicht auch etwas zu blass. Zwar gibt es – wie bereits erwähnt – genügend Platz für die einzelnen Akteure, aber irgendwie fehlt ein Stück weit der Funke, der den Leser packt und mit in diese Geschichte zieht. So bleiben die Götter und Menschen manchmal etwas farblos und bieder in ihren Dialogen. Allerdings möchte ich nicht bereits bei dem ersten Band von Jarry die Lanze brechen und warte geduldig auf den zweiten Band, in dem sich vielleicht das Erzähltempo und der Tiefgang etwas ändert.

 

Der Kanadier Jean-François Bergeron, dürfte dem Leser wahrscheinlich besser unter seinem Künstlernamen “Djief “ bekannt ist, wurde am 07.07.1971 in LaSalle (Québec) geboren.

Von Beruf eigentlich Experte für Computer-Graphiken im 2D- und 3D-Bereich und Designer für Videogames, der lediglich in seiner Freizeit im Comic-Bereich arbeitete, hatte er 1989 sein Debüt in der neunten Kunst anlässlich eines Austauschs von kanadischen und belgischen Künstlern, die an dem Album „Villa Versa“ (Éditions Papyrus) arbeiteten. Zu seiner großen Überraschung gewann er hierfür 1990 in Charleroi (Belgien) einen Preis anlässlich des „6ième Concours International de Bande Dessinée“ und weitere Arbeiten im Comicbereich sollten folgten: Er arbeitete an den Alben „Ecran d'Arrêt“ und „Rêves“ mit, illustrierte einige kürzere Szenarios von André-Philippe Côté, zeichnete 1993 „La Voyante“ für den Verlag Falardeau und gründete mit seinen Freunden Éric Asselin und Philippe Girard das Comic-Fanzine „Tabasko!“.

 

Begeistert von moderner Technologie arbeitete er 2002 wieder mit André-Philippe Côté an dem Multimedia-Comic „L'Oreille Coupée“. Seit 2002 arbeitet er auch gemeinsam mit Szenarist Alcante (Didier Swysen) gelegentlich für das Comic-Magazin „Spirou“. 2005 wurde er Vollzeitmitarbeiter als Illustrator bei „Studio Grafiksismik“, einem Künstlerkollektiv in Quebec, welches sowohl im Bereich Comics, als auch Animation, Videospiele und Filmbereich tätig ist. Allerdings arbeitet Djief seit 2006 als Freelancer weiter und produziert vorwiegend Zeichnungen für französischsprachige Comics in Europa, unter anderem für Soleil aber auch Glénat.

 

Man merkt Djief seine Herkunft aus dem Konsolenbereich an, wenn man sich seine Hintergrundbilder anschaut. Dies sind die Momente im Comic, in denen er scheinbar am sichersten arbeitet und einen absolut überzeugenden Stil vorlegt, egal ob es sich um das erste Bild der großen Schlacht der Wälsunger mit den Hunnen handelt oder um den Blick von Wotan auf Asgard. Bei seinen Figuren scheint er manchmal – vielleicht auch wegen der Fülle der unterschiedlichen Charaktere – ein wenig überfordert zu sein. Immer wieder gibt es kleinere Probleme bei der Darstellung der Gesichter und der Mimik, die vielleicht manch anderer Zeichner für ein Album so hätte nicht durchgehen lassen. Die Koloration stammt ebenfalls von Djief und besticht durch ihre gedeckten und sehr erdigen Töne. Allerdings haftet den Figuren und der Landschaft dennoch etwas zu sauberes an, als das sie richtig überzeugen könnten.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Der Splitter Verlag bietet seinem Leser den gewohnten und geschätzten Standard: Eine solide Fadenheftung in einem Hardcoverband, der zudem noch in Sachen Ausstattung mit einigen erklärenden Worten von Nicolas Jarry zur Adaption dieses gehaltvollen Stoffes aufwarten kann so wie einige Zeichnungen und Erklärungen zu den Akteuren in diesem Reigen von Akteuren. Die Übersetzung stammt aus der Feder von Tanja Krämling und kann – wie immer – voll und ganz überzeugern.

 

Fazit:

Nach dem als Prequel erschienenen Band 0 der Reihe „Der Fluch des Rings“ des Duos Jean-Luc Istin und Gwendal Lemercier, war ich sehr gespannt auf die eigentliche Geschichte, gestaltete sich doch der Auftakt recht düster, nordisch und als vielversprechende Mischung aus etlichen mythologischen Versatzstücken. Leider wurde ich mit dem ersten Band der Reihe allerdings ein Stück weit enttäuscht, da meine Erwartungen in diese Reihe, die es einmal auf sieben Bände bringen soll, bis jetzt noch nicht erfüllt wurden und mir dieser Band dann doch eher etwas kraftlos erscheint. Dies betrifft sowohl die Dialoge als auch die Zeichnungen – beiden scheint irgendwie das richtige Gefühl für diese herbe nordische Mythenwelt zu fehlen und scheint mir auch etwas zu uninspiriert zu sein, fast so, als wolle Jarry so „werkgetreu“ wie möglich bleiben, ohne sich dabei künstlerische Freiheiten herausnehmen zu wollen. Vielleicht ist er auch mit der Fülle der Akteure und deren Intrigen, Machenschaften und Liebeleien ein Stück weit überfordert?

 

Handwerklich auf jeden Fall eine absolut solide Leistung, die sicherlich einige Schwächen aufweist aber auch mit einigen schönen Bildern von Djief entschädigt. Wer seine Freude an Wagner, den Nibelungen und der Siegfried-Thematik hat, dürfte bei dieser modernen Interpretation sicherlich auf seine Kosten kommen, wer allerdings bombastische Fantasy mit heroischen Helden vor dem Hintergrund einer nordischen Götterwelt sucht, der könnte unter Umständen von diesem Band ein wenig enttäuscht sein.

 

Allerdings möchte ich nicht direkt beim eigentlichen Auftakt dieser Reihe bereits ein niederschmetterndes Urteil fällen, sondern möchte mich gerne von den weiteren Bänden dieser Reihe überraschen lassen – schließlich kommen da noch einige Gefahren und allerlei Verwirrungen auf die Akteure zu und so bin ich im Moment sehr auf den zweiten Band dieser Reihe gespannt.