Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Eco Warriors 1 - Orang-Utan
Bewertung:
(3.5)
Von: Martin Möller
Alias: Goemoe
Am: 22.12.2010
Autor:Richard Marazano, Chris Lamquet
Übersetzer:Resel Rebiersch
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Die Welt von heute
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-236-5
Inhalt:56 Seiten, übergroßes Hardcover, 230 x 320 mm
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Vorwort

Orang-Utans sind überaus intelligente Menschenaffen, die in Sumatra und Borneo beheimatet sind. Ihr Speiseplan aus Beeren, Samen, Blättern, Rinden, Blüten, Insekten und Vogeleiern sorgt dafür, dass sie im Regenwald ein Garant für die Artenvielfalt sind, denn sie verteilen die Samen von sehr vielen Pflanzen über ein großes Gebiet. Das massive Abholzen der Regenwälder ist ein großes Problem für diese beliebten Primaten und das illegale Fangen junger Orang-Utans ist noch immer ein Problem vor Ort. Es gibt verschiedene Einrichtungen, in denen junge Affen-Waisen aufgezogen werden, oder in denen versucht wird in Gefangenschaft lebende Orang-Utans wieder auszuwildern. Wie in allen Nationen, in denen wirtschaftliche Interessen von Plantagenbesitzern und Großunternehmen dem kleinen Mann und den Umweltschützern gegenüber stehen, kommt es zu Spannungen und nicht wenige Menschen vor Ort sind aus unterschiedlichsten Gründen stark bewaffnet. Offiziell gelten die Orang-Utans als geschützt und viele Hilfsorganisationen sorgen sich vor Ort aktiv um Mensch und Tier.

 

Inhalt

Bevor die Rebellen das Tierheim besetzten, waren zehn Orang-Utans dort untergebracht... Dann sperrten sie Menschen in die Käfige... Es war grauenhaft. So beginnt der Klappentext im vorliegenden Comic und das sind auch die ersten Worte, die unser Held Chris Galway von seinem Arbeitgeber Pula auf der ersten Seite zu hören bekommt. Sie fahren durch den Dschungel von Sumatra auf dem Weg zu einer alten Tierstation. Diese sieht sehr mitgenommen aus, die Vorbesitzer sind schon längere Zeit nicht mehr dort gewesen und Makakenaffen und andere kleine Tiere haben es zu ihrer Spielwiese gemacht. Erst später wird klar, was die beiden Männer dort eigentlich wollen: sie wollen versuchen Orang-Utans, die in unserer Zivilisation nicht mehr gebraucht werden, auszuwildern. Doch Sumatra ist ein Gebiet mit Spannungen und die Ankunft brandschatzender Rebellentruppen ist nie ausgeschlossen. Chris und Pula werden gleich bei ihrer Ankunft von einer jungen Frau mit Namen Eva empfangen. Sie arbeitet im benachbarten Dorf für eine religiöse Hilfsorganisation und schaut nur, wer als nächster Mieter in die Station einzieht.

In den Hütten und Häusern der Station herrscht Chaos und Einschusslöcher und Blutspuren sind noch immer die stillen Zeugen des Massakers, das hier stattgefunden hat. Chris erinnert sich an Erzählungen, dass eine Gruppe gut ausgerüsteter Bewaffneter die Station gestürmt hatte, alles niederschoss, was sich bewegte und die toten Orang-Utans in den nahen Fluss geworfen haben soll. Man sagt, es waren die Rebellen, es gibt aber auch Gerüchte, es wären keine Rebellen gewesen. Wer war diese Leute dann? Chris findet eine merkwürdige Ampulle mit einer markant grünen Substanz und bringt sie in die Stadt, um sie analysieren zu lassen. Die Ampulle geht verloren. Fadenscheinige Ausreden der örtlichen Post wimmeln die erschütterten Nachfragen von Chris ab.

Während er sich mit lokalen Problemen seiner neuen Umgebung herumschlägt, meldet sich eine Ex-Freundin telefonisch bei ihm, die Mitglied einer bewaffneten Umweltaktivistengruppe ist, zu der auch Chris einst gehörte. Sie bietet ihm Hilfe an für den Schlamassel, in dem er steckt, doch er weiß nicht einmal, wovon sie redet. Auf ihrem Display sieht der Leser ein Bild der Ampulle, die er versucht hatte analysieren zu lassen. Chris legt auf, doch auch die junge Eva, die immer wieder seine Wege kreuzt, bekommt von ihrem Arbeitgeber, einem Baptistenpfarrer, dubiose Anweisungen, die man auch gegen Chris gerichtet verstehen kann. Eva ist von ihrem Auftrag nicht begeistert. Als wäre das nicht genug, wird eine Seite des Comics einer Sitzung eines großen Unternehmens der Pharmaindustrie gewidmet. Wieder geht es um diese Ampulle, die Chris gefunden hatte. Man hat dort auch seine Akte als Aktivist in der Hand und ist gewillt jede Maßnahme zu ergreifen, dass die Konkurrenz nichts von dem Inhalt der Ampulle erfährt. Nicht umsonst haben sie in der Abgeschiedenheit des Dschungels herumexperimentiert.

Spätestens dort weiß der Leser, dass Chris kein unbeschriebenes Blatt ist, aber der Leser weiß auch, dass Chris nur vor Ort ist, um den Orang-Utans zu helfen und selbst ein wenig seiner Vergangenheit zu entkommen. Dass beides nicht klappt, liegt an ihm. Es zeigt aber auch, dass Eco Warriors kein die Umwelt glorifizierendes Szenario ist, sondern eine recht harte, unromantische Geschichte, die erst in einem weiten Band ihre Auflösung erfährt. Für ein wenig Situationscomic sorgt jedoch dann und wann ein freundliches Hausschwein, das Chris nie von der Seite weicht: wie ein Schoßhund, nur eben mit anderen Manieren.

 

Schreibstil & Artwork

Sprichwörtlich comichafte Zeichnungen würden diesem Thema nicht gerecht und so verwendet der hervorragende Zeichner Chris Lamquet viel Zeit auf feine Details des Regenwalds, um den Leser richtig in die Natur eintauchen zu lassen. Kakaduschwärme, in denen Vögel in allen Posen des Fliegens wunderbar abgebildet werden, fügen sie ebenso selbstverständlich in die Bilder, wie Regen, Nebel, Schlamm oder andere Kleintiere, die man oft erst nach längerem Studium in einzelnen Szenen entdeckt. Chris Lamquet zeichnet und coloriert seine Comics eher hart. Die Farbübergänge sind oft abrupt, die Linien klar und doch erzeugt er so an vielen Stellen eine beachtliche Realität. Manche Gesichter von Orang-Utans wirken so lebendig, dass ihre bedrückende Mimik auf den Leser abfärbt. Auch die Handlung und die Wortwahl der Charaktere sind beeindruckend. Auch der Szenarist Richard Marazano hat, wie Chris Lamquet schon in mehreren Comics zuvor, mitgearbeitet. Die Geschichte ist vielleicht nicht superoriginell, aber sie ist glaubwürdig dargestellt und mit guten Protagonisten besetzt, deren Ecken und Kanten ihnen jeder sofort abnimmt. Den Autoren gelingt es ohne Probleme dieses unkomfortable Thema glaubhaft in Szene zu setzen.

 

 

Qualität und Ausstattung

Wie alle im Splitter Verlag erschienenen Comics, die ich kenne, sind Bindung, Druck und Hardcover große Klasse. Die Übersetzung von Resel Rebiersch ist ebenfalls großartig. Was mir bei dieser Thematik ein wenig fehlt, ist eine Seite oder mehr zu den Hintergründen der Geschichte. Es gibt unzählige Organisationen, die sich für den Regenwald, die Menschen dort, die Tiere dort oder für zusammenhängende Projekte dort engagieren. Zu einem Comic mit diesem Thema hätte ich weiterführende Informationen angemessen gefunden.

 

Fazit:

Eco Warriors hat schon mal eines erreicht, ich habe die Patenschaft für einen kleinen Orang-Utan bei BOS Deutschland übernommen. Wer so einen Comic macht, der will aufhorchen lassen, aber wer so einen Comic kauft, der ist auch an dem Thema interessiert. Der Band ist recht hart und direkt und wen das Thema nicht anrührt, der wird nur durch die Geschichte an sich wohl nicht besonders gut unterhalten werden. Das Thema der bösen Pharma-Gesellschaft mit dubiosen Forschungen ist nicht neu und der Band lebt von der Geschichte in dieser speziellen Region, nicht etwa von Action oder Zauberei. Dafür erscheinen die einzelnen Charaktere ebenso realistisch wie der ganze Zeichenstil und ihr tägliches Miteinander ist glaubhaft in Szene gesetzt. Packt man alle Teile zusammen, erhält man einen untypischen Comic von guter Qualität, dessen Geschichte an einen der üblichen Fernsehthriller erinnert, nur dass er sicher nicht als jugendfrei eingestuft werden würde. Eine Wertung ist bei so einer Geschichte, die erst später abgeschlossen und aufgelöst wird nicht leicht, aber mangelnde Originalität, zumindest auf den ersten Blick, lässt mich nicht mehr als 3.5 Punkte geben. Vielleicht kann der zweite Band dieser Geschichte das Ergebnis später verbessern.