Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Neonomicon (Cthulhu)
Bewertung:
(4.5)
Von: Gordon Gurray
Alias: Talamar
Am: 06.10.2011
Autor:Alan Moore, Jacen Burrows
Übersetzer:Gerlinde Althoff
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Cthulhu, Gegenwart
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-86201-191-9
Inhalt:160 Seiten, Softcover, US-Format, US-Originale: The Courtyard 1-2, Neonomicon 1-4
Preis:16,95 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Der FBI-Agent Aldo Sax untersucht eine Serie von identischen, aber nicht zusammenhängenden Ritualmorden. Im Zuge seiner Ermittlungen stößt er auf eine Subkultur aus Rock-Musik, Drogen und Sex-Clubs, die um den Cthulhu-Mythos herum errichtet wurde. Als er auf den seltsamen Johnny Carcosa trifft, wird er in einen Strudel grauenhafter Ereignisse gerissen und gerät außer Kontrolle.

Bald darauf ermitteln die beiden Agenten Merril Brears und Gordon Lamper im Fall Sax und kommen den Ermittlungen des ehemaligen Agenten auf die Spur. Dabei graben sie noch tiefer und kommen einem seltsamem Kult auf die Spur, der mit wilden Orgien den großen Alten huldigt. Als Gordon und Merril sich Undercover dort einschleusen, nimmt das Grauen seinen Lauf...

 

Schreibstil & Artwork:

Alan Moore dürfte eigentlich jedem Fan von besonderen Comicgeschichten ein Begriff sein. Mit seinem Namen verbinden Kenner so großartige Klassiker des Genres, wie "Watchmen", "From Hell" oder "Die Liga der außergewöhnlichen Gentleman", um nur eine kleine Auswahl seiner Arbeiten zu nennen.

Der vorliegende Cthulhu-Comic setzt sich eigentlich aus zwei Geschichten zusammen, die im Abstand von 7 Jahren erschienen sind, aber dennoch irgendwie zusammengehören. "The Courtyard" - die Geschichte um FBI-Agent Aldo Sax- stammt aus dem Jahre 2003, während "In den Villen des Wahnsinns" Ende 2010 veröffentlicht wurde und locker an die erste Geschichte anknüpft und viele Elemente aus diesem übernimmt. Wenn Alan Moore allerdings etwas in die Hand nimmt, das ist das quasi ein Garant dafür, dass es eine abgefahrene und extravagante Erzählung wird und das ist beim "Neonomicon" nicht anders. Der Plot spielt unzweifelhaft im Cthulhu-Mythos von H.P. Lovecraft und bezieht sich oft sehr stark auf Elemente, Ereignisse und Bezeichnungen, die auch schon der Erfinder des Mythos sich ausgedacht hat. So findet der Cthulhu-Kenner zahlreiche namentliche Anspielungen auf Werke von Lovecraft, wie beispielsweise "Club Zotique", den Bandnamen "Ulthar Cats" oder auch "Rats in the Mall".

Doch Moore kopiert glücklicherweise nicht nur einfach, sondern erzählt eine enorm spannende und eigenständige "cthulhuresque" Erzählung, die einem sprichwörtlich die Nackenhaare zu Berge stehen lassen. Moore spielt - ähnlich wie Meister Lovecraft - gekonnt mit dem kalten Grauen, den ureigenen Ängsten, die tief in jedem verankert sind. Doch Moore geht auch andere Wege als Lovecraft. Lovecraft selbst hat sexuelle Praktiken und Rituale nie wirklich beschrieben oder gar angedeutet, auch wenn sie - belegt durch die Ereignisse in seinen Stories - definitiv stattgefunden haben müssen. Moore ist da anders. Für ihn sind sexuelle - auch perverse - Praktiken und selbst rassistische Anspielungen kein Tabu-Thema und er baut sie sehr omnipräsent in diese Story ein, ja, sie sind sogar essentiell für diese Erzählung, da sie sowas wie den Grundstein bilden.

Auch wenn der Plot zunächst wie eine einfache Kriminalgeschichte anmutet, so überschlagen sich die Ereignisse doch schnell und der Cthulhu-Kenner kann dabei sowieso schon sehr früh erkennen, worum es wirklich geht. Auf jeden Fall ist "Neonomicon" eine waschechte Cthulhu-Geschichte, die haarsträubenden, aber zumeist eher subtilen Horror bietet, ganz so, wie man es als Cthulhu-Fan gerne hat.

 

Nicht zuletzt liegt das auch an den tollen Artworks aus der Feder von Jacen Burrows ("Die Chroniken von Wormwood"), die sich detailreich und doch auch einfach zeigen und nicht überladen zeigen. Die Illustrationen glänzen mit sauberen Linien und Konturen und einer sehr gleichmäßigen Kolorierung, die mit eher düsteren und seichten Farben überzeugen kann. Das passt sehr gut zum Setting und unterstützt das melancholisch düstere Flair, das Cthulhu-Geschichten oft so auszeichnet. Auch die Anordnung der Panels, die es in allen Formen und Größen gibt, wirkt durchdacht und unterstützt das Feeling der Erzählung nahezu perfekt. Ganz grandios sind dabei die Splash-Pages am Ende von "The Courtyard", die das Chaos und das Grauen von Cthulhu zeigen.

 

Fazit:

Das "Neonomicon" ist zweifellos eine Anspielung auf das sagenumwobene Nekronomikon, das in Geschichten von H.P. Lovecraft Erwähnung fand. Doch mit dem Buch hat die vorliegende Geschichte - beziehungsweise die beiden Geschichten - eigentlich nichts zu tun. Dennoch wird dem Leser hier eine umwerfende Story geboten, die im Cthulhu-Mythos der Gegenwart spielt. Meisterautor Alan Moore hat hier eine unglaublich dichte und spannende Erzählung erdacht, die jeden Fan abstrusen und psychodelischen Horrors sofort in ihren Bann schlägt und bis zur letzten Seite nicht mehr los lässt. Dabei gibt es zahlreiche Anspielungen auf Originalwerke von Lovecraft und darüber hinaus macht Moore viele Dinge auch anders als der Cthulhu-Erfinder, schon allein der sexuelle Aspekt, ist hier enorm wichtig (und wurde von H.P. nie genauer umschrieben). Perfekt abgerundet wird das Ganze von den enorm schicken Artworks, welche die Geschehnisse absolut umwerfend begleiten und richtig in Szene setzen. Für Cthulhu-Fans ist dieser Comic ein Muss, aber auch aller anderen Liebhaber von gruseligen Geschichten, sei diese Bildergeschichte ans Herz gelegt... aber Vorsicht, das Werk ist absolut nichts für zarte Gemüter, nicht umsonst wird es erst ab 18 Jahren empfohlen!