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Madness at Gardmore Abbey
Bewertung:
(4.5)
Von: Moritz Mehlem
Alias: Glgnfz
Am: 21.05.2012
Autor:James Wyatt, Creighton Broadhurst, Steve Townshend
Typ:Abenteuer
System:D&D 4
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-5872-6
Inhalt:Box mit vier 32-seitigen Softcovern, zwei farbigen doppelseitigen Battlemaps, zwei Bögen mit Papptokens, 22 Karten des „Deck of many Things“ und zwei exklusive „Treasure Cards“
Sprache:Englisch

Inhalt

(Vorsicht, Spoiler!!!)

Das Cover der Box geht schon mal voll auf die Zwölf! Die Keule des angreifenden Ettins kommt fast aus dem Bild heraus, um einem ordentlich eins auf die Glocke zu geben. Die beiden Orks, die ihn unterstützen, würde er sicher gar nicht benötigen, um mich zu besiegen. Im Hintergrund ragt ein festungsartiges Gemäuer in die Höhe – vermutlich die namensgebende Gardmore Abbey.

Ein erster Kritikpunkt ist direkt mal die Box selber – die ist nämlich keine klassische Box aus dicker Pappe mit Deckel, sondern eine dünnere Pappe, die man oben und unten aufklappen kann, wie sie schon bei „The Shadowfell“ verwendet wurde. Das Ding hat jetzt schon zwei Knautscher bevor es nur in meinem Regal gelandet ist. Und wo ich gerade dabei bin, an der Produktqualität herum zu mäkeln – ich war positiv überrascht, als ich das erste der vier Hefte in die Hand nahm, denn sein Umschlag bestand nicht aus dem gleichen Papier wie das Innere, sondern aus etwas dickerem Papier. Leider war das dann bei den drei anderen Heften nicht der Fall. Schade, so werden sie am Spieltisch schnell zerfleddert – und ich bin sicher, dass ich das Abenteuer in näherer Zukunft leiten will.

Ansonsten gibt es am Inhalt nicht viel zu bekritteln, denn Battlemap, Tiles, Tokens und (Spiel-)Karten sind von gewohnter Qualität.

Ein Pappbogen enthält etliche Counter mit Monstern, Charakteren, Gegenständen und Co., während der andere 13 wendbare Dungeontiles enthält. Alle Orte des Abenteuers lassen sich mit den Battlemaps, den mitgelieferten Tiles sowie den Tiles aus den Master Sets darstellen. Richtig gelesen – für das „perfekte Spielgefühl“ reicht der Inhalt der Box nicht aus.

Vielleicht noch kurz zum „deck of many things“ - das wird völlig anders eingesetzt als es die alten Menschen unter uns kennen. „Früher“ fand man ja einen solchen Kartenstapel und die Charaktere konnten Karten ziehen, um die damit verbundenen Konsequenzen auszulösen. Manche waren sehr positiv, andere wiederum fürchterlich negativ, sodass es ein Heidenspaß war, den Spielern dabei zuzusehen, wie sie sich – von einem inneren Zwang erfüllt – mit absoluter Sicherheit den Charakter versauten.

Hier sind die Karten über das gesamte Abenteuer verteilt und ihre Auswirkungen sind nicht ganz so chaotisch, man kann sie sogar manchmal halbwegs sinnvoll im Kampf anwenden.

 

Das eigentliche Abenteuer verteilt sich auf vier Hefte mit (zunächst) etwas gewöhnungsbedürftiger Aufteilung.

Heft 1 gibt den großen Überblick und schildert sämtliche Karten des „Deck of many things“, Heft 2 stellt Gegner und Verbündete dar und bietet in Form der unterschiedlichsten Quests die unterschiedlichsten Ansätze, an das Abenteuer heranzugehen.

Die letzten beiden Hefte enthalten dann die einzelnen Begegnungen, die im Laufe des Abenteuers vorkommen können.

 

Die Illustrationen sind gewohnt souverän, wobei ich gerade die Karten hervorheben möchte – Winterhaven und die auf einem hohen Hügel gelegene Abtei sehen aus wie mit google Earth betrachtet. Das verschafft einen tollen Überblick – gerade die Serpentinen, die hinauf zur Abtei führen, lassen einen fast spüren, wie steil es dort hinauf geht und was die Abenteuer für Mühen auf sich nehmen müssen, um an ihr Ziel zu gelangen.

 

Die Vorgeschichte ist ebenso klassisch wie motivierend – die Gardmore Abbey, in der Nähe von Winterhaven, im Nentir Vale gelegen, war lange Jahre ein Bollwerk des Guten. Etliche Invasionen und Angriffe wurden abgewehrt, bis der Anführer der Ritter, Havarr von Nenlast, in einer besonders bedrohlichen Situation zu einer verzweifelten Maßnahme griff. Er verwendete eine Karte des „Deck of many things“, um eine Horde von Orks, Hügelriesen und dämonischer Wesen abzuwehren. Dies misslang gründlich und zu der humanoiden Gefahr von außen gesellte sich eine Flut von Untoten, die die Abtei von innen heraus aufmischten. Die Zerstörung der Abtei war aber nicht das Hauptproblem, denn anstatt wegteleportiert zu werden, hielten die magischen Sicherheitsmaßnahmen der Abtei die Karten davon ab in Zeit und Raum zu verschwinden und das gesamte Kartenspiel wurde im Bereich der Abtei verstreut. Einige der Karten blieben dort auch, aber ein guter Teil wurde von Orks als Andenken mitgenommen oder verschwand auf andere Art und Weise.

Nun hat es das Spiel aber im Laufe des letzten Jahrhunderts darauf abgesehen, wieder vereint zu werden und sämtliche Karten, die nicht mehr in der Abtei sind, befinden sich nun in Händen von Sammlern bis auf eine...

 

… denn die ist irgendwie in den Besitz der Charaktere übergegangen.

 

Coole Story und die Charaktere sind direkt eingebunden – halb freiwillig, halb vom Schicksal „bestimmt“, gefällt mir gut.

 

Zum eigentlichen Inhalt des Abenteuers möchte ich an dieser Stelle nichts verraten, aber ich kann beschreiben, wie das Abenteuer aufgeteilt ist, denn das ist wirklich clever gelöst. So werden zu Beginn Karten gezogen, die Elemente des Abenteuers bestimmen – so ergibt sich beispielsweise aus der ersten gezogenen Karte wer der „geheime Sammler“ ist und was ihn antreibt, in den Besitz der Karten zu gelangen.

Hat man sich nun einen groben Überblick über das erste Buch verschafft, das grob die Abtei und ihre Örtlichkeiten vorstellt, und sich auf die Begegnungen in den Büchern 3 und 4 zumindest kurz vorbereitet, kann man sich zu Buch 2 begeben, denn hier schlägt das eigentliche Herz oder auch der Motor des Abenteuers.

In Buch 2 wird kurz das Dörfchen Winterhaven beschrieben, das in der nächsten Zeit als Operationsbasis für die Charaktere dienen wird. Noch wichtiger aber sind die im Folgenden vorgestellten Aufgaben („Quests“) und NSCs. So kann ich also nicht nur „absolut“ spielen – beispielsweise mit den Aufgabenstellungen: „Sammle das komplette Deck!“ oder „Zerstöre das komplette Deck!“, sondern ich kann meine Spieler auch vor kleinere Aufgabenkomplexe stellen.

Genial ist auch die in diesem Fall wirklich gut ausgearbeitete Idee, eine weitere Abenteurergruppe ins Spiel zu bringen, die sich je nachdem welche Karte wann gezogen wird, freundlich oder feindlich verhalten wird, was sich natürlich im Laufe des Abenteuers ändern kann.

Abschließend werden hier noch für das Abenteuer wichtige Gegner und gegnerische Fraktionen geschildert – hmmmm... Betrachter und Drachen...

Die Begegnungen in den letzten beiden Heften sind D&D 4-typisch aufgebaut und in „Setup“, „Tactics“, „Features of the Area“ unterteilt – dazu kommen Werteblöcke und der benötigte Kartenausschnitt. Manchmal ist eine Karte des „Decks“ an einem Ort oder wird von einem Gegner mitgeführt – auch diese kann dann „ausgespielt“ werden und hat Einfluss auf die Begegnung.

Einige Begegnungen sind reine „Skill Challenges“, bei anderen kann der Kampf durch eine „Skill Challenge“ ersetzt werden und einige Begegnungen sind sogenannte „Roleplaying Challenges“, wo durch Rollenspiel Ziele erreicht und EP „verdient“ werden können.

 

 

Fazit:

Ein ungewöhnlich organisiertes Abenteuer mit viel Material und den unterschiedlichsten Begegnungen. Ja. Hier ist es auch eingeplant, Kampfbegegnungen zu umgehen. Schick ist neben Kämpfen und „Skill Challenges“ auch die Verwendung von „Roleplaying Challenges“. Zwar fast schon witzig, dass es so etwas in einem Rollenspiel überhaupt geben muss, aber das ist der nächste Schritt in eine Richtung, die hin führt zu einer organischeren Kombination aus Rollenspiel und Kampfbegegnung.

Auf den ersten Blick verwirrt die Organisation des Abenteuers doch sehr, aber ist man erst durchgestiegen, stellt man fest, dass man sich als Spielleiter besser in der Lage fühlt, das Abenteuer „wie aus einem Guss“ zu leiten und auf die unterschiedlichsten Aktionen der Charaktere zu reagieren, selbst wenn sie abseits vorgeplanter Wege stattfinden sollten.

 

Fazit des Fazits. Ungewöhnlich und modern! Rollenspiel 2012!