Sharner Kobold Sharner Kobold

 

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AD&D - 2nd Edition Dungeon Master Guide Deluxe
Bewertung:
(0.0)
Von: Moritz Mehlem
Alias: Glgnfz
Am: 04.01.2014
Autor:David “Zeb” Cook
Typ:Grundregelwerk
System:Advanced Dungeons & Dragons 2nd Edition
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-6447-5
Inhalt:256 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Inhalt

Darüber, dass die überarbeitete Edition von AD&D 2 für den Reprint verarbeitet wurde und nicht die ursprüngliche, habe ich ja beim Spielerhandbuch schon lange genug rumgejammert, daher sei das für diesen Band hiermit offiziell abgehakt. Ich werde also nix zu zwar übersichtlichen aber hässlichen Boxen oder zu unmotivierten, fast seelenlosen, Illustrationen sagen. Versprochen. (Echt jetzt, kein Rumgejammere? Ich bin irgendwie enttäuscht… Der Redakteur)

 

Was aber macht diese Edition vom Design her gut? Klarer Fall – wie schon gesagt ist das Buch wirklich übersichtlich, was noch durch ein äußerst präzises Inhaltsverzeichnis (4 Seiten) und einen ausführlichen Index plus Seitenangabe aller Tabellen (9 Seiten) unterstützt wird. Auch der zur Reprint-Reihe passende grüne, goldbedruckte Umschlag mit einer kleinen Easley-Illustration ist wirklich, wirklich schick. (Vor allem, weil es dieselbe Illustration ist, die den Original-Umschlag zierte. Da hätte er doch jetzt ein bisschen rumjammern können! Der Red.)

Daumen rauf.

 

Behandelte Themen sind:

- Player Character Ability Scores

- Player Character Races

- Player Character Classes

- Alignment

- Proficiencies

- Money and Equipment

- Magic

- Experience

- Combat

- Treasure and Magical Items

- Encounter

- NPCs

- Vision and Light

- Time and Movement

- A DM’s Miscellany

- Treasure Tables (Appendix 1)

- Magical Items Tables (Appendix 2)

- Magical Items Descriptions (Appendix 3)

 

Ich möchte hier nicht die Inhalte der einzelnen Kapitel runter beten, denn ich denke, dass man als Leser der Rezension grob überblicken kann, welche Themen angesprochen werden.

Stattdessen möchte ich schlaglichtartig einige Elemente beleuchten und auf verschiedene Aspekte abklopfen.

Beginnen wir direkt mal im ersten Kapitel, das sich mit den Attributen befasst. „Echte Männer“™ (und was machen die Mädels? Der Red.) erschaffen ja seit Äonen ihre Charaktere, indem sie sechsmal 3W6 würfeln, die Werte der Reihe nach auf die 6 Attribute runter schreiben, dann mit dem Flow gehen und erst jetzt entscheiden was für eine Charakterklasse sie spielen wollen.

AD&D 2 bietet gleich sechs verschieden Methoden an, die der geneigte Spielleiter seiner Gruppe vorsetzen kann. Vom klassischen Modell bis hin zu einem Punktkaufsystem und einer Mischung aus Punktkauf und Würfeln ist hier alles dabei, was der Zeitgeist der späten 80er so gefordert hat.

Hier ist aber das Kapitel zu den Attributen nicht vorbei – weeeeit gefehlt!

Die Autoren befassen sich auch mit den Problemen, die zu starke und zu schwache Charaktere darstellen, wie man mit dem Einfluss des Zauberspruchs „Wunsch“ auf die Attribute umgehen kann oder wie man Hintergrundgeschichten gestalten und mit ihren Problemen (adeliger Charakter anyone?) umgehen kann. Interessant ist, dass sich hier schon zaghafte Elemente des Player Empowerment finden, wie zum Beispiel gerade bei den Hintergrundgeschichten, wo man die Spieler „die Arbeit machen lassen“ soll und dann als Spielleiter mit dem arbeiten soll, was hier entsteht. Zaghaft, aber vorhanden.

 

Historisch interessant übrigens an dieser Stelle, dass AD&D 2 die erste D&D-Version ist, die gänzlich ohne das Mitwirken von Gary Gygax entstanden ist – Dave Arneson war ja schon deutlich länger aus dem Rennen. Und so einen Kram hätte es ja mal nun bei Gary nicht gegeben. Da hätte der Spielleiter seine Kampagne geplant und die Spieler hätten ihre Charaktergeschichten da mit etwas gutem Willen darauf anpassen dürfen… Go, Gary!!! (Oh Mann, völlig oldschool der Kerl… Der Red.)

 

Ein richtig fetter Batzen, den ich in meiner AD&D 2-Karriere immer mehr oder weniger ignoriert und erst zum Zwecke der Rezension gelesen habe, ist das Kapitel zur Gesinnung. Das ist nämlich ebenso hochinteressant wie kontrovers. Diese 7 Seiten handeln mehrere Facetten ab, die die Gesinnung haben kann – nicht nur als eine Art moralischer Kompass des Charakters oder als Moralkorsett des Paladins, sondern als Methode, um die Weltanschauung einer gesamten Gesellschaft oder Region zu beschreiben, als Werkzeug sowohl für den Spieler als auch für den Spielleiter, als Spannungsoption (Welche Gesinnung mögen andere SC oder NSC haben? Warum handeln sie wie sie handeln?)  und schlussendlich das, was ich immer als Moralkeule empfunden habe: Was geschieht beim (freiwilligen oder unfreiwilligen) Wechsel der Gesinnung? Wie man in diversen Foren erkennen kann, sind diese Fragen auch im Jahr 2013 noch nicht beantwortet. Ich auf jeden Fall habe mindestens zwei neue Sichtweisen auf dieses von vielen gehasste Element kennen gelernt. Danke, ihr 7 Seiten. (Wer in (A)D&D Gesinnungen ignoriert… tsstss… Ok, mach ich auch meistens! Der Red.)

 

„Schöne“ Beispiele für eine mehr als latente Spielergängelung, die immer wieder zwischen den Zeilen durchblitzt, finden sich im Magie-Kapitel. Beispielsweise in dem Abschnitt wo es darum geht, wie wichtig es doch ist, die Kontrolle über die von den Magiercharakteren beherrschten Sprüchen zu behalten. Klaro. Meine Welt! Meine Kampagne! Meine Sprüche!

Wirklich spannend zu beobachten, wie hier an allen Ecken und Enden versucht wird, den Spagat zwischen „klassischen D&D-Tugenden“, wie dem starken Spielleiter, und moderneren Konzepten hinzubekommen.

 

Mein negativer Favorit ist das Kapitel zu Erfahrungspunkten. Zwar gab es auch schon bei AD&D 1 und D&D Classic Ansätze dafür, die „messbare“ EP für Gold und ausgeschaltete Monster aufzuweichen, aber erst hier gibt es wirklich Handreichungen, wie man auch „gutes Rollenspiel“ belohnen kann. So kann ich ja noch Verständnis dafür aufbringen (und das können die meisten schon nicht), wenn der Charakter EP bekommen soll, wenn ein Spieler eine gute Idee hatte – aber spätestens beim Abschnitt „Fun“ à sprich: EP für unterhaltsames Spiel. Interessanterweise sind die hier gestellten und fett rot gedruckten Fragen eher solche, die beantworten, ob das Spiel keinen Spaß gemacht hat. Soll ich also eher die bestrafen, die den Spielspaß gestört haben? Hmmmmmm… Spielern EP abziehen (oder weniger geben), weil sie mir mit Regeldiskussionen auf den Sack gehen? Klasse, wirklich! (Doch, das sind die einzig wahren Hintergründe bei der EP-Vergabe: Belohnung und Bestrafung… Der SL äh… Red.)

 

Auch im Bereich Kämpfe gibt es jetzt wirklich für jede nur erdenkliche Situation Regeln, teilweise sogar mit zweifachen Optionalregeln. Ob das nun immer elegant ist, sei mal dahingestellt. Nehmen wir mal das klassische Problem des „in den Nahkampf Schießens“. Hier soll ich alle Kreaturen, die direkt neben dem Ziel des Schusses, zählen – und zwar zählen mittelgroße als 1, winzige als 1/3, kleine als 1/2, große als 2, riesige als 4 und Wesen von gargantuanischer Größe als 6. Der SL legt dann eine Chance fest, die besteht, eine beliebige Person zu treffen. Ist der Schuss dann ein Treffer, würfelt der Spielleiter welche am Nahkampf beteiligte Kreatur getroffen wurde. Unfassbar bescheuert, oder! Sollte nicht ein erfolgreicher Schuss bedeuten, dass man auch sein Ziel getroffen hat? Mal ganz abgesehen von der dämlichen Rumrechnerei…

 

Oder nehmen wir die Moralregeln. Bei D&D Classic beispielsweise haben die Monster einen Moralwert, der zwischen 1 und 12 liegt, ich würfle unter bestimmten Bedingungen, um festzustellen, ob das Viech flieht oder nicht – fertig. (Und schon das war teilweise unnötig kompliziert und unintuitiv). Hier haben wir 14 verschiedene Grundtendenzen – es wird zwischen normalem Raubtier, Bürgerwehr, Mob, Elitesoldaten und stupiden Monstern alles verwurstet, dazu kommen 25 situationsbedingte und – logischerweise – teilweise kumulative Modifikatoren, die ich einrechnen muss.(alles von „Kreatur hat sich verlaufen“ über „Der Anführer der Gruppe hat eine andere Gesinnung“ bis hin zu „Im Verhältnis von 3:1 unterlegen“), um dann endlich meine 2W10 würfeln zu dürfen, um zu schauen, ob geflohen wird oder nicht.

Versteht mich nicht falsch. Das ist nicht total daneben, aber halt für ein schnelles Spiel wirklich zu träge. Wer gerne eine genaue Simulation von Welt und Situationen liebt, der wird hier auf seine Kosten kommen und eine Ode an die Freude schmettern.

Fazit:

Ein nicht nur rollenspielhistorisch interessantes Buch, sondern auch wirklich ein echtes „Handbuch für Spielleiter“, das an eigentlich alle in einem AD&D-Spiel vorkommenden Situationen denkt und einem Regel, Handreichungen und oben drauf noch Optionalregeln anbietet. Da AD&D in die interessante Zeit der späten 80er und frühen 90er fällt, merkt man ihm an vielen Stellen an, dass es seine klassischen Wurzeln beibehalten will, aber gleichzeitig auch immer ein Auge darauf wirft, eine schöne Geschichte erzählen zu wollen.

Ich denke, dass es wirklich niemandem schaden kann, sich mit dem Rollenspiel dieser Zeit auseinanderzusetzen, egal ob man nun Old-Schooler, Storyteller oder Indie-Jünger ist – hier kann wirklich jeder etwas mitnehmen und sich einzelne Elemente abschauen oder gar Untersysteme in sein Spiel einbauen.

 

Ich habe mir meine kurze Besprechung im Anschluss noch zweimal durchgelesen und ich muss hier noch feststellen, dass sie sich viel, viel negativer liest, als sie gemeint ist. Das Buch ist wirklich klasse und hat viele tolle Ideen und Regeln. (Gut dass er das jetzt geschrieben hat, sonst hätte ich den Text noch umschreiben müssen… lalala… Der Red.)