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Segmente 2 - Voluptida
Bewertung:
(3.4)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 12.05.2014
Autor:Richard Malka (Autor), Juan Gimenez (Zeichner)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Science Fiction
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-630-1
Inhalt:48 Seiten, Hardcover - Großformat
Preis:14,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Loth Lungren und Jezreel Seth sind mit einem Shuttle vom Planeten Lexipolis geflüchtet und haben Voluptida erreicht, den Hauptplaneten des Vergnügungssektors der GUSF (Galaktische Union der segmentierten Funktionen). Auf diesem Planeten, der von Freidenkern gegründet wurde, die in ihrem zügellosen Streben nach Vergnügen ohne jegliches moralisches Dogma eine Gesellschaft bildet, die Tugend als ein Verbrechen ansieht, wollen Loth und Jezreel zur Insel Fath, auf der sich der Bibliothekar befinden soll, der mehr über das Geheimnis des Ursprungs der sieben unsterblichen Führer wissen soll. Allerdings haben die beiden bereits auf dem Raumhafen mit einigen Problemen zu kämpfen, da ihnen die Unsterblichen auf die Spur gekommen sind und es fast aussichtslos erscheint, aus dem gesperrten Terminal zu entkommen. Glücklicherweise machen Loth und Jezreel die Bekanntschaft mit Fin und Ardente, welche Dank eines Hauptgewinns bei „Sexlotto“ nicht nur im Besitz des Pink Zeppelin sind, sondern sich als Sexpartner nach dem Rosa Gesetz 232 unsere beiden Protagonisten aussuchen, denen der örtliche Sicherheitsdienst auf den Fersen ist.

 

Kaum an Bord des Pink Zeppelin, kidnappen Loth und Jezreel die beiden lüsternen Lotteriegewinnerinnen und machen sich auf den Weg in Richtung der Insel Fath. Unterdessen haben die Unsterblichen mit ihrer Armee auf Lexipolis Jagd auf die Farblosen gemacht und es ist ihnen gelungen, durch eine Gedächtnisanalyse herauszufinden, das Loth und Jezreel auf einer Mission unterwegs sind, um die Menschheit vor der Sterilitätsepidemie zu retten. Nun setzen die Unsterblichen alles daran, die beiden aufzuspüren und zu vernichten.

 

Der Empfang des Pink Zeppelin nebst seinen Reisenden auf Fath durch Königin Sebo ist mehr als herzlich, scheint man doch hier neben Sex auch gutes Essen in großen Mengen zu mögen. Einen Tumult auf dem Landeplatz auf Fath kann Loth nur durch sexuelle Gefälligkeiten mit der Königen richten. Erst dann können sie sich auf die Suche nach Eleazor Gizza, dem Bibliothekar, machen. Allerdings erweist sich Eleazor als ziemlich störrischer alter Mann, der auch mit dem Hinweis auf die Aussagen von Professor Lomrinn nur nach langem Zögern mit seiner Geschichte über die Unsterblichen herausrückt. Und im Orbit beziehen derweil die Unsterblichen Position, um mit Tsoar-Kanonen die gesamte Insel Fath und alle ihre Bewohner bis zum letzten Fleischfetzen auszulöschen.

Schreibstil & Artwork:

Geboren am 6. Juni 1968 in Paris studierte Richard Malka recht erfolgreich an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät von Nanterre Jura. Seit 1992 Anwalt des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" und von Radiogruppen wie „NRJ“ und „Beur FM“, ist Richard Malka ein ausgewiesener Experte für Medienrecht im „Team“ des französischen Staranwaltes Georges Kiejman. Er gründet 1999 seine eigene Anwaltskanzlei, die sich auf Medienrecht spezialisiert und über die Jahre in einigen spektakulären Prozessen von sich Reden macht.

 

Seine erste Veröffentlichung einer Karikatur als Schriftsteller erfolgt 2004 und schon bald sollen weitere folgen. Im Jahr 2006 entsteht in Zusammenarbeit mit Philippe Cohen, dem Chefredakteur von „Marianne" und dem Zeichner Laurent Riss, der erste inoffizielle Biografie-Comic des damaligen französischen Ministerpräsidenten Nicolas Sarkozy unter dem Titel: „La Face karchée de Sarkozy“. Ein zwar nicht völlig neues, aber reichlich ungewöhnliches Konzept für einen Comic, dessen Reihe rasch eine große Leserschaft in Frankreich fand. Großes Aufsehen bringt ihm aber auch im Jahr 2007 die Verteidigung der im Magazin „Charlie Hebdo“ veröffentlichten Mohammed-Karikaturen, die gemeinsam mit Georges Kiejman erfolgt.

 

Bereits bei der Rezension des ersten Bandes habe ich die literarischen Vorbilder von Richard Malka genannt, zu denen insbesondere die Romane und Kurzgeschichten von Isaac Asimov und des nicht unumstrittenen Alfred Elton van Vogt gehören. Hier ist es für einen Szenaristen schwer in solch große Fußstapfen zu treten. In seinem Vorwort spricht Claude Lanzmann von Richard Malka als einem „von Systemen begeisterten Philosophen, ein Erfinder waghalsiger Kosmologien, in denen der irdische Humor, der ihm beschieden wurde, unaufhörlich im Wettstreit mit dem Schrecken vor dem unendlichen Raum liegt“. Das mag zwar für das Szenario weitestgehend stimmen, in sich stimmig erscheint es allerdings nicht unbedingt zu sein. Eigentlich besitzt das Szenario in seiner Grundidee alle Zutaten, die man benötigt: ein komplexes und durchdachtes Universum, überzeugende Protagonisten und ein Stück Dramatik, dennoch schafft es Malka nicht gänzlich seinen durchaus gesellschaftskritischen SF-Ansatz umzusetzen und verliert sich in seinem groß angelegten Szenario, ohne den Leser daran Teil haben zu lassen. Das ist Schade, den das Potential dieser durchaus interessanten Inszenierung ist auf jeden Fall vorhanden.

 

Juan Antonio Giménez López wurde am 26. November 1943 in Mendoza, Argentinien, geboren. Nach einer Ausbildung als Präzisionsmechaniker und Industriezeichner besucht er die Kunsthochschule in Barcelona und wendete sich dort rasch dem Zeichnen von Comics zu, eine Leidenschaft, die er bereits seit seinem 16 Lebensjahr pflegte.

 

Wieder zurück in Argentinien veröffentlichte er seine ersten Comics bei zwei großen argentinischen Verlagen.1970 kehrt er nach Europa zurück und ließ sich in Spanien an der Costa Brava nieder. Nachdem er bereits in Italien und Spanien einige Comicstrips in Magazinen veröffentlicht hatte, erobert er u.a. mit dem ersten Band von „Die Vierte Macht“ den frankobelgischen Markt. 1979 veröffentlichte er mit „Erstrella Negra“ seinen ersten Comic in Farbe. 1992 trifft er den Szenaristen Alexandro Jodorowsky, dessen Arbeit er sehr bewunderte, und startet mit ihm die Serie „Die Kaste der Metabarone“, die im fiktiven Universum von John Difool spielt. Es folgten weitere Alben vor allem aus dem Bereich der Science-Fiction, mit denen er sich einen Namen machte und für die er mit zahlreichen Comicpreisen ausgezeichnet wurde. Giménez ist allerdings auch ein gefragter Illustrator und hat bereits unzählige Buch- und Plattencover illustriert, sowie graphische Entwürfe für Videospiele gestaltet. Er wirkte außerdem an dem kanadischen Science-Fiction-Zeichentrickfilm „Heavy Metal“ mit, der 1981 entstand. Sein Studio befindet sich in Sitges, einem Dorf in der Nähe von Barcelona.

 

Als Zeichner polarisiert der Stil von Giménez seit seinen ersten Veröffentlichungen die Leser. Man muss ihn nicht unbedingt mögen, aber er hat ein fast schon instinktives Gespür für den passenden Bildaufbau und die zu wählende Perspektive, um diese dann mit höchst individuell gestalteten Charakteren zu bevölkern, die für sich jeweils unverwechselbar sind und einen hohen Wiedererkennungseffekt haben. Mit ähnlicher Leichtigkeit ist er der Schöpfer von Raumschiffen, technischem Equipment und glanzvollen Hightech-Städten mit beeindruckenden Bauwerken, aber auch von faszinierenden Landschaftsbildern. Allein aus diesem Grund ist dieser Band schon sein Geld wert, zeigt er sich doch von seiner besten Seite, selbst wenn das Szenario manchmal auf wackeligen Füßen daherkommt.

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Der Splitter Verlag präsentiert einen qualitativ hochwertigen, großformatigen Hardcoverband, der durch seine gute Verarbeitung und seine äußere Gestaltung überzeugt. Als Extra gibt es im Vorsatz jeweils eine Sternenkarte der „Galaktischen Union der segmentierten Funktionen“ (GUSF), als auch ein Vorwort von Claude Lanzmann, der sich mit dem Kosmos und der Idee von Malka auseinandersetzt, die hinter dessen Szenario steckt. Am Ende des Bandes gibt es zudem Auszüge aus der Galaktischen Enzyklopädie, die sich mit den Ursprüngen der Segmentation sowie dem Zerebralnet auseinandersetzt. In gewohnt routinierter Art und Weise bietet Tanja Krämling eine angenehm zu lesende Übersetzung, deren Lettering Sven Jachmann oblag.

Fazit:

Den ersten Band habe ich als einen etwas gewöhnungsbedürftigen Auftakt für eine recht ausgefallene SF-Reihe bezeichnet, in der Autor Richard Malka ein Szenario liefert, bei dem ich mir nicht sicher bin, wo ich es einordnen soll. Nach diesem zweiten Band bin ich fast davon überzeugt, das Malka als Szenarist einfach zuviel wollte. Sein Entwurf eines Universums, in dem die Galaxie in verschiedene Sektoren aufgeteilt wird, welche wiederum von einem Rat unsterblicher Gründerväter regiert werden, besitzt viel Charme und hat auch einen durchaus ernst gemeinten, fast schon philosophischen Unterbau. Was Malka dann allerdings im laufe seines Szenarios daraus bastelt und werkelt, kann irgendwie nicht richtig überzeugen. Hier bleiben die Protagonisten zu einfach in ihren Handlungsweisen, der Humor zu plakativ und aufgesetzt, als auch letztlich die Unsterblichen und die Farblosen eine jeweils für sich undefinierbare Macht, deren Daseinsberechtigung mir nach der Lektüre des zweiten Bandes etwas versponnen erscheint. Hier hat Malka große Chancen vertan, seinen groß angelegten Ansatz eines SF-Dramas um unsterbliche Werte wie Freiheit und Menschlichkeit auf einfachere oder subtilere Art und Weise zu verpacken.

 

Was mich auf jeden Fall freut sind die absolut gelungenen Zeichnungen von Altmeister Giménez, der noch nie jedermanns Geschmack war, es aber mit seinen Ideen im SF-Bereich schafft, beeindruckende Maschinen, gigantische Städte mit futuristischer Skyline und extravagante Raumschiffe zu Papier zu bringen. Erstaunlicherweise zeigt sich Giménez auf dem lustbetonten Planeten Voluptida geradezu bieder und präsentiert sowohl seine Protagonisten als auch andere Akteure zwar als durchaus den menschlichen Freuden aufgeschlossen, aber weniger körperbetont, als man dies aus seinen zahlreichen anderen Veröffentlichungen kennt.

 

Das Szenario ist zwar etwas abstrakt und konstruiert, doch der sich abzeichnende Metaplot verspricht dem Leser recht angenehme Unterhaltung in dieser SF-Space Opera, mit viel Gefühl und wechselnder Dramatik, bei der mehr die Bilder als die Dialoge überzeugen können.