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Zauberbuch und Drachenblut
Bewertung:
(4.0)
Von: Jan Stetter
Am: 06.11.2003
Autor:Bruce R. Cordell, Skip Williams
Typ:
System:Dungeons & Dragons 3E
VerlagAMIGO Spiel + Freizeit GmbH
ISBN/ASIN:3933171482
Inhalt:103 Seiten, Hardcover
Sprache:Deutsch

Zauberbuch und Drachenblut

Kurzbeschreibung

"Zauberbuch und Drachenblut" ist das dritte Quellenbuch mit Erweiterungsregeln für die Basisklassen der 3. Edition von Dungeons & Dragons und beschäftigt sich speziell mit den Magiern und Hexenmeistern. Es ist für Spielleiter wie auch für Spieler gedacht und bietet eine Fülle von Informationen über Hintergründe, arkanes Wissen, neue Talente und Zauber, magische Gegenstände und Handwerkszeuge, Lokalitäten, Geheimbünde und Organisationen, Prestigeklassen, Vertraute und mehr.

 

Auf den ersten Blick

"Zauberbuch und Drachenblut" ist ein sehr solide verarbeitetes Hardcover im bekannten D&D-Design.Die Umschlagsillustration ist ein ansprechendes Bild vom künstlerisch begnadeten Todd Lockwood.Es zeigt eine Kampfszene zwischen einem dämonen- oder drachenartigen Wesen und den allseits bekannten D&D-Zauberkundigen, wobei zumindest ich mich ja immer wieder besonders freue, wenn ich die herzallerliebste Elfenmagierin Mialee erblicke.

Das Layout der 103 Hochglanzseiten ist zweispaltig und allgemein übersichtlich, wobei es allerdings besser gewesen wäre, wenn die Tabellen mitten im Text noch deutlicher von diesem abgetrennt worden wären (Bsp.: S. 14-15) und man bei den Prestigeklassen mehr darauf geachtet hätte, die entsprechenden Bilder der Klassenarchetypen möglichst direkt bei den Bezeichnungen derselben anzuordnen.Damit hätte man dem Leser unnötiges Blättern für die so wichtigen visuellen Inspirationen und Eindrücke durch die Illustrationen ersparen können, die wirklich jeden Blick wert sind.

Zwar sind die Bilder von Wayne Reynolds lediglich schwarzweiß, aber dennoch sorgen sie für die richtige Stimmung und sind durchgängig als gut bis sehr gut zu bezeichnen (Bsp: S. 27; 33; Akoluth 48; Nekromant 71).

 

Der Schreibstil ist dagegen eher sachlich und weniger mitreißend, zumal Anekdoten und "Geschichten am Rande" leider völlig fehlen.Hier zeigt z.B. das neue Supplement "The Lords of the Night: Vampires" (Bottled Imp Games), wie man es besser und spannender machen kann. Die originalen D&D-Klassenbücher sowie die hauseigenen Abenteuer für niedrigere Stufen scheinen in diesem Bezug ihr Gewicht generell mehr auf Informationsvermittlung und -fülle zu legen. Das ist zwar ein legitimer Ansatz, doch die eine oder andere literarische Freude und Randbemerkung hätte zu einer wesentlich tiefergehenden Atmosphäre beitragen können.

Darüber hinaus ist die Orthographie eher bemüht, denn trotz der ohnehin schwammigen neuen Rechtschreibung hat der Korrektor leider so manchen Fehler übersehen. (Allerdings ist das natürlich kein Kriterium für die inhaltliche Bewertung des dargebotenen Materiales.)

 

Auf den zweiten Blick: Inhalt und Struktur des Buches

Einleitung (4)

In der kurzen Einleitung folgt auf einen stimmungsvollen Abschnitt über das Mysterium der Magie und der Zauberwirker ein deutlicher und sinnvoller Hinweis zum Gebrauch des Buches: Die Inhalte sollen als Option und Anregung dienen und nicht das Spiel einschränken. Das vermittelte Wissen soll nach individuellen Wünschen umgesetzt werden und kein unumstößliches Dogma darstellen, auch wenn die Regeln als "offiziell" deklariert werden. Es wäre schön, wenn diese Worte allseits auf offene Ohren treffen würden. Schließlich wird noch die Gliederung des Buches kurz erläutert.

 

1. Arkanes Wissen (5-39)

1.1 Wie man einen wirkungsvollen Magieanwender erschafft

Dieses Kapitel erweckt vordergründig den Eindruck vom Aufruf zum Werteschachern und Charakteroptimieren (Powergaming), wird doch Schritt für Schritt dargelegt, wie man sich einen möglichst effektiven Zauberwirker basteln kann. Da mir allerdings bewusst ist, dass es nicht nur Regelkünstler unter den Spielern gibt und viele Neulinge sich hilflos im Wust der detaillierten D&D-Charaktererschaffung verlieren können, halte ich diese Informationen für gar nicht mal so unsinnig. Erfahrene D&Dler können darüber hinwegblättern, aber Anfänger werden so manchen Tipp für ihren ersten Zauberwirker erhalten. Mein größter Kritikpunkt ist allerdings mal wieder, dass hier alles recht technisch beschrieben wird. Es wird z.B. nicht näher darauf eingegangen, dass ein Hintergrund, Freunde, Kontakte, Feinde, Ängste, Ziele usw. aus dem anfänglichen Datengemisch erst einen richtigen Charakter machen. Hier hätten sich die Autoren vorher lieber mal einige Kapitel im Spielleiterhandbuch durchlesen sollen. Conclusio dieses Buchabschnittes: Für Anfänger in Ordnung, für Fortgeschrittene überflüssig.

 

1.2 Vertraute - Wahre Freunde

Ein Vertrauter kann für einen Zauberwirker eine große Bereicherung sein.

In diesem Teil des Buches erfährt man sehr viel über Eigenschaften von Vertrauten und die Interaktion mit diesen kleinen Helfern. Dabei sind die Beispielvertrauten in Größenkategorien und verbesserte Vertraute eingeteilt, wobei mir einige davon doch recht mächtig erscheinen. Außerdem birgt dieses Kapitel potentielles Werteschachern in sich, was jeder Spielleiter sofort hinterfragen sollte: "Ich nehme eine Kröte!" - "Gefällt dir denn eine Kröte?" - "Nee, aber die bringt mir +2 auf Konstitution...". Nach der Lektüre dieses Kapitels wird jedenfalls so mancher Spieler unweigerlich den Wunsch haben, sich als Vertrauten einen Elementar, einen Eismephit oder einen Pseudo-Drachen zu erschaffen und den herkömmlichen Falken im Tierheim für Vertraute abzugeben. Dem kann der Spielleiter auch problemlos nachgeben, solange er mit dem Spieler dann einen dieser "verbesserten" Vertrauten genau abspricht und evtl. die Werte anpasst. (Es kann ja auch mal ein nur sehr kleiner Luftelementar sein, der sich noch entwickelt.)

Insgesamt bietet diese ausführliche Sektion jedenfalls eine Fülle von durchdachten Informationen und Neuigkeiten.

 

1.3 Fertigkeiten unter der Lupe

Die Anwendung spezieller Magie- und Wissensfertigkeiten wird in diesem kurzen Kapitel etwas näher beleuchtet: Welche Fertigkeit man wann einsetzen sollte, Zauberkunde, gerade gewirkte Zauber, bereits gewirkte Zauber, fremde magische Effekte etc. Das macht es besonders für Spielleiter interessant. Die Informationen sind solide und recht brauchbar, aber mehr auch nicht.

 

1.4 Die Welt der Hexenmeister und Magier

Dieses leider viel zu kurze Kapitel beschäftigt sich auf nur einer Seite mit den feineren Unterschieden zwischen Magiern und Hexenmeistern und deren Rolle in der Welt. Insgesamt nett zu lesen und durchaus lehrreich, aber nicht tiefgründig genug, um umfassende Betrachtungen anzustellen. Hier hätte ich mir zu Lasten einiger Talente und Zauber noch mehr Details gewünscht, da besonders dieses Kapitel etwas Licht hinter die vordergründigen Spielwerte der SC und NSC bringt. Extrempositionen werden ebenso wenig behandelt wie die Rolle und Sicht der Zauberwirker in verschiedenen Welten und Ebenen. Schade.

 

1.5 Organisationen

In dieser Sektion widmen sich die Autoren zahlreichen magischen Zirkeln, Orden und Organisationen im gesamten Gesinnungsspektrum von böse bis gut. Ich kann Kritikern, die dieses Kapitel als Lückenfüller betrachten, aber nicht beipflichten. Zwar stimme ich in den Punkten zu, dass die Organisationen zu kurz beschrieben sind und die nähere (und langweilige) Beschreibung des Campus des Arkanen Ordens überflüssig und wenig hilfreich ist, aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Der Arkane Orden wird eingehender beschrieben, weil es eine spezielle Prestigeklasse dazu gibt und er ein ausbaufähiges Beispiel für eine Magierakademie/-gilde sein soll. Die anderen Bünde sind zwar wirklich nur kurz angerissen, doch finde ich einige davon absolut gelungen und sehr inspirierend (Die Düstere Akademie, Die Union der Wanderer, Das Königinnenreich, Die Zerbrochenen Stäbe). Ihre Verwendung in zukünftigen Abenteuern ist schon beschlossene Sache. Da ich der Ansicht bin, dass ein Quellenbuch eine ausgewogene Mischung aus zusätzlichen Regeln und vor allem innovativen und inspirierenden Anregungen sein sollte, die eben nicht von Regeln und Festlegungen eingeengt werden, halte ich dieses Kapitel für sehr empfehlenswert.

 

1.6 Die Senke - Ein magisches Heim

Die Senke soll als Beispiel für ein typisches Magierheim dienen.

Hier haben sich Benay und Airees Senkheim häuslich eingerichtet und genießen die Früchte ihres Abenteurerdaseins, wobei Benay mit ihren gerade einmal 30 Jahren und schon Stufe 14 anscheinend unter einem sehr EP-großzügigen Meister aufgestiegen ist. Jedenfalls sind beide NSC gut zu gebrauchen und als Auftraggeber, Kontakte oder Mentoren für Neulinge ideal. Das Anwesen selbst ist mit einer sehr schönen Karte dargestellt, allerdings fehlt zu meinem größten Bedauern eine stilvolle Seitenansicht.

Die meisten Zimmer sind mitsamt Inhalt detailliert beschrieben, wobei die Lesefreude nicht durchgängig garantiert ist, besonders, wenn mit den maßverliebten D&D-Autoren mal wieder die Pferde durchgingen (1,50 m breit, 30 cm dick, 3 m hoch etc.). Aber für so manche wirklich langweilige Beschreibung (Bienenstöcke, Brunnenhaus, Wohnzimmer, Abstellkammer usw.) wird man auch wieder mit durchaus interessanten und hilfreichen Informationen belohnt (Abgeschiedenheit, Sicherheit, Studierzimmer, Beschwörungsraum etc.). Insgesamt gesehen also kein wirklich innovatives Kapitel, aber nichtsdestoweniger ein solides Material, aus dem ein Spielleiter durchaus Nutzen ziehen kann.

 

2. Talente (40-46)

In der hier vorgestellten Talentliste finden sich allgemeine und metamagische Talente, die sich speziell für Zauberwirker eignen. Gut gefallen haben mir dabei Arkane Vorbereitung (reduziert die Zauberzeit auf eine Aktion), Mächtiger durchschlagender Zauber, Verbesserter Vertrauter und Zauberspezialisierung. Bei den metamagischen Talenten stechen Energie ersetzen, Kettenzauber (lässt den Zauber von einem Ziel auf das nächste überspringen), Kooperativ zaubern, Verzögerter Zauber, Wiederkehrender Zauber und Zwillingszauber hervor. Die vorwiegend für Kämpfe nützlichen Talente sind zum größten Teil zwar recht ausbalanciert, dennoch wird so mancher Spielleiter an das eine oder andere davon noch einmal Hand anlegen wollen, um die Mächtigkeit etwas zu variieren. Einige kurze Anmerkungen zu Kategorien waffenähnlicher Zauber und zu virtuellen Talenten runden das gelungene Kapitel ab.

 

3. Prestigeklassen (47-75)

Bei Prestigeklassen scheiden sich häufig die Geister, denn sie sind oftmals unsinnig, unspielbar oder unausbalanciert und dienen nicht selten zum Füllen zahlreicher Seiten. Auf der anderen Seite können sie, wenn sie gut durchdacht und außergewöhnlich sind, sehr motivierend und anregend sein. Die Prestigeklassen in diesem Buch zähle ich überwiegend zu letzterem: Sie sind im Stil und in der Ausarbeitung solide bis sehr gut und eine Bereicherung für das D&D-Universum, auch wenn bei manchen noch etwas Nacharbeit investiert werden sollte. Abgesehen von einigen unkreativen Übersetzungen finden sich insgesamt brauchbare, interessante Archetypen, von denen ein paar sogar den zuvor beschriebenen Organisationen zugerechnet werden können und dadurch noch mehr Substanz erhalten. Allerdings sei angemerkt, dass die dargestellten Prestigeklassen dazu neigen, auf den höheren Stufen sehr mächtig zu werden und darüber hinaus auch nicht durchgängig spielertauglich sind.

 

Akoluth der infernalischen Haut

"Die Versuchung der Macht treibt so manche zu den extremsten Handlungen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen."

Der Akoluth der infernalischen Haut umgibt sich mit der lebenden Haut eines Dämons und erhält dadurch große Kräfte. Allerdings lässt man sich nicht ohne Folgen mit einem Dämon ein, so dass sich auch die Gesinnung und Ansichten entsprechend verändern. Der Akoluth eignet sich daher wohl vor allem als schicker Bösewicht und weniger als Spielercharakter in einer gängigen D&D-Runde.

 

Arkaner Betrüger

"Im Arkanen Betrüger vereinen sich Wissen über Zauber und eine Vorliebe für Intrigen, Diebstahl oder einfach nur für Streiche und Unfug."

Arkane Betrüger sind eigentlich Schurken mit der magischen Fähigkeit, ihre Diebesfertigkeiten auch aus der Ferne anwenden zu können. Daher bietet sich der Arkane Betrüger als gute Option für Schurken an, die sich ohne komplette Umorientierung auch im magischen Bereich etwas weiterbilden möchten. Allerdings ist die Balance dieser Prestigeklasse fragwürdig, denn als Magier ist man zu schwach, als Dieb aber mitunter sehr mächtig.

 

Bleicher Meister

"Es gibt eine Alternative für diejenigen, die zwar Macht über Untote ersehnen, aber die arkanen Künste nicht ganz aufgeben wollen."

Der Bleiche Meister ist eine Art Meister des Todes und der Toten, ein Spezialist der nekromantischen Künste, der sich vor allem durch einige nette Sprüche und Fähigkeiten in diesem Bereich auszeichnet. Der Unterschied zum Wahren Nekromanten ist dabei, dass der Bleiche Meister die Untoten nicht nur beherrschen, sonder selbst zu einem solchen werden will:

"Mit dem Erreichen der 10. Stufe ist der Bleiche Meister buchstäblich eine Ausgeburt der todlosen Künste geworden. Sein Körper wird teilweise mumifiziert..." Sehr nett und ausbaufähig, aber nur bedingt spielerklassentauglich. Für mich als Untoten"fan" eine der besten Prestigeklassen gerade für böse Buben.

 

Blutmagus

"Blutmagi sind Magiewirker, die schon einmal tot waren und nach der Rückkehr ins Leben ein Verständnis der Bedeutung ihres Blutes erfahren, ein Vermächtnis ihrer Begegnung mit dem Tod. Sie lernen diese lebenserhaltende Flüssigkeit zu nutzen, um Magie zu wirken."

Blutmagi können Blut anstelle von anderen Materialkomponenten benutzen, Zauber auf die eigene Haut ritzen, Zauber in ihrem Blut speichern, Homunkuli erschaffen, Blutreisen über weite Entfernungen unternehmen etc.

Besonders die höherstufigen Fertigkeiten erscheinen mir dabei zwar sehr phantastisch, aber auch zu mächtig, z.B. wenn ein Blutmagus beim bewusst verfrühten Austreten aus einer anderen Kreatur satte 16W6 Schaden machen kann. Dem gegenüber stehen allerdings einige Einschränkungen beim normalen Zauberwerk. Insgesamt ist der Blutmagus eine zwar etwas makabre, aber dennoch sehr gelungene Prestigeklasse, die für NSC wie SC geeignet ist. (Wer sich für diese Art der Magie begeistern kann, dem sei auch ein Blick in das Kapitel "Blood Magic" im "Spells & Magic" von Bastion Press empfohlen.)

 

Drachenjünger

"Ein Drachenjünger ist anders. [...] Drachenjünger ziehen ein Leben der Erkundung einer abgeschiedenen Existenz vor."

Der Charakter hat drakonisches Blut in sich - und dieser Drache in ihm/ihr erwacht langsam und wird stärker. Der ehemalige Zauberwirker verwandelt sich immer mehr in einen Halbdrachen und erhält spezielle Talente der gewählten Drachenart, die aber nicht zu sehr aus dem Rahmen fallen. Diese Prestigeklasse ist zwar etwas weniger phantastisch als die meisten anderen im Buch, aber dafür ist sie auch recht problemlos für Spieler geeignet, vor allem, wenn sie gerne einen Halbdrachen verkörpern möchten. Insgesamt solide.

 

Elementargelehrter

"Elementargelehrte studieren die Grundbausteine der Existenz - Feuer, Wasser, Erde, Luft - und lernen, deren Kräfte zu gebrauchen."

Der Elementargelehrte ist eine leider etwas zu mächtig geratene Prestigeklasse, die aber unabhängig davon eine große Spielmotivation erweckt. Die Kraft, das jeweilige Element beherrschen und irgendwann mit ihm eins werden zu können, ist ein Ansporn, dem man auch ruhig einem Spielercharakter zugestehen kann. Dabei werden den Elementen jeweils spezielle Energieformen zugeordnet (Luft - Elektrizität, Erde - Säure, Feuer - Feuer, Wasser - Kälte), um die Zauberwirker im Umgang mit diesen Energien zu wahren Meistern zu machen. Es ist abzusehen, welche enormen Möglichkeiten sich hier für Spielleiter wie Spieler ergeben, um Charaktere auszugestalten.

 

Gedankenlenker

"Gedankenlenker versuchen, die Gedanken und Träume anderer zu kontrollieren."

Der Gedankenlenker ist eine Art telepathischer Magier mit der Macht, Gedanken zu kontrollieren und Mentales zu manipulieren. In einigen Bereichen erscheint er mir über die Psioniker hinauszuwachsen, und generell ist zu überlegen, ob man ihn in einer Welt zulässt, in der es auch Psioniker gibt. Ansonsten aber eine nette Klasse für NSC und SC.

 

Kerzenwirker

"Diese Spezialisten, die man auch 'magische Kerzenzieher' nennt, verbringen viel Zeit mit der Herstellung von Kerzen, sowohl um ihrer Schönheit willen als auch ihrer Macht wegen."

Der Kerzenwirker benutzt Kerzen als mächtigen Fokus für seine Magie.

Trotz ihrer oberflächlichen Unscheinbarkeit ist dies eine Prestigeklasse, die man nicht mit einem müden Lächeln abtun sollte. Einerseits sorgt der exotische Ansatz für stimmungsvolles Rollenspiel, andererseits hat der Kerzenwirker beachtliche Kräfte, indem er auf jeder (!) Stufe ein neues metamagisches Talent erhält, das sich mit speziell auf seinen Fokus bezieht. Da sich diese Prestigeklasse eigentlich auf jeden denkbaren Gegenstand als Fokus ausdehnen lässt, hat man als Meister wie auch als Spieler viele Möglichkeiten zur individuellen Entfaltung.

 

Klingensänger

"Klingensänger sind Elfen, welche Kunst, Schwertkampf und arkane Magie zu einem harmonischen Ganzen verwoben haben."

Der (überarbeitete) Klingensänger ist eine elfische/halbelfische Krieger/Magier-Klasse und entstammt ursprünglich dem Elfenbuch von AD&D. Der aktuelle Archetypus ist etwas nahkampforientierter und gut spielbar, vor allem, da im deutschen Supplement bereits die korrigierte Fassung abgedruckt ist.

 

Magischer Wanderer

"Der Magische Wanderer konzentriert sich auf die Verfeinerung seiner Fähigkeiten des sofortigen magischen Teleports."

Diese kleine, aber feine Prestigeklasse hat nur ganze 3 Stufen und dient hautsächlich dazu, das Reisen auch an weit entfernte Orte etwas einfacher zu gestalten. Natürlich sollte ein Spielleiter diese Fähigkeiten auch so einrichten, dass im Eventualfall eine ganze Abenteurergruppe mitreisen kann und sich der Magische Wanderer nicht an jeden beliebigen Ort problemlos teleportieren kann, aber das sind Fragen des "Finetunings". Da diese Klasse eigentlich nur eine halbe ist und somit schnell erlernbar, wenn man die etwas anspruchsvolleren Voraussetzungen erfüllt, kann sie für jeden Magier durchaus von Interesse sein.

 

Magus des Arkanen Ordens

"Diese Magieanwender werden auch 'Gildenmagier' genannt. Sie gehören einer Akademie an, die als der Arkane Orden bekannt ist."

Der Magus des Arkanen Ordens hat seine Wurzeln vermutlich im AD&D-Supplement "College of Wizardry" und ist Mitglied der mächtigen Gilde des Arkanen Ordens. Stärkste Eigenschaft dieser Gildenmagier ist die Möglichkeit, auf ein Zauberreservoir des Ordens zurückgreifen und von dieser gemeinschaftlichen Ressource Zauber abrufen zu können. Allein diese Option lässt schon vermuten, dass der Magus des Arkanen Ordens große Macht erhält und der Nachbearbeitung bzw. Restriktion durch den Spielleiter bedarf. Ansonsten wirken die Bonustalente aber eher gesellschaftlich relevant, da der Magier beim Stufenaufstieg u.a. einen höheren Rang im Orden erhalten kann. Somit kann diese Klasse in Verbindung mit der zuvor beschriebenen Organisation als gutes Beispiel für einen mächtigen magischen Orden dienen, ähnlich z.B. der Kabale in Halruaa.

 

Schicksalsweber

"Manche schmieden sich ihr eigenes Glück. Ein Schicksalsweber hat den Schleier des Zufalls, der Umstände und des Chaos zurückgezogen, um eine tiefere Wahrheit zu erblicken: Wahrscheinlichkeit."

Diese Prestigeklasse befasst sich ausgiebig mit dem Schicksal und erinnert stark an die dunklen Schicksalshexen im Rollenspiel "7te See". Der Schicksalsweber kann Schwierigkeitsgrade beeinflussen, Würfelwürfe manipulieren und später sogar zu einem Externar werden, der mit einer kurzen Geste töten kann. Dafür entwickeln sich seine arkanen Fähigkeiten nicht mehr so schnell wie bei anderen Magiern. Insgesamt eine schöne Prestigeklasse auch für Spieler, die sehr viel Potential besitzt, solange der Spielleiter sinnvolle Grenzen setzt.

 

Wahrer Nekromant

"Macht korrumpiert. Die Macht über Leben und Tod korrumpiert absolut." Der Wahre Nekromant kann sich eigentlich mit dem Bleichen Meister die Hände reichen, da beide Prestigeklassen eng verwandt sind und eine enorme "Schwäche" für den Tod und für Untote haben. Allerdings muss der Wahre Nekromant u.a. auch die Fähigkeit zum Wirken göttlicher Zauber besitzen und ist nicht gerade versessen darauf, selbst ein Untoter zu werden. Diese Prestigeklasse ist selbstredend ebenfalls nur bedingt spielertauglich und eher für schön bösartige NSC geeignet.

 

Xenologe

"Die Xenologen beschäftigen sich mit Kräften und Wesenheiten aus in Raum und Zeit erschreckend weit entfernten Orten."

Wer jetzt sofort cthulhoide Assoziationen im Hinterkopf hat, liegt gar nicht so verkehrt. Daher eignet sich der sehr phantastisch anmutende Xenologe auch eher als NSC in einem düsteren Abenteuer. Allerdings halte ich diese Prestigeklasse stellenweise für zu mächtig und gebe außerdem zu bedenken, dass sich der Ansatz des Xenologen bzw. die mit ihm verbundenen Wesen nicht ohne weiteres in jede D20-Fantasywelt einfügen lassen.

 

Zauberklinge

"Zauberklingen verwirklichen den Traum von der Verbindung von Magie und bewaffneter Kampfkunst."

Diese Prestigeklasse ist eine klassische Kämpfer/Magier-Klasse und dem elfischen Klingensänger ähnlich. Die Zauberklinge hat weniger Probleme mit Zauberpatzern durch Rüstungen und kann u.a. Sprüche in ihrer Waffe kanalisieren, dafür verliert sie aber beispielsweise die Bonustalente der Kämpfer beim Stufenanstieg zugunsten arkaner Talente. Insgesamt eine gut ausbalancierte Klasse zwischen einem Kämpfer und einem Magier und daher besonders spielercharakterfreundlich.

 

4. "Handwerkszeug" (76-84)

Mit "Handwerkszeug" ist in diesem Kapitel eher die eingängige Beschäftigung mit interessanten Gegenständen gemeint, die speziell für Zauberkundige von Wert sind. Es werden gewöhnliche, besondere und schließlich magische Gegenstände vorgestellt und näher mit Begleittext sowie spielrelevanten Daten beschrieben. Das Kapitel über die gewöhnlichen Gegenstände befasst sich dabei kurz mit so wichtigen (und teilweise unwichtigen) Dingen wie einer arkanen Bibliothek, einem arkanen Labor oder einer Leselampe (ähm...), während man bei den besonderen Gegenständen eher sehr spezielle Kleinigkeiten findet, z.B. Geruchsblocker, Glühpulver, Heilsalbe, Phantomtinte usw. Im Kapitel "Magische Gegenstände" erfährt man anschließend sinnvolle Details zur Preiskalkulation bei der Erschaffung magischer Objekte, zu den gängigen Marktpreisen und auch zur Erschaffung eines Golems. Darüber hinaus werden neue Zauberzepter und -stecken sowie einige wundersame Gegenstände vorgestellt, wobei mir besonders der praktische und sogar bezahlbare "Gürtel der vielen Taschen" und die Schulstecken mit Zaubern bestimmter Schulen gefallen haben. Ob man allerdings die Metamagischen Zepter mit ihren Möglichkeiten intensiver einsetzen sollte, sei zur Diskussion gestellt, da Zauberkundige mit etwas Kleingeld plötzlich ungeahnte Möglichkeiten besitzen.

 

Ich hätte mir in diesem Kapitel insgesamt noch mehr Utensilien gewünscht, zumal ich die dargestellten Gegenstände als eine interessante, vielseitig einsetzbare Bereicherung jeder Kampagnenwelt empfinde. Sie sind zwar nicht gerade als außergewöhnlich phantastisch und innovativ zu bezeichnen, aber dafür sinnvoll und solide, besonders, wenn man einige kleine Details zur besseren Spielbalance modifiziert. Zwar fehlt mir aufgrund des Schreibstiles wieder einmal ein wenig die Phantastik und somit das eine oder andere "Aha-Erlebnis", aber dafür kann sich ja die eigene Phantasie beim Verwenden des Materiales zur Genüge austoben.

 

5. Zauber (85-103)

Das Kapitel über Zauber ist eines der besten in "Zauberbuch und Drachenblut". Zuerst gehen die Autoren auf waffenartige Zauber, kritische Treffer und hinterhältige Angriffe ein und klären so manche regeltechnische Unklarheit. Daran anschließend beschreiben sie die praktischen "Zaubertricks", eine Fundgrube an magischen Spielereien (Feuerfinger, Polieren, Sammeln, Säubern, Zeichnen etc.), die aber durchaus viel Anwendung finden können. Schon bei AD&D haben mir diese kleinen "Multitools für Zauberwirker" gut gefallen, und bei den in diesem Buch dargestellten ist das nicht anders. Danach erfährt man Wichtiges über den Zeitaufwand beim Wirken von Zaubern und über metamagische Talente in Verbindung mit Hexenmeistern. Das darauf folgende Teilkapitel über das Erforschen neuer Zauber wird für viele Spieler eine informative Quelle für motivierte Eigenkreationen sein.

 

Schließlich werden, wie sollte es anders sein, zahlreiche neue Zaubersprüche von der 1. bis zur 9. Stufe beschrieben, auf die ich jetzt aber im Speziellen nicht eingehen möchte. Ein Gewicht liegt auf offensiven Zaubern, Nekromantenmagie und Zaubern für Vertraute, wobei mir besonders die dunklen Zauber der Nekromanten gefallen haben. Kritikpunkt bei den Zaubersprüchen ist allerdings, dass manches wie ein Seitenfüller wirkt und an die alten Rolemaster-Supplemente erinnert (Feuerball 1-8): Leichte Schäden beheben, Kleinere Schäden beheben, Kritische Schäden beheben oder Negative Energiewelle, Negativer Energieschlag, Negativer Energiestrahl oder Säurekugel, Schallkugel etc. pp. Das hätte man auch knapper zugunsten weiterer Sprüche darstellen können. Nichtsdestoweniger werden Spielleiter und Spieler unter den überwiegend gelungenen Sprüchen zahlreiche für sie brauchbare neue Zauber finden.

 

Was ist besonders gut?

  • Im gesamten Buch finden sich viele inspirierende und motivierende Aspekte, die Spielleitern reichlich Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung bieten. Auch für Spieler, ob Anfänger oder Erfahrene, ist viel Wissenswertes dabei.
  • Das Material scheint im Großen und Ganzen nicht absurd oder extrem unbalanciert zu sein und passt sich problemlos in die D&D-Welt ein.
  • Das Kapitel über Vertraute ist umfangreich und sehr informativ.
  • Die Organisationen sind teilweise sehr interessant und bieten viele Anregungen zur individuellen Ausarbeitung.
  • Die meisten Prestigeklassen sind wirklich gut gelungen und eine Bereicherung für fast jede D20-Fantasywelt.
  • Viele Talente und Zauber sind sehr brauchbar, besonders die metamagischen Talente, Zaubertricks und Vertrautenzauber.

 

Was könnte besser sein?

  • Die Vermittlung der Informationen ist fast durchgängig zu trocken-sachlich, stellenweise sogar richtig langweilig. Dadurch ist das Buch eine wenig mitreißende Lektüre und verdient nicht gerade das Prädikat "Vom Abend bis zum Morgengrauen".
  • Werteschacherndes Powergaming wird durch einige Regeln und Optionen (Vertraute, Talente, Zepter) erheblich begünstigt.
  • Die Charaktererschaffung ist zwar bis zu einem gewissen Grad detailliert dargelegt, doch fehlen Hinweise auf wichtige Punkte, die im Endeffekt erst einen richtigen Charakter ausmachen.
  • Die Schwerpunkte hätten besser verteilt werden können. Mehr magische Gegenstände und Artefakte, mehr über die interessante Golemerschaffung, mehr zu den Organisationen, dafür etwas weniger Talente, Zauber und langweilige Beschreibungen irgendwelcher Räume in den Beispiellokalitäten.
  • Der sprachliche Stil und die Orthographie hätten etwas mehr Überarbeitung gebrauchen können.
  • Die Übersetzung ist manchmal recht bemüht und unkreativ. "Arcane Trickster" hätte man auch problemlos mit "Arkaner Trickster" nahe am Original belassen können, "Assectator Draconis" klingt irgendwie wichtiger als "Drachenjünger", "totenbleich" oder "leichenblaß" haben auch mehr Ausdruck als nur "bleich" etc. Wenigstens beim "Xenologen" für den "Alienist" und beim "Gedankenlenker" für den "Mindbender" hat man sich Gedanken gemacht. Eine feine Mischung aus Englisch, Französisch, Deutsch und alten Sprachen, wie z.B. Latein, kann manchmal Wunder wirken und die Übersetzung ins beizeiten recht trockene, harte Deutsche dem Original näher rücken.

 

Fazit

"Zauberbuch und Drachenblut" ist ein gutes Buch mit vielen verwertbaren Informationen und anregenden Passagen. Zwar ist vom Spielleiter in Teilbereichen noch einiges an Nachbearbeitung und individueller Gestaltung gefragt, aber diese Herausforderung der persönlichen Kreativität durch inspirierende Ansätze ist ja ein wichtiger Teil eines guten Quellenbuches - solange sie aus der Fortentwicklung guter Vorschläge und nicht lediglich aus der Korrektur qualitativ ungenügender Angaben besteht.