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Relics and Rituals: Excalibur
Bewertung:
(2.3)
Von: Daniel C. Hoffmann
Am: 06.05.2004
Autor:Evan Jamieson, Lizard, Aaron Rosenberg, Christina Stiles
Typ:
System:d20 v3.5
VerlagSword & Sorcery
ISBN/ASIN:1-58846-956-5
Inhalt:216 Seiten / Hardcover
Sprache:Englisch

A genre Sourcebook for v.3.5 fantasy roleplaying

Anm.: Aufgrund der Tatsache, dass das vorliegende Rezensionsexemplar in englischer Sprache geschrieben ist, werden im Folgenden häufig die englischen Fachausdrücke und Eigennamen verwendet.

 

Arthur, Merlin, Lancelot und wie sie alle heißen, die Tafelrunde und das Schwert im Stein, dies alles hat Fantasy-Erzählungen in nicht geringem Umfang geprägt.

Nach der Ansicht von Sword&Sorcery Studios also allerhöchste Zeit, dieser Wurzel des Fantasyrollenspiels endlich gebührend mit einem eigenen Buch zu begegnen.

 

Aufmachung

Excalibur ist in der Relics & Rituals Reihe von Sword&Sorcery unter der D20 Open Gaming License erschienen, nimmt allerdings nur an einer Stelle und damit vernachlässigbar Bezug auf Schwesterexemplare der Reihe. Für $ 34,99 erhält man ein gebundenes Buch mit 216 schwarz/weiß bedruckten Seiten – auf der letzten wird in eigener Sache Werbung gemacht. Dabei wirkt das Layout nicht überladen sondern ist geradewegs zweispaltig gegliedert. Die Schrift ist verhältnismäßig groß gewählt, was aber m.E. außerordentlich der Lesbarkeit dient. Auch die Verarbeitung lässt keine Mängel erkennen.

 

Aufbau

Das Buch gliedert sich in eine Einleitung, sechs Kapitel und zwei Anhänge.

Liest man nicht gerade das Buch von vorn bis hinten durch, soll das Inhaltsverzeichnis helfen. Dies dürfte die Suche nach der gewünschten, rasch benötigten Information im Regelfall auf vier Seiten eingrenzen. Einer noch stichhaltigeren Suchmöglichkeit verwehrt sich das Buch allerdings – es fehlt an einem Index. Da das Buch aber nur in seltenen Fällen als Nachschlagewerk während einer Spielrunde zum Einsatz kommen dürfte, fällt dieses Manko wohl kaum ins Gewicht.

 

Inhalt

 

Die Völker in „Excalibur“

Wie jeder weiß, der schon einmal das D&D Player’s Handbook durchgeblättert hat, handelt es sich bei der dort vorgestellten Welt nicht um die klassische Welt der Burgfräulein und Ritter, wo edle Recken auf noch edleren Turnieren, im Beisein von Minnesängern um die Gunst einer Edeldame buhlen.

Will man ein solches, der Artussage nahe stehendes mehr mittelalterliches Setting, müssen ein paar wenige Modifikationen vorgenommen werden.

 

Exalibur bietet zunächst zwei Kampagnen an. Zum einen eine strikte „Arthurian“-Welt, durch die man einen für d20 beinahe historisch-akkuraten Flair erzeugt, zum anderen eine „Excalibur-Campaign“ die eine mehr dem klassischen Fantasy-Rollenspiel verhaftete Stimmung heraufbeschwört.

Für eben diese letztgenannte Kampagne haben die Autoren die nichtmenschlichen Völker, die Spielern zur Auswahl stehen, modifiziert (in der „Arthurian“-Variante beschränkt man sich im Regelfall auf Menschen). Bei der Charaktererschaffung hat man nunmehr die Wahl zwischen den Anhardd (Hobgoblins), die als Kreuzungen zwischen Menschen und Goblins präsentiert werden, den Cellwair (Halflings), Daoine Sidhe (Elf Lords), Lledrith Sidhe (Forest Elves), Hanner Sidhe (Half-Elves), Half-Orcs und den Meinedd (Dwarves).

Alle diese Völker werden ausführlich auf zwei bis drei Seiten – man bedenke allerdings die große Schrift – in ihren physischen, sozialen, religiösen, sprachlichen Aspekten beleuchtet. Auch diese auf die Rolle in einer „Excalibur-Campaign“ zugeschnitten sind, daher keine technischen Begabungen, ähneln sie, bis auf geringe Änderungen an ihren Fähigkeiten, stark den klassischen Archetypen dieser Völker in einschlägigen D&D-Welten. Will heißen, die Zwerge sind grimmig und verschlossen (zit.: „You aren’t allowed where you don’t fit“), die Elfen sind Edel und kommen aus dem Wald und selbstverständlich sind Hobgoblins wie auch Halb-Orks „Wilde“, zur geistigen Degeneration neigende Räuber und Briganten – und: natürlich, es gibt „diese Ausnahmen“.

Weiter ist für mich persönlich nicht nachvollziehbar, warum alle Völker ihre Attributsboni entweder auf Geschicklichkeit oder Stärke erhalten. Abgesehen von den durchaus stimmungsvollen Beschreibungen der Persönlichkeit der einzelnen Völker und den Beziehungen dieser wiederum untereinander daher ein durchwachsenes Kapitel.

 

 

Klassen in Excalibur

Lassen wir also mit etwas gemischten Gefühlen das erste Kapitel hinter uns und widmen uns den „Classes“. Im kurzen Vorwort des nächsten Kapitels stellen die Autoren den Anspruch, die Standardklassen fit für Abenteuer in einem mittelalterlichen Setting zu machen.

Dies behandeln sie, indem sie die einzelnen Klassen im Lichte der beiden Kampagnen „Arthurian“ und „Excalibur“ darzustellen. Dies gelingt überraschend gut. Dieses Kapitel zeigt, dass man mit wenigen Beschränkungen durchaus D&D für mittelalterliches Rollenspiel nutzen kann.

Seltsam ist allerdings, dass die Autoren es trotz den vorangegangen Erläuterungen noch für nötig erachteten eine neue „Core Class“, den „Knight“ einzuführen. Schließlich hat man ja zuvor erklärt, dass der „Fighter“ sich hervorragend für einen Ritter eignet. Warum also? Die Autoren selbst argumentieren, dass sicherlich viele Spieler auf Stufe 1 schon einen „Knight“ spielen wollen. Ob dieses Argument stichhaltig ist, soll hier dahingestellt bleiben – m.E. wäre allerdings eine „Prestige Class“ praktikabler gewesen.

Weiter werden in diesem Kapitel die Prestige Klassen aus dem SRD 3.5 näher beleuchtet und ihr Einsatz in einer „Arthurian/Excalibur“-Kampagne. Außerdem werden neun vor dem speziellen Hintergrund sicherlich brauchbare neue Prestige Klassen vorgestellt.

Im Großen und Ganzen also ein nützliches Kapitel.

 

Fertigkeiten, Talente und Ausrüstung in Excalibur

Im Folgenden werden „Skills“, „Feats“ und das „Equipment“ auf das Setting abgestimmt. Bzgl. der „Skills“ werden hauptsächlich alternative Anwendungen angesprochen. Der Abschnitt über „Feats“ bringt gleich 50 neue „Feats“, viele von ihnen „Skill“-unterstützende „Feats“, die zwar dem Flair des Settings entsprechen, aber tatsächlich nicht wirklich nötig sind und eigentlich spezielle Ausformungen der Pendants im SRD darstellen.

Eine Besonderheit stellen dabei „Feats“ da, die mit dem – unsinnigerweise erst später im Buch angesprochenen – „Honor“-Wert zusammenhängen. Der „Logik“ des Buches soll hier aber kein Abbruch getan werden und auch hier „Honor“ erst später vorgestellt werden.

Der Abschnitt über Ausrüstungen behandelt sämtliche Ausrüstungen aus dem SRD umfassend und stellt abschließend fest, was in Arthurs Welt etwas zu suchen hat, und was nicht. Zwar ist es durchaus möglich selbst darauf zu kommen, dass ein Rapier eher nicht dazu passt, eine Lanze aber schon, nichtsdestotrotz haben die Autoren alles ordentlich in Tabellen zusammengefasst und für den historisch nicht bewanderten Konsumenten erklärt.

 

Magie in Excalibur

Nachfolgend werden auf mehr als 50 Seiten zunächst die Stellung von Zauberwirkern erläutert, bereits vorhandene Standardzauber gestrichen, näher ausgeformt oder neue vorgestellt. Für mich persönlich ein vollkommen überflüssiges Kapitel. M.E. enthält schon das SRD mehr als genug Zauber. Wer andere Meinung ist, für den möchten diese Seiten durchaus ihren Nutzen haben. Die Zauber entsprechen von ihrer Stärke durchweg dem Standard des SRD Version 3.5. Regeltechnische Bedenken haben sich mir bei meiner Lektüre nicht aufgedrängt.

Der Rest der angesprochenen 50 Seiten befasst sich mit magischen Gegenständen, wo im Prinzip das, was ein jeder im Dungeon Master Guide nachlesen kann, bzw. im SRD, für „Excalibur“ näher ausgeformt wird. Sicherlich dürfen in einem Buch zur Artussage die „Stats“ zu dem Schwert Excalibur oder der „Tafel“ der Tafelrunde nicht fehlen, aber brauche ich, nur um ein Beispiel zu nennen, eine komplette Seite mit einer Tabelle über die Zufallsbestimmung von „Potions and Oils“, die sich fast nur in der Aufteilung der zufälligen Würfelwerte vom Dungeon Master Guide unterscheidet (Tabellen zu den verschiedenen Wondrous Items, Wands und Staves etc. sind ebenfalls vorhanden). Meiner Ansicht nach sind solche Tabellen allenfalls etwas für ein „web enhancement“. Sicherlich interessiert es den Leser, welche magischen Gegenstände zu „Excalibur“ passen, und welche nicht, fraglich ist allerdings ob es nicht gereicht hätte abstrakte Regeln dafür aufzustellen, anstatt den halben Eintrag von Tabellen über magische Gegenstände aus dem SRD abzuschreiben.

 

Das „Setting“

Im Gegensatz zu dem großzügigen Papier-und-Schwärze-Aufwand für die vorangegangenen Kapitel, wenden die Autoren für das eigentliche Setting die Seiten 154-185 auf. Effektiv 30 Seiten, wenn man über den großzügig angelegte Überschrift auf Seite 154 hinwegsieht. Damit entfallen also tatsächlich ca. 14% auf die Beschreibung des Settings.

Der Inhalt beschäftigt sich zunächst mit dem bereits zuvor genannten neu eingeführten „Honor“-Wert, dessen Sinn es sein soll, die „moralische Wertigkeit“ eines Charakters zu messen. Als Grund dafür führen die Autoren an, dass dies das gewöhnliche Gesinnungssystem nicht vermag. Im Wesentlichen ist dieses „neue“ System dadurch geprägt, dass Charaktere für ihre dem „Code of Chivalry“ entsprechen Handlungen Punkte erhalten, die den „Honor“-Wert steigern. Von diesem Wert abhängig, können dann besondere Feats ergriffen werden und auch besondere Effekte auf einzelne Skills und sogar die AC (!) ausgehen. Für ein „Ritter-und-Burgen“-Setting sicherlich ein interessanter Ansatz.

Weiter werden in diesem Kapitel die besondere Rolle der „Courtly Love“, von „Prophecies“ und der Religion in „Excalibur“ dargestellt. Zu letzterem sei angemerkt, dass dort für eine „Excalibur“-Kampagne ein dualistisches Göttersystem nahe gelegt wird. Zum einen ein monotheistischer Glaube, mit verschiedenen Aspekten, so dass auch Kleriker dunkler Gesinnung unterkommen, und zum anderen ein alter, polytheistischer Glaube, dem Nicht-Menschen und Rückständige verhaftet sind. Dabei beschränken sich die jeweiligen Abschnitte über die Götter und ihre Kirchen auf durchschnittlich acht Zeilen.

Auf den wenigen restlichen Seiten des Kapitels, wird versucht, dass besondere Flair einer Artuskampagne herauszustellen. Zusammengefasst bedeutet dies: Monster haben besondere Namen, Magie ist etwas besonderes (häufig großartige Geschenke und nicht einfach der magisch-verstärkter Ramsch), andere Völker werden als besondere Arten von Menschen aufgefasst, nicht als etwas vollkommen anderes. Dem aufmerksamen Leser von Fantasyliteratur wird in diesem Kapitel schnell merken, dass hier nicht wirklich neue Thesen aufgestellt werden, vielmehr althergebrachtes zusammengefasst wird.

Das Buch schließt mit einem zehnseitigen Appendix I über Ritterturniere und besondere Regelungen für solche und einem ähnlich langen Appendix II mit sechs neuen Monstern. Bezüglich letztgenanntem sei gesagt, dass auch hier wahrlich keine Wunder vollbracht wurden.

 

Fazit

Daher möchte ich abschließend auf den Klappentext hinweisen und ihn zitieren: „(...)Build an entirely Arthurian-style campaign, or add elements of chivalry and courtly romance to any existing d20 campaign.(...)“. Ob gewollt oder nicht, beschreibt dieser Satz genau den Wert dieses Buches: Mit „Excalibur“ wird vornehmlich ein Werkzeug zur Hand gegeben, selbst eine Artuswelt zu kreieren. Wer eine fertige sucht, ist hier fehl am Platz.

Bei mir persönlich kommt das Gefühl auf, dass ich nichts wesentlich Neues erfahren habe, was mich für den Bau einer solchen Welt befähigen könnte. Auch mutet die Tatsache, dass in einer Welt, wo Magie ja etwas besonderes sein die Tatsache, dass allein ein Viertel des Buches diesem Thema gewidmet ist doch etwas seltsam an. Trotzdem sind Teile des Buches, wie die Vorstellung der Völker, die Adaption der Klassen und auch der Talente vor dem Artushintergrund durchaus gelungen. Dies gilt ebenfalls für die Feats und das Honorsystem. So komme ich zum Ergebnis, dass dieses Buch sicherlich einen Platz im Bücherregal von Weltenbauern einer Artuswelt hat, auch von Spielern die einer bereits existierende Kampagnenwelt ein etwas anderes, mehr mittelalterliches Flair geben wollen.

Es bleibt jedoch der bittere Beigeschmack, dass zumindest ein Drittel des Buches wohl nicht sinnvoll genutzt wurde, und der Schwerpunkt m. E. übertrieben auf Regeltechnisches gelegt wurde. Das mag für jene, die nicht selbst zu entscheiden vermögen, ob wohl „banded mail“ oder „rapier“ in eine Artuswelt so recht hineinpassen sinnvoll sein - für den durchschnittlichen D&D-Spielleiter dürfte sich jedoch eine Anschaffung auch unter dem Aspekt des Preises nur bedingt auszahlen.