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Beyond Countless Doorways
Bewertung:
(4.8)
Von: Fabian W. Mauruschat
Am: 16.12.2004
Autor:Monte Cook, Wolfgang Baur, Colin McComb, Ray Vallese
Typ:
System:D20 3.5
Setting:Universell
VerlagMalhavoc Press
ISBN/ASIN:1-58846-975-1
Inhalt:1-58846-975-1
Sprache:Englisch

"A Planescape Reunion Book" verspricht der Klappentext vollmundig dem geneigten Leser. Wollen wir doch mal sehen, ob diese Werbung zuviel verheißt oder ob der große Name zu recht auf dem Umschlag prangt. Die Autoren sind größtenteils renommierte AD&D-Veteranen, die Illustratoren eher unbekannt, obwohl sie schon einige d20-Produkte illustriert haben. Beyond Countless Doorways (im weiteren Verlauf BCD abgekürzt) stellt achtzehn neue Dimensionen und einige Regeln dazu vor.

 

1. Kapitel: The Countless Worlds

Dieses Kapitel, das man mit "die zahllosen Welten" übersetzen könnte, stellt zunächst ein alternatives Konzept der Ebenen vor, das als Gegenentwurf zum "Great Wheel" von Greyhawk oder den götterdominierten Ebenen von Faerûn zu verstehen ist. Statt einer begrenzten Anzahl von Ebenen, die verschiedenen Aspekten wie Gut, Böse, Chaos, Ordnung, Feuer, Wasser, etc. zugeordnet sind, existieren unendlich viele Dimensionen, die sich in ständiger Bewegung aufeinander zu oder voneinander weg bewegen. Je nach der Nähe dieser Ebenen ist es schwerer, einfacher oder unmöglich mit Magie dorthin zu wechseln. Dennoch lassen sich die meisten Welten in Kategorien wie Alternativwelten, Himmel & Höllen, Parallelwelten, Energie- / Elementarebenen oder fremd(artig)e Reiche ("Alien Realms") einteilen, wobei diese Unterteilungen jedoch recht weit gefasst sind und ohnehin nur als grobe Richtlinien zu verstehen sind.

Als nächstes werden einige Möglichkeiten des Ebenenwechsels - als Alternativen zum gleichnamigen Zauber - vorgestellt. So werden mehrere "Zwischendimensionen" erläutert, die als Verbindung zwischen den Ebenen fungieren. Manche - wie z. B. die "Ethereal Sea" - ähneln den bekannten Dimensionen der Standardkosmologie, zu anderen - wie etwa dem "Nexus" - wird eine eigene Hintergrundgeschichte erzählt.

Aber kein d20-Buch ohne Templates, und auch hier kriegen wir den "Planar Warden" und den "Purveyor of Dichotomy" vorgesetzt. Der erste ist ein Beschützer und Champion einer Ebene, der besondere Kräfte verliehen bekommt. Das zweite Template repräsentiert den Champion eines Ideals oder eines planaren Konzeptes, der immer Teil eines Paares von Widersachern ist. So könnte ein "Purveyor" ein Champion des Guten sein, während sein Widersacher Champion des Bösen ist. Allerhand andere Widersacherpaare werden als Beispiele genannt, und jeder SL kann sich sicher selber einige ausdenken. Die Macht eines jeden "Purveyors" wächst nicht nur mit jeder Stufe, sondern auch mit der Dominanz seines Ideals in seiner Dimension. Beide Templates werden übrigens von Göttern oder vom jeweiligen Vorgänger vergeben und sind für SCs eher ungeeignet. Dafür geben sie aber um so interessantere NSCs ab.

Das Kapitel wird mit einigen magischen Gegenständen und einer kurzen beispielhaften Dimensionsreise abgeschlossen.

 

2. - 19. Kapitel: einige sehr interessante Ebenen

In diesen Kapiteln werden achtzehn Dimensionen beschrieben, die in der Kosmologie der "Countless Worlds" angesiedelt sind. Der Einfachheit halber werde ich drei Ebenen etwas detaillierter beschreiben, die mir selber recht gut gefallen haben.

 

4. Kapitel: Curnorost, The Realm Of Dead Angels

Was passiert mit Engeln, wenn sie sterben? Curnorost bietet eine Antwort auf diese Frage. Dieses düstere, traurige Reich wird zur neuen Heimstatt eines jeden gestorbenen Engels. Von "Hatebeasts" gequält, vom dämonischen "Rephidix, Eater of Angels" gejagt, versuchen sie, die "Mountains of Eternal Grief" zu erreichen. Diese Ebene betont durch ihre Trostlosigkeit das Opfer, dass Engel bringen, wenn sie ihr Leben riskieren. Curnorost ist ein von den Himmlischen wohlbehütetes Geheimnis und ein Tabuthema für die Engel.

Aber warum sollten sich Abenteurer für diesen Ort interessieren? Ein Grund könnte das "Field of Broken Avengers sein". Eine gewaltige Ebene, bedeckt mit zerbrochenen Waffen, derer sich die Seelen der toten Engel entledigt haben. Da Engel des Öfteren heilige oder magische Waffen tragen, lohnt es sich, hier ein wenig zu suchen. Man muss nur aufpassen, das man den Nightwalkern, die das Feld bewohnen nicht begegnet. Auch das "Psychomanteum" ist für Abenteurer interessant. Hier kann man zu jedem toten Engel Kontakt aufnehmen, und ihm 10 Fragen stellen - wenn man den Schmerzensschrei der gequälten Engelsseele überlebt. Im Zentrum der Ebene befindet sich der "Garden of Affliction", in dem keine Pflanzen sondern Seuchen wachsen. Und inmitten dieses Gartens steht die "Citadel of Reminiscence", in der die gefrorenen Erinnerungen der toten Engel aufbewahrt werden. Das Innere der Zitadelle ist von schwebenden Eisstücken erfüllt, die sich bei Berührung auflösen, und die Erinnerungen vortragen. Doch wer hier nach Erinnerungen sucht, muss sich mit dem "Keeper of Tales" auseinandersetzen, einem Riesen, dessen Aufgaben der Schutz des Ortes und das Übertragen der Erinnerungen in Buchform ist.

Diese Ebene bietet interessanten Stoff für ein oder mehrere Abenteuer. Die Idee als solche ist großartig, und die Beschreibung sehr stimmungsvoll. Möglicherweise passt diese Dimension, deren Konzept zunächst paradox erscheint, nicht in die meisten Kosmologien. Man sollte es sich als Spielleiter aber überlegen, ob man Curnorost nicht doch in seine Kampagne übernimmt, es könnte sich lohnen.

 

7. Kapitel: Faraenyl

Diese Welt ist ein Feenreich, eine verwunschene, scheinende Welt, die in fünf Reiche unterteilt ist: "Spring", "Summer", "Fall", "Winter" und "Emora". Jedes der ersten vier Reiche trägt nicht nur den Namen einer Jahreszeit, sondern existiert in dieser Jahreszeit. So herrscht in "Spring" ewiger Frühling, in "Summer" ewiger Sommer, etc. Magie wird in jedem Reich etwas verändert, so sind zum Beispiel Kälte-, Bann- und Erkenntniszauber in "Winter" mächtiger. Der Herrscher eines jeden Landes besitzt annähernd uneingeschränkte Macht in seinem Land. Das Klima in Emora, der großen Hauptstadt in der Mitte von Faraenyl wechselt mit ihren jeweiligem Herrscher. Denn Emora wird ständig von Truppen eines Landes erobert und für einige Zeit herrscht der Fürst eines Landes auch über Emora. Aber irgendwann verschwindet dieser Herrscher mysteriöserweise und Emora wird von den Soldaten des nächsten Landes erobert.

Diese Dimension hat einige Merkmale, die typisch für Feenreiche sind. So versagt hier jede komplizierte Technologie und die Zeit dieser Ebene stimmt nicht mit der des restlichen Universums überein, Tage hier können Monaten oder Jahren der Heimatebene des Besuchers entsprechen. Die Bewohner von Faraenyl sind vor allem Elfen, Zwerge, Gnome, Goblins und, natürlich, Feenwesen aller Art. Götter werden hier nicht verehrt. Menschen gibt es hier eigentlich keine, aber regelmäßig werden sehr charismatische oder einfach interessante Leute aus anderen Dimensionen nach Faraenyl 'eingeladen' (auch gegen ihren Willen).

Dieser Ort eignet sich für Abenteuer aller Art. Abenteurer können in den Kämpfen um Emora teilnehmen, Intrigen beim Besuch von Bällen schmieden, in den Wäldern von "Summer" nach einem legendären goldenen Baum suchen, den König der (nicht bösen) Goblins in "Spring" aus seiner Gefangenschaft befreien, dem Geheimnis der Hügelgräber von "Fall" nachgehen oder die Berge und Höhlen von "Winter" erkunden. Vielleicht lösen die Helden sogar das Rätsel der verschwundenen Herrscher von Emora. Wie man sieht, bieten die Königreiche von Faraenyl Stoff für einige Abenteuer, ja sogar für eine ganze Kampagne. Wenn man also noch ein Feenreich in seinem Kosmos braucht, sollte man nicht zögern und diese Welt adaptieren.

 

19. The Primal Gardens Of Yragon

Diese Welt ist ein großer Dschungel, beherrscht von großen Affen. So weit nichts ungewöhnliches, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass diese Affen, die Grahlus, intelligent sind, sich militärisch organisieren und andere Welten überfallen, um Sklaven zu entführen. Die gorillaartigen Grahlus erreichen andere Dimensionen, in dem sie Irnukbäume, deren Wurzeln sich auf andere Ebenen erstrecken, manipulieren. Dadurch entstehen Durchgänge zwischen den Welten, die zunächst ausgekundschaftet werden, bevor eine perfekt durchorganisierte Sklavenjägergruppe von 2,40 m großen, Waffen und Rüstungen tragenden Affen sich dorthin aufmacht. Die Grahlus benutzen ihre Sklaven zur Feldarbeit und benutzen drakonische Maßnahmen, um jeden Aufstand im Keim zu ersticken. So werden die Sklaven in den Gruppen dauernd gewechselt, damit keine sozialen Kontakte entstehen. Auch versklaven die Grahlus vor allem Menschen, da diese im Vergleich zu ihnen schwach sind und über keine besonderen Kräfte verfügen. Zudem überleben die meisten Sklaven die harte Arbeit nicht lange und flüchtige Sklaven werden unbarmherzig verfolgt.

Die Grahlus selber besitzen eine militaristische Gesellschaftsordnung, in der vor allem den Starken die Macht gehört. Positionen innerhalb der Gesellschaft werden nicht vererbt, ihrer erweist man sich durch Stärke als würdig. Die Grahlus benutzen Werkzeuge und Waffen, die Allerwenigsten beherrschen jedoch Magie. Konflikte innerhalb der Rasse sind selten, obwohl Staatsstreiche gelegentlich vorkommen. Sie verehren keine Götter, haben jedoch Respekt vor den Kräften der Natur und ihren Ahnen. Künste sind in dieser Kultur so gut wie unbekannt, die liebste Freizeitbeschäftigung der Grahlus ist die Sklavenjagd.

Aber wie kommt es, dass diese Riesenaffen Intelligenz entwickelt haben? (Spieler sollten den folgenden Spoiler-Abschnitt überspringen) Die Antwort ist recht verblüffend: Sie haben sich damit angesteckt. Seit Beginn ihrer Geschichte leben in den Grahlus intelligente Bakterien, die Aliptur. Diese Organismen beeinflussen das Gehirnwachstum der Grahlus, pflanzen ihnen die Furcht vor Sklavenaufständen ein, haben ihre Gesellschaft mit ihrem "Survival-of-the-fittest"-Ethos beeinflusst und halten sie davon ab, Magie zu benutzen. Denn schon ein einfacher "Remove Disease" würde sämtliche Aliptur in einem Grahlus töten. Die wenigsten Grahlus wissen jedoch von dieser 'Fremdsteuerung'. Wenn diese Idee beim ersten Lesen eher befremdlich ist und die Grenzen normaler Fantasy überschreitet, bietet sie doch einige interessante Möglichkeiten für Abenteuer und verleiht der Welt einen interessanten Twist.

Insgesamt kann man Yragon perfekt in jede planare Kampagne einbauen. Wenn man zum Beispiel SCs aus verschiedenen Dimensionen in einer Gruppe zusammenführen will, kann man die in den Dimensionen plündernden Sklavenjäger als perfekten Auftakt einsetzen. Auch eignen sich die Grahlus gut als wiederkehrende Bösewichte, da kaum eine Welt vor ihnen sicher ist. Das Endziel einer Kampagne könnte es sein, die Raubzüge der Grahlus zu stoppen.

 

Kapitel 20: Through The Looking Glass

Dieses Kapitel beschreibt keine konkrete Dimension, sondern ist eine Anleitung für den SL, Alternativdimensionen zu seiner Kampagnenwelt zu erschaffen. Verschiedene Grundszenarien werden kurz skizziert und auf einiges was zu bedenken ist wird eingegangen.

 

Zu jeder Welt werden einige kurze Abenteuerideen kredenzt, obwohl die meisten Weltbeschreibungen schon genug Potential bieten. Auf Cooks Website findet man zudem noch einige Auszüge. Die Links dazu findet ihr rechtsseitig.

 

Fazit:

Ein ganz großes Buch! Jeder Spielleiter, der regelmäßige Dimensionsreisen in seine Kampagne einbauen will, sollte es sich kaufen. Selbst wenn man nur ein oder zwei Kurztrips in andere Welten plant, könnte sich BCD schon lohnen. Der Regelanteil ist minimal, dafür erwartet einen haufenweise wunderbares Hintergrundmaterial mit genau der Sorte von originellen Ideen, die schon Planescape so lesenswert gemacht haben. Wenn man auf der materiellen Ebene bleiben will, bieten einige Kapitel auch recht gutes Rohmaterial für die eigene Kampagnenwelt und selbst Freunde von klassischer Low-Fantasy können das ein oder andere finden. Kurz gesagt, eine wunderbare Sammlung von Welten, ein Ausschnitt des Multiversums das eines Moorcocks würdig ist.