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The Covenant Series 5 - Tapestry of Dark SoulsTapestry of Dark Souls
Bewertung:
(3.3)
Von: Andreas Miebach
Alias: Halvar
Am: 04.08.2007
Autor:Elaine Bergstrom
Typ:Roman
System:D&D basierend
Setting:Ravenloft
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-4367-8
Inhalt:311 Seiten, Taschenbuch
Sprache:Englisch

Ravenloft – The Covenant Series

„Tapestry of Dark Souls“ (im Folgenden ToDS) ist der fünfte Band aus der Reihe „Ravenloft: The Covenant“, in der alte Ravenloft-Romane neu aufgelegt werden. ToDS wurde erstmalig 1993 veröffentlicht, und zwar ebenfalls als fünfter Teil der ursprünglichen Ravenloft-Romanreihe. Nur ein Jahr später, 1994, erschien dann auch eine deutsche Übersetzung dieser Geschichte im Goldmann-Verlag unter dem Titel „Hort des Bösen“.

Dass die Autorin Elaine Bergstrom hauptsächlich Vampirgeschichten schreibt, merkt man ToDS in manchen Einzelheiten an (so z. B. bei dem Konzept des „Leben aussaugens“, das in einer abgewandelten Form auch hier Anwendung findet). Wirklich bekannte Titel sind dabei allerdings noch nicht herumgekommen – vor allen Dingen nicht hierzulande. ToDS ist meines Wissens nach ihr einziger Roman, der es bisher geschafft hat, ins Deutsche übersetzt zu werden (und sie hat schon so einige geschrieben, darunter auch „Baroness of Blood“, ein weiterer Titel aus der Ravenloft-Reihe). Wer sich für die anderen Werke aus ihrer Feder interessiert, der sei auf ihre Homepage verwiesen (der Link befindet sich im Info-Kasten rechts).

Aufmachung, Gestaltung und Verarbeitung

Mit Freuden habe ich festgestellt, dass das Druckbild im Gegensatz zu den Vorgängern der Reihe dieses Mal völlig in Ordnung ist. Natürlich entspricht die restliche Aufmachung auch genau deren Standard: Das Format ist mit etwa DIN A5 etwas größer als für WotC-Taschenbücher üblich und die Papierqualität ist ebenfalls gleich geblieben. Das etwas klischeehafte Cover von 1993 (Mönch hält hämisch grinsend den Teppich in die Höhe) wurde durch ein atmosphärischeres Motiv ersetzt, wobei ich mir nicht sicher bin, wer darauf abgebildet ist: Morgoth oder Jonathan.

Handlung

Hinweis: In diesem Abschnitt wird die Handlung des Romans wiedergegeben. Leser, die sich überraschen lassen möchten, sollten ihn besser überspringen und bei „Kritik“ weiterlesen. Der erste der folgenden Absätze enthält jedoch nur eine kurze Zusammenfassung, die man gefahrlos lesen kann, wenn man sich einen groben Überblick über die Handlung verschaffen möchte.

 

Bei dem „Wandteppich der finsteren Seelen“ handelt es sich um ein mächtiges, böses Artefakt, das in einer verfallenen Festung von einem kleinen Mönchsorden unter größter Geheimhaltung bewacht wird. Eines Tages wird er jedoch gestohlen und kann ein Kind zeugen: Jonathan. Wie sich Jonathan entscheidet – ob für die Mönche, die den Teppich bewachen, oder für die Befreiung der im Teppich gefangenen Seele seines Vaters – davon hängt nicht weniger als das weitere Schicksal der (Kampagnen-)Welt ab.

 

Das Buch ist in drei Abschnitte unterteilt, die auch jeweils etwa ein Drittel des Umfangs ausmachen. Der erste Abschnitt trägt den Titel „Leith“ und erzählt die Geschichte von Jonathans Entstehung: Leith ist der Name seiner Mutter. Die Handlung beginnt damit, dass das Händler-Ehepaar Leith und Vhar mitsamt Fuhrwerk durch die Nebel Ravenlofts in einen abgelegenen Gebirgswinkel Markovias verschlagen wird. Dort entdecken sie eine alte, verfallene Festung, zu der sich Leith auf unerklärliche Weise hingezogen fühlt. Sie rennt sogleich den Berg hinauf bis in den Schrein hinein, in dem der Teppich aufbewahrt wird, und starrt fasziniert auf den Wandbehang. Ihr Mann stürzt derweil, verletzt sich dabei und wird von den Mönchen gerettet. Da eine Weiterfahrt in der Nacht zu gefährlich ist, bieten ihnen diese auch eine Unterkunft an, die das Paar dankbar annimmt.

In der Nacht hört Leith jedoch mit, als sich einige der Mönche darüber unterhalten, wie sie die beiden am besten beseitigen können, damit ihr Geheimnis gewahrt bleibt. Leith und Vhar entschließen sich augenblicklich zur Flucht nach Linde, einem nahe gelegenen kleinen Dorf in Tepest, von dem ihnen die Mönche erzählt hatten. Dort kehren sie in den einzigen Gasthof ein. Leith legt sich sofort schlafen und muss am nächsten Morgen erfahren, dass ihr Mann zu viel getrunken und von dem Teppich erzählt hat, den er angeblich gestohlen hat. Tatsächlich findet sie den Teppich unter seinen Sachen. In diesem Moment steht einer der Mönche in der Tür und verlangt das Artefakt zurück. Vhar erschlägt den Mönch hinterrücks und Leith danach Vhar – beide bereits unter dem verderbten Einfluss des Teppichs, der sich daraufhin entfaltet und Vhar „assimiliert“.

Der Schock dieser Ereignisse löst den Bann des Teppichs über Leith und sie entschließt sich dazu, ihn zur Festung zurückzubringen. Auf dem Weg dorthin wird sie von einer großen Wölfin angegriffen und verletzt (und – wie sich später herausstellt – dabei mit Lykanthropie infiziert). Außerdem versucht der Teppich zu verhindern, dass er in sein Gefängnis zurückgebracht wird, indem er sich entfaltet und um Leith wickelt. In diesem Moment tauchen aber die Mönche auf und sorgen mit ihren Beschwörungsgesängen dafür, dass der Teppich erstarrt. Sie schließen ihn mitsamt Leith in den Schrein. In der folgenden Nacht treten die gefangenen Seelen aus dem Teppich hervor und machen sich über Leith her, allen voran ein älterer Mann mit silbernen Haaren.

Nach dieser Schreckensnacht bergen die Mönche Leith aus dem Schrein und sie beschließt, sich ihnen zunächst bei der Bewachung des Teppichs anzuschließen. Bald merkt sie jedoch, dass sie schwanger ist, außerdem tritt ihre Lykanthropie zutage. Da sie in diesem Zustand den Teppich nicht bewachen kann, kehrt sie nach Linde zurück. Auf dem Weg wird sie erneut angegriffen, diesmal von Goblins. Sie verliert das Bewusstsein und wacht im Zimmer von Maeve auf, einer Bardin, die sie vorher kennengelernt hatte. Die beiden freunden sich an und Maeve offenbart Leith, dass sie eine Werfüchsin ist. Sie gehen gemeinsam auf die Jagd und machen das Dorf unsicher, bis Leith entdeckt, dass Maeve nicht nur eine Werfüchsin ist, sondern außerdem auch noch eine Werwölfin - und zwar genau jene, die sie infiziert hat. Nachdem Leith feststellen musste, dass sie es nicht fertig bringt, Maeve zu ermorden, beschließt sie, erneut zur Festung zurückzukehren, ihr Kind auszutragen und sich dann als Sühne für ihre Taten von dem Teppich vereinnahmen zu lassen. Vorher schreibt sie aber noch ihre Geschichte nieder.

 

An dieser Stelle beginnt der zweite Teil des Romans mit dem Titel „Jonathan“. Leiths Sohn (der auch silbernes Haar hat) wird auf der Festung von den Mönchen großgezogen, nachdem ein Versuch fehlgeschlagen ist, ihn bei der Familie unterzubringen, die den Gasthof in Linde bewirtet. Jonathan zeigt während seiner Ausbildung ein großes Talent für Magie, insbesondere Feuermagie. Über die wahre Bestimmung ihres Ordens lassen ihn die Mönche allerdings im Unklaren, da der „Ruf“, sich ihrem Orden anzuschließen, nur von selbst kommen kann, und sie ihn nicht beeinflussen wollen. Erst im Alter von 17 Jahren wagt sich Jonathan erstmalig nach Linde und hilft dort prompt Sondra aus der Patsche, der Tochter des Dorfmagiers Ivar, die sich – Überraschung – sogleich in ihn verliebt.

Die Mönche halten Jonathan für alt genug, um das „wahre Leben“ kennenzulernen, also bringen sie ihn nach Linde, wo er im Gasthof arbeiten soll. So hilft Jonathan tagsüber bei der Weinernte, erweitert nachts in Ivars Höhle, die sich unter dem Gasthof befindet, unter dessen Anleitung seine magischen Künste und hofiert nebenbei auch noch Sondra.

Nach und nach erfährt Jonathan mehr über den Teppich und seine Mutter. Den Mönchen traut er inzwischen nicht mehr, da er denkt, dass sie ihn belogen haben. Trotzdem besucht er sie noch einmal, um mehr über seine Mutter zu erfahren. Schließlich findet er die Schriftrolle, auf der Leith ihre Geschichte niedergeschrieben hat und die später von einem der Mönche so umgeschrieben wurde, dass es so aussieht, als ob Vhar Jonathans Vater gewesen sei. Nun verliert er endgültig jegliches Vertrauen in die Mönche, dringt durch einen Geheimgang in den Schrein ein und befreit den Mann mit den silbernen Haaren, den er für Vhar hält, aus dem Teppich.

 

Der dritte Teil trägt dann auch folgerichtig den Titel „Silverlord“. Bei diesem handelt es sich um einen alten, bösen Hexer namens Morgoth, der nun so etwas Ähnliches wie ein Vampir ist und einen ausgeprägten Machthunger besitzt. Morgoth kann seinen Opfern durch Berührung Körperwärme und damit Lebensenergie entziehen, was er nach seiner Befreiung aus dem Teppich auch fleißig tut, um wieder zu Kräften zu kommen. Tagsüber ist er jedoch nur eine leere Hülle und ruht in Jonathans Höhle, die dieser vorher bereits zu seinem Geheimlabor ausgebaut hatte.

Morgoths erstes Etappenziel ist es, die anderen Seelen aus dem Teppich zu befreien, damit diese ihm als untote Armee dienen können. Ein direkter Angriff auf die Festung geht jedoch schief – die Mönche und Ivar können Morgoth, Jonathan und einigen rekrutierten Werwölfen standhalten, wenn auch nur knapp. Dann jedoch nehmen die Dorfbewohner Jonathan gefangen, weil sie ihn durch einen Trick Maeves für den Schuldigen an den vielen Morden halten, und wollen ihn beim nächsten Wein-Erntedankfest hinrichten. Dabei kann Morgoth natürlich nicht tatenlos zusehen – er erscheint während der Zeremonie, zombifiziert die halbe Dorfbevölkerung und bläst zum alles entscheidenden Sturm auf die Festung...

Kritik

Zugegeben: In dieser gerafften Zusammenfassung klingt die Geschichte ziemlich wirr. Dies trifft jedoch so nicht zu. Tatsächlich legt der Roman ein ziemliches Tempo vor, wodurch allein der Hauptplot aus viel zu vielen Einzelheiten besteht, um sie alle in einem Resümee aufzuführen, das den Rahmen einer Rezension nicht sprengen soll. Dazu kommt noch, dass annähernd jede Figur, die in dieser Geschichte vorkommt, eine oder mehrere Szenen hat, in der sie die Hauptrolle spielt oder in der ihr Hintergrund beleuchtet wird. Dadurch wird es schwierig, die Abfolge der Ereignisse zu schildern, ohne den Leser zu verwirren. Tatsächlich erklären sich aber alle Geschehnisse aus der Handlung heraus und sind bei der Lektüre des Romans problemlos nachvollziehbar und auch (halbwegs) schlüssig.

Aus dem stetigen Fokuswechsel entsteht aber ein anderes Problem: Zwar hat die Geschichte schon einen roten Faden, dieser ist aber mit keiner Person, Gruppe oder Sache verknüpft. Klar: Es geht um den Teppich – dieser fungiert aber immer nur als Strippenzieher im Hintergrund und spielt nur selten eine aktive Rolle. Man hat also keine Identifikationsfigur, der man folgen könnte, so dass es etwas schwierig ist, sich in die Geschichte hineinzuversetzen. Man stelle sich einen Film vor, in dem es keine Hauptrolle gibt, dafür aber ein ganzes Bündel an mehr oder weniger wichtigen Nebenrollen, die abwechselnd im Mittelpunkt stehen. Dazu kommt noch, dass es keinen wirklichen Sympathieträger gibt, bei dem man sich wünschen würde, dass er das Ende der Geschichte überlebt – auch Jonathan ist alles andere als ein netter Kerl. Andererseits muss man natürlich auch zugestehen, dass eben jene Vielfalt für reichlich Abwechslung sorgt und keine Langeweile aufkommen lässt.

Ein mächtiger, böser magischer Gegenstand, der einen eigenen Willen besitzt, der Menschen durch finstere Einflüsterungen zu manipulieren versucht, der sie so besessen von sich machen kann, dass sie ihn um jeden Preis besitzen wollen, und der mit mundanen wie auch magischen Mitteln nicht vernichtet werden kann – wem hier nicht der Verdacht kommt, dass hier ein gewisser Ring zum Wandteppich mutiert ist, der muss schon ein hartgesottenes Portiönchen Ignoranz besitzen. Zum Glück ist die Ähnlichkeit mit Saurons Ring das einzige, was man diesem Roman an Plagiatsvorwürfen machen könnte – tatsächlich halte ich die restliche Geschichte sogar für recht originell und interessant, auch wenn man ab dem zweiten Teil schon grob erahnen kann, wohin die Reise geht und nicht mehr wirklich überrascht wird.

Furcht- und Horrorproben werden bei der Lektüre dieses Buchs auch nur selten fällig – zwar gibt es durchaus ein paar spannende Szenen, aber der Horror beschränkt sich leider nur allzu häufig auf das Vorhandensein der genretypischen Monster, wobei deren Potenzial nur selten ausgeschöpft wird.

Fans der Kampagnenwelt Ravenloft kommen allerdings nicht zu kurz: Die Handlung findet irgendwo im Dreiländereck von Markovia, Tepest und G’Henna statt, womit auch klar ist, dass sie zeitlich in die Ära vor der Grand Conjunction fällt. Man erfährt einige interessante Hintergrund-Details über Kartakass und Gundarak, aus denen einige der Figuren in Linde stammen. Zwar taucht ansonsten kein bekannter Name aus dem Setting auf, jedoch haben die drei Hexen von Tepest ein kurzes Stelldichein. Und letzten Endes lässt sich dieser Roman hervorragend als Vorlage für ein Rollenspiel-Abenteuer verwenden – was will man mehr?

Fazit

ToDS ist ein kurzweiliger Unterhaltungsroman mit origineller Geschichte, der viel Abwechslung und eine temporeiche Handlung bietet. Zwar erschweren die vielen Nebenfiguren und die fehlende Hauptfigur den Einstieg und leider kommt auch hier wieder einmal keine echte Gruselstimmung auf, aber zumindest für Ravenloft-Fans (für die es ja auch gemacht ist) kann man dieses Werk durchaus empfehlen. Alle anderen sollten sich gut überlegen, ob sie 12,95 US-Dollar (hierzulande knapp 11,- Euro) dafür hinblättern möchten.