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Das Geschenk der Freundschaft - Tolkien und C.S. Lewis
Bewertung:
(3.8)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 24.01.2009
Autor:Colin Duriez
Übersetzer:Christian Rendel
Typ:Biographie
VerlagBrendow Verlag
ISBN/ASIN:3-86506-058-7
Inhalt:300 Seiten, geb. Ausgabe
Preis:16,90 €
Sprache:Deutsch

Zwei weltbekannte Autoren, zwei Freunde und zudem zwei „Oxford-Gelehrte ohne richtigen Vornamen“, die im freundschaftlichen Wetteifer und philosophischem Disput großartige Welten wie Mittelerde oder Narnia erschaffen haben. Colin Duriez versucht in seiner bemerkenswerten Doppelbiographie den Werdegang sowohl von J.R.R. Tolkien als auch von C.S. Lewis zu skizzieren und gibt dabei einen tiefen Einblick in das Leben und Werk der beiden Männer. Dabei zollt er auch der Bedeutung Respekt, die sowohl Tolkien als auch C.S. Lewis in der literarischen Welt mit der Entwicklung des Genres „Fantasy“, aber auch in der akademischen Welt mit ihren Beiträgen zur Mediävistik zukommt.

 

Der Autor

Colin Duriez wurde am 19.07.1947 in Derbyshire geboren. Er studierte an der Universität von Istanbul, der Universität von Ulster in Coleraine (Nordirland), wo er sich unter anderem als Gründungsmitglied des „Irish Christian Study Centre“ hervorhob und verbrachte mehrere Jahre an der „L'Abri“ (frz. Zuflucht, Obdach), einer Einrichtung in Huemoz in der Schweiz, die sich dem wachsenden Bedürfnis nach ehrlicher und intensiver Auseinandersetzung mit zentralen Lebens- und Weltanschauungsfragen widmet.

 

Für seine Forschungen über die literarische Gruppierung der „Inklings“ (die später noch Erwähnung finden soll) erhielt er im Jahre 1994 den renommierten „Clyde S. Kilby Award“. Der Autor hat sowohl über J.R.R. Tolkien als auch über C. S. Lewis und ihr jeweiliges Werk geforscht, gelehrt und eine Fülle von Material veröffentlicht. Auf Deutsch sind von ihm zwischenzeitlich zahlreiche andere Bücher veröffentlicht worden. Nach Angabe des Verlages ist Colin Duriez „in Narnia und Mittelerde zu Hause und lebt in einem Haus voller Bücher in Leicester, England." Sein Buch „Tolkien and C. S. Lewis: The Gift of Friendship“ ist 2003 HiddenSpring/ Paulist Press in den USA erschienen.

 

Layout

Das insgesamt 300 Seiten umfassende Buch ist im Brendow-Verlag erschienen und von seiner Aufmachung und Gestaltung sehr sachlich und nüchtern gehalten, was dem Inhalt aber in keiner Weise abträglich ist. Für die optimale Brauchbarkeit des Buches fehlen mir persönlich aber sowohl ein Stichwortverzeichnis als auch eine konkrete Zuordnung der im Anhang aufgeführten Anmerkungen vermittels Fußnoten. Hier wird es dem Leser leider schwer gemacht die richtigen Quellenangaben oder ergänzenden Hinweise zuzuordnen, zumal man mit der komprimierten Anordnung der Anmerkungen am Schluss des Buches oftmals hin und her blättern muss.

 

Inhalt

Colin Duriez hat die Lebensabschnitte von C.S. Lewis als auch von J.R.R. Tolkien in jeweils gemeinsamen Kapiteln quasi als Etappen zusammengefasst und versucht somit gleichzeitig nicht nur den Werdegang der beiden Männer zu porträtieren, sondern auch ihre persönliche und literarische Wechselwirkung und ihren Einfluss zu würdigen.

 

1. Kapitel - Prägejahre (1892-1925)

C. S. Lewis wurde am 29.11.1898 als Clive Staples Lewis in Belfast geboren. Im August 1908 stirbt seine Mutter an Krebs und Lewis wird im September ins Internat nach Wynard House in England geschickt. Nach einer wechselvollen Schulgeschichte beginnt für ihn 1914 der Privatunterricht bei William Kirkpatrick, der nicht zuletzt wesentlichen Einfluss auf das Denken und die zunächst atheistische Grundhaltung von Lewis haben sollte.

 

Lewis meldete sich 1917 als Freiwilliger für die englische Armee und kehrt 1918 verletzt nach England zurück. Sein 1916 begonnenes Studium an dem University College in Oxford nimmt er 1919 wieder auf und zieht mit Mrs. Moore (der Mutter eines im Krieg gefallenen Freundes) und deren Tochter Maureen zusammen.

 

Nach seinem Studium erhält Lewis 1925 ein „Fellowship“ für englische Sprache in Oxford und lernt dort auch J. R. R. Tolkien kennen, mit dem er lange Jahre befreundet sein sollte. Bereits zu dieser Zeit kann Lewis auf eine Reihe von Veröffentlichungen zurückschauen, darunter Werke wie „Spirits in Bondage“ oder „Dymer“, denen noch zahlreiche folgen sollten.

 

Am 03.01.1882 wird John Ronald Reul Tolkien, so der vollständige Name, in Bloemfontain, Orange Free State in Südafrika geboren. Aus gesundheitlichen Gründen zieht seine Mutter Marbel mit ihm und seinem Bruder 1895 zurück nach England. Der Vater bleibt aus beruflichen Gründen in Südafrika, wo er bedauerlicherweise 1895 stirbt. Im November 1904 stirbt auch seine Mutter und die Kinder werden bei Verwandten untergebracht

 

Schon in frühen Jahren zeigt sich Tolkiens Begabung und Liebe zu Sprachen: Durch ein Stipendium kann er am angesehenen Exeter College in Oxford das Studium in Klassik, Angelsächsisch und Mittelenglisch aufnehmen und besteht dies sogar mit Auszeichnung. Nach seiner Heirat mit Edith Bratt, die er bereits 1908 kennen gelernt hat, wird er im Juni 1916 als Infanterist der britischen Armee an die französische Front abkommandiert und erkrankt in Folge dieses Einsatzes am so genannten „Grabenfieber“.

 

Während er sich noch von seiner Krankheit erholt, beginnt er „Das Buch der Verschollenen Geschichten” schreiben, welches letztlich der Grundstein für das „Silmarillion” ist. Im Oktober 1918 wird Tolkien aus dem aktiven Dienst entlassen und kehrt mit seiner Frau und seinem ersten Sohn John (geb. 1917) nach Oxford zurück, wo er zunächst als Privattutor arbeitet. An der University of Leeds hält Tolkien Vorlesungen in Englischer Sprache. Mit seinen sprachwissenschaftlichen Arbeiten macht er sich schnell einen Namen und wird 1924 zum Professor an der Universität von Oxford berufen. Dort lehrt er bis zu seiner Pensionierung 1959 Angelsächsisch, Englische Sprache und Literatur.

 

2. Kapitel - Begegnung in Geist und Fantasie: „Tolkien und ich sprachen über Drachen“ (1926-1929)

Am 11.05.1926 begegnen sich Lewis und Tolkien erstmalig im Rahmen ihrer Tätigkeit als Dozenten. Tolkien arbeitet seit 1912 privat an der Entwicklung neuer Sprachen auf der Grundlage des Walisischen (Sindarin) und des Finnischen (Quenya) und beginnt dann 1916 mit seiner persönlichen Mythologie. Es soll allerdings noch bis Ende 1929 dauern, bis er C.S. Lewis seine „Skizze der Mythologie" so wie ein langes Erzählgedicht mit dem Titel „Lay of Leithien" vorlegt.

 

Nicht zuletzt unter dem Einfluss des gläubigen Katholiken Tolkien setzt sich C.S. Lewis über viele Jahre hinweg mit Fragen des Glaubens auseinander und bekennt sich letztlich als Theist. Dennoch ist die religiöse Selbstfindung von Lewis hier noch nicht an ihrem Ende angelangt.

 

3. Kapitel - Eine Welt aus Geschichten: „Mythopoeia" (1929-1931)

Lewis wandte sich Anfang der dreißiger Jahre „bekehrt“ endgültig dem Christentum zu und gab seinen tief verwurzelten Atheismus auf. Die Ursache hierfür war unter anderem eine Fahrt im Beiwagen eines Motorrades, das sein Bruder Warren steuerte. Hier erlebte Lewis eine Epiphanie und diese sollte seine gänzlich neue Lebenseinstellung beeinflussen und nicht zuletzt das gesamte literarische Werk von Lewis prägen.

 

Tolkien beginnt Anfang der 30er Jahre mit den Arbeiten an „Der kleine Hobbit", die er aber immer wieder unterbricht. Das Werk sollte letztlich nach der Veröffentlichung 1937 jedoch zu einem unerwartet großen Erfolg werden. Tolkiens eigenen Angaben zufolge, erhielt er die Idee für den „Hobbit" von einem sinnlosen Satz, den er bei der Korrekturarbeit auf einem Blatt eines Schülers entdeckt hatte.

 

4. Kapitel - Die dreißiger Jahre: Der Kontext der imaginativen Orthodoxie

In einem noch jungen Jahrzehnt, in dem Tolkien seinem Freund C.S. Lewis eine erste und noch unvollständige Fassung von „Der kleine Hobbit“ zum Lesen gibt und dieser sich begeistert hiervon zeigt, C.S. Lewis selbst mit dem Entwurf seines Romanes „Flucht aus Puritanien“ begonnen hat und sich die Mitglieder der „Inklings“ zum ersten Mal trafen, schafft es Duriez aufschlussreich den Hintergrund zu beleuchten, vor dem das eigentliche Schaffen der beiden Autoren stattfindet. Schließlich waren sowohl Tolkien als auch Lewis in einen universitären Betrieb eingebunden und unterstanden mehr oder weniger deren Rahmenbedingungen. Ihr schriftstellerisches Schaffen umfasste deshalb bei weitem mehr als ihre weithin bekannten Werke. Allerdings diente ihnen auch ihre Forschung und Lehre als idealer Nährboden für die Entwicklung und Inspirationen ureigenster Werke.

 

5. Kapitel - Beginn der „Inklings": Geteilte Freundschaft? (1933-1939)

Lewis trat 1933 dem von Tangye Lean in Oxford gegründeten Club der „Inklings" bei, einer Gruppe Literaturinteressierter und -schaffender Männer, die sich ein- bis zweimal wöchentlich zu Bier, Pfeife und Whisky trafen und dabei Lesungen eigener Werke und Entwürfe, nebst anschließender Diskussionen, zum Besten gaben, ohne dabei ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Im Rahmen des literarischen Kreis des „Inklings" trug auch Tolkien alle seine Werke vor. Und so bildeten letztlich die regelmäßigen Treffen der „Inklings“ die Brutstätte für Tolkiens „Herr der Ringe" und die „Narnia-Chroniken" von C.S. Lewis.

 

Mit Lektüreanalysen von „Beowulf, the Monsters and the Critics", einer fachbezogene Abhandlung, die wohl zu den bekanntesten und einflussreichsten von Tolkien zählen dürfte, rehabilitiert Tolkien 1936 vor wichtigen Mitgliedern der British Academy „Beowulf“. 1939 folgt der bemerkenswerte Vortrag von Tolkien über Märchen an der St. Andrew's University. „Mythopoeia“, jenem Gedicht, das J.R.R. Tolkien C.S. Lewis widmete, um ihm zu zeigen, dass Mythen keine Lügen sind, sondern wertvolle Wahrheiten enthalten, schließen sich lange und intensive Diskussionen der beiden Männer an.

 

6. Kapitel - Zweimal hin und wieder zurück: „Flucht aus Puritanien" und „Der kleine Hobbit" (1930-1937)

Tolkien stellt sein bereits 1930 begonnenes Werk „The Hobbit or There and back again" 1936 fertig. Nach der Veröffentlichung 1937 durch den Verleger Sir Stanley Unwin hat es ungeahnten Erfolg und so drängen die Leser den Autor und den Verleger auf eine Fortsetzung. Tolkien fängt mit einer Fortsetzung an, aus der später die ersten Kapitel des „Der Herr der Ringe" werden sollen. Ist es doch nicht zuletzt die Geschichte um den Ring, den Bilbo in der Orkhöhle gefunden hat, der eine durchgehende Verbindung zwischen beiden Romanen schafft.

 

Lewis schreibt nach „Spirits in Bondage“ (1919) und „Dymer“ (1926) im Jahr 1931 das Buch „Flucht aus Puritanien" (Originaltitel „The Pilgrim's Regress: A Allegorical Apology for Christianity, Reason and Romanticism"), welches im Mai 1933 veröffentlicht wird. Dieser Roman ist zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten, wohingegen Tolkien mit seinem „Hobbit“ auch weiterhin die Leserschaft in seinen Bann zieht. Duriez unternimmt den Versuch, die Entstehung und Entwicklung des jeweiligen Romans zu erklären.

 

7. Kapitel - Raum, Zeit und der „Neue Hobbit" (1936-1939)

Während der Jahre 1936 bis 1949 wächst das Manuskript von „Der Herr der Ringe" auf über 1200 Seiten an und die neuen Kapitel werden regelmäßig bei den Treffen der „Inklings“ vorgestellt. Es soll allerdings noch bis 1954 dauern, bevor es veröffentlicht wird. Der Verlag Collins lehnt das Manuskript von Tolkien ab und auch der Verlag Allen & Unwin bittet den Autor um eine Kürzung des riesigen Epos, in die der Autor letztlich einwilligt. Tolkien selbst wird vom späteren Erfolg seines Epos „Der Herr der Ringe" überrascht, der insbesondere in den 60er Jahren unter amerikanischen Studenten Kultstatus erreicht, und wehrt sich gegen die um seine Werke entstehenden Subkulturen, die seinen Büchern allegorische oder politische Bedeutungen zuschreiben wollen. 1956 erscheint die deutsche Ausgabe „Der Hobbit“ im Bitter Verlag und erst 1969 erwirbt der Klett-Cotta Verlag die Rechte an „Der Herr der Ringe“, nachdem zahlreiche andere deutsche Verlage eine Veröffentlichung abgelehnt haben.

 

Nachdem C.S. Lewis 1936 sein Buch „The Allegory of Love. A study in medieval tradition" veröffentlichte, folgten 1938, in ständigem gegenseitigen Austausch mit Tolkien, auch drei Science-Fiction-Romane: „Jenseits des schweigenden Sterns“, „Perelandra“ und „Die böse Macht“. Lewis setzt sich in diesen Romanen - wenn auch mit anderen Stilmitteln - mit den gleichen Themen wie Tolkien in „Der Herr der Ringe" auseinander. So stehen mit den Themen Macht, Glaube und Freundschaft sowie mit der Natur des Bösen ähnliche Inhalte für beide Autoren im Vordergrund.

 

8. Kapitel - Der zweite Weltkrieg und danach: Charles Williams kommt nach Oxford (1939-1949)

Bei der BBC beginnt Lewis 1940 mit einer eigenen Radio-Vortragsreihe, die rasch sehr populär wird und in der er sich mit christlichen Grundwahrheiten beschäftigt. Neben seiner Lehrtätigkeit zeigt sich Lewis als unermüdlich Schaffender, denn fast gänzlich nebenbei hat Lewis nicht nur im Bereich der Fantasy und Science-Fiction tiefe Spuren hinterlassen, sondern er verfasste auch einige bekannte und von der Kritik hoch gelobte, philosophische und theologische Werke.

 

Für die Familie Tolkien beginnt langsam eine Zeit des Wandels und der Veränderungen, denn nach und nach werden die vier Kinder volljährig und gehen ihre eigenen Wege: Der älteste Sohn John beschließt nach seiner Volljährigkeit Pfarrer zu werden, während seine beiden Brüder der Royal Air Force beitreten und gegen Deutschland in den Krieg ziehen. 1945 wird Tolkien Professor für Englische Sprache und Literatur am Merton College in Oxford und arbeitet weiterhin an „Der Herr der Ringe“, den er 1949 in seiner ersten Fassung fertig stellt.

 

Lewis schreibt in dieser Zeit eine Serie für die anglikanische Wochenzeitung „The Guardian". Es sind die „Screwtape Letters", die „Dienstanweisung an einen Unterteufel", wie sie in der deutschen Übersetzung heißen. Die Serie hat großen Erfolg, und als sie 1942 als Buch veröffentlicht wird, ist die erste Auflage schon vor dem Erscheinungsdatum restlos ausverkauft. Ab 1944 hält Lewis Vorlesungen über Literatur in Cambridge und wird vom plötzlichen Tod seines Freundes Charles Williams am 15.05.1945 schwer erschüttert.

 

9. Kapitel - Der Kleiderschrank des Professors und die Zauberringe (1949-1963)

C.S. Lewis veröffentlichte 1950 den ersten Band seiner Narnia-Chroniken, eine „Märchenreihe“, die auf Geschichten basiert, die er und sein Bruder Warren sich bereits als Kinder ausgedacht hatten. Es sollten insgesamt 7 Bände werden, in denen einige altbekannte Themen der Fantasy zum Tragen kommen, wie etwa der klassische Kampf zwischen Gut und Böse, der bei Lewis nicht zuletzt in dem guten Löwen Aslan bestand, der das Land Narnia von der Herrschaft böser Widersacher befreit.

 

Tolkien steht den Narnia-Chroniken skeptisch gegenüber: Bei einer der Zusammenkünfte der Inklings kritisierte Tolkien unter anderem heftig das Auftauchen des Weihnachtsmannes in Narnia, aber Lewis ließ sich davon nicht abbringen. So sehr Tolkien selbst gläubiger Katholik war, so hielt er dennoch nichts von christlichen Allegorien in Fantasyromanen, die in einer eigenen Welt spielen.

 

1950 erlangt Lewis auch in den USA große Popularität, da er es nach Veröffentlichung seines Buches „Dienstanweisung an einen Unterteufel" auf die Titelseite des TIME-Magazins geschafft hat. Noch im gleichen Jahr beginnt ein überaus intensiver Briefwechsel zwischen C.S. Lewis und der verheirateten 34-jährigen US-Schriftstellerin Helen Joy Davidman Gresham, die er im September 1952 zum ersten Mal persönlich trifft.

 

Das im Herbst 1949 vollendete Skript „Der Herr der Ringe" bot Tolkien gemeinsam mit dem ein Jahr später fertig gestellten „Silmarillion" letztlich dem Verlag Allen & Unwin an. Diese hatten allerdings nur Interesse an „Der Herr der Ringe" und lehnten eine Veröffentlichung des „Silmarillion" ab. Erst 1952 stimmte Tolkien diesem Angebot zu. Wegen der Druckkosten wurde das Werk vom Verlag in drei Bände aufgeteilt: Der erste Band erschien im Sommer 1954, der zweite im November desselben Jahres, der dritte im Oktober 1955, nachdem Tolkien die Anhänge fertig gestellt hatte. Die drei Bände treffen in der Kritik entweder auf begeisterte Annahme oder erbitterte Ablehnung - die Leserschaft war aber begeistert, was sich nicht zuletzt in erfreulichen Verkaufszahlen widerspiegelte.

 

10. Kapitel - Überrascht von Cambridge und enttäuscht von Joy (1954-1963)

Bereits 1950 lernte Lewis seine spätere Frau Joy Davidman kennen, die zu diesem Zeitpunkt noch verheiratet war und sich 1953 scheiden ließ. Nicht zuletzt dieser Liebe widmet C.S. Lewis sein Buch „Surprised by Joy“. Lewis erhält 1955 eine Professur für Literatur des Mittelalters und der Renaissance am Magdalene College in Cambridge.

Joy Davidman und Lewis heiraten 1956 heimlich im Oxforder Standesamt. Noch im gleichen Jahr diagnostizierten die Ärzte bei Joy eine Krebserkrankung, an deren Folgen sie 1960 starb. Noch vor ihrem Tod lernen sich Tolkiens Ehefrau Edith Bratt und Joy durch Zufall 1960 kennen und freunden sich an. Tolkien selbst scheidet 1959 aus der Universität in Oxford aus und konzentriert sich gänzlich auf seine schriftstellerische Tätigkeit. In zunehmendem Maße entwickelt sich in den Sechziger Jahren die Trilogie „Der Herr der Ringe“ zu einem kulturellen Phänomen, die nicht zuletzt auch durch eine unautorisierte amerikanische Ausgabe ein Millionenpublikum erreicht hat.

 

11. Kapitel - Abschied von den Schattenlanden (1963-1973)

Nach dem Tod seiner Ehefrau Joyce begann Lewis selbst zu kränkeln. Er gab seine Professur auf und zog sich gänzlich ins Privatleben zurück. C. S. Lewis starb am 22.11.1963 in seinem Haus „The Kilns" in England.

 

Bedingt durch den wachsenden Ansturm von Fans und Anhängern seiner Bücher rund um Mittelerde zieht die Familie Tolkien 1968 in das beschauliche Bournemouth um. Erst nach dem Tod seiner Frau Edith 1971 kehrt Tolkien nach Oxford zurück. Für seine literarischen Verdienste erhebt ihn die Königin in den Rang eines „Commander of the British Empire“ (CBE) und bekommt von der Universität Oxford einen Ehrendoktortitel verliehen. In seinen letzten Lebensjahren widmet sich Tolkien einer umfassenden Darstellung der gesamten Geschichte von Mittelerde, doch bevor er dieses Werk vollenden kann, stirbt er nach kurzer Krankheit am 02.09.1973 im Alter von 81 Jahren. Sein Sohn Christopher Tolkien kümmerte sich um den literarischen Nachlass seines Vaters und veröffentlichte nach dem Tod große Teile seiner Schriften und Aufzeichnungen über Mittelerde.

 

12. Kapitel - Die Gabe der Freundschaft: „Wer hätte sie verdient?"

Die Freundschaft von Lewis und Tolkien entwickelte sich allmählich. Lewis war oft zum Abendessen bei Tolkien und seiner Familie eingeladen und ab 1933 gab es zusätzlich noch die regelmäßigen Treffen im Kreise der Inklings. Über viele Jahre hinweg Atheist erlebte Lewis 1929 seine Bekehrung zu Gott, zwei Jahre später zum Christentum. Entscheidend für seine Bekehrung war ein Gespräch mit Tolkien und Dyson in der Nacht vom 19. auf den 20.September 1931. Somit wurde Lewis nicht zuletzt durch den Einfluss von Tolkien zu einem der einflussreichsten christlichen Schriftsteller, der durch seine überlegene Logik und humorvollen Esprit vielen Menschen den Weg zum Glauben gewiesen hat.

 

Ein weiterer, enger Freund von Lewis war der Schriftsteller Charles Williams, der theologische Bücher, Romane, Gedichte und literaturwissenschaftliche Texte verfasste und 1939 zu den Inklings stieß. Was die Kritik von Tolkien an Charles Williams angeht, so betrifft sie den Einfluss, den Williams auf das Schreiben von Lewis hatte. Williams liebte die Allegorie, die Tolkien seinerseits ablehnte.

 

Während Tolkien quasi lebenslang ein und dasselbe Fantasy-Epos schuf, Mythen und Sprachen erfand und seinem „Der Herr der Ringe“ eine in der Fantasy bis heute unerreichte „historische“ Tiefe verlieh, schrieb Lewis seine siebenbändige „Chronik von Narnia“ in nur wenigen Jahren. Narnia sollte eine christliche Fantasy-Allegorie sein und dieser Gehalt wurde im Übermaß gepflegt. Tolkien hielt von so viel Deutlichkeit nicht sonderlich viel und so begann spätestens mit dem Erscheinen des ersten Narnia-Bandes die Entfremdung zwischen den Beiden und die jahrzehntelange Freundschaft der beiden Männer kühlte merklich ab.

 

Tolkien äußerte sich in einem Brief, den er kurz nach dem Tod von Lewis an seinen Sohn Michael schrieb: „Schade, aber damit [mit der engen Freundschaft] war es seit über zehn Jahren vorbei. Was uns zuerst auseinander brachte, war das plötzliche Auftauchen von Charles Williams, und dann seine Heirat von der er mir nie überhaupt etwas gesagt hat; ich erfuhr davon erst lange nachher.” Nicht zuletzt die insbesondere vor Tolkien geheim gehaltene Hochzeit von Lewis war ein schwerer Schlag, dennoch fährt er fort: „Aber wir verdanken jeder dem anderen viel, und diese Bindung, mit der tiefen Zuneigung, die daraus erwuchs, bleibt erhalten. Er war ein großer Mann, von dem die kaltblütigen offiziellen Nachrufe nur die Oberfläche ankratzen, mancherorts mit Ungerechtigkeit.”

 

Für eine völlige Entfremdung der beiden Männer waren die Gemeinsamkeiten zu groß, auch wenn sie sich deutlich voneinander entfernten. Lewis und Tolkien hatten unbewusst einander gesucht und gefunden. Beide waren sie überzeugte Christen – Tolkien wie immer stetig, auch im Glauben; Lewis, wie üblich zerrissen, aber dafür umso heftiger bekehrt. Beide waren sie fasziniert von der nordischen Mythologie, beide waren sie typische Vertreter der Oxford School und hielten von der neumodischen Literaturwissenschaft, wie sie in Cambridge gelehrt wurde, nichts. Gemeinsam vereinte sie ihr Hass auf die Moderne – und ihre Liebe zur der von ihnen geschaffenen Gattung der Fantasy-Literatur.

 

Anhang A - Kurze Zeittafel zu J.R.R. Tolkien und C.S. Lewis

Die vermeintlich „kurze“ Zeittafel reicht bis in das Jahr 1857, dem Geburtsjahr von Tolkiens Vater Arthur Reuel, zurück und endet im Jahr 2003, als der Autor das Buch veröffentlichte. Für einen raschen Überblick und eine schnelle zeitliche Einordnung von Ereignissen, Namen und Orten sehr gut gemacht und klar strukturiert.

 

Anhang B - Die anhaltende Popularität von Tolkien und Lewis

Der Autor versucht in diesem knappen, aber sehr interessanten Essay die heutige Bedeutung und zum Teil große Popularität von J.R.R. Tolkien und C.S. Lewis zu beleuchten und liefert hierfür einige prägnante Ausführungen. Dem eiligen Leser besonders empfohlen!

 

Die Werke von C.S. Lewis und J.R.R. Tolkien

Aufgeführt sind die Hauptwerke von C.S. Lewis als auch von J.R.R. Tolkien in der Reihenfolge ihres Erscheinens sowie posthum erschienene Werke und Sammlungen, außerdem eine Bibliografie der Sekundärliteratur, die in ihrer Form für beide Schriftsteller fast vollständig und auf dem aktuellen Stand ist, als auch weitere Quellenverweise des Autors.

 

Fazit

Es gibt sicherlich bereits mehr als genügend Biographien zum Leben und Werk von C.S. Lewis und J.R.R. Tolkien, aber Colin Duriez bietet in seiner vorgelegten Doppelbiographie ein wissenschaftliches Werk, das in dieser Art sicherlich seinesgleichen sucht. Es werden zwar keine sonderlich neuen Erkenntnisse in den Biographien von Tolkien oder Lewis ans Tageslicht gezerrt, aber die gezielte Darstellung des gegenseitigen Einflusses auf das Denken und zum Teil auch die Arbeit des jeweils anderen sind sehr beeindruckend und eröffnen neue Perspektiven.

 

Der Anspruch des Buches ist sicherlich als wissenschaftlich zu bezeichnen und dennoch gelingt es Duriez den Leser in zumeist leichter und verständlicher Form an die Werke der beiden Autoren heranzuführen. Dabei stehen bei weitem nicht nur die bekannten Veröffentlichungen im Vordergrund, sondern auch die zum Teil bedauerlicherweise in Vergessenheit geratenen Texte.

 

In einem nüchternen und aufgeräumten Ton schildert Duriez auch die oftmals religiösen Motive, wobei er den bekehrten Christen Lewis niemals einen Glorienschein verleiht und den vermeintlich unermüdlichen Arbeiter im Elfenbeinturm, Tolkien, doch etwas bodenständiger darstellt, selbst wenn dessen Leben etwas unaufgeregter als das von Lewis war.

 

Dieses Buch ist genau richtig für Personen, die die Lebenswerke von Tolkien und Lewis genauer verstehen wollen, denn das Hintergrundwissen über die Entstehungsgeschichte der nunmehr schon als „klassisch“ zu bezeichnenden Fantasy ist ohne das Verständnis von Lewis’ und Tolkiens Gedankenwelt schwer möglich. Wer sich allerdings mit diesem Thema bereits intensiver auseinandergesetzt hat, darf von diesem Buch keine sonderlich neuen Erkenntnisse erwarten, sondern „lediglich“ die gelungene Darstellung von zwei recht unterschiedlichen Lebensentwürfen bedeutender Schriftsteller, denen das Geschenk der Freundschaft zuteil wurde.