Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
James Bond 2 - Leben und Sterben lassen
Bewertung:
(3.7)
Von: Moritz Mehlem
Alias: Glgnfz
Am: 22.10.2012
Autor:Ian Fleming
Übersetzer:Stephanie Pannen, Anika Klüver
Typ:Roman
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-86425-072-9
Inhalt:240 Seiten, Taschenbuch
Preis:€ 12,80
Sprache:Deutsch

Inhalt (Vorsicht Spoiler!!!)

Bond entwickelt sich! Die Zweifel aus Band 1 hat er hinter sich gelassen und geht nun seine Aufgaben mit einem neuen Selbstverständnis an, dennoch ist er nicht der fast unverwundbare Held der Filme, sondern er bekommt – wie auch seine Mitstreiter – ordentlich auf die Mütze und diese Wunden schmerzen auch – deutlich mehr, als man das in den Filmen (gerade der Moore-Zeit) mitbekommt.

 

Gerade an diesem Roman sind mir drei Dinge ganz klar bewusst geworden.

1. Die James Bond-Filme sind keine Romanverfilmungen, sondern basteln aus Versatzstücken der Romane ihre eigenen Geschichten.

2. Die Bösewichte in den Romanen wollen nicht immer gleich die Welt zerstören oder zumindest als Geisel nehmen – hier begnügt sich Mr. Big eigentlich damit ein paar Goldmünzen aus einem Piratenschatz zu schmuggeln. Auf globaler Ebene dann doch eher ein mickriges Verbrechen.

3. Der Roman-Bond ist viel weniger ein „Teflon-Billy“, an dem im Prinzip alles (Verletzungen wie auch Seelisches) einfach abprallt – er ist mehr auf seine Freunde und Glück angewiesen.

 

Bevor ich loslege noch eine kurze Randbemerkung – Verdammte Axt, seit die erste Clawfinger-Scheibe in meinem CD-Player in der Heavy Rotation lief, bin ich nicht mehr so stark mit dem Begriff „Neger“ konfrontiert worden. Respekt vor dem Verlag, dass er da nicht irgendwie politisch korrekt eingeknickt ist. Aber wahrscheinlich hätte jede andere Übersetzung oder Umschreibung nur noch dämlicher geklungen.

 

Die Komposition von Casino Royale habe ich ja kritisiert – hier wird es viel besser. Die ganze Geschichte strebt einem Höhepunkt zu – der kommt wie erwartet und dann ist auch nach einer kurzen Endsequenz Feierabend. So gehört sich das. Die Handlungsorte sind deutlich weniger exotisch als man es aus dem Film kennt, dafür ist die ganze Story viel „straighter“ erzählt und reißt einen diesmal wirklich mit. Obwohl man fast 100 Seiten mehr zu lesen hat als im ersten Band, war ich dennoch um einiges schneller fertig.

Auch dieser Plot lässt sich schnell erzählen: Mr. Big, ein Boss der New Yorker Unterwelt schmuggelt Goldmünzen in gewaltigem Wert von Jamaika nach New York – das muss James zusammen mit Felix Leiter verhindern.

In „Leben und sterben lassen“ bewegt sich James zuerst in New York (genauer gesagt: Harlem), dann geht es im Zug weiter nach Saint Petersburg, eine Insel in Florida, die den Reichen als Altersruhesitz dient und dann geht es zum großen Showdown nach Jamaika.

 

Sorry, aber ich muss jetzt doch wieder auf die Verfilmung zu sprechen kommen, denn ich erwähnte schon die Versatzstücke und Elemente aus diesem Roman finden sich in den unterschiedlichsten Filmen wieder – man könnte es als lustiges Ratespielchen mit E-Mails an die Gate-Redaktion machen, aber ich will deren Kommunikationskanäle nicht noch zusätzlich verstopfen.

Eigentlich nur eine einzige Szene dieses Romans ist für mich auch eine typische Szene des Films – und das ist die, in der JB im Nachtclub sitzt und auf einmal sein Tisch nach unten verschwindet und er direkt vor Mr. Big wieder auftaucht. Die ist schon im Roman cool, die hat auch im Film geklappt.

 

Aus anderen Filmen kommt einem von der Grundidee her vage die Szene mit Solitaire im Zug vor, die leicht abgeändert, aber mit identischer Atmosphäre in „Liebesgrüße aus Moskau“ vorkam. Ziemlich exakt findet man die Szene, in der Felix Leiter von Haien verstümmelt wird und den anschließenden Kampf im Köder-Laden aus „Lizenz zu Töten“ und die Abschlusszene mit James und einer weiblichen Gespielin (hier Solitaire) in „In tödlicher Mission“ wieder.

Gerade der letzte Handlungsort und sein Personal kommt einem doch bekannt vor: Jamaika, Strangways, Quarrel, der Fischer, eine gut bewachte Insel, die James infiltrieren muss – Dr. No lässt ganz schön grüßen…

 

Film-technisch ist auch der Bösewicht treffender gelungen als in Casino Royale. Der schwere farbige Gangsterboss kommt auch auf der Leinwand rüber, während „Le Chiffre“ in der neuen Verfilmung nicht der „schwere Junge“ ist, als der er im Roman geschildert wurde, sondern ein mageres Frettchen mit irrem Blick.

 

Erneut sind Übersetzung und Lektorat gelungen – nur ein einziges falsches „dass“ und nur ein Satz, wo ich rätseln musste, wie der wohl im englischen Original heißen mag. An einer weiteren Stelle bin ich mir sicher, dass es völlig verquer übersetzt ist, aber ich komme beim besten Willen nicht drauf, wie es ursprünglich heißen mag. Trotzdem: Gute Arbeit – die nächsten 12 Romane können kommen.

Fazit:

Gegen „Casino Royale“ eine deutliche Steigerung, was Spannungsaufbau und Co. angeht, aber das Ende ist immer noch etwas unbefriedigend. Wird Zeit, dass James den großen Bösewicht endlich mal Auge in Auge gegenübertreten und ihn im Kampf Mann gegen Mann beseitigen kann.

Wer die exotischen Locations und Szenen des Films erwartet, wird vielleicht etwas enttäuscht werden, aber der Roman kann mit einem großen Plus punkten – kein Roger Moore!

 

James Bond kehrt zurück in MOONRAKER…

 

… und das ist auch gut so!