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D&D Dungeon Command
Bewertung:
(3.8)
Von: Jens-Jakob Geiermann
Alias: Halys
Am: 24.01.2013
Autor:Kevin Tatroe, Peter Lee und Rodney Thompson
Typ:Tabletop skirmish game
System:Dungeon Command
Setting:Forgotten Realms
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-6023-1
Inhalt:Siehe Text
Sprache:Englisch

Vorwort

Pre-painted Plastikminiaturen bzw. Skirmish Spiele gab es schon vor Jahren von Wizards of the Coast, allesamt aus unterschiedlichen Gründen eingestellt, Fans bemängelten häufig die hohe Zufälligkeit der Miniaturen in den Packungen.

Mit Dungeon Command meldet sich WotC mit einem einfachen, schnell erlernbaren, aber dennoch abwechslungsreichen Spiel zurück.

 

Inhalt und Aufmachung

Dungeon Command besitzt keinerlei Grundbox oder ein Starterset, stattdessen kommt das Spiel in sogenannten „Faction packs“ daher.

Jede dieser Schachteln enthält die vollständigen Regeln (ein fünfzehnseitiges Heftchen, auf dessen Rückseite eine kleine, nützliche Referenztabelle abgedruckt ist), zwei Commander cards, die die jeweiligen Anführer repräsentieren und gewissen Einfluß auf den Spielablauf bzw. die eigenen Truppen haben, vier stabile Pappkartenstücke, wie man sie bereits von Castle Ravenloft etc. kennt und die mit diesen kompatibel sind (aber nur sehr eingeschränkt mit Dungeon Tiles), 36 Order cards (enthalten besondere Manöver, Zauber, Befehle etc.), zwölf Creature cards auf denen die Monster/Abenteurer verzeichnet sind, einen Pappbogen mit diversen Markern für Schätze, Schaden etc., jeweils eine handvoll Karten für das „Adventure system“ (Castle Ravenloft, Wrath of Ashardalon etc.), die u.a. Werte der Monster bzw. Abenteurer enthalten und natürlich das Wichtigste, die Miniaturen. Jeder Spieler benötigt ein Faction pack, auch wenn es Regeln gibt, um mit einer einzelnen Schachtel zu zweit zu spielen, was jedoch keine dauerhafte Lösung ist und allenfalls für ein paar Testspiele reicht.

 

Bisher sind nur mittelgroße oder große Kreaturen erschienen, die Kartenstücke sind auch für diese Größe ausgelegt. Die meisten der Miniaturen sind wiederverwertete Miniaturen aus alten Sets, die lediglich einen neuen Anstrich erhalten haben. Die Qualität der Figuren ist gut, die Bemalung keine Meisterarbeit, aber völlig ausreichend. Generell gilt, je größer die Figur, desto besser die Bemalung. Der Kunststoff neigt bei Details zum Verbiegen (besonders Schwerter), ist jedoch so gut wie unverwüstlich. Folgende Miniaturen sind den Packs beigelegt:

 

Heart of Cormyr

Copper Dragon (large)

Dragon Knight

Dwarf Cleric

2x Dwarven Defender

Earth Guardian

2x Elf Archer

Halfling Sneak

Half-Orc Thug

Human Ranger

War Wizard

 

Sting of Lolth

2x Demonweb Spiders

Drow Blademaster

Drow Assassin

Drow Wizard

Giant Spider (large)

2x Drow House Guard

Drow Priestess

Shadow Mastiff

Umber Hulk (large)

Drider (large)

 

Tyranny of Goblins

Bugbear Berserker

2x Hobgoblin Soldier

Hobgoblin Sorcerer

Goblin Wolf Rider

Horned Devil (large)

Goblin Archer

Goblin Champion

2x Goblin Cutter

Feral Troll (large

Wolf

 

Dass die Miniaturen fest sind und es keinerlei Zufälligkeit gibt ist Vor- und Nachteil zugleich. Die Miniaturen beinhalten die komplette Bandbreite der jeweiligen Fraktion, einzig mit dem Kauf einer zweiten Fraktionsschachtel läßt sich die Zusammensetzung der Truppen ändern, andere Miniaturen gibt es nicht, was auf längere Sicht schade ist. Der Vorteil gegenüber einer zufälligen Verteilung ist jedoch, dass man eine vollständige, thematisch stimmige, funktionierende Truppe erhält.

 

Eine Hintergrundgeschichte oder ein paar Worte zur jeweiligen Fraktion existieren nicht. Einzig auf den Commander cards stehen zwei oder drei Sätze zu den jeweiligen Personen und die Dunkelelfen, bzw. die Truppen Cormyrs gehören zu WotCs Ereignis „Rise of the Underdark“ und sind in den Vergessenen Reichen angesiedelt, beides ist jedoch viel zu wenig, der reichhaltige Hintergrund der Reiche bleibt hier größtenteils ungenutzt. Schade

 

Spielablauf

Bereits beim Durchstöbern des Materials und beim ersten Blick ins Regelbuch fällt auf, dass sich Dungeon Command an die aktuelle Version von D&D anlehnt, die Bilder stammen vielfach aus Publikationen der 4E, ebenso Spielmechanismen, die es in ähnlicher Form, auch beim großen Bruder gibt.

Das Ziel des Spiels ist simpel: Die Moral des Gegners brechen oder seine kompletten Kreaturen auf dem Spielfeld eliminieren. Missionen, Aufträge etc. existieren nicht.

Das Regelheftchen erklärt den Spielablauf gut und mit ausreichend Beispielen, nur zwei Stellen waren etwas unglücklich formuliert, während des Spielens fand ich jedoch jede Regel schnell und einfach.

 

Die beigefügten Kartenstücke sind doppelseitig und zeigen entweder ein Dungeon oder Wildnis. Deckung, Räume etc. sind gut verteilt und in keiner Partie hatte eine Seite das Gefühl einen Vor- oder Nachteil zu besitzen. Zu Beginn des Spiels entscheidet man sich welche Seite man nutzt, diese Wahl hat aber so wenige Auswirkungen auf das Spiel.

Danach entscheidet man sich für einen von zwei Commander-Persönlichkeiten der jeweiligen Fraktion, die eine Leader power besitzen (z.B. vermögen sich die Dunkelelfen und Spinnen der Maliszandra Malistros zwei Felder weiter zu bewegen, als normal), unterschiedlich viele Creature und Order cards auf der Hand, sowie verschiedene Moral- und Leadership Werte. Der Moralwert ist extrem wichtig, er repräsentiert die „Lebenspunkte“ der eigenen Fraktion und läßt sich zumeist nur mit dem Aufsammeln von Schätzen und (selten) Order cards erhöhen. Wenn ein eigenes Monster stirbt, sinkt der Moralwert um das Level der Kreatur.

Leadership erhöht sich jede Runde um einen Punkt und gibt an, wie viele Level an Kreaturen man auf das Spielfeld bringen darf, so dass mit fortlaufendem Spiel die eigenen Streitkräfte beständig anwachsen.

Das Spiel kommt ohne jegliches Würfeln aus, ein Zufallselement gibt es jedoch durch das Ziehen von Karten. Je nach Commander hat man, wie oben erwähnt, eine unterschiedliche Anzahl von Creature und Order cards.

 

Order cards ähneln den Kräften/Powers von D&D und sind besonders starke Angriffe, Kombinationen von Bewegung+Angriff, Heilfähigkeiten, Ausweichmanöver, Heiltränke, Zauber oder dauerhafte Stärkungseffekte, Schnellschüsse, Verschiebeeffekte etc., alles entweder Standart, Minor oder Immediate actions, wobei die Immediate actions Konter des Gegners sind.

Auf der Creature card steht das Level der Kreatur (von 1-6), deren Trefferpunkte, Nah- und Fernkampffähigkeiten, Bewegungsrate, Sonderregeln und eine kleine Abbildung der jeweiligen Plastikminiatur. Dazu besitzt eine Kreatur eine Reihe von Schlüsselbegriffen, z.B. „Goblin“, „Humanoid“, „Adventurer“, Level und Attribute (Stärke, Charisma, Intelligenz etc.), die wichtig sind, denn manche Order cards haben Vorraussetzungen bei diesen Schlüsselbegriffen.

Pro Zug erhält man normalerweise nur eine neue Order card (es gibt auch nur wenige Möglichkeiten mehr zu erhalten) und das ist sehr schmerzlich, denn Schaden des Gegners kontert man hauptsächlich über Order cards.

 

Das Zufallselement der Karten kann bereits zu Anfang des Spiels dieses maßgeblich beeinflussen. Zum einen sind manche Kreaturen hilfreicher oder nützlicher, als andere, zum anderen braucht man anfangs eher niedrige Kreaturen, weil der Leadership Wert noch nicht hoch genug ist, um hohe, starke Kreaturen einzusetzen.

Bei den Order cards verhält es sich ähnlich, wenn man anfangs unnütze Karten zieht, die man einfach nicht benutzen kann, ist das ein großer Nachteil, denn man erhält pro Runde nur eine Order card, der Verbrauch ist jedoch wesentlich höher. Beim Faction pack „Tyranny of Goblins“ existiert z.B. nur eine zaubernde Kreatur, der Hobgoblin Sorcerer, für den es jedoch drei Order cards im Stapel gibt, die nur er allein einsetzen kann, so dass man schlimmstenfalls mit wertlosen Karten auf der Hand sitzen bleibt, weil man nicht den Hobgoblin Sorcerer parat hat.

 

Nachdem man sich für einen Commander entschieden hat, bauen die Spieler in den eigenen Startzonen ihre Truppen auf, dazu werden zufällige Schatzhaufen auf dem Spielfeld plaziert, durch die man die Moral erhöhen kann (und somit die Überlebenschancen). An Aktionen gibt es eine Bewegung, eine Standart action (meist Zuschlagen), beliebig viele Minor actions und Immediate actions (Aktionen in der gegnerischen Phase).

Die Bewegung verläuft ähnlich wie beim großen Bruder D&D in Feldern, wobei es noch gefährliches Gelände, Hindernisse etc. gibt, die allerdings durch Symbole klar auf den Karten ersichtlich sind. Sobald man sich jedoch angrenzend zu einem Feind bewegt hat, stoppt man und wenn man angrenzend zu einem Feind startet, kann man sich lediglich ein Feld bewegen, was die Positionierung zu einer wichtigen Aufgabe macht.

 

Kämpfe verlaufen erstmal sehr statisch, Kreaturen verfügen über Fern- und Nahkampffähigkeiten (manche nur über eine der beiden), sobald man im Nahkampf ist oder eine klare Sichtlinie im Fernkampf ziehen kann, trifft man automatisch mit einem vorgegebenen Schadenswert, der von den Hit points abgezogen wird. Nahkämpfe können nur angrenzend zum Feind ausgeführt werden, Fernkämpfe nur von weiter als einem Feld Entfernung.

 

Ein einfacher Level 1 „Goblin Cutter“ verursacht nur 10 Schaden im Nahkampf und besitzt lediglich 10 Hit points, dagegen verursacht der Level 6 Copper Dragon 20 Schaden im Fernkampf am Ziel und allen nebenstehenden Kreaturen, im Nahkampf 30 Schaden und verfügt über stolze 120 Hit points.

 

Der statische Kampf wird durch zwei Optionen aufgelockert, zum einen die oben genannten abwechslungsreichen Order cards und das „Cowering“, dadurch duckt sich die Kreatur und erhält keinen Schaden, allerdings leidet darunter auch der Moralwert, so dass man sich diese Option sehr überlegt anwenden muß.

 

Am Ende der Runde können eventuell neue Kreaturen in der eigenen Startzone aufgestellt werden.

 

Beim ersten Spiel mußten mein Mitspieler und ich noch mehrfach ins Regelheftchen schauen und waren froh, dass jedem Spiel auch ein Regelheft beiliegt, aber die Regeln sind rasch verinnerlicht und schon nach einer halben Stunde lief das Spiel flüssig. Der benötigte Platz für die eigenen Karten, bzw. Kartenstapel, Kreaturen und das Spielfeld ist nicht groß, ein gewöhnlicher Küchentisch reicht völlig aus.

Das Spiel enthält zwei Zusatzregeln, zum einen für Mehrspieler Partien, wobei die beigefügten Kartenstücke so konstruiert sind, dass sich mühelos auch Karten von drei oder vier Sets kombinieren lassen und zum anderen für Teamspiele (zwei gegen zwei, theoretisch auch mehr).

 

Die einzelnen Faction packs

Die Fraktionen spielen sich sehr unterschiedlich, zwar bestehen alle Sets aus je zwölf Miniaturen, aber deren Stärken und Schwächen sind gut ausgearbeitet und geben jeweils ein anderes Spielgefühl, was sich auch in einzigartigen Karten widerspiegelt.

Die Dunkelelfen von Sting of Lolth sind sehr schnell und ihre Spinnen können sich sogar mühelos an Gegner vorbeibewegen, was ansonsten nicht so einfach funktioniert. Viele Fähigkeiten und Order cards geben den Dunkelelfen etwas fiese Optionen. Gift, Fallen, Hinterhalte und Netze erhöhen den Schaden oder behindern den Gegner. Spieltechnisch sind einige der dunkelelfischen Order cards mit Karten der anderen Sets identisch, aber kleine Zitate der beiden Commander geben der jeweiligen Karte eine schöne Note. Einziger Wermutstropfen sind manche Bilder, die zwar zur Karte, aber nicht zum Set passen, z.B. Tieflingsabbildungen bei den Dunkelelfen.

Die Truppen von Heart of Cormyr sind etwas langsamer und defensiver, was jedoch taktische Möglichkeiten gibt, ein Dwarven Defender kann Schaden bei angrenzenden Verbündeten reduzieren und ein Dwarf Cleric sogar pro Runde etwas Schaden heilen. Bei den Testspielen waren sich alle Spieler jedoch einig, dass Cormyr mehr aushält, als die Dunkelelfen und mehr austeilt. Die Order cards passen zu einem eher typischen Königreich, allerdings gab es keine Karte, die absolut zu Cormyr passen würde. Cormyr hat trotz mancher Stärken so gut wie alle Testspiele verloren, besonders der majestätische Copper Dragon war für alle Spieler enttäuschend.

Tyranny of Goblins spielte sich bei den Tests sehr, sehr ausgewogen, einerseits verfügen die Truppen über ein paar niedrige Goblinkreaturen (Kanonenfutter), andererseits aber auch über zwei der stärksten getesteten Kreaturen, einen Feral Troll, der dank Regeneration lange überleben kann und einen Horned Devil, der nicht nur Fliegen kann, sondern auch Reichweite 2 besitzt, mit 140 Hit points am meisten aushält und unübertroffene 40 Schaden verursacht.

Die Order cards treffen den Hordencharakter der Goblins sehr gut, darunter Kriegsrufe, massierte Vorwärtsbewegungen und Karten, mit denen man schneller Truppen mobilisieren kann.

Bei allen Testspielen hat sich die Goblin Fraktion als am stärksten gezeigt.

 

Das Regelheft empfiehlt beim Aufbau der eigenen Warband, dass man den Inhalt von zwei Sets kombiniert, um eine optimale Auswahl an Order cards und Kreaturen zu erhalten. Ein Testspiel konnte ich mit einer zweiten Cormyr Schachtel eines Freundes durchführen und dort zeigte sich, dass durch zwei Sets die Karten völlig neu gemischt wurden, Cormyr wurde plötzlich sehr gefährlich und gewann verdient.

 

Fazit:

Dungeon Command ist ein gutes, solides Spiel, die Regeln sind stimmig und boten in meinen Testrunden keine Gelegenheit zur Diskussion. Jede Partie hat Spaß gemacht. Die Vermeidung eines Würfelmechanismus bedeutet eine gewisse Planbarkeit, die jedoch gegen Ende des Spiels in statische Kämpfe mündet.

Anfangs besitzen die Spieler noch genügend Order cards, die einen der wesentlichsten Spielmechanismen darstellen, aber nach wenigen Runden auf ein Minimum reduziert sind. Unnütze Karten sind dann besonders schmerzlich.

Sieg oder Niederlage liegen häufig auch sehr nah beieinander, denn der Verlust von eigenen Kreaturen läßt sich ohne Order cards kaum noch vermeiden und der damit einhergehende Verlust von Moral (bei 0 hat man verloren) ist somit unausweichlich.

Die Leader powers der Commander oder die Sonderfertigkeiten der Kreaturen bieten einen gewissen Ersatz, können aber die fehlenden Einflußmöglichkeiten der Order cards nicht kompensieren. Das Spiel bleibt spaßig, besonders weil der Leadership Wert steigt und man mehr Kreaturen auf die Spielfläche holen kann, aber die spannendste Phase sind die ersten Runden, bei denen man nicht weiß, ob der Gegenspieler noch Konter auf der Hand hat, später heißt die Antwort zumeist „Nein“.

Pro Faction pack muß man je nach Anbieter zwischen 25-40 Euro investieren, wenn im Freundeskreis jeder eine unterschiedliche Schachtel besitzt, kann das einige spannende Abende bringen mit einer Spielzeit von ca. 1-1,5h pro Spiel. Etwas sauer stößt die Empfehlung von WotC auf sich pro Fraktion gleich zwei Schachteln zu kaufen, allerdings ist es auch wiederum sehr löblich, dass Dungeon Command mit Castle Ravenloft etc. kompatibel ist.

Ich bin bei meinem Fazit etwas unschlüssig, einerseits macht das Spiel Spaß, andererseits ist eine gewisse Investition erforderlich, um das Spiel in vollen Zügen genießen zu können. Man muß mindestens zwei Fraktions Schachteln zur Hand haben, um wirklich spielen zu können, je mehr aber, desto besser.

 

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