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James Bond 7 - Goldfinger
Bewertung:
(4.4)
Von: Moritz Mehlem
Alias: Glgnfz
Am: 03.08.2013
Autor:Ian Fleming
Übersetzer:Stephanie Pannen, Anika Klüver
Typ:Roman
Setting:James Bond
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-86425-082-8
Inhalt:393 Seiten, Taschenbuch
Preis:12,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt

(Vorsicht Spoiler!!!)

Nur kurz zur Aufmachung: Hervorragend! Die Serie bleibt sich treu und sowohl Cover als auch Buchrücken sind absolute Zierden für mein Bücherregal.

Übersetung und Lektorat sind mittlerweile absolut solide – es gibt zwar das eine oder andere „Geld machen“ und zwei versaubeutelte „dasse“, aber insgesamt ist die Nervquote weit, weit unter dem Durchschnitt. Keine Beanstandungen also, was die „Verarbeitung“ angeht.

In Bezug auf den Inhalt kann ich vielleicht direkt verraten, dass sich der Film recht nah an der Handlung des Romans entlangschlängelt und Parallelen schneller zu erkennen sind, als bei den meisten Vorgängern.

Die (kurz gespoilerte) Handlung: Bond kommt Auric Goldfinger auf die Schliche, der einen alten Bekannten beim Kartenspielen betrügt. Wie das Leben so spielt, wird er wenig später von M auf eben diesen Typ angesetzt, der irgendwelche krummen Touren auf dem Goldmarkt fährt. Er verfolgt ihn durch halb Europa, wird aber geschnappt, fast umgebracht, aber dann doch „angestellt“, um beim gewaltigen Coup zu helfen, Fort Knox auszurauben.

Hört sich für Cineasten bekannt an, aber Moment! „Ausrauben“??? Im Film war der Plan doch noch ungleich diabolischer. Goldfinger will hier die Goldvorräte in Fort Knox radioaktiv verseuchen, um sein eigenes Gold im Wert rapide ansteigen zu lassen.

Wie schon bei Dr. No wurde hier im Film die Radioaktivitätskomponente eingebaut – scheinbar in einer gewissen „Radioaktivitätsverliebtheit“ der 60er Jahre, aber auch, um der Verschwörung eine weitere Ebene zu verleihen.

Diese zusätzliche Ebene entsteht im Roman dadurch, dass Goldfinger der Finanzexperte der bösen russischen Organisation SMERSCH ist, die in sämtlichen Romanen das verbindende Element darstellt. Bisher fand ich das immer etwas albern, aber Fleming zieht das so knallhart durch, dass es mir nun beim siebten Roman zunehmend Respekt abringt.

Wie schon in den letzten Besprechungen geschrieben, läuft Fleming als Romanautor langsam warm. Wir haben es immer weniger mit zusammengesetzten potentiell coolen Fragmenten zu tun, sondern mit wirklich funktionierenden Romanen. Bewertungstechnisch sollte man das auch in der Entwicklung meiner Benotungen ablesen können.

 

An dieser Stelle könnte ich kurz auf die vier im Teaser angesprochenen Szenen eingehen – schauen wir doch mal:

- Geköpfte Statue: Ähnlich, aber nicht gleich. Oddjob zeigt zuerst seine Karatekünste und schleudert den Hut dann gegen eine Holzwand. Beeindrucken, aber nicht soooo beeindruckend wie im Film.

- Umfallende Soldaten: Pustekuchen. Die Vergiftung erfolgt hier über das Trinkwasser und die Bösen fahren mit dem Zug in die gespenstisch schlafende Szenerie ein.

- Jill Masterson: Fehlt in der Form. Jills Schwester erzählt James lediglich, dass ihre Schwester vergoldet wurde, ist insgesamt aber weniger zentrales Element.

- Goldlaser: Gibt es nicht. Die Folter wird von einer vulgären Säge unterstützt.

 

Eine weitere wichtige Szene des Films, das Golfspiel zwischen James und Goldfinger wird auch im Roman lang und schmutzig geschildert. Toll für Leute, die sich für den Sport interessieren, aber für viele dürften es 25 Seiten sein, die sie schnell überblättern – ähnlich wie die gefühlt 636466 Seiten über Pfeifenkraut in einem anderen recht bekannten Roman.

 

Abgesehen davon, dass der Roman sich – wie schon geschrieben – hervorragend flüssig herunterliest, bleiben dann aber doch noch zwei Logiklücken von der Größe des Grand Canyon.

Dass die Bösen in den Filmen Bond nicht einfach kurzerhand abknallen, sondern sich bescheuerte Todesarten einfallen lassen, dann kurz vor Eintritt des Todes den Ort des Geschehens verlassen und Bond flüchten kann, ist ja schon lieb gewonnene Tradition. Aber hier schafft es Goldi, sich selber um die Früchte seiner Arbeit zu bringen. Er foltert Bond, dieser hat schon aufgegeben und es wird ihm schwarz vor Augen und er hat sich in seinen Tod gefügt. (Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge)

So weit so gut. Endlich mal ein Bösewicht, der sein Handwerk versteht. Dann aber kommt Bond wieder zu sich und wird von Goldfingers Leuten wieder gesund gepflegt, um für ihn zu arbeiten. Schon klar!

Dann wurde der Raub abgewendet und Goldfinger (Verdammt! Jetzt habe ich schon dreimal „Goldständer“ geschrieben) konnte entkommen. So wie ihn der Roman schildert, ist auch dem größten Depp klar, dass er sich nun James vorknöpfen wird, der für das Scheitern des Coups verantwortlich ist. Bond aber ahnt nichts, lässt sich im Flughafen ausrufen und in irgendeinem Büro unter fadenscheinigen Vorwänden eine Spritze geben. Logo! So ein Trottel!

 

Abgesehen von diesen beiden Lücken fällt dem Leser im Jahr 2013 noch auf, was für ein Mensch Autor Ian Fleming gewesen sein muss. Bonds Weltbild ist wirklich, wirklich nicht sonderlich politisch korrekt. Das fiel auch schon zuvor auf, aber wie Bond hier über Koreaner und „Japsen“ denkt, dass er Homosexualität durch die Unsicherheit begründet, die durch das Aufweichen der Geschlechterrollen entsteht, oder dass er auf der letzten Seite schnell noch die Lesbe Pussy Galore „bekehrt“, die bisher einfach „noch nie einen richtigen Mann getroffen hat“, liest sich heutzutage doch im besten Falle mit leichten bis mittelschweren Kopfschmerzen.

 

Man kann das kritisieren oder einfach als „interessantes Zeitdokument“ hinnehmen, das entscheide bitte eine jede und ein jeder für sich selbst.

 

Fazit:

Als Film ein Klassiker von Weltrang, als Roman ebenfalls absolut lesenswert. Wer einen guten Plot und einen etwas weniger teflonartigen Bond erleben will, ist hier super aufgehoben.