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James Bond 10 - Der Spion, der mich liebte
Bewertung:
(3.1)
Von: Moritz Mehlem
Alias: Glgnfz
Am: 04.01.2014
Autor:Ian Fleming
Übersetzer:Anika Klüver, Stephanie Pannen
Typ:Roman
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-86425-088-0
Inhalt:217 Seiten, Softcover
Preis:12,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

(evtl. Vorsicht Spoiler!!!)

Oooookay. Nachdem wir mit „Feuerball“ extrem nah am Film waren, sind wir hier extrem weit weg. Sprich: Der Film verwendet den Titel des Romans, aber das war es auch schon. Nicht die kleinste Szene wurde verwurstet – und was noch interessanter ist: keine einzige Szene des Buches kommt in irgendeinem Film vor. Da steckt also noch etwas Potenzial für zukünftige Bond-Verfilmungen.

 

Gut, jetzt wissen wir also, womit wir es NICHT zu tun haben, aber worum geht es denn nun in „Der Spion, der mich liebte“?

Die Handlung ist schnell zusammengefasst: Eine junge Dame wird angeheuert einen Autohof für eine Nacht zu betreuen, denn die Pächter müssen weg und der Besitzer wird am darauffolgenden Tag übernehmen und das ganze Areal winterfest zu machen. In der Nacht klopfen 2 Typen und behaupten, dass der Pächter sie geschickt hat. Das scheint auch zu stimmen, trotzdem merkt der Leser (und die „Heldin“) sofort, dass mit den beiden Gaunervisagen etwas nicht stimmt und so rechnet man schon mit Vergewaltigung und einem schnellen Ende im See auf dem Grundstück.

Wie der Zufall es aber so will, klopft ein gewisser James Bond an, der just um die Ecke eine Reifenpanne hatte, und sucht ein Zimmer für die Nacht.

Wie die Chose ausgeht, kann sich der geneigte Bond-Fan an seinen zehn Fingern abzählen, da muss ich nicht mehr spoilern als unbedingt nötig.

 

Erzähltechnisch ist das alles ganz schick gemacht. Der Roman ist dreigeteilt in „Ich“, „Sie“ und „Er“. Im ersten Teil geht es vor allem um die Lebensgeschichte und das fast schon chronische Scheitern von Vivienne „Viv“ Michel, der frankokanadischen Hauptfigur, die nach einem Umweg über London wieder zurück in die alte Heimat kommt und beschließt auf einem Motorroller mal eben einem den Kontinent durchqueren zu können. In den 50er Jahren ganz sicher ein noch „interessanteres“ Unterfangen als im Jahr 2014. Teil 2 schildert dann die Vorkommnisse in Dreamy Pines mit den beiden auf unterschiedliche Arten und Weisen sadistischen Knasti-Killern, die Viv in ihre Gewalt bekommen und es scheinbar keinen Ausweg mehr gibt. Teil 3 heißt ja schon „Er“. Was soll nur wohl passieren? „Er“ klopft an die Tür und lässt sich von den beiden Fieslingen nicht abwimmeln…

 

Sorry, aber der ganze Roman hat einen brutal hohen „Schuster bleib bei deinen Leisten“-Faktor. Ganz sicher sind Sittengemälde nicht Ian Flemings Stärke – ebenso wie politische Korrektheit. Auch da versagt er für den Geschmack des Jahres 2014 auf ganzer Linie, aber das stört mich fast noch am wenigsten. Die Teile 2 und 3 sind dann schon deutlich stärker, da schreibt er größtenteils von Dingen, von denen er wirklich Ahnung hat und die machen dann auch etwas mehr Spaß als die Macho-Variante der Bronte-Schwestern und Jane Austen in Teil 1. Leider stört mich an Teil 2 dann doch der zu sehr betonte sexuelle Bedrohungsaspekt, den fand ich einfach stellenweise deutlich jenseits meiner Geschmacksgrenzen. Lediglich der finale Abschnitt rockt halbwegs – man tut sich also wirklich einen Gefallen, wenn man erst auf Seite 132 zu lesen beginnt.

 

 

Fazit:

[Puh, Sittengemälde des frankokanadischen Raums und Londons sowie Gewalt- und angedeutete Folter- und Sex-Szenen können sicher andere Autoren besser als Fleming und auch das Erscheinen von James im letzten Drittel des Romans reißt das nicht mehr raus.

Sorry, aber für die Fans der Bond-Filme ist der Roman mal so überhaupt nicht tauglich – gibt es doch nichts, aber auch gar nichts, wo wir hier den Film-Bond wiedererkennen würden – kein Humor, keine Gadgets, keine weltumfassende Verschwörung… bloß die Braut macht er natürlich klar, wie es so seine Art ist.

Will man aber mehr vom literarischen Bond erfahren, so bekommt man hier Szenen aus dem Leben des Agenten, die man vor der Glotze oder der Kinoleinwand noch nicht bewundern durfte. Als Hardboiled-Krimiroman ist „Der Spion, der mich liebte“ zwar keine Offenbarung, aber man kann ihn durchaus lesen…