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Tipps für Kämpfe

6 Tipps für Kämpfe

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Es gibt Spielrunden, die sehr viel Wert auf Rollenspiel, schauspielerische Darstellung, Atmosphäre und Stimmung legen und Kämpfe deswegen meiden oder aber ihr gutes Rollenspiel über Bord werfen, sobald ein Kampf losgeht. Das ist im gewissen Sinne verständlich, denn an keiner anderen Stelle werden im Rollenspiel so viel Regeln benutzt, wie in Kampfsituationen. Es ist schon schwierig, in seiner Rolle zu bleiben und nicht in Techno-Babbel zu verfallen. Immerhin gibt es eine Menge Regelzeugs das geklärt werden muss. Außerdem geht es in einem Kampf meistens um Leben oder Tod des geliebten Charakters. Deswegen beginnen die meisten Spieler auch damit, viel ehrgeiziger mit dem Spielleiter um das Einhalten der Regeln zu feilschen, als sie es sonst je tun würden.

Deswegen ist es besonders wichtig, dass du als Spielleiter bei Kämpfen das Vertrauen deiner Spieler genießt. Umso eher werden sie dir nachsehen, wenn du dich hier und da mal zu Gunsten einer coolen Szene über die Regeln hinwegsetzt. Sei fair: Wenn du mal für die Nichtspielercharakter der Geschichte eine Regel beugst, musst du das auch den Spielern gewähren.

Manche Spielrunden sind der Ansicht, dass es in Kampfsituationen nicht viel Gelegenheit zum Rollenspiel gibt. Das ist ein großer Irrtum.

1. Erzählperspektive wahren

Zunächst einmal ist es wichtig, dass die Erzählperspektive gewahrt wird. Wenn die Spieler nicht in den Rollen ihrer Charaktere bleiben, verpufft auch die Spannung des Kampfes oder wird bestenfalls zu einer Table-Top- Schlacht. Es gibt viele Gelegenheiten zum Schauspielern.

Die wenigsten Kämpfe in Filmen, Büchern oder gerade in Theaterstücken, laufen stumm ab. Im Gegenteil! Sie dienen meistens eher als Hintergrund für unterhaltsame Dialoge. Man ruft sich Warnungen zu, versucht den Gegner einzuschüchtern oder zu verspotten - und bittet um Gnade, wenn's hart auf hat kommt. Geh als Spielleiter mit gutem Beispiel voran. Lass deine Nichtspielercharaktere nicht im Angesicht eines Kampfes verstummen. Vermeide aber natürlich solche Sachen wie:

"Dein Ork sieht angeschlagen aus und bittet um Gnade."

Dramatischer ist:

"Das dicke, grüne Blut des Orks fließt aus den vielen kleinen Schnitten, die du ihm beigebracht hast. Mit zitternden Händen und gebrochenem Blick lässt er kraftlos sein Schwert fallen. 'Ich ergebe mich! Bitte, Herr, verschont mein Leben!'"

2. Schummeln

Und nun der wichtigste Tipp für jeden Spielleiter: Schummele, wenn es sein muss - aber tu's nie so, dass die Spieler es merken!

Dein Abenteuer beginnt, du eröffnest es mit einer coolen Kampfszene und einer der Straßenräuber wirft einen Krit. Schluck! Das wäre das Ende des Spielercharakters und deines Abenteuers. Was bleibt dir übrig, als zu schummeln? Hab keine Hemmungen. Es ist in Ordnung. Fairnis ist eine wichtige Sache im Rollenspiel. Das Fortschreiten der Geschichte eine viel wichtigere.

Anders verhält sich die Sache beim großen Endkampf zum Schluss des Abenteuers. Hier kommt's auf alles an. Die Dramatik der Szene verlangt es nahezu, dass die Spielercharaktere ihr Leben riskieren. Wenn zu diesen Gelegenheiten einer von ihnen stirbt, ist das vielleicht traurig, aber nicht weiter schlimm. Immerhin, ist es der Heldentod, den sie sterben. Bei Endgegnern solltest du deswegen auch überlegen, ob du ihnen nicht Mana- und Schicksals-Punkte wie den Spielercharakteren gibst, um die Chancengleichheit zu wahren.

Wenn die Spieler merken, dass sie in diesem Sinne fair behandelt werden und sie sich zwar nicht in Sicherheit wiegen können, alles zu überleben, andererseits aber auch das Vertrauen in dich als Spielleiter haben, dass du sie nicht hinterrücks durch irgendeinen unbedeutenden Strauchdieb erledigen lässt, werden sie es auch viel eher wagen, ihr Rollenspiel in Kämpfen aufrecht zu erhalten.

3. Improvisationen

Als Spielleiter musst du deinen Spielern die in Kämpfen Gelegenheit zum Improvisieren geben. Deine Spieler müssen diese Gelegenheiten natürlich auch wahrnehmen. Viele Spieler lassen in Kämpfen ihre Charaktere zu den Waffen greifen und dreschen einfach so lange auf die Nichtspielercharaktere ein, bis entweder diese oder sie selbst tot sind. Das ist vielleicht manchmal effektiv, hat aber rein gar nichts mehr mit Rollenspielen zutun. Solche Kampfszenen sind ein pures Würfelspiel ohne Spannung und Dramatik.

Kämpfe werden spannender, wenn du als Spieler damit beginnst, deine Umgebung ins Kampfgeschehen einzubeziehen. In einer Taverne gibt es Tische, Stühle, Krüge, einen Tresen, Treppen, die nach oben oder unten führen - und vielleicht sogar einen Kronleuchter! Vielleicht hast du ja nicht alles beschrieben, was in der Taverne steht? Das muss ja noch lange nicht heißen, dass es diese Gegenstände nicht gibt.

Spieler: "Ha, nimm dies du Schurke! - Ich mache einen ungezielten Hieb mit meinem Dolch, um meinen Gegner abzulenken und stoße ihm derweil mit meinem Fuß den Eimer mit dem Wischwasser aus der Ecke ins Gesicht!"

Eine der schlechtesten Antworten, die du als Spielleiter in so einer Situation geben könntest wäre:

"Eimer? Was für ein Eimer? Ich habe nichts von einem Eimer gesagt."

Hier hat sich ein Spieler Mühe gegeben, in die Situation einzutauchen, alles herauszuholen und kreativ mit dem Kampfgeschehen umzugehen. Wahrscheinlich ist sein Charakter gar kein so großer Kämpfer und er sucht nach Alternativen, um seinen Gegner abzulenken. Und das solltest du ihm nicht verderben, sondern dadurch belohnen, dass man solche Aktionen nicht nur zulässt, sondern sie auch gelingen lässt.

Belohne solche Initiativen als Spielleiter ruhig großzügig, damit deine Spieler öfter auf sie zurückgreifen und das Kampfgeschehen damit farbiger und stimmungsvoller machen. Nur so werden Kämpfe auch wirklich zum Rollenspiel.

4. Skizzen, Karten und Miniaturen

Rollenspiele waren einmal Table Tops. In ihren Anfängen nutze man Rollenspielregelwerke nur dazu, um mit ihnen Miniaturen auf maßstabsgetreuen Karten durch Verliese und Labyrinthe zu führen und mit ihnen Konflikte zu simulieren. Viele Spielrunden haben noch nicht erkannt, dass Rollenspiele aber viel, viel mehr Möglichkeiten bieten und ihren Kinderschuhen längst entwachsen sind.

Manche haben das auch schon begriffen und betreiben auch atmosphärisches und stimmungsvolles Rollenspiel, bleiben aber trotzdem bei ihren Karten und Miniaturen. Das sind meistens typische Runden, in denen das Rollenspiel immer dann aufhört, wenn es zum Kampf kommt.

Prinzipiell gibt es nichts gegen den Einsatz von Skizzen, Karten und Miniaturen einzuwenden. Sie machen das Kampfgeschehen anschaulicher und können Missverständnissen vorbeugen. Andererseits riskiert man mit ihnen eine Menge Spielspaß. Immerhin verhindern sie die Improvisation. Wie soll sich ein Spielercharakter an einem Kronleuchter durch die Taverne schwingen, der auf dem Plan gar nicht existiert?

Versuch deswegen zwar in Kampfsituationen Skizzen zu benutzen, halte sie aber immer so grob wie möglich, sodass man Details improvisieren kann. Zeichne als Spielleiter nicht von dir aus irgendwelche Karten. Warte damit, bis die Spieler es verlangen, weil ihnen der Kampf zu unübersichtlich wird.

Das Problem mit Skizzen und Karten und das Spielen mit Miniaturen ist, dass damit ein Kampf sehr schnell von einem dramatischen Rollenspiel-Kampf zu einem strategischen Table-Top-Gemetzel wird. Entfernungen lassen sich plötzlich auf den Zentimeter genau planen, Deckung gezielt suchen, die Position und Reichweite der Gegner berechnen usw. In der Praxis verfallen die meisten Spieler unter diesen Umständen in planerisches Techno-Babbel und verhalten sich eher wie Offiziere am Sandkasten, weniger wie Rollenspieler in einer spannenden Kampfszene.

Man kann aus dem Ruf nach Karten und Skizzen der Spieler auch eine böse Schlussfolgerung für den Spielleiter ziehen: Wird ein Kampf unübersichtlich, hast du als Spielleiter was falsch gemacht. Immerhin geht es in einem Rollenspiel-Kampf nicht um strategische Vorteile, das geschickte Einsetzen von Attributen und Fertigkeiten usw. Es geht darum, den Spielern das Gefühl von einem spannungsgeladenen Kampf auf Leben und Tod zu vermitteln. Sie sollten zittern. Ihre Herzen müssen vor Aufregung und Adrenalin wild pochen. Haben sie Gelegenheit zu planen, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich Gedanken über die Anzahl und genaue Position ihrer Gegner zu machen, ist es dir als Spielleiter nicht gelungen, sie ausreichend in das Kampfgeschehen zu verwickeln.

Versuch deswegen Kämpfe mit vielen Beteiligten zu vermeiden. Diese neigen am ehesten dazu, unübersichtlich und damit auch langweilig zu werden. Kommen mehr als zwei Gegner auf einen Spielercharakter, führt das in der Regel eher zu Verwirrungen als zur Spannung. Außerdem gilt ja auch für dich als Spielleiter, dass du die Gegner der Spieler rollenspielerisch Darstellen musst. Lass sie nicht zu gesichtslosen Pappkameraden ohne Persönlichkeit verkommen. Je mehr die Spieler über die Gegner ihrer Charaktere wissen, umso mehr werden sie in das Kampfgeschehen eingebunden und haben das Gefühl, tatsächlich mit einem Gegner und nicht mit einem Nichtspielercharakter zu kämpfen. Das ist im Rollenspiel viel wichtiger als Skizzen oder Miniaturen zu benutzen.

5. Statistiken

Da im Kampf Regeln meistens eine größere Rolle spielen als im restlichen Teil der Abenteuer und Kampagnen, müssen auch viel öfter Statistiken ins Spiel gebracht werden. Pure Zahlen regieren oft das Geschehen - vor allem Schadens-Punkte die hin und her geschoben werden. Es liegt an dir aus den "fünf Punkten Schaden", die bei einem Charakter verursacht werden, ein dramatisches Ereignis zu machen, einen gut platzierten Schlag oder einen Streifschuss, einen sauberen Schnitt usw. Vor allem gilt es, sich über die Auswirkungen des Schadens detaillierte Gedanken zu machen. Wo erfolgte der Treffer? Kann der Charakter seine Waffe noch führen? Kann er noch gehen? Wie stelle ich das dar? Erträgt der Charakter Schmerzen mit zusammengebissenen Zähnen oder jammert er wie ein Schoßhund?

Wie auch sonst im Rollenspiel, sollten die Statistiken, also die Regeln, als Kulisse im Hintergrund dienen, die Dialoge aber nicht bestimmen. Je mehr man von den Regeln mitbekommt, umso langweiliger werden die Kämpfe. Stimmung und Atmosphäre gehen verloren.

6. Manöver

Das A und O eines gelungen Kampfes im Rollenspiel sind spezielle Manöver. Kämpfe, die nach einer Matrix "Ich greif' an!", "Kommst durch - wie viel Schaden machst du?" ablaufen, sind der Tod einer jeden atmosphärischen Kampfrunde. Spezielle Manöver, die die Charaktere im Kampf vollführen können, verschaffen ihnen Vorteile und bereichern das Kampfgeschehen um stimmungsvolle Beschreibungen.

Ein Manöver ist eine spezielle Handlung im Kampf, die von den Spielern detailliert beschrieben wird. Es ist ein gutes Zeichen, wenn sich die Spieler mit ihren Manövern im Kampf Mühe geben. Es bedeutet, dass sie in die Situation eintauchen und dass es dir gelungen ist, die Szene plastisch und eindrucksvoll zu beschreiben. Du solltest deine Spieler stets dazu ermutigen, Manöver im Kampf so genau wie möglich zu beschreiben.

Wenn sich die Spieler diese Mühe machen, musst du sie natürlich auch entsprechend belohnen. Die Spieler erwarten eine Form von Belohnung - zu Recht. Einerseits besteht die Belohnung in dem Gewinn an Atmosphäre in der Spielrunde. Je plastischer das Geschehen ist, desto befriedigender wird die Szene. Aber auf Dauer wirst du feststellen, dass das nicht genug ist. Die Manöver der Spieler sollten auch Einfluss auf die Spielmechanismen haben, sodass auch taktischen Überlegungen der Spieler Rechnung getragen wird.

7. Fazit

Nutze Kämpfe als Gelegenheit zum Rollenspiel und erkenne sie als Höhepunkte deiner Spielrunde - nicht als notwendiges Übel oder sogar als Pause vom Rollenspiel. Improvisiere so viel du kannst, lass die Regeln so weit es geht bei Seite. Versuche, immer die Auswirkungen der Regeln zu beschreiben und lass die nüchternen Spielwerte so weit wie es nur geht im Hintergrund.

 

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© Marcus Johanus


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