Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
The Covenant Series 2 - Vampire of the Mists
Bewertung:
(3.7)
Von: Andreas Miebach
Alias: Trøll
Am: 12.10.2006
Autor:Christie Golden
Typ:D&D Roman
Setting:Ravenloft
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:0-7869-4124-3
Inhalt:312 Seiten, Taschenbuch
Sprache:Englisch

Ravenloft - The Covenant Series

„Ravenloft: The Covenant“ – so nennt sich die Reihe, in der Wizards of the Coast Nachdrucke alter Ravenloft-Romane veröffentlicht. „Death of a Darklord“ war das erste Buch, das in diesem Rahmen neu aufgelegt wurde, gefolgt von dem hier vorgestellten „Vampire of the Mists“ (im Folgenden VotM). Die Romane „I, Strahd: The Memoirs of a Vampire“ und “To Sleep With Evil” sind bereits für November 2006 bzw. März 2007 angekündigt.

Mit VotM wurde seinerzeit (1991) die Ravenloft-Romanreihe eingeläutet, und es handelt sich auch um das Erstlingswerk der inzwischen mit 27 Romanen und über 12 Kurzgeschichten (hauptsächlich für Star Trek, aber auch eigenständige Werke) sehr erfolgreichen amerikanischen Autorin Christie Golden. Die beiden Ravenloft-Romane „Dance of the Dead“ (deutscher Titel: “Reigen der Toten”) und “The Enemy Within” (nicht auf Deutsch erhältlich) stammen ebenfalls aus ihrer Feder. 1993 wurde VotM unter dem Titel „Schloß der Vampire“ auch auf Deutsch übersetzt und beim Goldmann-Verlag publiziert.

 

Aufmachung, Gestaltung und Verarbeitung

Das Einzige, was bei diesem Nachdruck gegenüber dem Original verändert wurde, ist das Cover, welches in der neuen Version moderner, professioneller, schöner und vor allen Dingen wesentlich weniger klischeebeladen daherkommt. Das Format des Buches entspricht etwa einer DIN A5-Seite, ist also etwas größer als ich von anderen Taschenbüchern her gewohnt bin. Negativ ist mir die sehr unterschiedliche Druckqualität aufgefallen. Manche Seiten sind so fett gedruckt, dass man Angst hat, mit dem Daumen die Schrift zu verschmieren, andere dagegen schwächer als normal. Manchmal ändert sich die Druckstärke sogar auf ein und derselben Seite von oben nach unten. Lesbar bleibt es allerdings immer und es kann natürlich auch sein, dass es sich um einen Fehler handelt, der nur mein Exemplar betrifft (weswegen ich ihn bei der Benotung nicht berücksichtigt habe).

 

Handlung

Der folgende Abschnitt enthält die grobe Handlung des Buches. Leser, die sich überraschen lassen möchten, sollten ihn besser überspringen und bei „Schreibstil“ weiterlesen.

 

VotM erzählt die Geschichte von Jander Sunstar, einem Magie verabscheuenden Sonnenelf-Vampir, der aus Immerdar stammt und in der Nähe von Tiefwasser (Vergessene Reiche) sein Dasein fristet, indem er sich hauptsächlich von Tierblut ernährt. Gelegentlich zwingt ihn sein Hunger jedoch, menschliches Blut zu sich zu nehmen, welches er sich für gewöhnlich bei den Insassen einer Irrenanstalt in Tiefwasser verschafft. Als er sich eines Tages wieder dorthin begibt, entdeckt er zu seiner Überraschung unter den Patienten eine wunderschöne Frau, die sich zwar in einem Zustand geistiger Umnachtung befindet, jedoch nichtsdestotrotz Janders Herz erweicht. Er beschließt, der Frau zu helfen, und kehrt in den folgenden Jahren jede Nacht zurück, um ihr heimlich Essen und warme Decken zu bringen. Es gelingt ihm sogar, ihren Namen herauszufinden – Anna – und den Grund für ihren Zustand: Magie.

Eines Tages wird Anna krank und niemand vermag ihr zu helfen. Jander sieht nur noch eine Möglichkeit: Er will sie zu seinesgleichen machen. Anna wehrt sich jedoch mit letzter Kraft dagegen, sein Blut zu trinken, und so stirbt sie in seinen Armen. Überwältigt von Wut und Trauer erleidet Jander einen Blackout, richtet in der Irrenanstalt ein Massaker an und schwört blutige Rache an demjenigen, der für Annas Zustand verantwortlich war. Einen Hinweis hatte er ihr noch entlocken können – auf die Frage, wer ihr dies angetan hätte, hatte sie mit nur einem einzigen Wort geantwortet: „Barovia“.

Noch in der gleichen Nacht erscheinen die Nebel Ravenlofts und transportieren Jander zu genau diesem Ort. Nach kurzer Orientierungslosigkeit und Begegnungen mit den abweisenden Dorfbewohnern Barovias sowie einem Besuch in einem Vistani-Lager dauert es auch nicht lange, bis der Herr des Landes – Strahd von Zarovich – von ihm Notiz nimmt und ihn auf sein Schloss einlädt, um ihn kennenzulernen.

Strahd interessiert sich für das Wissen und Können des älteren Vampirs Jander, während sich dieser in den kommenden Jahren und Jahrzehnten, die er auf Schloss Ravenloft verbringt, auf die Suche nach Hinweisen zu seiner geliebten Anna macht. Doch obwohl er sich einmal quer durch Strahds Bibliothek liest, wird er nicht fündig. Anna erscheint ihm dabei immer mal wieder in seinen Träumen, um ihn zu motivieren, und Strahd fordert ihn ständig heraus, indem er ihn zu Handlungen zwingt oder in Situationen bringt, die seiner Natur widersprechen: Jander hat nämlich viel von seiner elfischen Herkunft beibehalten und ist ein „netter“ Vampir, der unnötiges Leid und Blutvergießen vermeiden möchte – ganz im Gegensatz zu Strahd.

Es dauert schließlich ein Vierteljahrhundert, bis Jander endlich in Strahds geheime Räume eindringen kann und herausfindet, dass Anna offenbar die gleiche Person ist wie Tatyana, die Geliebte Strahds, die immer wiedergeboren wird, nur um ihm dann wieder aus den Händen zu gleiten. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen und Annas Seele zu befreien, gibt es nur eine Möglichkeit: Der finstere Herrscher Barovias muss vernichtet werden...

 

Schreibstil

Christie Golden bedient sich in dieser Geschichte bei einer Menge Horror-Klischees, wobei natürlich viele davon von der Kampagnenwelt vorgegeben sind (Nebel, Strahd als Dracula-Verschnitt, etc.). Aber auch der für Jander verbotene Raum, in den er sich dann später natürlich doch hineinwagt, ist beispielsweise ein solches. Die Handlung ist für Kenner des Ravenloft-Settings und speziell der Geschichte Strahds leider ziemlich vorhersehbar, inklusive dem Ausgang. Aber auch unbedarfte Leser dürften keine allzu großen Überraschungen erleben, was dem Roman leider etwas die Spannung nimmt. Auch eine echte Gruselstimmung will sich nicht so recht einstellen – eher so eine Art Mitleid mit dem Protagonisten und der Dorfbevölkerung.

Und damit wären wir dann auch bei den Dingen, die den Reiz dieses Buches ausmachen: Der Grundtenor dieser Geschichte ist die Tragik, zum einen in Gestalt des von innerer Zerrissenheit und Verzweiflung gezeichneten Jander Sunstar, zum anderen in Form der Dorfbevölkerung, die ohne Hoffnung auf Erlösung der Tyrannei Strahds ausgesetzt ist. Diese Atmosphäre transportiert die Autorin hervorragend, auch wenn sie es mit Janders Selbstbemitleidung manchmal ein wenig übertreibt. Ansonsten ist die Darstellung der Hauptcharaktere aber sehr gelungen. Bei den Streitereien zwischen Jander und Strahd – ob es sich nun um Wettkämpfe der Willensstärke oder Rededuelle handelt – läuft das Buch zur Hochform auf. Die Nebenfiguren sind zwar im Allgemeinen etwas stereotyper, aber trotzdem noch interessant genug gezeichnet, um nicht zu langweilen.

 

Fazit

Um ein Stück Weltliteratur handelt es sich hier zugegebenermaßen nicht gerade, aber das darf man bei einem Roman, der für eine Rollenspiel-Kampagnenwelt geschrieben wurde, auch nicht erwarten. Das Buch bietet gute, leichte Unterhaltung, und das ist auch genau der Anspruch, den es erfüllen soll. Ravenloft-Fans werden natürlich besonderen Spaß an dieser Geschichte haben, aber ich denke, dass auch jeder andere, der sich für tragische Vampirgeschichten interessiert, ruhig mal einen Blick riskieren kann. Einsteigern bietet dieser Roman einen schönen Einblick in die Atmosphäre, die bei einer Ravenloft-Kampagne vorherrschen sollte, außerdem vermittelt er dem potenziellen Spieler einen Teil der Geschichte Barovias und der Entstehung der Kampagnenwelt generell auf unterhaltsame Weise. Für ein Erstlingswerk ist das schon mal nicht das Schlechteste.