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Das Jahr der Abtrünnigen Drachen 3 - Der Zerfall
Bewertung:
(3.3)
Von: Nico Kevin Bracht
Alias: Cut
Am: 16.02.2007
Autor:Richard Lee Byers
Übersetzer: Christine Blum
Typ:Roman (Taschenbuch)
System:D&D basierend
Setting:Vergessene Reiche
VerlagFeder und Schwert
ISBN/ASIN:9783937255897
Inhalt:384 Seiten, Taschenbuch
Sprache:Deutsch

Aufmachung und Qualität:

Der Verlag Feder & Schwert liefert mit „Der Zerfall“ die Übersetzung des dritten und letzten Bandes der - zu dem von WotC ausgerufenen Jahresthema 2006 passenden - Romanreihe „Das Jahr Der Abtrünnigen Drachen“ ab.

 

Das Buch macht beim ersten Ansehen einen gelungenen Eindruck. Auf dem Cover ist ein Turm zu sehen, in dem sich eine handvoll Verteidiger den Angriffen eines Grünen und eines Blauen Drachen ausgesetzt sieht. Die Bindung des Buches ist in Ordnung, das Druckbild ist angenehm klar. Dank der guten Verarbeitung verspricht das Buch während, aber auch nach der ersten Lektüre viele vergnügliche Lesestunden.

 

Auch wenn ich mich bemühe, nichts oder aber zumindest nicht zu viel zu verraten, mag ein Leser, der sich die Spannung in jedem Fall erhalten möge, doch bitte den folgenden Punkt „Inhalt“ überspringen und gleich zum Fazit gehen oder aber bei „Der Schreibstil“ wieder einsteigen.

 

Inhalt:

Richard Lee Byers bringt im Band „Der Zerfall“ (englisch „The Ruin“) seine in „Der Zorn“ (englisch „The Rage“) begonnene bzw. im Band „Der Zauber“ (englisch „The Rite“) fortgeführte Handlung zu Ende.

 

In Band drei gibt der Autor das Projekt mehrerer parallel zueinander laufender Handlungsstränge weitestgehend auf und lässt die Helden große Teile der Handlung zusammen erleben.

Erst gegen Ende des Buches werden die Helden noch einmal getrennt, ehe sie (oh Wunder) rechtzeitig für den Showdown nochmals zusammen kommen.

 

Die Gruppe begibt sich auf die Suche nach dem Ort, an dem der die Drachen in den Wahnsinn treibende Zorn anfänglich seinen Ursprung hatte. Auf der Suche nach diesem Ort schlagen die Freunde viele Schlachten, unter anderem auch gegen ein Wesen, welches nur unter dem Namen der Eremit bekannt ist. Dieses uralte, aber auch sehr böse Wesen kann nur durch einen Trick des Avariel-Elfen Taegan zur Kooperation bewegt werden und weist der Gruppe den Weg zu einer alten elfischen Festung. Diese Festung stammt aus der Zeit der lange vergangenen Drachenkriege und soll im eisigen Norden Faerûns liegen.

Die Helden machen sich auf den Weg. Dieser führt die Abenteurer in die Heimat des Frostzwerges Raryn. Dort erleiden sie aber Verrat und Gefangenschaft und finden sich unvermittelt in der Mitte eines tödlichen Machtkampfes zwischen zwei mächtigen Untergebenen Sammasters, der Eiskönigin Iyraklea und dem Drachenleichnam Zethrindor, wieder. Beide Diener des untoten Magiers rechnen sich gute Chancen aus, im neuen Faerûn Positionen größter Macht einzunehmen.

Zuerst in der alten Elfenfestung angekommen, beginnen die Helden, die Gefangene von Iyraklea sind, nach einer Spur des Zornes zu suchen, nach irgendeinem Zeichen uralter Hochmagie. Die Suche bleibt aber erfolglos, bis schließlich der Drachenleichnahm Zethrindor am Ort des Geschehens auftaucht. Er findet zwar auch heraus, welchem Zwecke die Festung gedient hat und in welchem Zusammenhang sie zum Zorn steht, es kommt aber zu einem Streit zwischen dem untoten Drachen und der Eiskönigin.

Im folgenden Kampfgetümmel tötet der durch die Eismagie Iyrakleas schwer angeschlagene Drachenleichnam die Eiskönigin mit einem unsäglichen, alles vernichtenden Spruch, allerdings stirbt nicht nur seine direkte Widersacherin, auch einen Teil von Dorns und Karas Gruppe wird von dem Spruch aufgelöst.

 

Unter der Führung des Halbgolems Dorn gelingen ihm und dem Halbling Will Drehstein, dem Lathanderpriester Pavel Shamov und dem Feendrachen Jivex die Flucht aus der Festung und in die Wälder Sossals. Dorn sieht damit sein Versprechen, die Gruppe sicher an Raryns Statt vom Gletscher zu führen, als erfüllt an.

In Wahrheit will Dorn seine Freunde heimlich verlassen, um sich alleine auf die Suche nach Zethrindor zu machen, der vor seinen Augen seine einzige Liebe Kara, den Sangesdrachen, sowie Taegan und Raryn in der Festung getötet hatte. Sein Hass und seine Rachegefühle sind so groß, dass es sein angestrebtes Ziel ist, Zethrindor zu töten oder aber bei diesem Versuch selbst den Tod zu finden.

Im Morgengrauen verlässt Dorn seine Freunde, nur um panisch festzustellen, dass er sie in einer ausweglosen Lage zurückgelassen hat. Als er sich nach einer Weile umblickt, sieht er, wie das Nachtlager der völlig entkräfteten Freunde von bewaffneten Männern umzingelt wird. Sofort eilt Dorn zurück und muss aus der Entfernung mit ansehen, wie die Fremden Pfeil und Bogen auf seine schlafenden, hilflosen Gefährten richten...

 

Hier spaltet der Autor die Handlungsstränge wieder auf.

 

Denn die vermeintlich tote Kara hat als einzige - im Moment, bevor Zethrindor seinen letzten, todbringenden Verteidigungsspruch angewendet hat - die alte Magie des Hofplatzes der Elfenfestung erkannt: Die Pflastersteine am Boden der großen Halle sind ein magisches Portal, welches zur eigentlichen Feste führt, in der der Zorn ursprünglich seinen Ausgangspunkt hatte.

Ihren Tod im Zweikampf mit Zenthrindor durch einen magischen Trick vortäuschend, gelingt es Kara, dem Drachenleichnam zu entkommen und einen Teil ihrer Gruppe, nämlich diejenigen, die Ihr am nächsten waren, durch das Portal zu ziehen, ehe die Magie Zethrindors das Portal für immer vernichtet und alle Spuren von Magie an diesem Ort auslöscht. Kara, Teagan, Schwefel, der untote Rauchdrache, und Raryn, der Frostzwerg, finden sich vor einer weiteren, alten Festung wieder. Bald wird klar, hier haben die Hochmagier der Elfen einst die Hochmagie gewirkt und verankert, die die Drachen Faerûns alle Jahre wieder in den Zorn treibt. Die Gruppe ist am Ziel ihrer Reise, nur um festzustellen, dass Sammaster scheinbar Vorkehrungen getroffen hat, die sich für die verbleibenden Freunde als unüberwindbar erweisen.

Für den Avariel-Elfen Taegan hält diese ehrwürdige Festung jedoch noch mehr parat. Als sie das uralte Schlachtfeld und die Gebeine der gefallenen Krieger untersuchen, die hier während der Belagerung der Feste zu Zeiten der Drachenkriege ihr Leben ließen, macht er eine unglaubliche, sein Leben für immer verändernde Entdeckung.

 

Die beiden Handlungsstränge um Dorns Versuch, seine Freunde zu retten, und die vergeblichen Bemühungen der anderen Gruppe, in die eigentliche Festungsanlage zu gelangen, laufen dann wieder eine Zeit lang parallel, ehe sie von Byers zum alles entscheidenden Finale bei der zweiten Elfenfestung erneut gekreuzt werden...

 

Mit diesem Buch heißt es Abschied nehmen von den vertraut gewordenen Helden um Pavel und Co., aber wie die Geschichte weitergeht und auf welche Art und Weise das (Liebes-)Abenteuer von Dorn und Kara zu Ende gebracht wird, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten...

 

Der Schreibstil:

Klar ist, dass Byers nicht mehr mein Lieblingsautor werden wird. Zu unterschiedlich scheinen unsere Ansprüche an interessante und hochwertige Fantasy-Literatur zu sein. Allerdings liefert der Autor im dritten Band der Serie seine bisher beste schriftstellerische Leistung ab. Möglichweise resultiert dieser Eindruck aber auch aus dem Übersetzerwechsel. Mehr dazu aber gleich.

Kritikpunkte an Byers’ Stil bleiben die immer gleichförmigen und viel zu sehr in den Mittelpunkt gerückten Kämpfe und ihre Beschreibung in sinnlos blutigen Details. Kämpfe gegen Drachen oder Dämonen laufen stets nach dem gleichen Strickmuster ab: Monster ist übermächtig und mit einem guten Streich sofort todbringend. Die Waffen und die Magie der Helden dagegen sind unnütz und zu schwach. Immer wieder prallen Schwerthiebe und Zaubereien an den Wesen ab, ohne deutliche Spuren zu zeigen und irgendwann, wie aus heiterem Himmel, reicht es dann doch, das Monster wird besiegt, eine handvoll neu eingeführter Nebenfiguren liegt erschlagen am Boden und den erschöpften Helden geht es zumeist einigermaßen gut. Das wird auf Dauer, also in Wahrheit recht zügig, durchschaubar, langweilig und in Ermangelung eines besseren Wortes irgendwie unrealistisch. Dazu bleibe ich dabei, dass die Beschreibung der Wunden und so weiter zu detailverliebt ist. Da bleibt kein Raum für Fantasie. Das Buch liest sich streckenweise wie ein (schlechter) Actionfilm.

Die Geschichte selber schwingt sich auch in Band drei nicht in für das Genre unbekannte Höhen empor, liegt aber von ihrem Spannungsbogen und dem Handlungsaufbau qualitativ über dem Niveau der beiden vorangegangenen Titel der Serie.

Der Autor kann sich auch hier und da kleine Hommagen an J.R.R. Tolkiens Genreklassiker „Der Herr Der Ringe“ nicht verkneifen. Die Idee zur kurzen Stippvisite eines Baumhirten war nett und zur Geschichte passend. Solche kleinen Handgriffe haben mir dann doch gefallen.

Dass Byers aber auch noch versucht, eine erotische Szene zu schreiben, hilft diesem Buch (und dem Autor selber) auch nicht weiter.

Wenigstens verhalten sich die metallischen Drachen hin und wieder, wie man es von Drachen erwartet: Nobel, stark und klug. Nach der Darstellung der „guten“ Drachen in Band zwei reicht das schon, um hier ein Lob abzuholen. Man wird eben genügsam...

 

Übersetzung:

Ich weiß nicht, ob der bisherige Übersetzer der Serie um Ablösung gebeten hatte und vom Verlag erhört wurde oder aber woran es gelegen hat, dass der letzte Band der Serie nicht mehr von Herrn Hoffmann sondern von Frau Christine Blum aus dem Englischen ins Deutsche übertragen wurde. Wer auch immer die Entscheidung getroffen hat, hat sich ein Lob verdient.

Das Buch lässt sich flüssiger lesen als seine Vorgänger, die hochtrabenden, nicht recht in ein Fantasy-Setting passenden Worte sind weg, allgemein bekommt man, bis auf das eine oder andere Problem mit der Verwendung des Plurals, ein Werk an die Hand, bei dem man sich nicht ständig überlegt, was genau der Autor an dieser Stelle im Urtext bitteschön geschrieben haben soll. An und für sich ist das hier erreichte Niveau der Übersetzung nicht einer eigenen Erwähnung wert, da es doch irgendwie der Standard sein sollte, aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich die Übersetzung der beiden ersten Teile kritisiert habe, muss man die Veränderung an dieser Stelle zumindest anerkennend erwähnen.

 

Fazit:

Insgesamt hat mich die Trilogie „Das Jahr der Abtrünnigen Drachen“ von Richard Lee Byers nicht überzeugt.

Aber wenigstens hat der Autor es geschafft, nach mittelprächtigem Start in die Geschichte (Band 1) und einem furchtbar schlechten Mittelteil (Band 2) die Geschichte wenigstens zu einem halbwegs stimmigen Ende (Band 3) zu bringen. Dabei gefällt mir Band Drei „Der Zerfall“ am besten von allen Titeln. Das liegt möglicherweise auch an der verbesserten, weil viel besser zum Thema und der Atmosphäre der Vergessenen Reiche passenden, Übersetzung.

Negativ sind mir in der gesamten Serie das schriftstellerische Niveau des Autors und der gerade in den Beschreibungen brutaler Kämpfe unangenehm detailreiche Schreibstil aufgefallen. Davon bleibt auch der dritte Band nicht verschont. Aber wenigstens ist die Geschichte wieder so interessant, dass man sich nicht quälen muss, um weiter zu lesen. Nicht alle Einfälle und Szenen, die der Autor anbietet, überzeugen im Kontext der gesamten Geschichte, aber dennoch tut Band drei deutlich mehr in Punkto Weiterentwicklung der Geschichte als sein direkter Vorgänger.

Leider bleibt eine Entwicklung der Figuren auf der Strecke. Gerade auch Dorns Rückfall in alte Verhaltensmuster nach Karas Tod ist sehr platt dargestellt. So würde ich also auch das, was sich zwischen Dorn und Kara abspielt, nicht wirklich als Weiterentwicklung der Figuren ansehen.

Aber sei es drum. Wer sich durch „Der Zauber“ bis an diesen Punkt der Reihe gelesen hat, kann ruhig den Mut aufbringen, die Serie mit „ Der Zerfall“ zu Ende führen. Lesern, die aber noch schwanken, ob sie sich die ganze Trilogie anschaffen sollten oder lieber anstelle der drei Titel ein neues D&D-Rollenspielbuch kaufen wollen, sollten, auch und gerade wenn sie Freunde von Drachen in der Fantasy-Literatur sind, eher zum Rollenspielbuch greifen.

 

Abschließend bewerte ich das Buch mit 3,3 Punkten.