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The Dungeons 1 - Depths of Madness
Bewertung:
(3.5)
Von: Peter Basedau
Alias: Zanan
Am: 13.07.2007
Autor:Erik Scott de Bie
Typ:Roman
System:D&D
Setting:Forgotten Realms
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-4314-2
Inhalt:310 Seiten, Softcover
Sprache:Englisch

Depths of Madness

Ihre letztere Erinnerung war, ihre Freunde sterben zu sehen. Jetzt ist sie an der Reihe.

 

Vorab:

Depths of Madness ist das erste Buch einer vierteiligen Reihe über Dungeons in Faerûn. Erik Scott de Bies Roman folgen noch in diesem Jahr The Howling Delve (Jaleigh Johnson), Stardeep (Bruce R. Cordell) und Crypt of the Moaning Diamond (Rosemary Jones). Von Cordell abgesehen sind alle genannten Autoren noch kaum bekannt, de Bie zeichnete in den FR bislang nur für Ghostwalker (The Fighters II) und zwei Kurzgeschichten in Realms of the Elves und Realms of the Dragons II verantwortlich. Hauptperson des Romans ist die Mondelfe "Fox-at-Twilight" – mit bürgerlichem Namen Ilira (so viel Spoiler darf sein) – eine Auserwählte* des Elfengottes Erevan Eliseres*. "Fox-at-Twilight" ist nach Aussagen des Autors eher ein Titel denn ein wirklicher Name – der ja sonst Vixen (Füchsin) gewesen wäre. Sie tritt erstmals in The Greater Treasure (Realms of the Elves) in Erscheinung und machte Hoffnung auf eine neue Heldin in den Forgotten Realms.

Das Thema an sich – Labyrinthe, Verliese und Höhlen – hat zwangsläufig ein eingebautes Problem – eine mehr oder weniger festgesetzte Storyline in einem bestimmten Gebiet mit einer limitierten Anzahl an Gegnern. Was die einzelnen Autoren daraus machen, werden wir sehen. Als Maßstab könnte wohl nur Escape from Undermountain (The Nobles III) herangezogen werden, ein recht unterhaltsamer FR-Roman von Mark Anthony aus dem Jahre 1996.

 

Aufmachung:

Ein Softcover in der besten Wizards-Qualität mit einem künstlerisch sehr schönen Cover von Erik Gist. Wir sehen die elfische Priesterin Taslin – die zur guten Hälfte der Gruppe der Helden gehört – wie sie versucht, einem Zauber zu entkommen. Anstelle einer Landkarte – die in einem rätselhaften Dungeon wohl fehl am Platze wäre – bekommen wir ein Bild von Negarath, welches erst gegen Ende des Romans wichtig wird. Ob das Bild jemandem bei der Lokalisierung der genannten bzw. gezeigten Orte hilft, sei allerdings dahingestellt.

 

Genereller Inhalt:

Eine Gruppe von bunt zusammengewürfelten Charakteren findet sich in einem Verlies wieder, welches von einem mutierten Troll bewacht wird. Neben Fox ist da der Mensch Liet Sagrin, der Goliath* Garan Vathkelke Kaugathal, die Halblingsdame Slip, die sonnenelfische Priesterin Taslin und ihr Mann, der alte Magier Asson. Abgerundet wird die Gruppe durch den bösen Warlock* Darvoren Hellshard – offenbar ein Tiefling oder verwandelter Mensch. Natürlich weiß augenscheinlich niemand, wie und von woher sie in dieses Verlies gelangt sind – obwohl ein jeder von ihnen – mit Ausnahme Liets – recht hochstufig (siehe RPG-Anmerkungen) zu sein scheint. Dahingehend ist das gemeinsame Ziel recht klar: Flucht! Dies ist allerdings einfacher gesagt als getan. Teleportationsmagie kann nicht genutzt werden, die Helden kennen sich nicht gut genug, um einander zu vertrauen und die einzelnen Charaktere sind ohnehin in ihren Ansichten sehr stark polarisiert, sodass an eine zweckdienliche Zusammenarbeit nur schwer zu denken ist. Fox übernimmt schließlich das Kommando und führt die Gruppe durch Gänge und Korridore immer neuen Gefahren entgegen. Im Hintergrund arbeiten jedoch Mächte, die die Helden geschickt manipulieren ... und reduzieren, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Und wer meint, von vornherein zu wissen, wie die Geschichte endet, wird überrascht sein ...

 

Inhalt:

(Vorsicht, hier gibt es Informationen, die den Lesespaß arg reduzieren!)

De Bie hat sich zweierlei Dingen verschrieben, zum einen – wie schon in The Greater Treasure – dem Einsatz von Erzdämonen und -teufeln* als im Hintergrund agierende Mächte, zum anderen dem derzeit sehr beliebten Motiv der gefallenen Städte Netherils*. Denn das Labyrinth ist nichts anderes als die gefallene Stadt Negarath, die kopfüber in die Wüste gestürzt war. Da jedoch die Gravitation in der Stadt umgekehrt ist, laufen die Helden die ganze Zeit nicht nach oben in die Freiheit der Wüste, sondern nach unten in die Stadt. Erschaffen von einem verrückten Erzmagier Netherils, ist die Negarath ein Sammelsurium verschiedensten Kreaturen, die selbst Jahrhunderte nach dem Untergang die Hallen und Ruinen bevölkern – wie auch der eingesperrte Ruukthalmuramaxiamin, ein zur Rechtmäßigkeit gezwungener Sharn*. Letzterer hält einen Tempel in seiner Gewalt, den sein Gegenspieler, Gestal, unbedingt erobern muss, um endlich Herrschaft über die "Stadt" zu erlangen. Dabei sollen die Helden beiden Parteien behilflich sein und inwieweit ihnen dies gelingt, muss der Leser selbst herausfinden. In jedem Fall hat de Bie genügend Spannung und Richtungswechsel eingebaut, um uns bis zum Ende zu fesseln.

 

RPG-Anmerkungen

Der Autor hat sich wie auch in seinen vorherigen Romanen sehr gut mit dem Setting als auch den verwendeten Rassen und Klassen auseinandergesetzt. Durch die literarische Umschreibung bringt er vieles vom "technischen" Know-how mit in den Roman ein, ohne dabei den ungeübten Leser unnötig zu belasten. Alle Charaktere – außer Liet – sind um die Stufe 13+ angelegt, Fox selbst augenscheinlich als Rogue/Divine Seeker/Shadowdancer (wenigstens 7+/4+/4+). Der Warlock, so er nicht eine besondere Prestigeklasse benutzt, besitzt wenigstens 13 Stufen, Slip ist wohl eine geübte Diebin und niedrigstufige (3+) Klerikerin, Taslin eine Priesterin des Corellon Larethian und Garan augenscheinlich eine Art Paladin oder Mönch? Über Gestal kann man kaum etwas sagen, ohne nicht der Geschichte einige Wendungen vorwegzunehmen.

Das Buch ist eine kleine Lehrstunde für all jene, die erfahren wollen, wie eine Gruppe von Helden verschiedenster Gesinnungen und Ansichten dennoch für ein größeres Ziel zusammenarbeiten können – selbst wenn sie sich teilweise abgrundtief hassen.

Die Kreaturen des Dungeons sind bunt zusammengewürfelt und es wird dem Leser erst spät im Roman klar, warum so viele fantastische Wesen dort unten herumlaufen. Es liegt einfach an der Natur der "Depths of Madness" und ihrem Erschaffer.

 

Fazit

Eingedenk des oben genannten Vergleichsromans erhält Depths of Madness eine 3,5, da es auch nicht an Shadow's Witness oder Realms of the Elves heranreicht. Was natürlich nicht heißt, dass das Buch schlecht wäre und andere Leser könnten es durchaus höher bewerten. Insbesondere wenn man Freude an Charakterstudien unter Extrembedingungen hat, wird man hier auf seine Kosten kommen. Störend wirkt für mich das etwas zu chaotische Verhalten der Hauptheldin, die mal als starke Lady die Führung übernimmt und insbesondere Liet durch ihre frivole Art ein ums andere Mal aus der Fassung bringt. Dann aber wieder in die Rolle eines psychisch zerrütteten Mädchens fällt, welches augenscheinlich ein großes Problem mit ihrem göttlichen Schutzherrn hat – ein Problem von dem wir leider nur sehr wenig erfahren. Ihre ganzen inneren Auseinandersetzungen erinnern bisweilen stark an jenen ebenso arg gebeutelten, an der Oberfläche Faerûns lebenden Dunkelelfen aus dem Haus do'Urden. Letzteres sollte nun aber keinen Leser verschrecken. De Bie versteht es glänzend, die Charaktere, deren Eigenschaften und Motive zu vermitteln. So wird in den dunklen Hallen und Gängen eine Geschichte gesponnen, die, darauf seid gefasst, ein furioses und doch unerwartetes Finale hat.

 

*Anmerkungen

Auserwählte/r – Götter in den FR haben sogenannte Auserwählte, die mit besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten versehen wurden. Ob dies hier wortwörtlich zu nehmen ist, sei dahingestellt, de Bies Heldin ist jedoch recht "hochstufig", was an sich auch als auserwählt angesehen werden kann.

Erevan Elisere – der elfische Gott der Diebe, Tricks und des Schabernacks (schönes deutsches Wort)

Erzdämonen/-teufel – Herrscher in den Höllen und Dämonenreichen dieses Settings (bzw. D&D), hier Demogorgon und Asmodeus

Goliath – eine Art menschenähnliches Steinwesen, vorgestellt in Races of Stone

Netheril/Nesseril – ein menschliches Imperium, dem sein maßloser Einsatz von Magie zum Verhängnis wurde

Sharn – eine magische Kreatur, die reines Chaos symbolisiert (Monsters of Faerûn)

Warlock – eine Klasse, vorgestellt in Complete Warrior, jemand der rohe arkane Magie manifestieren kann

 

Erik Scott de Bie – Forgotten-Realms-Bibliographie:

- Ghostwalker (The Fighters III)

- Realms of Dragons II (The Hunting Game)

Last Mythal Series

- Realms of the Elves (The Greater Treasure)