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Die Jünger der Drachenlanze 2 - Die Gefangene
Bewertung:
(2.1)
Von: P. Pricken & M. Schmiedel
Alias: Berandor & Quel'Thalas
Am: 27.02.2008
Autor:Margaret Weis
Übersetzer:Imke Brodersen
Typ:Roman, Fantasy
System:D&D
Setting:Drachenlanze
VerlagBlanvalet / Randomhouse
ISBN/ASIN:978-3442244607
Inhalt:381 Seiten, Taschenbuch
Sprache:Deutsch

Die Gefangene

Anmerkung

Da Berandor das Buch der englischen Originalausgabe rezensiert hat, ergänze ich seine Rezension mit ein paar Worten zur Aufmachung („Erster Eindruck“) und gebe meinen Senf zur Übertragung ins Deutsche dazu („Übersetzung“).

 

Erster Eindruck:

Was ist denn hier passiert? Vom optischen her fügt sich das Buch überhaupt nicht in das Gesamtbild des DL-Zyklus und der JdD-Serie ein. Das einzig konsequent weitergeführte ist die umgedrehte Schrift auf dem Buchrücken (siehe Rezi zu JdD1). Als Erstes fällt auf, dass die obligatorische weiße Farbe verschwunden ist. Diese war bisher nur wenige Male nicht vorhanden, zum einen bei dem Roman der Neuen Generation der Drachenlanze sowie bei damaligen Neuauflagen Ende der 90er der Chroniken und Legenden (einmal in einem schwarz-blauen und einmal in einem grünen Design). Es muss zwar anerkannt werden, dass Blanvalet davon endlich Abstand nimmt, doch warum dann innerhalb einer Serie und warum wird nicht endlich das Originalcover für das ganze Buch verwendet?!? Bei den Drizzt-Romanen klappt das doch mittlerweile ebenfalls ganz gut. Des Weiteren ist das Verlagslogo nun schwarz unterlegt, wo es beim ersten Band noch weiß war. Weiter zu bemängeln ist, dass die Schriftart geändert wurde. Und das wiedermals innerhalb einer Serie! Diese Vorgehensweise kann dem Verlag wiederholt vorgeworfen werden, da es bei den Drachenlanze-Romanen schon einmal so gehandhabt wurde. Damit einhergehend wurde auch gleich die Aufteilung der Beschriftung verändert. Stand beim ersten Band der Untertitel noch unter dem Namen der Serie, ist es nun umgekehrt. Ebenfalls wurde die farbliche Untermalung des Metallschildes, auf dem Titel, Autor und ein Ausschnitt des Covers seit jeher zu sehen ist, abgeändert. Vorher in einem bläulichen Ton gehalten, ist es jetzt rot. Zu guter Letzt wurde dann auch noch gleich das Hintergrundbild, auf dem das Titel-Cover-Schild prangt, ausgetauscht. Vorher Wald und jetzt ein See/Meer und auf der Rückseite ist eine Seeschlange/Drache (whatever) anstatt des weißen Hintergrundes zu erkennen.

 

Meiner Meinung nach ist das eine sehr große, inkonsequente, stümperhafte Arbeit von Seiten des Verlages. Ich möchte keinem der Mitarbeiter tatsächlich sein fachliches Wissen absprechen, doch diese Vorgehensweise ist mir ein Rätsel, ein sehr großes Rätsel sogar. Es scheint gar so, als sei dem Verlag eine konsequente ausgerichtete Arbeit nicht bedeutungsvoll genug bzw. die Abnehmer (Fans) seiner Produkte scheinen dem Verlag in diesem Sinne nicht viel zu bedeuten. Wenn schon Änderungen vorgenommen werden, dann doch bitte nicht innerhalb einer Serie.

 

Vorwort:

Ich habe keinerlei Wissen um die Welt von Drachenlanze seit dem vierten Band der Weis-Hickman-Trilogie. Außerdem habe ich den ersten Teil dieser speziellen Trilogie, Die Jünger der Drachenlanze, nicht gelesen. Ich halte das allerdings für unnötig, da Die Gefangene eigentlich alle vorherigen Ereignisse umfangreich Revue passieren lässt.

 

Eines gleich vorweg: Die Jünger der Drachenlanze 2 (JdD2) ist kein „typischer“ D&D-Roman in dem Sinne, dass hier viele Kämpfe ausgefochten und Orks geschnetzelt werden. Auch wenn es mehrere Konfrontationen gibt, stehen diese deutlich im Hintergrund und sind auch schnell vorüber.

 

Story (Vorsicht Spoiler!!)

JdD2 hat drei grundsätzliche Handlungsstränge: Rhys Mason, ehemaliger Mönch von Majere (jetzt der Seegöttin Zeboim verschrieben) verfolgt die untoten „Lieblinge“ von Chemosh und versucht herauszufinden, wie man sie stoppen kann. Der Todesgott Chemosh sammelt gleichzeitig diese Lieblinge, um sie als Armee ins Feld zu führen, angeführt von seiner Hohepriesterin Mina – die allerdings gefangen gehalten wird. Und drittens geht es um die Selbstfindung sowohl Minas als auch Ryhssens, wobei am Ende dieses Buches Minas geheimnisvolle Vergangenheit und einige seltsame Anmerkungen im Laufe des Buches über sie aufgeklärt werden.

 

Qualität

Gut Was mir an JdD2 gefallen hat, ist schwer zu definieren. Das Buch ließ sich flüssig lesen und hatte mehrere verschiedene Erzählstränge, war also abwechslungsreich. Es blickt auch hinter die Fassade der momentanen Entwicklungen auf Krynn, was mir wie oben angedeutet wenig bedeutet, aber für Fans sicher wichtig ist – vor allem das Ende sollte da einiges rausreißen. Die meiste Zeit über ist das Spiel hinter der Geschichte erkennbar, wenn Zauber zitiert werden o.ä. ( Im Original erhält der Anhang sogar die Schablone, um Chemoshs Lieblinge zu erschaffen [CR +3, ECL +6] – man bekommt also etwas Crunch zum Fluff). Schließlich ist das Buch recht humorvoll geschrieben, und als Leser der „großen“ Drachenlanze-Romane fühlte man sich da teilweise wie daheim.

 

Schlecht Es gibt in diesem Buch drei Dinge, die mir wirklich missfielen. Eins machte mich wütend, eins ergab keinen Sinn und eins war schier unerträglich. Aber der Reihe nach. Die Buchserie nennt sich im Original „Dark Disciple“ – dunkler Schüler, aber das Folgende bezieht sich auch auf andere Bücher wie z.B. „Lady of Poison“ aus der Realms-Reihe.

 

Die Zeiten haben sich geändert. Früher schrieb man nahezu ausschließlich über heroische Helden des Lichts, und die Bösewichter hatten zwar reizvolle, aber doch antagonistische Rollen. Dann erkannte man (vielleicht durch Artemis Entreri?), dass Schurken auch Bücher verkauften, und so entschloss man sich bei WotC, über böse Götter und ihre Gefolgsleute zu schreiben. Das ist in Ordnung – wenn man das dann auch durchzieht und nicht auf halbem Weg den Hintern zusammenkneift. Diese Buchreihe um den dunklen Schüler oder die dunkle Schülerin handelt von Mina, die über das Buch hinweg sicher nicht böse erscheint, und um den Mönch der bösen Seegöttin, der eigentlich immer noch ein Mönch des guten Majeres ist, es nur nicht wahrhaben will. Zwei Hauptfiguren, die beide ausdrücklich im Buch der guten Seite zugeordnet werden. Die dritte Hauptfigur, der Gott Chemosh, erscheint mehr als unfähiger Tölpel denn als wirkliche Gefahr, wozu auch der Stil beiträgt, der in einer sehr distanzierten und ironischen Weise berichtet. So fürchtet man das Böse nicht, sondern wird selbst distanziert: Wen interessierts?

 

Wir sind schon auf halbem Weg zum nächsten Thema, also volle Fahrt voraus zur Götterwelt. Ich gebe zu, dass ich keine Ahnung von den Göttern Krynns habe (mit Ausnahme dessen, was mir JdD2 berichtet). Aber man muss sich schon entscheiden: Sind die Götter übermächtig und allwissend, oder nur „episch hochstufige Charaktere“. Hier wird aber versucht, beides zu verbinden. Mal sind die Götter allwissend und können auf Befehl hin alle Menschen direkt beeinflussen, alles vorhersehen und überall sein. Dann wieder kriegen sie nichts mit, werden von Illusionen getäuscht, die ein paar Sterbliche wirken, usw. Auch wird ein großes Bohei um den Freien Willen™ gemacht, aber gleichzeitig mischen sich die Götter ständig ein – selbst der angebliche „Einsiedler-Gott“ Majere erscheint mehrfach persönlich! Bitte, Drachenlanze-Autoren, entscheidet euch, ob die Götter unmenschlich mächtig sind, oder eben begrenzte Fähigkeiten haben. Beides geht nicht. Einer der Götter wird sogar von einem Hund verletzt.

 

Und damit sind wir bei Thema drei. Margaret Weis hat einen Hund. Ganz bestimmt. Und wer selbst Hundeliebhaber ist, findet dieses Thema vielleicht nicht ganz so schlimm, aber ich konnte es kaum aushalten. Rhys hat nämlich einen Hund, Atta. Der ist ganz superdupertollklug und mutig. Und etwa die Hälfte eines jeden Kapitels beschäftigt sich mit Attas Reaktionen auf Ereignisse, auf ihre Blicke oder ihr Bellen. Es werden seitenlange Diskussionen über diesen Hund geführt, wie toll er doch ist, was er alles kann, ob Rhys mehr davon trainieren könnte, ... Die dramatischste Szene ist, als Atta im Kampf – sie ist natürlich die erste beim Gegner – stirbt und wiederbelebt wird, was mit Tränen und Staunen aufgenommen wird. Un. Er. Träglich. Da ist Ryhssens Kendergefährte zurückhaltend und eine Wohltat gegen.

 

Hässlich Noch ein paar kritische Anmerkungen, die mich aber nicht so sehr betroffen haben wie die obigen drei Dinge. Zuerst noch ein paar Worte zum Stil. Wie schon erwähnt, ist er m.E. einfach zu distanziert-ironisch. Die meiste Zeit hält Margaret Weis einen allwissenden Erzähler aufrecht, und zusammen mit den „lustigen“ Ereignissen und verniedlichender Wortwahl geht einfach die Stimmung und Spannung verloren, die man in einem Buch über Untote und die bösen Götter erwarten würde, und wird durch Ed Greenwoods Tapfere Kameraden minus die sexuellen Anspielungen ersetzt. Erinnert sich noch jemand an Lord Soth, den Todesritter aller Todesritter? Hier haben wir Krell, einen weichlichen Feigling und Dummkopf, dem schon mal Schweiß ausbricht.

 

Aber auch sonst ist der Stil nur angemessen, nicht wirklich gelungen. Lesbar, ja, aber nicht wirklich reizvoll. Die Dialoge sind zu ausführlich und klingen nicht echt. Gerne wird in entscheidenden Momenten Exposition zwischengeschaltet – Mina steht dem riesigen Seedrachen gegenüber, also los mit einer dreiseitigen Vergangenheit des Drachen. Es wird auch alles erklärt, wirklich alles. Hat wirklich irgendjemand keine Ahnung, wie „Stein, Schere, Papier“ funktioniert? Brauchen wir die Erklärung?

 

Schließlich noch eins: Es ermüdet mich, wenn Charaktere das große Geheimnis einer Figur erkennen, aber dann einfach nicht sagen, was los ist – ohne dafür einen Grund zu haben, natürlich. Der Seedrache, der Minas Geheimnis lüftet, sagt natürlich nichts. Später bricht der Kender angesichts Minas in Weinen aus, weil alles so traurig sei, aber ohne auch unter vier Augen zu verraten, was denn nun traurig sei. Schließlich muss der Leser bis zur großen Enthüllung im Dunkeln gelassen werden. Das hat mich genervt, als Dan Brown das ständig machte, und bei Margaret Weis stört es mich auch; allerdings gibt es nur eine Handvoll solcher Szenen in JdD2, im Gegensatz zu Sakrileg.

 

Übersetzung

Da es kaum Rollenspielprodukte der Drachenlanze-Welt im Deutschen gibt, ist das Bild der deutschen Bezeichnungen auf den Schultern Goldmanns bzw. Blanvalets entstanden. Demnach kann an dieser Stelle nichts ausgesetzt werden. Die Übersetzungen und Namensgebungen gefallen mir fast ausnahmslos. Ich kenne leider zu wenig englischsprachige Drachenlanze-Begriffe, um dies besser einordnen zu können. Am Lektorat selbst ist wie immer bei Romanen aus dem Hause Blanvalet nichts auszusetzen.

 

Fazit

Letzten Endes war JdD2 eine schnelle und halbwegs kurzweilige Lektüre, die mich aber auch sehr oft frustrierte, wenn über lange Strecken das vorgeblich Böse belanglosiert wurde oder Atta mal wieder einen großen Auftritt hatte. Hundeliebhaber stört das vielleicht nicht so sehr (obwohl ich mich vorher zu diesen gezählt hätte). Allerdings behandelt JdD2 eine Umbruchphase auf Krynn und wirft einen Blick auf die Götterwelt (wenn auch nicht so gelungen wie Prinz der Lügen [Avatar Chroniken Bd. 4, Feder & Schwert Verlag]). Schließlich ist Minas Geheimnis entscheidend für die Fortentwicklung der Welt. Große Fans der Drachenlanze-Romane oder Sammler können zugreifen, einfache Spieler und Spielleiter können den Metaplot auch aus Internetquellen erfahren und sich 381 Seiten sparen. Hundefans können etwa einen halben Punkt auf die Note aufaddieren, den man jedoch getrost durch die peinliche Vorgehensweise bei der Covergestaltung wieder abziehen kann.