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The Citadels 2 - The Obsidian Ridge
Bewertung:
(3.6)
Von: Peter Basedau
Alias: Zanan
Am: 19.06.2008
Autor:Jess Lebow
Typ:Roman
System:D&D
Setting:Forgotten Realms
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-4785-0
Inhalt:313 Seiten, Softcover
Sprache:Englisch

The Obsidian Ridge

Nichts liegt außerhalb der Reichweite der Obsidianfestung

 

Vorab

Mit dem zweiten Buch aus der „The Citadels“-Reihe tauchen wir in die Länder der Intrigen ein, jene Gebiete, die auf der Landkarte Faerûns als Tethyr* oder Amn* gekennzeichnet sind.

Obsidian Ridge führt uns nach Erlkazar, einem jungen Königreich zwischen den High Peaks und dem Thornwood, welches erst vor kurzem seine Unabhängigkeit von Tethyr erstritten hat.

Wir begeben uns in das Jahr 1366 TZ, kurze Zeit nachdem König Korox das Amt von seinem Vater erworben hat. In Realms of War finden wir unter dem Titel The Siege of Zerith Hold eine Kurzgeschichte aus der Zeit der Gründung des Königreiches.

Aus der Feder des Autors stammt auch Master of Chains aus der „FR – The Fighters“-Serie sowie einige Romane und Anthologien aus dem „Magic – The Gathering“-Universum.

 

Alle Übersetzungen und Übertragungen in dieser Rezension stammen aus der Feder des Rezensenten und sind nicht als offiziell zu betrachten.

 

Aufmachung

Obsidian Ridge ist nicht in das übliche Hochglanzcover anderer WotC-Romane gehüllt, sondern in einen matten, an eine Leinwandmalerei erinnernden Einband. Das Titelbild (David Seidman) zeigt die drohend über einer Stadt schwebende Obsidian Ridge, in die ein Gesicht mit leuchtend-weißen Augen stilisiert wurde. 313 Textseiten werden von einer Karte der Stadt Llorbauth unterstützt, eine Karte der Region, die sicher hilfreich gewesen wäre, fehlt jedoch.

 

Allgemeiner Inhalt

Während sich König Korox mit dem noch ungewohnten politischen Ränkespiel der Händler und seiner speziellen Gegenspielerin „The Matron“ auseinandersetzen muss, taucht über der Stadt eine auf einer abgespaltenen, fliegenden Felsspitze thronende Festung auf. Diese sogenannte Obsidian Ridge ist nur wenigen noch lebenden Personen im Reich bekannt, doch wird schnell klar, dass dieses alle 100 Jahre wiederkehrende Übel nur Zerstörung im Sinn hat, wenn man ihrem Herrscher nicht einen Dienst erfüllt. Und dieser Dienst ist recht einfach, denn der Erzmagus Xeries verlangt lediglich die Tochter des Königs als Geisel.

Obsidian Ridge hat eine Vielzahl an Handlungssträngen und man ist als Leser nicht immer sicher, welcher derjenige ist, den man als den roten Faden deklarieren möchte. Des Königs größtes Problem ist der Drogenhandel in der Unterstadt von Llorbauth, der durch die ominöse „Matrone“ gelenkt wird, eine Priesterin Waukeens*, welche die ganze Unterwelt der Stadt beherrscht. Während der König offiziell für Recht und Ordnung sorgt, arbeitet „des Königs Assassine“ im Dunkeln – beseitigt Gestalten, die der Herrscher offiziell nicht zu fassen bekommt. Seinen Namen hat The Claw von den beiden Klingenhandschuhen – augenscheinlich mag der Autor „stylische“ Helden.

Mitten in diesem Machtkampf erscheint nun Xeries mit seinem absonderlichen Ansinnen, die Tochter des Königs zur Gemahlin zu nehmen. Um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen, schlachten seine gargylenähnlichen Dämonen eine Reiterschwadron des Königs ab und die Botschaft des Erzmagus ist sehr deutlich: Entweder der König gehorcht oder sein Land wird in Schutt und Asche gelegt. Doch der König kann nicht gehorchen, denn die clevere „Matrone“ hat die Tochter des Königs entführen lassen und benutzt sie nun ihrerseits als Druckmittel. Ein gefährliches Spiel.

 

Inhalt (Vorsicht, hier gibt es Informationen, die den Lesespaß arg reduzieren!)

Während uns The Siege of Xeries Hold den Überlebenskampf des jungen Königreiches vor Augen führt, haben wir es in Obsidian Ridge mit inneren Konflikten zu tun, die der ehemalige Glaubenskämpfer Korox nur schwerlich meistert. Ihm zur Seite stehen neben einigen alten Kämpen aus Kriegstagen seine junge Tochter Mariko, die Senatorin Divian sowie der Leibwächter Quinn und der Spion Vasser. Auf der Gegenseite findet sich ein Brüderpaar, welches den Schmuggel mit der Droge „das Elixier“ im Namen der „Matrone“ leiten. Diese stets verhüllte und daher völlig unbekannte Dame hat die Unterwelt der Stadt fest im Griff, wenngleich einige Gilden gelegentlich auf eigene Faust arbeiten. Es tauchen einige Figuren am Rand auf, die jedoch meist nur Statistenrollen erfüllen, wie die Zimmerdame der Prinzessin, die Dame in Spinnenseide, der halborkische Anführer der Assassinen oder etwa „des Königs Spion“ Vasser. Auch fehlen wie unten angesprochen weitere Figuren, die man eigentlich erwarten sollte, andere Priester oder Senatoren.

Die Stadt Llorbauth ist alt und insbesondere die Unterstadt und das Hafenviertel ein Hort der dunkelsten Geschäfte. Da sie nun jedoch Hauptstadt des jungen Reiches wurde, will Korox diesen Sündenpfuhl reinigen und nebenbei noch eine funktionierende Wirtschaft aufbauen. Dass dies der Unterwelt nicht passt, ist verständlich und so arbeitet sie daran, den König schnellstmöglich zu beseitigen. Allen voran die „Matrone“ und ihre zwei treuesten Untergebenen, die Gebrüder Jallal und Pello Tasca. Letztere leiten die Herstellung und den Transport der Droge „das Elixier“ und haben schon zu Beginn des Buches eine fatale Begegnung mit „The Claw“. Diese schickt Jallal in die nächste Welt und bringt Pesco vor den König, der den Übeltäter direkt in „The Cellar“ schickt, ein altes unterirdisches Verlies, aus dem es kein Entrinnen gibt. Der König meint damit ein Problem beseitigt zu haben, doch die „Matrone“ holt Jallal als Halbdämon zurück in diese Welt und das „Gefängnis“ entpuppt sich bald als der Ort, an dem das Elixier hergestellt wird! Zwar laufen hier auch einige Verbannte und Gefangene herum, die nichts mit der Unterwelt zu tun haben, doch sind diese zumeist damit beschäftigt, sich diverser Monster wie des Deepspawn* Clusterfang oder einiger Helmed Horrors* zu erwehren. Um den König zur Räson zu bringen, lässt die „Matrone“ dessen Tochter Mariko entführen und in den „Keller“ bringen, ohne zu ahnen, dass die junge Frau auch das Ziel des Erzmagus Xeries ist, dessen fliegende Festung nun erscheint.

Warum diese nicht schon eher erwähnt wird, wo sie doch eigentlich die Hauptrolle haben sollte – dem Titel nach? Nun, sie und Xeries tun es nicht. Sie fügen sich einfach in die Handlung ein und sind nur ein Baustein in dem gesamten Konstrukt um den Machtkampf in Llorbauth. Zwar strahlt Xeries und seine Dämonenhorde eine tödliche Bedrohung aus, doch empfindet man sie zu keinem Zeitpunkt als Schwerpunkt in dem Roman. Das Problem des Magiers ist nun, dass er während eines magischen Vereinigungsrituals zwischen ihm und seiner Geliebten versagte (die „1“ beim Konzentrationswurf) und nicht nur er schwer verstümmelt und sie getötet wurde, sondern sich ihrer beider Essenzen magisch vereinigt haben. Da jedoch diese Verbindung nur dann fortbestehen kann, wenn Xeries mit einer königlichen Frau vermählt ist, deren Lebensenergie er zum Erhalt diese Duallebens verbraucht, taucht die Obsidianfestung alle 100 Jahre auf und geht auf Prinzessinnenraub.

Der König hat nun ein schwerwiegendes Problem, denn er kann, selbst wenn er wollte, die Prinzessin – ihres Zeichens selbst eine Draufgängerin – nicht übergeben. Die „Matrone“ möchte natürlich ihr Ass voll ausspielen, doch die „Klaue“ ist mittlerweile in den „Keller“ eingedrungen und kann mit Hilfe der Gefangenen Evelyne nicht nur das Drogenlager finden und zerstören, sondern auch die Prinzessin befreien. Dieser Plan der „Matrone“ scheitert also und sie ordnet den Angriff auf den Palast an, ungeachtet der Bedrohung durch Xeries. Der König schickt – um weiteres Blutvergießen seitens des Erzmagus zu verhindern – Mariko in Begleitung der „Klaue“ und Evelynes zur Obsidianfestung – die ihrerseits vom auf Blutrache sinnenden Jallal verfolgt werden. Es folgt eine blutige Schlacht am Boden, in der sich Magistrate, Assassinen und Dämonen gegenseitig töten, während in der Festung die genannten Charaktere gegeneinander und mit Xeries kämpfen. Letzterer, siegesgewiss, zeigt sich am Rande der Schlacht selbst und fällt seinem Übermut zum Opfer, was nicht nur all seine Dämonen das Leben kostet, sondern auch die Obsidianfestung abstürzen lässt. Die „Matrone“ ist ebenfalls vor Ort, ihr Schleier wird gelüftet, doch entkommt sie auf magischem Wege.

Und alle lebten glücklich bis an ihr Ende ...

 

Es ist ein nachhaltiges Problem dieses Romans, dass zu keinem Zeitpunkt das Gefühl aufkommt, dass irgendwem auf der „guten Seite“ irgendetwas passieren könnte. Und da genau das auch eintritt, wird Obsidian Ridge nicht in höhere Regionen aufsteigen können.

 

 

Fazit:

Obsidian Ridge ist als Roman sehr unterhaltsam und auch gut geschrieben, hat aber ein schwerwiegendes Problem. Die Hauptrollen und -handlungen sind allesamt Stereotypen, die bunt zusammengewürfelt wurden. Die Obsidianfestung und ihr Prinzessinnenräuber stammen aus Krull, der Hauptheld und Mariko von Die Maske des Zorro (Banderas/Zeta-Jones) oder Van Helsing. „The Cellar“ ist bereits bei Ultima Underworld – The Stygian Abyss zu finden, Könige und ihre alten, ritterlichen Mitstreiter in jedem zweiten Mittelalterfilm. Die „Guten“ sind hübsch und ansehnlich, die „Bösen“ das genaue Gegenteil. Wären da nicht Forgotten-Realms-spezifische Orte und Monster, könnte der Roman jedem B-Movie als Vorlage dienen. B-Movie, da wir zwar sehr viele gute Ansätze haben, auch eine schön verstrickte Reihe an Handlungssträngen, doch alles erscheint zu oberflächlich, als dass es wirklich gut wäre. So nimmt Lebow z. B. einige Anleihen aus der römischen Staatsorganisation, so dass wir sogenannte Magistrate finden, die für Recht und Ordnung sorgen, während Senatorin Divian den König berät. Letztlich bleiben es jedoch nur hübsche Begriffe, denn die Magistrate sind einfach die Elitekämpfer und Leibgarde des Königs und wir fragen uns das ganze Buch hindurch, wo die anderen Mitglieder des Senats sind. Der Autor bleibt dieser Linie dann auch nicht treu, da er Quinn am Ende des Buches zum „Minister of Trade“ ernennen lässt.

Woher kommt die Fliegende Festung? Wo war sie bisher? In den Vergessenen Reichen taucht nichts einfach so auf und verschwindet dann wieder, ohne hinreichend bekannt zu sein. Das „Inselgefühl“ des Geschehens verstärkt natürlich den genannten Eindruck des B-Movies, erinnert nicht zuletzt an die D&D-Filme. Die Handlungen einiger „böser“ Hauptakteure und nicht zuletzt gegen Ende auch Xeries wirken einfallslos – weil unerwartet stereotyp (um nicht zu sagen dumm). Dies ist mitunter auch das Problem von anderen FR-Romanen, in denen „böse“ Gegner einfach entgegen jedweder Erwartung und dem bisherigen Handlungsverlauf Kardinalfehler begehen, die einfach unglaubhaft sind.

 

So ist Obsidian Ridge ein recht unterhaltsamer und abwechslungsreicher Roman, der jedoch aufgrund fehlender Originalität nicht wirklich punkten kann.

 

Anmerkungen

Amn – eines der Länder der Intrigen, auch bekannt aus Baldur’s Gate – Schatten von Amn

Deepspawn – eine Kreatur, die ihre Opfer verschlingt und Duplikate ausspeit, die ihr dann dienen

Helmed Horror – durch “böse” Magie belebte Rüstungen

Tethyr – eines der Länder der Intrigen

Waukeen – die Göttin des Handels in der Welt der Vergessenen Reiche

 

Sowohl Tethyr als auch Amn inklusive der Region von Erlkazar sind ausfühlrich in Lands of Intrigue beschrieben. (Siehe Links)