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Geschichten aus der Nightside 4 - Der Fluch der dunklen Mutter
Bewertung:
(4.5)
Von: Ingo Schulze
Alias: Greifenklaue
Am: 11.08.2008
Autor:Simon R. Green
Übersetzer:Oliver Hoffmann
Typ:Mystik Roman
VerlagFeder und Schwert
ISBN/ASIN:978-3867620277
Inhalt:251 Seiten, Taschenbuch
Sprache:Deutsch

Der Fluch der Dunklen Mutter

Ich habe die Gabe, Dinge zu finden, ob sie gefunden werden wollen oder nicht.

 

Simon R.Green macht seinen mittlerweile vierten literarischen Ausflug in die Nightside und lässt die Leser an der Seite des Detektivs John Taylor die äußerst skurrile Welt unter London miterleben, für die so gar keine Gesetze gelten mögen.

 

Dann kamen drei verschiedene Malteser Falken (Vorsicht, ihr Käufer!), ein JFK-Kopf aus Messingguss, der angeblich Prophezeiungen von sich gab, Nostradamus‘ Schreibfeder, ein Skalpell Baron Frankensteins, eine kleine lackierte Holzkiste, die vorgeblich die Asche Jeanne d’Arcs enthielt, und ein Schirmständer aus einem Yetifuß.

 

Taylor hat gerade in seiner ganz eigenen Art seinen letzten Auftrag ausgeführt: im größten Auktionshaus der Nightside für Ruhe zu sorgen. Grund der Aufregung ist nämlich ein Schmetterling, genauer der Schmetterling. Wer die Chaostheorie kennt, erinnert sich womöglich an den Schmetterling aus China, dessen Flügelschlag im fernen Amerika ein Sturm auslöst. Das ist selbst für die Nightside so ungewöhnlich, dass sich Entitäten von oben und unten dafür interessieren...

 

„Die Chaostheorie besagt, der Flügelschlag eines Schmetterlings in China könne einen Orkan in Amerika auslösen.“

 

Doch auch der anstehende Auftrag ist ganz nach Johns Geschmack: die Göttin Fortuna beauftragt ihn damit, die Ursprünge der Nightside zu beleuchten. Sein Lohn: Informationen über seine Mutter. Beides Dinge, die den Autoritäten der Nightside nicht gefallen werden, weswegen sich John erstmal auf die Suche nach einem geeigneten Team macht.

 

„(...) wo ich Berichten über diese wunderbare neue Firma nachging, die sich auf die Herstellung total faszinierender Bonsai-Vulkane spezialisiert hat, komplett mit regelmäßigen Ausbrüchen und Lavaströmen. (...) Ich hätte ihnen sagen können, dass ‚Mehr Bumm fürs Geld‘ ein schlechter Slogan war...“

 

Der Irre ist so ein Kandidat. Jemand. der zu oft hinter die Schleier der Realität geblickt hat und das, was er sieht, nicht für real hält. Das fatale ist, dass die Realität sich seinen Launen unterworfen hat. und es dann tatsächlich entschwinden lässt. Nie gut, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dazu kommen der Sünder mit seiner Geliebten, Süßes Gift. Vor vielen Jahren hat er mit dem Teufel einen Pakt geschlossen und dieser ihm dabei seine Traumfrau versprochen. Nach sieben Jahren offenbarte ihm der Teufel, dass seine Traumfrau nur ein von ihm geformter Succubus ist und nahm seine Seele mit in die Hölle. Jedoch konnte auch dieses Wissen seine Liebe nicht brechen und da es in der Hölle keine Liebe geben durfte, wurde er kurzerhand rausgeworfen. Sein Liebchen ist gerade auf Außenmission in der Nightside. Und so ist wohl eines der – selbst für die Nightside – ungewöhnlichsten Liebespaare wieder zusammen. Und bereit, an der Seite Taylors zu kämpfen.

 

Ich hab nie an den Kauf von Gegenständen der Macht geglaubt. Sie enttäuschen einen nur. Entweder ist im unpassendsten Augenblick die Batterie leer, oder man vergißt das Kommandowort (...).

 

Den ersten Anhaltspunkt bekommt Taylor von Merlin Satansbrut, welcher unter Johns Lieblingskneipe begraben liegt und ab und an in dessen Besitzer fährt. Demnach ist Herne, der Jäger, ein guter Kandidat für Informationen, aber leider – wie so mancher abgewrackte Gott – zählt er zu den Obdachlosen der Nightside, welche Menschen mit Obdach so gar nicht mögen. Das Quartett zieht also los...

 

Der Türsteher war auf magische Weise mit seiner Tür verbunden, und nur er konnte sie von außen öffnen. Wie die Tür war auch er alt, massiv und nicht zu beschädigen.

 

Simon R. Green versteht es wirklich, skurrile, phantastische Geschichten zu schreiben, bei denen der Weg das Ziel ist. Eigentlich ist es völlig egal, was am Ende passiert, man will von einer ungewöhnlichen Begebenheit zur nächsten gejagt werden. Nachdem ich im dritten Band schon leichte Befürchtungen hatte, der Autor wäre etwas ausgebrannt und ihm gingen schon bald die Ideen aus, belehrt mich dieser Band eines Besseren: diesmal reiht sich ein Brüller an die nächste Absurdität. Keine Spur von Verschleiß, im Gegenteil – so gut wie nie. Das mag auch daran liegen, dass Green mit der Frage nach den Ursprüngen der Nightside zu seinen eigenen Ursprüngen zurückkehrt und viele Elemente aus den bisherigen drei Büchern aufgreift.

 

„Warum haben Sie mich angeheuert?“ „Unsere Versicherungsleute bestanden darauf, jemanden anzuheuern, und Sie waren der Beste... den wir uns leisten konnten.“

 

Das ganze ist ein absurd-skurriler Phantastik-Detektivroman irgendwo zwischen klassischen Film-Noir-Detektivgeschichten und heutigen Detektiven mit skuriller Note (Psych, Monk) – immer mit einer ordentlichen Portion schwarzem Humor und Ironie. Wer sich von so was unterhalten lassen kann, findet hier einen Meister seines Fachs.

 

Wilde war dafür bekannt, Leuten, die sie nervten, ihre Zigaretten im Gesicht auszudrücken.

 

Wo beim letzten Mal die Nebenfiguren blaß blieben, gelingt es ihm diesmal wieder, den Figuren die nötigen Hintergründe zu verleihen – unabhäöngig davon, ob das die Mitstreiter, die Informanten oder die Gegner sind. Auch den altbekannten Figuren fügt er neue Facetten und Details hinzu, angefangen mit Stammbarkeeper Alex über Walker, dem Mittelsmann der Autoritäten bis hin zu John selbst, der mehr über sich und seine Vergangenheit erfährt, als ihm womöglich lieb ist.

 

„Kann ich Ihnen den Mantel abnehmen?“ „Nur mit Waffengewalt!“

 

251 Seiten in gelungener Aufmachung für 10,95 Euro sind mir bei einem guten Buch dreimal lieber als 800 Seiten gähnende Langeweile für 7,99... Insofern muss man wissen, ob einem das der Spaß wert ist – ich kann die Frage mit einem definitiven „Auf jeden Fall!“ beantworten.

 

Sie ließ sich massig in unserer Welt nieder und breitete sich in Richtungen aus, für die wir nicht Mal Namen hatten; etwas Großes und Gewaltiges, das jemand aus einer höheren Dimension heruntergeladen hatte.

 

Fazit:

Von den vier erschienenen Geschichten aus der Nightside der Anwärter auf die Spitzenposition und wer humorige Fantasy a la Pratchett oder Asprin mochte, sollte sich hier auch mal einen Blick trauen.