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The Legend of Drizzt 12 - Spine of the World (HC)
Bewertung:
(3.9)
Von: Björn Arnold
Alias: Wormys_Queue
Am: 18.08.2008
Autor:R.A. Salvatore
Typ:Roman
System:D&D
Setting:Forgotten Realms
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-4341-8
Inhalt:340 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Spine of the World

Inhalt:

Luskan ist die Stadt der Segel, in der der kluge Mann ebenso schnell reich werden wie der törichte sein Leben verlieren kann. Eine Stadt voller Verbrecher und Piraten, voll von Korruption, in den Augen vieler anständiger Menschen ein Greuel vor den Göttern. In ausgerechnet diese Stadt hat Wulfgar sich verkrochen, um seine Pein im Alkohol zu ersäufen. Vom Dämon Errtu und dessen Schergen in den Tiefen des Abyss gefangen gehalten und auf unvorstellbar qualvolle Weise gefoltert, ist es ihm unmöglich, in sein altes Leben zurückzukehren, nachdem er seine Freiheit wiedererlangt hat. Und so zieht es ihn ausgerechnet in die Stadt, für die der alte Wulfgar vor allem Verachtung übrig gehabt hätte

Und nicht nur dem Alkohol ist er verfallen. Fast willenlos lässt er sich von seinem neuen Freund Morik, dem Dieb, immer näher an die schiefe Bahn des Verbrechens führen. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis er endlich einen Fehler machen wird, der ihn mehr als nur die Achtung vor sich selbst kostet.

Etwa zur selben Zeit, unweit des Passes hinauf ins Eiswindtal, fällt das Auge des jungen Barons Feringal Aucks auf die schöne Meralda, eine Bauerntochter und damit eine für ihn völlig unpassende Partie. Gegen alle Konventionen verliebt er sich in die junge Frau und tut alles, um sie zu der seinen zu machen. Sie hingegen liebt einen anderen und sieht sich gefangen in dem Dilemma, das eigene Glück aufgeben oder ihre schwer kranke Mutter sterben lassen zu müssen. Ihre Entscheidung wird eine folgenschwere Ereigniskette in Gang setzen, die sich auf wundersame Weise mit dem Schicksal Wulfgars verbinden und diesen damit letztendlich vor die Wahl stellen wird, welche Sorte Mann er sein möchte: der alte Wulfgar, dessen Ehre unantastbar schien und der vor niemandem sein Haupt beugen musste, oder der neue, selbstmitleidige Wulfgar, als Dieb, Mörder und schlimmer noch als Vergewaltiger verfolgt, dem der Tod als das leichteste Mittel erscheint, seiner armseligen Existenz endlich zu entkommen.

 

Beurteilung:

Es gibt einige Fans von Salvatores Romanen, die sofort die Augen verdrehen, wenn Drizz't zu einer seiner moralisierenden Selbstbetrachtungen ansetzt, sei es wegen des Tonfall oder auch, weil der Autor diese Betrachtungen nur all zu oft dazu benutzt, den Leser mit der Nase auf einige der seiner Meinung nach wichtigen Inhalte des Romans zu stoßen. Der Rezensent selbst hat sich nie großartig daran gestört: wer mit Karl May groß geworden ist, ist schlimmeres gewohnt.

In diesem Roman aber scheint es, als seien diese Einschübe weniger Unterbrechungen der Haupthandlung als vielmehr ihre Fortsetzung aus einem anderen Blickwinkel. Vielleicht liegt das daran, dass die sonst so dominante Action in Spine of the World keine große Rolle spielt. Die wenigen Kampfszenen werden fast im Vorbeigehen abgehandelt, als teile der Autor die Perspektive Wulfgars, der gebrochen und willenlos die Aufträge Moriks ausführt. Schriftsteller wie Protagonisten scheint die innere Beteiligung zu fehlen und dies verdeutlicht viel mehr als die Ausführungen des Dunkelelfen, um was es in diesem Roman geht. Um das Innenleben einer Hauptfigur nämlich, deren Lebenswille fast erloschen ist und die nichts mehr mit dem Mann zu tun hat, den man in The Crystal Shard, dem ersten Roman aus Salvatores Feder, zum ersten Mal kennen lernte.

Sie sind allerdings nicht ganz verschwunden, die sonst so typischen Szenen, die man mit dem Autor verbindet. An drei Schlüsselstellen des Romanes werden sie wieder eingesetzt und damit mit einer Symbolik verbunden, die man sonst nicht immer erkennen konnte.

Die erste Stelle berichtet über den Verlust von Aegis-Fang, der Waffe, mit der Wulfgar sich seinen Ruhm erwarb und die das letzte Bindestück zu seiner Vergangenheit darstellt. Die blindwütige Kampfeswut, die Wulfgar erfüllt, als er den Diebstahl bemerkt, symbolisiert die erste Katharsis, die der Protagonist im Laufe dieses Romans durchlebt, auch wenn ihre Wirkung zunächst gering erscheint.

Die zweite berichtet von einem Heldenstück wie dem, als Wulfgar und Drizz't im Alleingang eine Höhle voller Verbeegs ausräucherten(Crystal Shard. In diesem Kampf wird sich Wulfgar über die Ähnlichkeiten zwischen Morik, dem Dieb und Drizz't, dem Dunkelelfen klar, aber auch über den alles entscheidenden Unterschied zwischen seinen beiden Freunden.

Und die dritte symbolisiert die endgültige Transformation des „neuen“ zurück in den alten Wulfgar, als dieser Kopf und Kragen riskiert, um das Leben eines Kindes zu retten, dessen Mutter ihm in seinem dunkelsten Moment in einem Akt der Selbstlosigkeit half, obwohl sein Tod all ihre Nöte hätte lindern können.

 

The Spine of the World hat also seine Actionmomente. Und doch ist er einer, wenn nicht sogar der ruhigste von Salvatores Romanen, in der die Suche Wulfgars nach sich selbst in jedem Moment im Vordergrund steht. Nur dass dieser Kampf, der in seinem Inneren stattfindet, der spannendste Kampf von allen ist.

 

Nicht alles ist Gold was glänzt. Salvatore zeigt gewisse Probleme in der Handhabung des in diesem Roman so ganz anderen Tempos. Gerade zu Beginn lässt er sich manchmal zu viel Zeit, die ihm gegen Ende des Romans manchmal zu fehlen scheint. Es ist ein wenig unbefriedigend, wie das Puzzle sich plötzlich ganz von alleine zu lösen scheint und manche Rettung des Protagonisten (Held mag man hier fast gar nicht sagen) wirkt doch sehr an den Haaren herbeigezogen. Vielleicht eine Folge des deutlich spürbaren Willens, sich diesmal nicht von der Handlung vom eigentlichen Thema, nämlich von der Seelenwelt Wulfgars ablenken zu lassen.

 

Auch ist das Ende etwas vorhersehbar. Das Schlussszenario ist eine Spur zu sorgsam vorbereitet, als dass man ernsthaft einen anderen Ausgang des Romanes erwarten würde. Mann kann das natürlich auch positiv als Konsequenz des Autors deuten, aber ein wenig mehr Überraschungsmoment wäre schon ganz schön gewesen.

 

Dennoch erreicht der Autor sein Ziel. Er kann Charaktere gestalten, den Beweis hat er spätestens jetzt angetreten, und dabei einen trotz des langsameren Tempos sehr spannenden Roman zustande gebracht.

 

Fazit:

Salvatore kann also auch Charaktere gestalten, wenn er auch in diesem Roman noch nicht ganz an die Qualität heranreicht, wie sie später in seinen Anti-Helden Artemis Entreri und Jarlaxle Baenre verkörpert wird. Alleine das macht diesen Roman schon lesenswert und, eigentlich untypisch für einen Fantasyroman, zum Psychogramm eines gebrochenen Helden, der lange Zeit kurz vor der völligen Selbstaufgabe steht. Das Buch mag überzeugte Salvatore-Gegner sicher nicht davon überzeugen, dass hier plötzlich ein Klasseschriftsteller seine Visitenkarte abgibt. Und wer mit der laut und deutlich vorgetragenen Moral des Dunkelelfen normalerweise nichts anfangen kann, wird sicher auch mit diesem Roman seine Schwierigkeiten haben. In einem aber gebe ich Todd Mc Farlanes Vorwort recht: R.A. Salvatore ist der geborene Geschichtenerzähler und das macht die kleinen Schwächen dieses Romans mehr als wett. Für die höchsten schriftstellerischen Weihen fehlt Salvatore der Mut, die Geschichte bis zu ihrem viel wahrscheinlicheren bitteren Ende durchzuziehen. Aber das im Rahmen einer Fantasygeschichte zu erwarten, einer Auftragsarbeit für eine Kampagnenwelt noch dazu, wäre vielleicht auch ein zu hoher Anspruch. Lesenswert ist der Roman in jedem Fall.