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deus vult
Bewertung:
(4.6)
Von: Claudia Krüger
Alias: Gwenfair
Am: 19.10.2009
Autor:Oliver Graute
Typ:Roman
System:Engel bzw. D20
Setting:Engel
VerlagFeder und Schwert
ISBN/ASIN:978-3-86762-012-3
Inhalt:250 Seiten, Softcover
Preis:10,95 €
Sprache:Deutsch

Als Erstes möchte ich hier eine generelle Spoilerwarnung aussprechen. Mit dem Roman "deus vult" neigt sich der Erzählbogen des Engel-Rollenspiels seinem Ende zu. Zwar ist noch ein weiterer Roman angekündigt, aber schon in diesem Roman werden so einige Geheimnisse offenbart. Wer sich als Spieler bisher vom Bereich des Spielleiterwissens des Engel-Rollenspiels ferngehalten hat, der sollte von diesem Roman am Besten nicht mehr als den Klappentext lesen und diese Rezension ebenfalls meiden.

Erster Eindruck

Der Roman kommt in gewohnt edler Aufmachung mit bronzefarbenen Elementen daher, jedoch sind Titelbild und Rückseite fast ganz in schwarz gehalten, wodurch er deutlich düsterer wirkt als die Vorgängerromane. Der Buchrücken jedoch ist vorwiegend bronzefarben, so dass der Roman sich gut in die bisherige Reihe einfügt.

Der auf dem Coverbild dargestellte Engel ist mit einem Tätowierschema versehen, das so bislang noch in keiner Publikation aufgetaucht ist, so dass anzunehmen ist, dass es sich um einen Samaeliten handelt.

Die Qualität ist gewohnt gut und noch immer in alter Rechtschreibung. Der Klappentext enthält trotz seiner Länge keine Spoiler, so dass der Leser keine Informationen hat, die über die ersten paar Seiten hinausreichen.

Allgemeines

Geschrieben wurde der Roman von Oliver Graute, einem der Erfinder des Engel-Rollenspiels. Zwar hat Oliver Graute schon an mehreren Rollenspielbänden und Romanen mitgewirkt, dieser Roman ist jedoch sein Debüt als Einzelautor.

 

"Deus vult" führt mehrere Erzählstränge weiter, die in verschiedenen früheren Publikationen begonnen wurden: Wir erfahren nicht nur, was die Mannschaft des Brandlandfahrzeugs "Exodus" aus dem gleichnamigen Roman bei ihrer Erkundungsfahrt entdeckt hat, auch die weiteren Geschehnisse um die Diadochin Isabella von Cordova werden nach "homini lupus" weiter verfolgt, und auch Lâle und der Wanderer aus dem Engel-Comic "Pandoramicum" treten fast 20 Jahre nach dem Fall des Raguelitenhimmels wieder in Erscheinung.

Zwar gibt es eine kurze Einleitung vorn, ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen hinten sowie eine Europakarte, jedoch können diese nicht die Lücken ausgleichen, die man hat, falls man bisher die Hintergrundgeschichte von Engel nicht verfolgt hat. Lâles Geschichte wird in einigen kurzen Absätzen nebenbei erzählt, jedoch kann auf die anderen Vorgeschichten nicht näher eingegangen werden, zumal dies das Tempo des Romans auch spürbar gebremst hätte. Wer also in den vollen Genuss der Zusammenhänge kommen möchte, sollte die Romane inklusive des Comics in der Reihenfolge ihres Erscheinens lesen und nicht mit "deus vult" beginnen.

 

Die von abgedruckte, schwarzweiße Karte von Europa ist die gleiche wie die bunte, doppelseitige Karte im Cover des Grundregelwerks 2.0 (also der Neuauflage von 2007). Sie ist für Neueinsteiger nur mäßig informativ, da man in dieser Verkleinerung Stadtnamen kaum lesen kann und der Fortschritt der Fegefeuer noch nicht so weit fortgeschritten ist wie im Roman, wo das Fegefeuer vor der Südküste Spaniens bereits an Gibraltar vorbei gezogen ist. Eine Zeichnung der Exodus in Seitenansicht und Draufsicht bildet die letzte Seite.

Inhalt (Vorsicht Spoiler!!!)

Oliver Graute führt mehrere Handlungsstränge parallel, die sich bis zum Schluss des Romans (noch) nicht miteinander verbinden. Dies dürfte erst dem letzten Roman der Serie vorbehalten sein. Dies tut der Handlung aber keinen Abbruch, da spürbar alle Handlungsstränge etwas in der Welt bewegen und Ereignisse vorantreiben.

 

Zuerst erfahren wir, wie die Exodus nach Korsika vordringt und dort den seit hundert Jahren verlorenen Orden der Samaeliten wiederfindet. Die Rückkehr der Engel des Samaelitenordens nach Rom löst in der Folge eine ganze Reihe von Umwälzungen aus, die der - in Ermangelung eines überlebenden menschlichen Samaeliten - zum Ab geweihte Engel Midael energisch vorantreibt. Midael ist auch der hauptsächliche Protagonist des Romans: er ist derjenige, der große Dinge anschiebt und dabei immer tiefer in die düsteren Geheimnisse der Kirche eindringt. Dabei lässt er sich von seinem Gewissen und Gerechtigkeitsempfinden leiten, was unter anderem dazu führt, dass es am Ende nicht einen Ab mehr als vorher gibt, sondern einen weniger. Und natürlich macht er sich dadurch mächtige Feinde, die im Hintergrund alle Fäden ziehen, um ihn schnell wieder loszuwerden.

 

Währendessen kämpft Isabella von Cordova darum, im Zustand fortgeschrittener Schwangerschaft die Zügel bei ihrem unheiligen Bund zwischen der Urbanis-Liga und den Jüngern des Morgensterns in der Hand zu behalten. Im Gegensatz zu "homini lupus" kann sie dabei jedoch kaum Vorwärtsdrang entwickeln und wirkt dadurch ungewohnt passiv.

Nur gelegentlich zwischendurch wird von der inzwischen ebenfalls schwangeren Lâle berichtet, obschon abzusehen ist, dass ihr Kind in der Zukunft ebenfalls einen nicht unbedeutenden Part spielen wird. Während die vorherigen Romane einzelne Schicksale und ihre Auswirkungen beschrieben, ziehen die Geschehnisse aus "deus vult" wirklich große Kreise.

 

Insgesamt tauchen viele Figuren und Fraktionen wieder auf, die schon in den vorherigen Publikationen eine Rolle spielten: Nicht nur der Orden der Samaeliten, sondern auch die vernichtet geglaubten Ragueliten, Isabellas Geliebter Thariel, die schwarzen Engel und die Männer mit den goldenen Masken aus der Hiob-Trilogie. Lâle und den Wanderer hatte man auch fast schon vergessen.

Geschickt setzt Oliver Graute die Puzzleteile zusammen, so dass sich ein immer klarer werdendes Bild ergibt. Fein kristallisiert sich heraus, das am Ende doch alle Handlungsstränge für den Ausgang eine Bedeutung haben werden. Doch wäre Engel nicht Engel, wenn nicht ein Teil unerklärbar und mystisch bliebe. Und so endet der Roman auch mit einem Umbruch in der Kampagnenwelt und einem Cliffhanger.

Fazit:

Wie schon erwähnt ist der Roman "deus vult" eigentlich nur uneingeschränkt empfehlenswert für diejenigen Leser, die mit dem Hintergrund der Engel-Welt bereits vertraut sind. Als Einsteigerroman ist er eher nicht geeignet.

Für diejenigen, die Engel schon kennen, ist er aber eine ausgezeichnet geschriebene Weiterführung der bisherigen Geschehnisse. Man spürt, dass sich der Erzählbogen von Engel dem Finale zuneigt. Die Geschichte ist spannend geschrieben und ihre Hauptpersonen können überzeugen. Man spürt, wie sich die Ereignisse der vorherigen Romane, des Comics und der Quellenbücher zusammenfügen und - als immer mehr Geheimnisse gelüftet werden - Sinn ergeben.

 

Karten, Skizzen und Glossar sind eine schöne Dreingabe, die das Gesamtbild des Romans gut abrunden, auch wenn sie fehlendes Vorwissen nicht ausgleichen können.