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Die Herrscherin
Bewertung:
(3.5)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 20.10.2009
Autor:Karen Miller
Übersetzer:Michaela Link
Typ:Roman – Fantasy
Setting:Welt von Mijak
VerlagPenhaligon (Random House)
ISBN/ASIN:978-3-7645-3018-1
Inhalt:800 Seiten, Broschur mit Klappeinb
Preis:16,95 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt

(Vorsicht: Spoiler!!!)

Mijak ist ein Land, das von wenigen Kriegsherren beherrscht wird.An deren Seite stehen die Gottessprecher - heilige Männer, die den Willen ihrer brutalen Gottheit bedingungslos ausführen und im Spannungsverhältnis zwischen den brutalen Interessen der Kriegsherrn und dem Willen ihres Gottes stehen.

In dieser archaisch geprägten Gesellschaft ist wenig Platz für alles, was die Götter nicht vorgesehen haben. Der Großteil der Bevölkerung lebt und arbeitet unter primitiven Bedingungen – Wohlstand und Bildung ist nur wenigen vorbehalten. Kriegern wird gelehrt zu töten und die Kriegsherren bestimmen, wer getötet wird. Lediglich die Händler bilden eine kleine Ausnahme in dieser Gesellschaft, da sie nicht nur Waren transportieren, sondern auch Nachrichten und Neuigkeiten aus allen Ecken des Landes sammeln. Die unterste Stufe in dieser Gesellschaftsstruktur nehmen die Sklaven ein, die man höchstens lehrt, wie sie ihren eigenen Wert steigern können, wenn es an der Zeit ist, sie zu verkaufen.

 

In einer von Hunger und Armut gezeichneten Bauernfamilie im nördlichen Mijak ist Hekat nicht viel mehr als ein weiterer hungriger Mund, den es zu stopfen gilt, und so wird sie im Alter von 12 Jahren für eine Handvoll Münzen an den Händler Abajai verkauft. Dieser gaukelt ihr vor, dass er sie liebt, doch in Wahrheit betrachtet er sie lediglich als kostbare Ware. Abajai lässt ihr Bildung zuteil werden und formt aus der jungen Frau eine kultivierte und anmutige Dame, die er für viel Geld als Sklavin verkaufen kann - aber Hekat weiß, dass sie nicht geboren wurde, um ein Leben als Sklavin zu fristen. Wie es nicht anders in einer solchen Geschichte zu erwarten ist, schafft es Hekat ihrem Herren zu entkommen und auf eigene Faust durchzukommen. Die Flucht entwickelt sich als nicht einfach und fordert von Hekat zahlreiche Opfer, doch sie ist nunmehr frei und niemandes Sklave.

 

Eher zufällig betritt sie das Haus ihres Gottes – und ein Wunder geschieht! Gott selbst spricht zu ihr, leitet sie und weist ihr den Weg. Für sie wurde ein anderes Schicksal ausgewählt, ein Weg, der sie aus den dreckigen Hinterhöfen ihrer Kindheit zum Tempel ihres Gottes, über blutgetränkte Schlachtfelder hin zu den strahlenden Palästen von Mijak führen soll.

 

Auf ihrer weiteren Flucht gelangt Hekat zum Tross des Kriegsherrn Raklion, wo sie mehr oder weniger Unterschlupf erhält. Hier schaut sich Hekat von den Männern den Kampf mit Waffen ab, und dank der Fürsprache von Raklion selbst wird ihr gestattet das Kriegshandwerk zu erlernen und Schlangentänzerin zu werden.

 

Hekat lernt den Herrscher der mächtigsten Stadt des Reiches näher kennen und beiden wird rasch klar, welche Chance das für sie bedeutet: Für den Kriegsherrn von Et-Raklion bietet Hekat mit ihrer außergewöhnlichen Fähigkeit, die Stimme des Gottes zu hören, die lang ersehnte Gelegenheit, sich aus der Abhängigkeit von den Gottessprechern – der Priesterkaste – zu lösen, während Hekat endgültig die Fesseln ihrer Vergangenheit lösen kann und unbeirrt durch die Gunst des Herrschers in Macht und Ansehen steigt. Sie befreit Raklion aus der Abhängigkeit der Priesterkaste und lenkt so unaufhaltsam wie skrupellos seinen als auch ihren Aufstieg zur Macht. Doch die Angst und der Hass, die ihr Leben von frühester Kindheit an geprägt und begleitet haben, sind immer noch in ihr, auch wenn sie auf dem Thron der mächtigsten Stadt von Mijak sitzt. Mijak wird schon bald Grund haben, diese Herrscherin – Hekat die Schöne, Hekat die Kostbare, die von der Sklavin zur Kaiserin aufstieg – zu fürchten.

 

Über die Autorin:

Karen Miller wurde in Vancouver, Kanada, geboren und kam im Alter von zwei Jahren mit ihren Eltern nach Australien. Nachdem sie an der Universität für Technologie in Sydney graduiert hatte, zog es sie für drei Jahre nach England, wo sie die unterschiedlichsten Jobs hatte, unter anderem als Pferdezüchterin, bis es sie schließlich wieder zurück nach Australien zog. Dass Karen Miller schon immer ein Faible für Science-Fiction und Fantasy hatte, zeigt sich nicht zuletzt in der Tatsache, dass sie mittlerweile ihren eigenen Buchladen mit entsprechendem Themenschwerpunkt führt. Außerdem besitzt sie einen Abschluss in Jugendliteratur der australischen Macquarie Universität in Sydney. Neben ihrer Arbeit als Schriftstellerin schreibt sie auch eigene Stücke für ihre örtliche Theatergruppe, bei der sie auch Regie führt. Über sich selbst sagt die Australierin, sie sei nur ein Kind mit einer übersprudelnden Fantasie.

 

Ihr erstes Buch mit dem Titel „The Innocent Mage“ wurde im Jahr 2005 in Australien veröffentlicht und bildete den Auftakt für die Serie „Kingmaker, Kingbreaker“, dem kurze Zeit später der zweite Band „Innocence Lost“ folgte. Beide Bände erschienen zwischenzeitlich unter dem Titel „Königsmacher“ bzw. „Königsmörder“ im Penhaligon-Verlag auf Deutsch.

 

Der Band „The Innocent Mage“ wurde von den Kritiken durchgehend positiv aufgenommen und war Finalist für den Aurealis Award 2005 in der Kategorie „Fantasy“. Seitdem hat Miller einige weitere Bücher veröffentlicht, darunter „Empress of Mijak“ und „The Riven Kingdom“ aus der Trilogie „Godspeaker“, die beide auch auf der Auswahlliste für den 2007 vergebenen James Tiptree Jr. Award standen. Darüber hinaus schrieb sie zwei Bücher für die „Stargate SG-1“-Serie und auch einige unter dem Pseudonym K.E. Mills. Unter diesem Namen erschien in der „Rogue Agent“-Reihe ihr Buch „The Accidential Sorcerer“.

 

Karen Miller lebt in Sydney und widmet sich ganz dem Schreiben.

 

Fazit:

Durch den Verlag wird Karen Miller gerne als der nächste australische Shooting-Star der Fantasy nach Trudi Canavan genannt, wobei dies vielleicht nicht von ungefähr kommt. Das Cover von „Die Herrscherin“ erinnert mehr als deutlich an die Gestaltung der Bücher von Trudi Canavans „Gilde der Schwarzen Magier“ oder „Zeitalter der Fünf“, die beide ebenfalls von Michaela Link übersetzt wurden und bei Blanvalet (und somit also bei Random House) veröffentlicht wurden.

 

Mit Hekat hat Karen Miller sicherlich einen erstaunlichen Charakter erschaffen, der trotz aller Härte in der Darstellung doch einiges an Potential besitzt. Gemeinsam mit ihrem durchaus ausdrucksvollen Stil schafft es Karen Miller mehr aus diesem Charakter zu machen, den man vielleicht anfänglich aufgrund des religiösen Eifers eher als Soziopath einstufen würde, da Hekat niemand anderen als ihren Gott liebt und sich selbst als Sklavin ihres Gottes bezeichnet.

 

Einen Großteil der Spannung des Buches zieht die Geschichte aus den frühen Kapiteln, insbesondere in der Begegnung von Hekat mit Abajai, da sich das Mädchen dank der Hilfe des Händlers zur Frau entwickelt. Diese Geschichte nutzt Miller recht eindrucksvoll um die raue Welt von Mijak und deren tief religiös-politische Struktur als Hintergrund zu beschreiben. Es ist für den Leser natürlich offenkundig, wie rückständig die technologische Entwicklung ist und welche dominierende Bedeutung die Religion im Alltag spielt, und so rückt die Weltbeschreibung im Laufe des Lesens manchmal zu stark in den Vordergrund und überschattet in ihren Ausführungen teilweise die Entwicklung der Charaktere.

 

Nachdem Hekat ihrem Sklavendasein entflohen war, beschlich mich allerdings das Gefühl, als habe die Geschichte ein gutes Stück an Spannung verloren, obwohl sie doch jetzt erst richtig losgehen sollte. Ich habe mich auch nicht geirrt, denn während des weiteren Verlaufes scheint sich der Lebensweg von Hekat ohne größere Wendungen recht geradlinig zu entwickeln. So ist der Rest von Millers Buch in seinem Aufbau ein wenig vorhersehbar, während die ersten Kapitel spannender und unterhaltsamer zu lesen waren.

Gegen Ende des Buches werden von der Autorin mit großer Eile weitere Handlungsfäden in die Geschichte eingebaut, die auf mich den Eindruck machten, als seien sie etwas abgehackt und im Gesamtaufbau der Geschichte nicht so recht aufeinander abgestimmt. Aber es handelt sich schließlich auch um den ersten Band der Trilogie und es soll ja weitergehen – insofern darf man schon auf die weiteren Geschehnisse gespannt sein.

 

Was mir bedauerlicherweise sehr negativ aufgefallen ist, sind die ewigen Wiederholungen von Hekat, die sich in etlichen Variationen immer wieder auf ein „Ich bin Hekat, kostbar und schön“ reduzieren lassen. Dies dürfte dem Leser spätestens nach der dritten Wiederholung aufgefallen sein und hätte vollauf genügt. Etwas weniger wäre hier unter Umständen besser gewesen.

 

Unterm Strich hat das Buch sicherlich seine starken Momente, insbesondere wenn Karen Miller eindrucksvoll beweist, eine glaubhafte Welt zu erschaffen, die ihren Leser in seinen Bann zieht. Allerdings lässt die Geschichte nach einem starken Auftakt etwas nach, da die anfänglich dramatische Spannung sich nach und nach auflöst, und einiges an Entwicklungspotential des Charakters von Hekat von der Autorin meines Erachtens nach schlichtweg verschwendet wird.

 

Für Liebhaber epischer Fantasy, in denen starke Frauen eine dominierende Rolle spielen, dürfte dieser erste Roman der „Gottessprecher“-Trilogie mit Sicherheit sehr lesenswert sein, ansonsten wohl eher eine Empfehlung an Leser, die es etwas rauer mögen, denn trotz aller Kritik kann der Charakter von Hekat vor der Kulisse der archaischen und brutalen Welt von Mijak den Leser durchaus in seinen Bann ziehen.