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James Bond 6 - Dr. No
Bewertung:
(4.1)
Von: Moritz Mehlem
Alias: Glgnfz
Am: 14.04.2013
Autor:Ian Fleming
Übersetzer:Stephanie Pannen, Anika Klüver
Typ:Roman
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-86425-080-4
Inhalt:360 Seiten, Taschenbuch
Preis:12,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt

(Vorsicht Spoiler!!! Zumindest, wenn man einen 55 Jahre alten Roman und 51 Jahre alten Film spoilern kann.)

.Cover und Rücken bieten wieder Altbekanntes – mein Regal wird sich freuen. Sieht klasse einheitlich aus und atmet alleine von der Farbgebung her schon immer irgendwie den Hauch der 60er. Hier haben wir es auf dem Cover wohl mit Honey Rider a.k.a. Ursula Andress zu tun, der scharfen Muschelsammlerin auf Crab Key.

 

… aber alles zu seiner Zeit. Wie bei allen Bond-Romanen ist die Story schnell erzählt – James kam ja aus dem letzten Band eher „zerknautscht“ heraus und bekommt von M. einen schönen entspannenden Auftrag in (auf?) Jamaika verpasst. Dort soll er lediglich überprüfen, warum der britische Agent vor Ort und seine Sekretärin verschwunden sind – augenscheinlich sind die beiden nur miteinander durchgebrannt.

Das wäre natürlich zu schön, denn dann wäre der Fall schnell gegessen und Bond könnte mit dem Fischer Quarrel (den er anders als im Film schon aus dem Roman „Leben und Sterben lassen“ kennt) etwas in der Sonne rumlungern.

Pustekuchen! Immer mehr deutet sich an, dass auf Crab Key, einer kleinen vorgelagerten Insel, nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Okay. Dort wird gutes Geld mit dem Abbau von Guano verdient, aber das alleine sollte doch nicht dazu führen, dass der Besitzer, der Deutsch-Chinese (herrje, welch fiese Kombination in den 50ern – die Zerstörer Europas kombiniert mit der gelben Gefahr…) Dr. No dermaßen eifersüchtig über sein kleines Königreich herrscht.

Es kommt wie es kommen muss – Bond begibt sich mit Quarrel auf die Insel Crab Key, trifft dort eine geheimnisvolle Schöne und gerät gemeinsam mit ihr in Dr. Nos Gefangenschaft. Über Quarrels Verbleiben möchte ich mich an dieser Stelle lieber ausschweigen.

Bis hierhin ist der Film noch sehr, sehr dicht an der Romanvorlage, wobei der tödliche Tausendfüßer des Originals im Film zu einer Vogelspinne mutiert, was mich ganz enorm an die Weisheit aus den Simpsons erinnert: „Kühe sehen im Film nicht wie Kühe aus, da muss man Pferde nehmen.“ – „Und was macht ihr, wenn ihr Pferde braucht?“ – „Dann binden wir einfach ein paar Katzen zusammen.“

Aber zurück zur Insel. Viel cooler als im Film wird James einer Art Hindernisparcours ausgesetzt, mit dem Ziel ihn zu töten – gleichzeitig soll Honey von Krabben getötet werden. Im Film fand ich das immer irgendwie merkwürdig, warum er in eine Zelle gesperrt wird und dann durch einen heißen Luftschacht entkommt. Sehr mysteriös – da erscheint mir diese Prüfungsnummer doch logischer.

Was NICHT logisch ist, ist, dass diese lustige von Dr. No vollmundig angekündigte Prüfung dann nicht mehr genau wissenschaftliche überwacht wird, sondern es James gelingt, sie zu überleben und dann zu entkommen. Ich als Bösewicht hätte mir da ein paar schicke Kontrollstationen installiert, wo ich den jeweiligen Fortschritt im Blick behalten hätte. (Okay – einfach erschießen wäre noch eine sicherere Variante.)

Dass Dr. No ganz andere Pläne hat, als den Weltmarkt für Guano zu revolutionieren, steht schnell fest – es geht ihm eher um Macht – und zwar plant er amerikanische Raketen nach dem Start übernehmen zu können und sie dorthin zu lotsen, wo er sie gerne hätte.

 

Interessant ist vor allem bei bisher allen Roman-Verfilmungen, dass die Romane doch oft handfest politisch – hart an der Grenze zu einem mehr als nur subtilen Hass auf wahlweise Russen, Deutsche, Chinesen, Neger… dahinsegelt, während die Filme doch immer irgendeine fiktive böse Organisation am Start haben, die für das Übel zuständig ist und höchstens mal die gewonnenen Informationen an den „Meistbietenden“ verkaufen will wie in diesem Fall. Apropos „Organisationen“ – wenigstens haben die sonst so krampfhaft bemühten Jungs von SMERSCH hier nicht die Hände mit im Spiel. Bin mal gespannt auf die nächsten Romane, ob Bond die Organisation zerschlagen hat, oder ob sie erneut seinen Weg kreuzen wird.

 

… noch eine kleine Fußnote: Das von mir zunehmend gelobte Übersetzerinnen-Lektorats-Team hat hier einen schicken Schnitzer durchflutschen lassen, denn hätten die Damen dict.cc bemüht, wäre nicht auf einer Seite mehrmals statt „Handballen“ „Venushügel“ verwendet worden. So kommt doch eine eher obskure Foltermethode Quarrels dabei heraus, der eigentlich nur die Hand der Reporterin in der Mangel hat und sich nicht in ihrer Unterhose zu schaffen macht.

 

Fazit:

Als Roman betrachtet ganz sicher der bisher beste Bond – wenn mir persönlich auch die coole Szene am Schluss gefehlt hat, in der Bond am Schluss mit Dr. No kämpft und der mit seinen mechanischen Scheren keinen Halt findet und in diesen Bottich mit heißer Flüssigkeit hineinrutscht – was auch immer der in einer Schaltstelle treibt, in der Raketen per Funk gesteuert werden sollen.

Ansonsten gibt es hier einen klaren Spannungsbogen, coole Szenen, exotische Kulissen, scharfe Bräute, einzig und allein der ironisch-coole Bond-Humor, den wir aus den Verfilmungen kennen und lieben, muss sich noch entwickeln, aber so ist wenigstens bei der Bewertung noch Raum nach oben.