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Wege, Spieler zu belohnen

6 Wege, Spieler zu belohnen

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Rollenspiele kann man nicht wie andere Gesellschaftsspiele gewinnen. Der Wettbewerb gehört jedoch zum Spielen dazu. Deswegen sollte man als Spielleiter darauf achten, seine Spieler zu belohnen, um ihnen das Gefühl des Sieges zu vermitteln.

1. Verteile viele Erfahrungspunkte - aber gezielt

Die klassische Variante, Spieler zu belohnen. Aber viele Spieler merken nach einer Weile, dass Erfahrungspunkte allein nicht glücklich machen. Irgendwann verkommt der Stufenanstieg zur Routine. Man kann sich nicht mehr so recht freuen, wenn er die einzige Belohnung für stundenlanges Spiel ist.

Einige Rollenspiele verwenden keine Stufen aber trotzdem Erfahrungspunkte, die direkt zum Erhöhen von Spielwerten eingesetzt werden können. Hier entfällt das Gefühl einer Belohnung, denn es werden nur sehr wenige Erfahrungspunkte verteilt und alle Spieler erhalten auch mehr oder weniger die gleiche Menge.

Es ist aber extrem wichtig, Erfahrungspunkte an die Leistungen der Spieler zu koppeln. Geize als Spielleiter nicht mit Erfahrungspunkten! Sei ruhig großzügig, denn die Spieler freuen sich ja darüber - und es ist dein Job als Spielleiter, deinen Spielern eine Freude zu bereiten.

Koppel die Erfahrungspunkte aber immer mit konkreten Aktionen der Spieler, die du beim Verteilen auch kommentierst: "Okay, du hast die Falle erkannt und entschräft, dafür erhältst du 400 Erfahrungspunkte, du hast das schwere Rätsel des Trolls gelöst, dafür bekommst du 800 Erfahrungspunkte und du hast uns heute mehrmals so gut zum Lachen gebracht, dass mir das 1000 Erfahrungspunkte wert ist!" So haben die Spieler den Eindruck, etwas geleistet zu haben und dafür belohnt zu werden.

Dabei ist es sehr wichtig, dass die Spieler unterschiedlich bewertet werden. Versuche auch darauf zu achten, einzelne Spieler nach ihren Möglichkeiten einzuschätzen. Wenn der 5er Kandidat in Mathe ausnahmsweise mal die Zahlenkombination des Türschlosses geknackt hat, ist das mehr wert, als wenn das Rechen-Genie in eurer Spielrunde die Aufgabe routiniert erledigt. Das gleiche gilt für den stillen Spieler, der sonst kaum etwas von sich hören lässt - aber an diesem Abend ein paar wirklich gute Sprüche gemacht hat, die alle schmunzeln ließen.

Versuche also wirklich die rollenspielerischen und intellektuellen Leistung eines Spielers zu bewerten, dann werden sich die Spieler in deiner Runde auch mehr anstrengen und das Spiel macht auf Dauer mehr Spaß. Hab keine Angst vor Fehlern oder davor, ungerecht zu urteilen. Wenn du dich diskussionsbereit zeigst und Entscheidungen auch revidierst, wenn es gute Gründe dafür gibt, werden dir deine Spieler vertrauen.

2. Sei vorsichtig mit Monster, Gegnern, Rätseln und Fallen

Die zweite klassische Variante, Spieler zu belohnen, ist ihr Sieg über mächtige Gegner oder Monster und das Lösen von Rätseln oder Umgehen von Fallen. Aber nur, wenn der Erfolg das Produkt guter Überlegungen und nicht nur reinen Würfelglücks ist, kann dies auf Dauer auch eine befriedigende und gerechtfertigte Belohnung sein.

Allerdings ist es für dich als Spielleiter nicht gerade leicht, deinen Spielern auf diese Weise Erfolgserlebnisse zu vermitteln. Immerhin sind sie dir zahlenmäßig überlegen. Und drei, vier oder mehr Köpfe können fast immer besser und schneller denken als einer. Außerdem ist es verdammt heikel stets das richtige Mittelmaß zu treffen: Sind die Hürden, die du deinen Spielern bereitest, zu hoch für sie, verlieren sie schnell das Interesse oder werden frustriert. Sind die Fallen und Gegner zu leicht zu überwinden, fehlt wiederum das Erfolgserlebnis.

Versuche lieber nicht, deine Spieler immer auf diesem Weg zu belohnen, denn früher oder später werden alle Beteiligten eher frustriert als beflügelt. Gehe Sparsam mit Monstern, Fallen und Rätseln um, mache sie nicht zum zentralen Punkt, der über Sieg oder Niederlage entscheidet, sondern betrachte sie eher als wichtiges Beiwerk.

3. Benutze häufiger storybasierte Belohnungen

In manchen Rollenspielrunden gibt es gradlinige Ziele, die durch das Abenteuer vorgegeben werden: rettet die Prinzessin, findet den Schatz und erschlagt den Drachen! Die Erfüllung der Ziele ist die Belohnung für die Spieler. Diese Methode ist nicht schlecht, erfordert von dir als Spielleiter allerdings ebenfalls sehr viel Arbeit. Außerdem fehlt der Wettbewerb der Spieler untereinander. Bei aller Kooperation, die ja das Schöne am Rollenspiel ist, will sich der einzelne Spieler von den anderen aber auch gerne unterscheiden. Und ein bisschen Konkurrenz hat - bei aller Kooperation - noch nie geschadet. Aber storybasierte Belohnungen lassen dir als Spielleiter meistens kaum Gelegenheiten, einzelne Spieler zu belohnen.

Abgesehen davon ist es ein wenig heikel, Siege im Rollenspiel zu eng mit der Geschichte des Abenteuers oder der Kampagne zu verknüpfen. Wenn die Spieler versagen, werden sie frustriert und du erreichst genau den gegenteiligen Effekt. Andererseits kann man die Spieler auch nicht immer gewinnen lassen, denn dann würde das Spiel seinen Reiz verlieren. Wer nicht weiß, wie eine bittere Niederlage schmeckt, kann auch keinen Sieg auskosten.

Aus diesen Gründen sind storybasierte Siege für die Spieler zwar ein ganz passabler Weg, die Spieler zu belohnen und auf Dauer befriediegender als das Lösen von Rätseln oder die Belohnung mit Erfahrungspunkten. Aber sie sollten wiederum nicht die einzigen Belohnungen darstellen. Vor allem sollten sie immer dann durch andere Methoden ersetzt werden, wenn die Story eben nicht zum Sieg geführt hat. ("Okay, der Drache hat die Prinzessin gefuttert, sich den Schatz geschnappt und ist weggeflogen, aber, hey, ihr habt heute wirklich gutes Rollenspiel geleistet, das ist mir ein paar Extra-Punkte wert!")

4. Verwende immer charakterbasierte Belohnungen

Der Königsweg, Spieler zu belohnen ist die charakterbasierte Belohnung. Dazu musst du auf die Vorgeschichten der Spielercharaktere eingehen, ermitteln, welche persönlichen Fähigkeiten und Ziele jeder einzelne hat und diese dann in deine Abenteuer einbauen. Diese Methode der Belohnung wird dem Rollenspiel am besten gerecht.

Durchsuche die Hintergrundgeschichten der Spielercharaktere gezielt nach Anknüpfungspunkten für dein Abenteuer:

  • Welche Motive verfolgen die Charaktere?
  • Welche Persönlichkeitsmerkmale besitzen sie?
  • Wonach könnten sie streben?
  • Was können sie besonders gut?
  • Haben sie Ängste, die sie überwinden müssen?
  • Gibt es Rätsel und Geheimnisse in ihrer Vergangenheit, die gelöst werden können?

Vielleicht ist ein Charakter der fürsorgliche Typ? Dann gib ihm die Gelegenheit, ein Kind aus einem brennenden Haus zu retten, oder einem Bettler ein Dach über dem Kopf zu verschaffen? Ein Spieler spielt den Action-Helden? Dann gib ihm die Möglichkeit, seinen Bewegungsdrang auszuleben! Halte für jeden Charaktere jeden Abend mindestens eine Szene parat, in der er glänzen kann, die genau für ihn - und nur für ihn - gedacht ist und an der er sich bewähren kann.

Schon allein aus diesem Grund solltest du bei der Charaktererschaffung darauf achten, dass deine Spieler gute Hintergrundgeschichten für ihre Charaktere anlegen. Hilf ihnen dabei, indem du die oben stehenden Fragen als Anhaltspunkte für die Hintergrundgeschichten nimmst.

5. Möge der Bessere überleben

Eine Methode, die sich gut für One-Offs eignet ist das Arena-Prinzip: Nur ein Charakter kann überleben. Stelle den Spielern eine Aufgabe, bei der es tatsächlich um Leben und Tod geht, eine die so gestellt ist, dass wirklich nur ein Charakter überleben kann. Oder spiele ein Abenteuer, das nach dem "Zehn-kleine-Negerlein"-Prinzip funktioniert, bei dem der Spielercharakter am längsten überlebt, der sich am cleversten verhält.

Du wirst sehen, dass der Spieler, der überlebt, deine Spielrunde wärmstens im Gedächtnis behalten wird.

Die anderen hingegen ...

Diese Methode ist die schwierigste von allen, da es natürlich darauf ankommt, eine extrem gute Begründung zu finden, warum nur einer der Spielercharaktere überleben kann. Außerdem macht sie dich beim Rest der Spielrunde, deren Charaktere ins Gras beißen mussten, meistens nicht besonders beliebt. Aber trotzdem hat sie ihren Reiz und eignet sich vor allem auf Cons oder zu ähnlichen Gelegenheiten. Für Kampagnen ist sie weniger zu empfehlen.

Auf jeden Fall darfst du als Spielleiter nicht vor Szenen, in denen es um Leben oder Tod geht, zurückschrecken. Auch auf die Gefahr hin, dass Charaktere sterben. Lieber öfter mal einen Charakter ins Gras beißen lassen als eine langweilige, dröge Kampagne riskieren, die ohne Biss dahin dümpelt. Auf Dauer gewinnt niemand in deiner Spielrunde, wenn du die Charaktere in Watte packst. Rollenspiele spielt man, um aufregende Abenteuer zu erleben und keine Kaffeekränzchen.

6. Belohne dich selbst

Wenn deine Spieler ein Anrecht auf ihren Belohnung haben, solltest du als Spielleiter auch eine bekommen - immerhin hast du die meiste Arbeit mit der Spielrunde, also solltest du auch 'ne Menge Spaß haben! Wenn dich das Leiten langweilt, wirst du schlecht und alle haben verloren. Aber wie kann man als Spielleiter belohnt werden?

Viele Spielleiter glauben, dass sie gewonnen haben, wenn die Spieler das Abenteuer nicht "lösen" können. Sie fühlen sich intellektuell überlegen, wenn die Spieler nicht die Rätsel knacken oder die Fallen überwinden konnten, die sie ihnen gestellt haben, die Intrigen nicht durchschauen oder den Bösewicht nicht festnageln konnten.

Aber das Gegenteil ist der Fall: In der Regel hat man in solchen Fällen als Spielleiter verloren. Die Spieler sind frustriert, wenn sie nur Niederlagen erleben und werden sich früher oder später einen anderen Spielleiter suchen, bei dem es mehr Spaß macht.

Gewonnen hast du als Spielleiter immer dann, wenn die Spieler gerne zu den Spielrunden kommen, wenn sie ihre Charakterblätter auspacken, die Chipstüten und Cola-Dosen um sich herum vollkommen vergessen und ganz im Spielgeschehen aufgehen und noch Wochen später von den Abenteuern erzählen, die sie erlebt haben. Je mehr du dich selbst als Entertainer verstehst, umso mehr Spaß wirst du haben.

Vermeide es auch, immer Spielleiter zu sein. Auf Dauer verlierst du die Perspektive für die Bedürfnisse der Spieler, wenn du zu oft und zu viel leitest. Schlimmsten Falls wirst du durch die Routine gelangweilt und leitest schlechter. Ideal ist es, wenn jeder in der Runde ab und zu mal leitet. So gewinnt auch jeder Spieler mal die Perspektive des Spielleiters. Außerdem ist so mehr Abwechslung in der Spielrunde.

 

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© Marcus Johanus


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